„Wenn die Seele in den Zähnen schmerzt“ – dieser Vortragstitel von Diplom-Psychologin Hilde A. Urnauer (Berlin) zeigt beispielhaft auf, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung von Körper und Psyche für den therapeutischen Langzeiterfolg sein kann. Hier müssen unterschiedliche Professionen, angefangen von Zahnarzt (Implantologen, Prothetiker oder Allrounder) und Zahntechniker, bis hin zu Vertretern angrenzender Disziplinen wie z.B. Funktionsspezialisten, Psychotherapeuten oder Sportmedizinern im Sinne des Patienten zusammenarbeiten. Wo deren „Schnittstellen“ liegen, dies demonstrierten die Referenten dieses 8. Dental-Gipfels an der Ostsee. Sie beleuchteten in insgesamt 20 Vorträgen und 17 Workshops die verschiedensten Aspekte des Kongressmottos „Der therapeutische Langzeiterfolg im Spannungsfeld von Ästhetik, Funktion, Psyche und Wirtschaftlichkeit“ aus dem und für den Labor- und Praxisalltag (Abb. 1–3). Wolf
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Von der Anatomie zu den Zähnen
Die interdisziplinäre Ausrichtung des Dental-Gipfels war von Anfang an wichtig für den Veranstalter, Helge Vollbrecht (Geschäftsführer und Inhaber von Dental Balance in Potsdam) (Abb. 4). Nicht nur bei seinen beruflichen Stationen, die ihn zu den unterschiedlichsten Herstellern in der Dentalbranche geführt haben, sondern auch aus damals eigenen gesundheitlichen Problemen hat der studierte Diplom-Ingenieur diesbezüglich eine bedeutende Erkenntnis gewonnen: Nur wenn Zahnärzte, Zahntechniker und Spezialisten angrenzender Bereiche zusammenarbeiten, kann der Patient langfristig erfolgreich therapiert werden. Wolf
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Grundvoraussetzung ist allerdings, dass die Vertreter all dieser Disziplinen dieselbe Informationsgrundlage etwa durch gemeinsame Kongresse bzw. Vorträge erhalten. Und um diese zu schaffen, beschrieb z.B. Prof. Dr. Björn Spittau (Institut für Anatomie, Universitätsmedizin Rostock, Abb. 5) die Anatomie des Schädels und des Kiefergelenks sowie die Innervation des Kopfes und seine neuronalen Verschaltungen. Dabei machte er deutlich, dass das craniomandibuläre System mit zahlreichen Körpersystemen komplex vernetzt ist und somit nicht isoliert von den funktionellen Anteilen des Bewegungsapparates betrachtet werden darf.
Ergänzend zeigte der Sportmediziner Dr. Stephan Gutschow (Potsdam) auf, dass das Kiefergelenk in Funktion und Statik einen entscheidenden funktionellen Einfluss auf die übrigen Gelenk- und Muskelstrukturen hat, aber auch umgekehrt. Das bedeutet, dass z.B. Statikstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates die Kieferfunktion beeinflussen können und daher vor einer prothetischen Behandlung orthopädisch/physiotherapeutisch versorgt werden sollten. Dazu gab Dr. Gutschow Tipps mit auf den Weg, mit welchen Möglichkeiten auch in der Zahnarztpraxis der Stütz- und Bewegungsapparat untersucht werden kann.
Ein durchdachtes Kongressprogramm
Die Referenten eines jeden Dental-Gipfels sucht Helge Vollbrecht sorgfältig im Verlauf des Jahres aus. Zuerst stehen die Themen fest, dann geht er oftmals Empfehlungen nach, entscheidet sich aber erst, wenn er den jeweiligen Referenten auch live gesehen und gehört hat. „Und da kriege ich dann des Öfteren Ärger mit meinen Mitarbeitern, die mich drängen, das Programm schnellstmöglich herauszugeben. Aber ich gebe es erst heraus, wenn ich fertig bin, und wenn es erst im Oktober ist!“, erzählt er mit einem Schmunzeln. Dass er bis jetzt aber wohl immer ein glückliches Händchen mit seiner Themen- und Referentenauswahl hatte, beweisen die vielen Anmeldungen, die bereits ohne vorliegendes schriftliches Programm eingehen. Kleine Vorab-Einblicke gibt Helge Vollbrecht übrigens auf der Dental Balance-Facebook- Seite unter www.facebook.com/dentalbalancegmbh.
„Das Denken nicht einstellen, bloß weil digital designt wird!“
– Mahnende Worte von ZTM Jochen Peters (Kleinmeinsdorf), der in seinem Vortrag Tipps zur „Minimierung von Einschleifmaßnahmen in Zahnarztpraxis und Labor“ gab, denn 68% aller Reklamationen beim Zahnersatz beziehen sich auf Okklusion und approximale Kontakte. Dass die Aspekte der „Funktionellen Zahntechnik“ eine wichtige Basis für den therapeutischen Langzeiterfolg sind, das betonte auch ZTM Matthias Gürtler (Schwarzheide). Ob Zahnersatz überhaupt gelingen kann, entscheidet sich oft bereits beim ersten Schritt, der Abformung. Wie er die digitale Version in seine Praxis implementiert hat und welche Vorteile sich dadurch für ihn und auch sein Partnerlabor ergeben haben, darüber berichtete ZA Michael Sackewitz.
Auch Behandlerteams, bestehend aus Zahnarzt und Zahntechniker, teilten ihr Know-how und besondere Patientenfälle mit dem Auditorium. So sprachen Prof. Dr. Daniel Edelhoff und ZTM Otto Prandtner (beide München, Abb. 6) über die „Exploration von Ästhetik und Funktion bei Patienten mit komplexen Rehabilitationen“, Prof. Dr. Tassilo-Maria Schimmelpfennig (Hochschule Wismar) und ZTM Günter Rübeling (Bremerhaven/ Berlin) gaben Einblicke in die Forschungsergebnisse, wie eine „Optimierte Präzision bei implantologischem und teleskopierendem Zahnersatz durch Neuentwicklungen in der Funkenerosionstechnologie“ gelingt (Abb. 7). Jeweils Pro und Contra von Zementierung und okklusaler Verschraubung bei Implantaten diskutierten Dr. Insa Herklotz und ZTM Andreas Kunz (beide Berlin) anhand der Aspekte Versorgungskonzept, Abutmentart und Gerüstmaterial und erläuterten ihre jeweilige Entscheidung bei mitgebrachten Patientenfällen. Wolf
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Ein Hoch und ein Preis auf die Pünktlichkeit
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Zugute kam dies am frühen Morgen z.B. Dipl.-Ing. Wolfgang Thiel (Rostock), der mit Blick über den dentalen Tellerrand hinaus die Arbeitswelt 4.0 als die sogenannte VUKA-World beschrieb (die sich durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität/Ambivalenz auszeichnet) und die damit einhergehenden Herausforderungen, aber auch Chancen für das Finden und Binden von Fachkräften aufzeigte. Ebenfalls unter dem Überthema „Wirtschaftlichkeit“ stellte Dr. Peter Zeitz (Düsseldorf) die Bausteine für eine erfolgreiche Patientengewinnung über das Internet vor. Dazu gehören u.a. eine mobiltaugliche Praxis-Homepage im Responsive Design, eine patientenorientierte Suchmaschinenoptimierung für die bestmögliche Auffindbarkeit im Internet, die regionale Reichweitenerhöhung über die Heimatstadt hinaus durch das Angebot spezieller Leistungen, die Anzeigenschaltung in Printprodukten bzw. via Google Adwords sowie der Aufbau einer regionalen Praxismarke. Punkte, die sich sicherlich auch modifiziert für das Dentallabor umsetzen lassen.
Süße Verführung mit dem Pralinenkurs
Helge Vollbrecht lädt zu jedem Dental-Gipfel explizit auch die ganze Familie der Teilnehmer mit ein. Hintergrund ist, dass er im Laufe seines Berufslebens an vielen Wochenenden der Arbeit wegen unterwegs war und es stets genossen hatte, wenn er nicht fern der Familie sein musste, sondern auch einmal seine Ehefrau oder die Söhne auf eine Dienstreise mitnehmen konnte. Und diese Möglichkeit gibt er gerne auch an die Teilnehmer der Dental-Gipfel weiter und sorgt für ein begleitendes Rahmenprogramm, z.B. in diesem Jahr mit einem Pralinenkurs bei Martin Armster, dem Küchenchef der Yachthafenresidenz Hohe Düne, und der traditionellen Party mit Band und Programm am Samstagabend.
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Fazit
„Alles hängt mit allem zusammen“ – das ist das Fazit des 8. Dental-Gipfels, das die Inhalte der vielschichtigen Vorträge auf den Punkt bringt. Nicht nur Seele und Körper agieren als wechselseitiges Spiegelbild, auch die zahlreichen körpereigenen Systeme sind hochkomplex miteinander vernetzt. Dadurch beeinflussen sie sich gegenseitig und dürfen bei auftretenden Schmerzen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, um einen Therapieerfolg, und diesen im langfristigen Sinne, zu erzielen. An zwei Tagen wird auf dem Dental-Gipfel viel praktisches Wissen vermittelt, zu jedem Vortrag folgt jeweils am folgenden Nachmittag ein Workshop bei den Referenten, um Fragen zu stellen oder Aspekte zu vertiefen.
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