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Diese und andere vulnerable Patient/-innen brauchen für die oft aufwändige Behandlung eine Vollnarkose – und eine anschließende stationäre Betreuung nach der Operation. „Es ist aus unserer Sicht untragbar, wenn beispielsweise ein Mensch mit Behinderung, der sich schlecht artikulieren kann und bei Zahnschmerzen aufhört zu essen, sich an den Kopf schlägt oder schreit, mehr als vier Monate auf eine Narkosebehandlung warten muss“, so Wolff.
Verschiedene Ursachen führten zu der heute so dramatischen Situation: Die Zahl der vulnerablen Patient/-innen ist gestiegen – unter anderem aufgrund des demografischen Wandels. Selbstverständlich wollen die Zahnärzt/-innen auch die Zähne und damit die Lebensqualität der zum Teil noch sehr jungen Patient/-innen erhalten – und zahnerhaltende Maßnahmen wie Zahnsanierungen sind aufwändiger als das Ziehen der Zähne. Die Anzahl der Operationssäle und auch die Anzahl der Pflegekräfte ist aber begrenzt.
„Im Regelfall ist kein Personal für die reine Krankenversorgung verfügbar, weil das zahnärztliche Personal an Universitätskliniken über die Studierendenzahl, das heißt eine sehr veraltete Kapazitätsverordnung, reguliert ist“, sagt Professor Dr. med. Dr. med. dent. Bernd Lethaus, Experte der DGMKG und Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie in Leipzig. Zudem wird der Aufwand der Kliniken weder für ambulante noch für stationäre Zahnsanierungen in Narkose adäquat bezahlt.
Trennung zwischen ambulanter und stationärer Abrechnung
„Die strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Abrechnung macht kostendeckendes Arbeiten nahezu unmöglich“, erklärt Lethaus. „Momentan fallen vulnerable Gruppen deshalb sozusagen im freien Fall durch das Raster unseres Gesundheitssystems. Diese Patient/-innen müssten primär in Universitätskliniken behandelt werden. Hier ist die Situation – nicht zuletzt aufgrund der Effekte der Corona-Pandemie und dem gestiegenen Kostendruck – jedoch besonders angespannt.“
Die DGMKG und die VHZMK prangern die unhaltbaren Zustände an und wollen Politik und Öffentlichkeit für das Problem sensibilisieren. „Wir fordern eine Auflösung der Trennung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung. Die Kosten für zahnmedizinische Leistungen in Narkose – darunter unter anderem auch der Zahnerhalt durch Prophylaxe, restaurative Therapie und Kinderkronen – müssen beispielsweise adäquat vergütet werden. Wir stellen uns weiterhin Netzwerkstrukturen vor, in denen wir Hand-in-Hand mit niedergelassenen Kolleg/-innen und Schwerpunktpraxen arbeiten“, so Professorin Wolff abschließend.
Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG)
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