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Praxisorganisation

Das digitale zahntechnische Labor – immer noch Zukunftsmusik oder längst „State of the Art“?

Für Roman und Jessica Wolf, Gründer des Wolfs Art Dentalstudios, ist die Digitalisierung längst kein Modewort mehr, sondern integraler Bestandteil eines modernen Dentallabors. Wie es in ihrem Dentallabor zu Zeiten der Gründung 2019 darum bestellt war und wie sich der „digitale Workflow“ im Laufe der Jahre verändert hat, berichten sie hier und geben einen exklusiven Einblick in ihre neue Abteilung #Digitalstudio.

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Verfolgt man die aktuellen Entwicklungen des Dentalmarkts, so stolpert man häufig über Schlagwörter wie „digitaler Workflow“, „das Labor der Zukunft“, „Handwerk 4.0“ etc. Es scheint das in der Branche meistdiskutierte Thema der vergangenen Jahre. Im Wolfs Art Dentalstudio wird all das bereits gelebt.

„Wir sind Digital Natives, die ihr Handwerk beherrschen“ – so auch der Claim schon zu Gründungszeiten. Er beschreibt die Grundessenz des Unternehmens. Denn im Dentallabor der Wolfs gehen digitale Prozesse und Handwerkskunst Hand in Hand.

Bereits 2019 umfasste die Grundausstattung des Labors eine imes-icore 250i Fräsmaschine, einen Dekema Sinterofen Austromat 674i, den Medit Scanner T500, die exocad Dental CAD sowie die exoplan implant planning and surgical guide Software, eine Ceramill Sintron mit Sinterofen sowie je einen Anycubic und Prusa 3D-Drucker.

2019: Kundenseitige Skepsis und Zurückhaltung 

Abb. 1: Roman und Jessica Wolf. Wolf
Abb. 1: Roman und Jessica Wolf.
Roman und Jessica (Abb. 1) lassen die Anfangszeit Revue passieren: „Nach einer langen Phase der Akquise hatten wir einen ersten kleinen Kundenstamm aufgebaut und freuten uns sehr über eine steigende Auftragslage. Unsere digitalen Prozesse waren allerdings nur wenig gefragt.“ Stattdessen: Kostenanfragen über Fax, Vollgusskronen in Metall, große Skepsis gegenüber Zirkon als Werkstoff und an Abformungen über Scan war gar nicht zu denken.

Aufwendig mehrgeschichtete Kronen waren ebenfalls wenig populär und die angeschaffte Fräsmaschine kam auch nur selten zum Einsatz. So ganz ging der digitale Plan nicht auf. Nichtsdestotrotz hielten die beiden an ihrer Zukunftsvision, konventionelle und digitale Methoden zu vereinen, fest.

Denn CAD/CAM-gestützte Fertigung und 3D-Druck, so ihre Überzeugung, machen einzelne Arbeitsschritte effizienter. „Handwerklich gesehen bleibt dadurch mehr Zeit für das, was wirklich Spaß macht: aus einem einfachen Zahn ein individuelles, speziell für den Patienten oder die Patientin angefertigtes Kunstwerk zu kreieren.“

Auch wenn die etablierten digitalen Prozesse nicht vollumfänglich von Anfang an zum Einsatz kamen, waren Roman und Jessica sich des Potenzials sicher. Sie modifizierten die Prozesse entsprechend ihren Anforderungen und schafften sich nach und nach mehr 3D-Drucker an, investierten Zeit und Energie in Digital-Fortbildungen und blieben weiter am Ball.

Durch die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungsformaten und den Austausch mit Fachkollegen und -kolleginnen entstand allerdings oft der Eindruck „die sind uns einen Schritt voraus“ oder „diese oder jene Maschine müsste man auch haben“. Doch letztendlich bewährte es sich nicht, jedem neuen Trend hinterherzujagen, sondern schlichtweg, nah am Markt zu bleiben und die Entwicklungen mitzuverfolgen.

„Der Austausch untereinander ist wichtig und richtig. Doch im Endeffekt ist es die Aufgabe von Laborinhabern und -inhaberinnen, Neuerungen und Branchenentwicklungen zu beobachten, einzusortieren und anschließend eine spezifische Integration und Vorgehensweise für das eigene Labor abzuleiten. Denn was Sinn für das eigene Labor macht, das muss man am Ende selbst entscheiden“, darin sind sich beide einig.

Einen Appell haben Roman und Jessica allerdings an die Zahntechniker/-innen da draußen: „Am Anfang herrscht immer große Skepsis und es scheint alles sehr komplex und aufwendig. Wer Mut fasst und es wagt, sich in neue Systeme einzuarbeiten, der gewinnt mit Sicherheit am Ende. Denn die Digitalisierung vereinfacht Prozesse und bringt uns am Ende des Tages das, was wir uns wünschen: Zeitersparnis durch Rationalität.“

Die Angst vor der Digitalisierung können die beiden nicht ganz nachvollziehen. „Traut euch einfach und geht euren eigenen individuellen Weg. Es gibt nicht die eine ultimative Vorgehensweise.“

2023: Wolfs Art #Digitalstudio

Volltreffer: Die Strategie ging auf – und zwar so gut, dass das Labor 2023 um eine komplette digitale Abteilung erweitert wurde. Die Fräsmaschine, die 3D-Drucker und der Konstruktionsplatz wurden vom Labor ausgegliedert und in die neu angemieteten Räumlichkeiten ein Stockwerk tiefer integriert. Die Abstimmung über die Gestaltung der Räume zog sich über mehrere Wochen.

Der Anspruch war, die neuen Arbeitsplätze so funktional wie möglich zu gestalten. Dabei holten sich Jessica und Roman immer wieder Einschätzungen ihrer Mitarbeiter/-innen ein und sondierten so ihre Umsetzungsideen.

Darüber hinaus wurde großes Augenmerk darauf gelegt, einen Mittelweg zwischen Design und Funktionalität zu finden. Schließlich sollten die neuen Räume der Corporate Identity der Firma entsprechen, gleichzeitig aber einen neuen, einzigartigen Look erhalten.

Das Mobiliar und die Einrichtung der Räume schlugen sich mit einer Investitionssumme von etwa 15.000 Euro nieder. Zusätzliche Kleingeräte wie eine Schleifbox, Handstück, Absauganlage, Scan-Geräte, neuer 3D-Drucker mit Waschbox und sonstige Kleinwerkzeuge beliefen sich auf etwa 7.000 Euro. Alles Weitere an Geräten und Maschinen war bereits vorhanden und wurde nur von dem oberen Geschoss umgezogen.

Die Leitungen für Internet und Druckluft konnten von den bestehenden Verbindungen relativ unkompliziert verlegt werden (Abb. 2 bis 5). Die Gestaltung der neuen Räume kostete neben finanziellen Mitteln auch Zeit, denn neben dem brummenden Tagesgeschäft blieb nur noch wenig Energie, an den neuen Räumen zu arbeiten. So zog sich das ganze Vorhaben von der Anmietung der Räume bis zur Inbetriebnahme über 6 Monate.

Abb. 2 Wolf
Abb. 2
Abb. 3 Wolf
Abb. 3
Abb. 4 Wolf
Abb. 4
Abb. 2-5: Seit 2023: die neue digitale Abteilung „Wolfs Art #Digitalstudio“. Wolf
Abb. 2-5: Seit 2023: die neue digitale Abteilung „Wolfs Art #Digitalstudio“.

Das Team zog an einem Strang und kümmerte sich gemeinsam, auch nach Feierabend, um die Einrichtung. Am Ende war die Freude groß: Denn etwas mit eigenen Händen erschaffen zu haben, macht einen stolz und schweißt als Team zusammen. Von selbst gezeichneten Mitarbeiter-Portraits über 3D-Wandpaneele bis hin zu einer Dartscheibe – alles handverlesen und angebracht durch das Team (Abb. 6 bis 9).

Abb. 6 Wolf
Abb. 6
Abb. 7 Wolf
Abb. 7
Abb. 8 Wolf
Abb. 8
Abb.6-9: Selbst gezeichnete Mitarbeiter-Portraits und Dartscheibe für zwischendurch: Gemeinsam mit dem gesamten Laborteam wurden die neuen Räumlichkeiten
gestaltet. Wolf
Abb.6-9: Selbst gezeichnete Mitarbeiter-Portraits und Dartscheibe für zwischendurch: Gemeinsam mit dem gesamten Laborteam wurden die neuen Räumlichkeiten gestaltet.

Wir sind an unseren Aufgaben gewachsen – das Labor auch

„Zugegeben, so ein Laboralltag kann einen mit zunehmender Mitarbeiterzahl schon ab und an überfordern. Neben dem Tagesgeschäft kommt eine Vielzahl an weiteren Aufgaben hinzu. Als gelernter Zahntechnikermeister und studierte Betriebswirtschaftlerin bringt man nicht unbedingt praxisbezogene Führungsqualitäten mit.

Doch mit einem Team an der Seite, das einem den Rücken stärkt und durch gute und nicht so gute Zeiten geht, scheint keine Aufgabe zu groß, kein Weg zu weit. Das Team ist so etwas wie unsere zweite Familie.

Wir könnten uns keine bessere wünschen und das Team macht das Unternehmen erst zu dem, was es ist“, so die beiden. Doch warum gleich eine separate Abteilung für das „Digitale“? „Wir wollen dem Digitalen den Platz geben, den es verdient. Es ist ein wichtiger und essenzieller Bestandteil unseres Labors“, erklären Roman und Jessica.

Der Kundenstamm hat sich mit den Jahren entwickelt und setzt immer mehr auf den digitalen Workflow. Selbst Kunden und Kundinnen, die das Dentalstudio nicht persönlich kennt, können ganz unkompliziert Auftragsdaten an das Labor schicken. Dabei vertrauen diese auf die digitale Expertise des Teams von Wolfs Art im digitalen Workflow.

Es steht den Praxen beratend zur Seite, um den Prozess möglichst unkompliziert und einfach zu gestalten. Um die optimale Bedienung seiner Geräte und Maschinen, sei es labor- oder praxisseitig, muss sich allerdings jeder selber kümmern. „Das A und O ist eben, die digitalen Prozesse vollumfänglich in sein Unternehmen zu integrieren, auch wenn das ein teilweise langwieriger Lernprozess mit Stolperfallen ist.“

Abb. 10: Das Team WOLFSART – auch eine Art Familie. Wolf
Abb. 10: Das Team WOLFSART – auch eine Art Familie.
Ein weiterer Aspekt, eine neue räumliche Abteilung für den digitalen Workflow zu schaffen, betrifft die Personalperspektive. Zum einen wurde durch die neuen Räumlichkeiten Platz für weitere Techniker/-innen geschaffen. Wolfs Art Dentalstudio will bis zu 3 weitere Zahntechniker/-innen einstellen – dann ist das Team komplett (Abb. 10).

Zum anderen zeigt der neue Look, dass die digitale Fertigung längst „State of the Art“ im Zahntechnikerhandwerk ist. Am hart umkämpften Markt der Nachwuchstalente ist es wichtig, das moderne Bild des Zahntechnikerhandwerks auch nach außen zu tragen und zu zeigen, was den Beruf heutzutage ausmacht. Für den neuen Marketingauftritt wurde die Website überarbeitet, aber auch das Logo für das #Digitalstudio modifiziert.

Abb. 11: Trotzdem: Basics sind und bleiben die klassischen handgefertigten Prozesse. Wolf
Abb. 11: Trotzdem: Basics sind und bleiben die klassischen handgefertigten Prozesse.
„Wir wollen ganz klar nach außen zeigen, dass die digitale Fertigung bei uns einen großen Stellenwert hat und das Handwerk sehr vielfältig und interessant ist.“ Nichtsdestotrotz legt Roman Wolf in der Ausbildung der Zahntechniker/-innen großen Wert auf die analogen Skills (Abb. 11): „Die neue Generation ist meist sehr affin mit den neuen digitalen Techniken. Die Auffassungsgabe in dieser Richtung ist meist enorm hoch.

Allerdings kommt es für uns als Unternehmen nicht infrage, Auszubildende nur in den Bereichen einzusetzen, die sie schnell und gut umsetzen können. Die Basics sind und bleiben die klassischen handgefertigten Prozesse. Nur durch das Verständnis und das tiefgreifende Know-how ist man später in der Lage, auch komplexere Fälle digital zu lösen.

Es führt meines Erachtens kein Weg daran vorbei, die Zeit zu investieren, um den Nachwuchskräften von morgen die zahntechnischen Basics beizubringen. Wir freuen uns daher sehr, dass es für all unsere Teammitglieder eine Selbstverständlichkeit ist, unsere Auszubildenden dabei zu unterstützen, die erforderlichen Skills zu erlernen. Mit den Jahren ertappen Jessica und ich uns als Unternehmensführung immer öfter dabei, Parallelen zu unserem Familienleben zu ziehen.

Als Eltern einer dreiköpfigen Rasselbande sind wir ganz schön gefordert und versuchen tagtäglich, alles in Balance zu halten. Wenn man hier von der Ausbildung der nächsten Generation spricht, dann fällt mir direkt der Spruch ein ‚Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf‘ – man könnte ebenso sagen: Um einen guten Zahntechniker oder eine Zahntechnikerin auszubilden, braucht es ein ganzes Team.

Eine gesunde, gut funktionierende Familie beruht meist auf ähnlichen Werten wie ein gesundes, gut funktionierendes Team bzw. Unternehmen“, so Roman und Jessica. Trotz allumfänglicher Ausbildung wird jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin früher oder später einen Schwerpunkt in seiner Tätigkeit haben und seine Kernkompetenz ausleben. Und natürlich haben Jessica und Roman Wolf weitere Pläne und Ziele, die sie mit ihrem Dentalstudio und dem neuen #Digitalstudio verfolgen.

Ganz oben auf der Liste steht, die Kombitechnik digital weiter aufzuarbeiten. Sie wollen zusätzliche Fertigungsprozesse in ihr Unternehmen holen und auf Fremdfertigung tendenziell verzichten. Sie erhoffen sich, dadurch wieder mehr an zeitlicher Flexibilität zu gewinnen und die Qualität und Präzision komplett in der eigenen Hand zu haben.

Näheres zu den Autoren des Fachbeitrages:

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