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Chairside Laborleistungen – das häufig ungenutzte Honorarpotenzial im Praxisalltag

Während im Bereich des BEMA festgesetzte, unveränderbare und nicht zu ergänzende Laborleistungen laut BEL II existieren, bietet die private Gebührenordnung hier deutlich erweiterte Möglichkeiten. Die Berechnung zahntechnischer Leistungen ist in der GOZ in §9 geregelt. Außer bei privat versicherten Patienten/-innen können auch bei gesetzlich Versicherten diese Möglichkeiten im Bereich der gleichartigen Versorgungen (GOZ-Anteil) und den andersartigen Versorgungen in Betracht kommen.

MQ Illustrations/AdobeStock
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Häufig werden im Praxisalltag – auch ohne einen/eine Zahntechniker/-in aus dem Eigenlabor in Anspruch zu nehmen – zahntechnische Leistungen direkt am Behandlungsstuhl oder im sogenannten „kleinen Praxislabor“ durch die zahnmedizinische Assistenz oder die Behandelnden selbst erbracht. Da auch mit der neuen privaten Gebührenordnung mit dem durchschnittlichen Steigerungssatz der Honorarpositionen oft nicht der angemessene Stundensatz der Praxis erzielt werden kann, bietet die zusätzliche Berechnung der Chairside-Laborleistungen eine gute Optimierungsmöglichkeit. Folgende Kriterien sind hierbei nicht außer Acht zu lassen:

  • Die zahntechnische Chairside-Leistung, die Sie zusätzlich berechnen möchten, darf nicht bereits Bestandteil der parallel berechneten Honorarposition nach GOZ sein.
  • Die Kosten für die Chairside-Leistung müssen angemessen kalkuliert sein. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte – ggf. mit Unterstützung der Steuerberater/-innen – ein Honorar pro Minute ermittelt werden. Gemessen an dem Zeitaufwand der erbrachten zahntechnischen Leistung kann so ein angemessener Betrag für die einzelne Chairside-Leistung ermittelt werden.

Beispiel 1

In der Praxis wird bei einem/einer Patienten/-in nach der Präparation von Zahn 16 für eine Kronenversorgung eine provisorische Versorgung bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Eingliederung der Krone notwendig. Hierzu lässt der/die Behandler/-in nach Abdrucknahme im Eigenlabor im Tiefziehverfahren ein Formteil anfertigen. Dieses Formteil wird am Patienten angepasst, mit Kunststoff gefüllt, zum Provisorium ausgearbeitet und eingesetzt. Gebühr nach GOZ für diese Leistung:

  • GOZ 2270: Provisorium im direkten Verfahren mit Abformung, je Zahn oder Implantat, einschließlich Entfernung
  • Bestimmung zu den GOZ-Nrn. 2260 und 2270:Bei Verwendung eines konfektionierten Provisoriums sind die Kosten hierfür gesondert berechnungsfähig. Das Wiedereingliedern desselben Provisoriums, gegebenenfalls auch mehrmals, einschließlich Entfernung, ist mit der Gebühr nach der Nummer 2260 oder 2270 abgegolten.

Die Formulierung „im direkten Verfahren“ schließt somit alle technischen Arbeitsschritte mit ein, die während der Ausarbeitung des Formteils und dem Einsetzen des Provisoriums am Patienten anfallen. Diese dürfen nicht zusätzlich zur GOZ 2270 nach BEB in Rechnung gestellt werden. Die Herstellung des Formteils im Vorfeld wie auch die nach dem direkten Anpassen des Provisoriums am Patienten erforderliche Überarbeitung des Provisoriums (Glätten, Hochglanzpolitur) separat vom Behandlungsplatz kann aber zusätzlich nach BEB in Rechnung gestellt werden. Sollte diese Leistungsbeschreibung in Ihrer Abrechnungssoftware nicht enthalten sein, generieren Sie selbständig eine neue Leistung und nehmen diese in Ihre Laborliste auf:

  • BEB 1404: Formteil für provisorische Versorgung/Preis xy
  • BEB 9000: Überarbeiten/Individualisieren eines im direkten Verfahren angefertigten Provisoriums/Preis xy

Weiterhin ist in den allgemeinen Bestimmungen zur GOZ 2270 – anders als aus dem BEMA bekannt – das Wiedereingliedern einer provisorischen Krone, ggf. auch mehrfach, mit abgegolten.

Bei den Anproben des Kronengerüstes vor der endgültigen Eingliederung wird das Provisorium vom Zahn entfernt. Im Anschluss an die Anprobe wird es mit einem provisorischen Zement wieder eingesetzt. Ein Honoraransatz nach GOZ ist für diese Leistung gemäß den allgemeinen Bestimmungen ausgeschlossen. Die notwendige Säuberung des Provisoriums (Entfernen der alten Zementreste, Säubern, Entfetten, Polieren) ist aber wieder als zahntechnische Chairside-Leistung zusätzlich berechenbar. Auch hier kann eine neue BEB-Ziffer in der praxiseigenen Liste angelegt werden, falls noch nicht vorhanden:

  • BEB 9001: Vorbereitung einer provisorischen Krone zur Wiederbefestigung/Preis xy

Sollte durch eine Beschädigung eine Reparatur an der provisorischen Krone erforderlich sein, kann auch diese nach BEB berechnet werden:

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  • BEB 9002: Reparatur/Überarbeiten einer provisorischen Krone vor dem Wiedereinsetzen/Preis xy                                                                                 

Beispiel 2: individuelle Abdrucknahme nach GOZ 5170

Zur individuellen Abformung des präparierten Zahnstumpfs wird ggf. kein laborgefertigter individueller Löffel verwandt, sondern ein konfektionierter Abdrucklöffel, soweit verändert (Verlängerung, Aufbringen von Stopps aus Silikon, Metalllöffel mit Wachs verlängern, Ausblocken aufgrund von vorhandenem Zahnersatz etc.), dass er für diese individuelle Behandlungssituation passt. Als GOZ-Honorar wird hier die Gebührenziffer GOZ 5170 „anatomische Abformung des Kiefers mit individuellem Löffel bei ungünstigen Zahnbogen- und Kieferformen und/oder tief ansetzenden Bändern oder spezielle Abformung zur Remontage je Kiefer“ berechnet, wenn die in der Leistungsbeschreibung angegebenen Kriterien zutreffen. Diese Leistung enthält nur die tatsächliche Abdrucknahme, nicht aber die eben beschriebene Individualisierung des konfektionierten Löffels. Diese Chairside von den Behandelnden erbrachte Leistung kann zusätzlich nach BEB in Rechnung gestellt werden:

  • BEB 9003: Individualisierung eines konfektionierten Löffels/Preis xy

Weitere mögliche Chairside-Leistungen entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Liste, welche allerdings lediglich als Vorschlag und nicht abschließend zu verstehen ist.

LeistungsbeschreibungAnmerkung
Foto- oder Video-Dokumentationje Fall
Zahnfarbenbestimmung => für in der Praxis ausgesuchte Zahnfarbe; z.B. nach FarbringmusterBei GKV nur außerhalb der Verblendgrenze möglich!
Individuelle Namenskennzeichnung einer Prothese oder eines KFO-Gerätes
Desinfektion, je Vorgang (z.B. Ein- und Ausgangsdesinfektion)Abdrücke, Provisorien etc. desinfizieren
Analyse und Planung
Prothetische Planung inkl. Modellanalyse
Prothetische Alternativplanungneben prothetischer Planung inkl. Modellanalyse berechenbar, wenn zwei Heil- und Kostenpläne erstellt werden, z.B. für herausnehmbare und festsitzende Versorgung
Prächirurgische Planung (Aufbereitung von EDV-Daten (DVT) für die chirurgische und implantologische Planungnicht abrechenbar im zeitlichen Zusammenhang mit GOZ 9000
Modellanalyse für Prothetik; Analyse eines Modellpaares inkl. Vermessung und Dokumentation
Modellanalyse für KFO; Analyse eines Modellpaares inkl. Vermessung und Dokumentation
Modellanalyse für Gnathologie; Analyse eines Modellpaares inkl. Dokumentation
Modellanalyse für Implantologie; Analyse eines Modellpaares inkl. Dokumentationnicht abrechenbar im zeitlichen Zusammenhang mit GOZ 9000
Implantatachse und -ort festlegennicht abrechenbar im zeitlichen Zusammenhang mit GOZ 9000
Implantatachse und – ort mit Planungsprogramm festlegennicht abrechenbar im zeitlichen Zusammenhang mit GOZ 9000
Implantat-Abutment-AuswahlAuswahl des geeigneten Abutments z.B. Länge, Gingivahöhe, Angulation, verschraub- oder zementierbar usw.
Implantataufbau individualisieren
Arbeitsvorbereitung
Prothese für Abformung umarbeitenz.B. vor Unterfütterung für das Abtragen des Funktionsrandes
Individualisieren eines konfektionierten Löffelsz.B. durch Ausblocken, Verlängern, Kürzen usw.
Funktions-/individueller Löffel aus Kunststoff für Implantate; geschlossene Abformung individualisieren
Funktions-/individueller Löffel aus Kunststoff für Implantate; offene Abformung individualisieren
Basis für neue Abdrucknahme vorbereiten  Prothese oder indiv. Löffel säubern und ggf. Nacharbeiten vor erneuter Abdrucknahme
Umarbeiten einer Totalprothese zum Funktionslöffel
Provisorische Versorgungen
Provisorischen Implantataufbau bearbeitenz.B. provisorische konfektionierte Implantataufbauten kürzen, beschleifen etc.
Provisorisches Veneer
Reparatur eines Provisoriums (Krone, Brückenglied etc.)
Überarbeiten, Hochglanzpolieren, Anpassen eines direkt hergestellten ProvisoriumsDie einfache Ausarbeitung erfüllt nicht die Voraussetzung einer Berechnung nach § 9 GOZ!
Provisorische Krone, vor dem Wiederbefestigen säubern, entfetten und polieren
Konditionieren und Ätzen
Keramik/gegossenes Glas konditionierenz.B. Silanisieren des Werkstücks
Metallfläche konditionieren
Modellgussteil konditionieren
Kunststofffläche konditionieren
Keramikzähne (Konfektionszähne) konditionierenbei Gnathologie, z.B. Gutowski-Prothese
Keramik/gegossenes Glas ätzenz.B. Anätzen des Werkstücks
Instandsetzung Zahnersatz
Prothese zur Abformung ausblockenin Verbindung mit Abformungen/Reparaturen
Sekundärteleskop mit Kunststoff verschließennach Extraktion eines Zahnes
Sekundärkrone an Prothese wiederbefestigen
Zahnfarbenen Kunststoff an Prothese anbringen
Verblendung wiederbefestigen
Ausarbeiten und/oder Polieren nach direkter Unterfütterungz.B. nach Implantation oder Freilegung – immer im Zusammenhang mit direkten Unterfütterungen
Prothese säubern und polieren, je Kiefer
KFO-Gerät säubern und polieren, je Kiefer
Schiene säubern und polieren, je Kieferzu GOZ 7040 ff.
Krone, vor dem Wiederbefestigen säubern, entfetten und polierenzu GOZ 2310,2320, 5110,7100
Krone für adhäsives Rezementieren vorbereitenzu GOZ 2310, 2320, 5110, 7100
Vorhandene Krone umarbeiten zum Brückengliedz.B. Zahn/Zahnwurzel wird unter der Kronen entfernt, Brücke wird belassen
Stiftaufbau an vorhandene Krone anpassenz.B. Glasfaserstift /Radix-Anker in vorhandene Krone einarbeiten
Intraorale Reparatur/Erneuerung einer Teil- und/oder Verblendungggf. zuzüglich Zahnfarbenbestimmung nach 0723, 0724
Schraubenkanal mit Kunststoff verschließenbeim Wiedereinsetzen einer verschraubten Implantatkrone, allerdings nicht bei Erstanfertigung, denn hier ist der Verschluss des Schraubenkanals Teil der Ziffer GOZ 2200 oder GOZ 5000
Trepanationskavität mit Kunststoff verschließennach endodontischer Behandlung, die eine Trepanation der Krone erforderte
Verblendung erneuern, direktes Verfahren
Prothese an Implantatsituation anpassenz.B. Ausschleifen einer Prothese nach Implantation
Prothese an Implantataufbau anpassenz.B. Ausschleifen der Prothese nach dem Einbringen von Einheilkappen
Direkte Umarbeitung einer Prothese zur Suprakonstruktionz.B. durch Einpolymerisieren von Locatoren, zzgl. Materialkosten
Aktivieren eines Geschiebesz.B. Aktivieren eines CeKa-Ankers, Steggeschiebes

Die Abrechnungshinweise sind von der Autorin nach ausführlicher Recherche erstellt worden. Ggf. können weitere Leistungen hinzukommen. Eine Haftung und Gewähr werden jedoch ausgeschlossen.   

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