Schon längst reicht es nicht mehr aus, sich allein auf fachliche Expertise zu verlassen. Moderne Führungskräfte in zahnärztlichen Praxen stehen vor der Herausforderung, ein breites Spektrum an Kernkompetenzen zu entwickeln, um ihre Teams effektiv zu führen und die gesamte Praxis erfolgreich zu managen.
Wichtig wie nie: Emotionale Intelligenz
Eine Führungskraft, die die Gefühle ihres Teams erkennt, kann gezielt auf die Bedürfnisse eingehen, sinnvolle Grenzen setzen und somit ein Umfeld schaffen, in dem sich Mitarbeiter wertgeschätzt und verstanden fühlen. Jedoch reicht es nicht aus, Emotionen nur zu erkennen. Es ist ebenso bedeutend, adäquat darauf zu reagieren.
Ein Aspekt emotionaler Intelligenz in der Führung ist entsprechend das effektive Konfliktmanagement. Konflikte können in jedem Arbeitsumfeld vorkommen, ihre Handhabung macht jedoch einen großen Unterschied. Eine Führungskraft mit ausgeprägter emotionaler Intelligenz wird in der Lage sein, die Emotionen hinter den Meinungsverschiedenheiten zu erkennen und zu adressieren, statt sich nur auf die sachlichen Aspekte des Konflikts zu konzentrieren. Dies hilft, eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel ist, die Teamharmonie nicht gefährdet und langfristig sogar zu nachhaltigen Verbesserungen in der Zusammenarbeit führen kann.
Grundsätzlich sind Teams besonders erfolgreich, wenn ihre Mitglieder effektiv und empathisch miteinander interagieren. In Zeiten des Wandels und unter steigendem Druck kann emotionale Intelligenz dabei unterstützen, dies zu erreichen und mit Stress und Herausforderungen gelassen umzugehen – ein Aspekt, der besonders im Umgang mit Unsicherheiten hervorgehoben wird.
Zudem ist sie eng mit den Prinzipien der „positiven Leadership“ verknüpft. Eine Führungskraft mit hoher emotionaler Intelligenz schafft eine positive und motivierende Arbeitsatmosphäre, die nicht nur zur Mitarbeiterbindung beiträgt, sondern in Zeiten des Fachkräftemangels einen unschätzbaren Vorteil darstellt. Emotionale Intelligenz ist daher weit mehr als nur eine „nette Eigenschaft“ – sie ist im modernen Arbeitskontext essenziell und der Schlüssel zu starken, resilienten und zufriedenen Teams.
Kommunikationsstärke macht den Unterschied
Der Bereich der Kommunikationskompetenz nimmt heutzutage in nahezu allen Branchen eine klare Schlüsselrolle für den Erfolg und die Harmonie innerhalb eines Teams ein. Die Fähigkeit, klare Botschaften zu vermitteln, aktiv zuzuhören und ein offenes, lösungsorientiertes Kommunikationsumfeld zu schaffen, ist daher eine der wichtigsten Kernkompetenzen für eine effiziente und effektive Führung – gerade in unserer informationsüberladenen Zeit. Besonders wichtig ist dies für Praxen mit multikulturellen Teams, in denen unterschiedliche Kommunikationsstile und kulturelle Hintergründe zu unnötigen Missverständnissen führen können.
Eine klare Kommunikation bedeutet unter anderem die Fähigkeit des leitenden Praxispersonals, präzise und verständliche Anweisungen zu geben. Komplexe zahnmedizinische Verfahren und Praxisabläufe werden z.B. in einer Weise erklärt, die für alle Teammitglieder nachvollziehbar ist. Neben der direkten Kommunikation eignen sich dafür beispielsweise auch ein „Praxis-Glossar“, das gerade für neue Mitarbeitende sehr hilfreich sein kann, oder Maßnahmen im Rahmen des QM. Für die Delegation von Aufgaben ist wiederum die 7-W-Regel hilfreich (siehe Kasten).
Aktives Zuhören ist eine relativ simple, jedoch hochwirksame Kommunikationstechnik, die darauf abzielt, nicht nur die Worte zu hören, die jemand sagt, sondern das Gesamtbild und die Emotionen, die dahinterstehen, zu erfassen. Diese wesentlichen Bestandteile des aktiven Zuhörens tragen dazu bei:
- Vollständige Aufmerksamkeit: Der Zuhörer sollte sich ganz auf seinen Gesprächspartner konzentrieren, ohne sich von äußeren Einflüssen oder eigenen Gedanken ablenken zu lassen.
- Körpersprache: Nonverbale Signale wie Blickkontakt, eine offene Körperhaltung und zustimmendes Nicken zeigen dem Gesprächspartner, dass man ihm aufmerksam zuhört.
- Vermeidung von Unterbrechungen: Es ist wichtig, den Gesprächspartner – nach Möglichkeit – ohne Unterbrechung sprechen zu lassen, um ihm das Gefühl zu geben, gehört zu werden.
- Feedback geben: Durch das Paraphrasieren oder Zusammenfassen in eigenen Worten dessen, was der Gesprächspartner gesagt hat, kann der Zuhörer sicherstellen, dass er die Botschaft korrekt verstanden hat. Es zeigt auch dem Gegenüber, dass man ihm wirklich zugehört hat.
- Empathie zeigen: Es macht einen großen Unterschied, sich in seinen Gesprächspartner hineinzuversetzen und seine Emotionen zu erkennen. Dies zeigt dem Sprecher außerdem, dass man seine Gefühle und Ansichten wertschätzt.
- Offene Fragen stellen: Mit Hilfe offener Fragen kann man seinen Gesprächspartner ermutigen, tiefer in das Thema einzusteigen sowie seine Gedanken und Gefühle weiter auszudrücken.
- Vorurteilsfreies Zuhören: Gerade als Führungskraft ist es wichtig, ohne vorgefasste Meinungen oder Bewertungen zuzuhören, um dem Gesprächspartner ein echtes, unvoreingenommenes Gehör zu schenken.
Delegation mit der 7-W-Regel |
---|
Die 7-W-Regel ist eine bewährte Methode für Führungskräfte, mit der sichergestellt werden kann, dass die delegierte Aufgabe klar und verständlich ist. Dazu wird vorab reflektiert, ob die folgenden Fragen für alle Beteiligten beantwortet sind.
Natürlich muss diese Methode nicht bei jeder Delegation eingesetzt werden, und es sind auch nicht immer alle Fragen sinnvoll – sie bietet jedoch eine gute Checkliste, um eine erfolgreiche Delegation von Aufgaben sicherzustellen. |
Vision und strategisches Denken
Eine klare Vision und strategisches Denken ermöglichen die gezielte Weiterentwicklung von Praxen und sind damit wichtige Grundlagen, um den langfristigen Erfolg und die nachhaltige Entwicklung zu sichern – auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten. Diese befähigen Zahnärztinnen und Zahnärzte, das „große Ganze“ zu erkennen, zukünftige Trends zu antizipieren und ihr Team dadurch effektiv auszurichten.
Eine klare Vision zu haben, bedeutet, ein konkretes Bild davon zu entwickeln, wohin die Praxis in den kommenden Jahren steuern soll. Dies kann z.B. die Integration neuer Behandlungsmethoden, die Ausweitung auf neue Patientensegmente oder die Einführung innovativer Verwaltungssysteme umfassen. Um diese Vision zu realisieren, bedarf es in der Regel einer strategischen Planung, gegebenenfalls einschließlich der Investition in spezielle Ausrüstung, der Schulung des Teams in innovativen Techniken und der Entwicklung eines Marketingplans, um die neue Spezialisierung zu bewerben.
Das Team sollte gemäß der Vision und Strategie ausgerichtet sein. Dies bedeutet, Mitarbeitende in die Planung und Umsetzung der Vision einzubeziehen und sicherzustellen, dass alle die gleichen Ziele verfolgen. Dies kann durch regelmäßige Teammeetings sichergestellt werden, um Fortschritte zu besprechen, Herausforderungen zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Eine Vision und strategisches Denken ermöglichen es, nicht nur auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, sondern auch proaktiv die Zukunft der Praxis zu gestalten. Durch die Entwicklung einer klaren Vision, das Antizipieren zukünftiger Trends und die Ausrichtung des Teams auf gemeinsame Ziele kann das Führungsteam die Praxis erfolgreich entwickeln und nachhaltig wachsen lassen.
Positive Leadership
„Positive Leadership“ ist ein Ansatz, der durch Optimismus, Resilienz und einen Fokus auf die Stärken der Mitarbeitenden geprägt ist. In der Zahnarztpraxis kann dieser Führungsstil die Leistungsorientierung, Eigenverantwortung und Innovationsfreude maßgeblich steigern und trägt somit wesentlich zum Gesamterfolg der Praxis bei.
Neben einem positiven Blick auf Veränderungen ist die Resilienz ein Schlüsselaspekt der positiven Führung. In einer Zahnarztpraxis können immer wieder Herausforderungen wie Personalmangel, Geräteausfälle oder besonders schwierige Patientenfälle auftreten. Ein resilientes Führungsteam wird diese Herausforderungen als Chance zur Verbesserung sehen und das Team dazu ermutigen, kreative Lösungen zu finden (z.B. flexible Arbeitszeitmodelle oder das Einführen neuer Prozesse zur Optimierung der internen Organisation).
Zur positiven Führung gehört auch ein stärkenorientierter Blick auf das Personal. So kann es Sinn machen, das Team dazu zu ermutigen, eigene Ideen zur Verbesserung der Patientenversorgung einzubringen. Dazu können eigene Formate wie regelmäßige kurze „Brainstorming-Sitzungen“ Sinn machen, in denen Mitarbeitende Vorschläge machen, wie die Praxis effizienter gestaltet werden kann.
Eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt, der die individuellen Stärken, Fähigkeiten und Talente jedes Teammitglieds erkennt und fördert, erschafft somit eine Umgebung, in der sich jeder Einzelne entfalten kann und Arbeitszufriedenheit und Produktivität zunehmen. Dies kann beispielsweise durch Zuweisung von speziellen Verantwortungsbereichen basierend auf den Stärken der Mitarbeiter geschehen, wie etwa die Leitung der Patientenkommunikation durch ein besonders empathisches Teammitglied oder die Überwachung der Lagerbestände durch jemanden mit starken organisatorischen Fähigkeiten.
Empowerment und Vertrauen
Ein Aspekt des „positive Leadership“ ist das aktive Augenmerk auf Empowerment und Vertrauen. Hierbei wird der Wert jedes Teammitglieds anerkannt, und die Mitarbeitenden werden dazu befähigt, eigenverantwortlich zu handeln. Diese Herangehensweise führt nicht nur zu einer gesteigerten Mitarbeitermotivation und Engagement, sondern trägt auch wesentlich zur Entwicklung einer dynamischen und innovativen Praxiskultur bei.
Ein Beispiel für Empowerment in der Zahnarztpraxis wäre der Fall, dass eine Mitarbeiterin Interesse an einer neuen Behandlungsmethode zeigt. Statt ihr nun „nur“ anzubieten, sich in dieser Methode fortzubilden, kann die Zahnärztin oder der Zahnarzt ihr die Verantwortung dafür übertragen, das gesamte Team im Anschluss an die Fortbildung über die Methode zu informieren und möglicherweise eine Schulung dazu zu organisieren. Dies fördert nicht nur das Fachwissen, sondern stärkt auch das Gefühl der Eigenverantwortung und das Vertrauen in die Fähigkeiten des Teammitglieds.
Eine typische Herausforderung bei der praktischen Umsetzung von Empowerment und Vertrauen ist die Überwindung von Unsicherheiten und Ängsten sowohl bei der Führungskraft als auch bei den Mitarbeitenden. Als erster Schritt bietet sich hier oft an, Fehler nicht als Katastrophe, sondern als wertvolle Lernmöglichkeit und/oder Hinweis auf zu optimierenden Prozesse zu betrachten. Dies schafft eine Atmosphäre, in der sich Mitarbeitende sicherer fühlen, neue Herausforderungen anzunehmen und umzusetzen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Empowerment und Vertrauen wesentliche Bestandteile einer effektiven Mitarbeiter- und Teamführung in der Zahnarztpraxis sind. Sie fördern nicht nur die Entwicklung und das Engagement der Mitarbeiter, sondern tragen auch maßgeblich zur Schaffung einer dynamischen, innovativen und erfolgreichen Praxiskultur bei. Durch das Erkennen des Wertes jedes Teammitglieds und das gezielte Übertragen von Autonomie und Verantwortung kann die Zahnärztin oder der Zahnarzt ein motiviertes, engagiertes und kompetentes Team aufbauen und ungewollte Fluktuation schon im Vorfeld verhindern.
Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels
Keine Kommentare.