Zunächst einmal könnte man fragen: Warum ist eine „Markenkommunikation“ heute für die Zahnarztpraxis so wichtig? Sicherlich deshalb, weil sich viele Prämissen im Laufe der Jahre geändert haben. So ist die Zahnarztpraxis in eine neue Form des Wettbewerbs eingetreten: Der Wettbewerbsdruck im zahnärztlichen Umverteilungsmarkt ist gestiegen. Mit Lockerungen forciert der Gesetzgeber diesen gezielt und verspricht sich davon eine Qualitätssteigerung. Dort, wo ein Markt durch Wettbewerb gekennzeichnet ist, entsteht immer die Notwendigkeit, sich von anderen Anbietern abzugrenzen. Damit stellt sich für den Zahnarzt die Aufgabe, über Marketing und damit Praxismarkenkommunikation nachzudenken.
Dazu kommt eine neue Mediendynamik: Patienten kennen bestimmte Informationsangebote und (soziale) Medien aus anderen Branchen und nutzen diese selbstverständlich. Diese Nachfrage nach Informationen, gerade bei gesundheitlichen Fragestellungen, lassen sich aus Sicht einer Praxis steuern und nutzen.
Mit den Informationsangeboten aus den neuen Medien und der Notwendigkeit, Leistungen aus eigener Tasche zu bezahlen, kommt ein neuer Patiententypus in die Praxis. Was früher die Ausnahme war, ist heute die Regel: anspruchsvolle Patienten, die Fragen stellen (v.a. wenn „eigenes Geld“ für Behandlungen aufgewendet werden muss und/oder ein großer Eingriff ansteht) und selbstbewusster werden. Diesem Patiententypus muss mit adäquater Qualität, auch und gerade in der Kommunikation, begegnet werden, zumal der Patient die Kernleistung, also die Behandlung, fachlich gar nicht einschätzen und beurteilen kann, wohl aber Aufklärung, Information, Service, Styling, Sauberkeit etc. – sprich: die Kommunikation der Praxis.
Neugründung: ein halbes Jahr Vorlauf für Marketing einplanen
Praxismarketing, genauer Praxismarkenkommunikation, ist heute grundsätzlich unerlässlich. In der Phase der Neugründung nimmt die Bedeutung aber noch einmal deutlich zu. Dabei kann sich ein Teufelskreis ergeben: Wird kein bzw. nicht ausreichend Geld für Kommunikation in den richtigen Kanälen ausgegeben, kennt kein Patient die Praxis. Kommt kein Patient in die Praxis, gibt es kein Budget für Kommunikation. Folglich ist auch die erste Stunde nach Eröffnung, in der der Stuhl leer bleibt, die erste Stunde mit Verlust.
Fundament des Praxismarketings: stimmiges Praxiskonzept
Besonders in Großstädten und Ballungsräumen lässt die Niederlassungsfreiheit für Zahnärzte die Zahl der selbstständigen Kollegen immer weiter steigen, es kommt teilweise sogar zur Überversorgung und einer zunehmenden Konkurrenzsituation. Um sich als Neugründer positionieren zu können, ist ein stimmiges Gesamtkonzept unerlässlich. Schon in einer sehr frühen Phase der Planung sollte deshalb die Praxisphilosophie erarbeitet werden und als Fundament der Gründung dienen. Primär beinhaltet diese natürlich das geplante Behandlungsangebot, aber auch persönliche Merkmale des Behandlers selbst. Es muss von Beginn an klar sein: Wofür steht die Praxis und was ist das Besondere? Im Optimalfall spiegeln sich diese Positionierungsmerkmale permanent wider und ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Praxis.
Starkes Gespann in der Patientengewinnung: Empfehlung und Praxishomepage
Was kann man selbst machen?
Besonders junge Praxisgründer wissen, dass Marketing eine entscheidende Rolle in der Praxisplanung spielt und unverzichtbar für die Bekanntmachung des neuen „Unternehmens“ ist. Richtig geplant, werden von Anfang an adäquate Budgets erfasst und entsprechende Dienstleister übernehmen bei Bedarf die Organisation sämtlicher Vermarktungsmaßnahmen. Dennoch ist auch hier die eigene Mitarbeit unerlässlich. Kreative Gründer können verschiedene Aktionen selbst vor Ort planen und umsetzen. Das ist authentisch und spart oftmals etwas Budget (die wichtigsten Maßnahmen sollte man nicht selbst umsetzen, da die Faktoren „Zeit“ und „Professionalität“ nicht zu unterschätzen sind).
- Tag der offenen Tür: Hier haben nicht nur Freunde und Bekannte die Möglichkeit, die neue Praxis kennenzulernen. Vor allem können interessierte potenzielle Patienten einen Blick in die neuen Räumlichkeiten werfen und sich ganz unverbindlich informieren. Idealerweise sollte die Veranstaltung rechtzeitig über die Internetseite und lokale Medien angekündigt und begleitet werden.
- Anzeigenschaltung in ortsansässigen Zeitungen: Nicht nur ältere Patienten werfen gern einen Blick in sogenannte Amtsblättchen, um sich über Geschehnisse im Ort und Kreis zu informieren. An dieser Stelle kann eine Anzeige bezüglich der Neueröffnung der Zahnarztpraxis ein erstes Interesse wecken.
- Guerilla-Marketing: Bei solchen Aktionen sollen mit vergleichsweise geringem Kosteneinsatz möglichst viele Menschen und potenzielle Patienten auf die Gründung aufmerksam gemacht werden. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Beispiele sind Plakat-Kampagnen, Flyer oder Fahrzeugwerbung. Hierdurch kann mit überschaubarem Aufwand eine hohe Resonanz erzeugt werden; rechtliche Grenzen sind hier aber unbedingt zu beachten.
- Social Media: Facebook, Instagram und Co. sind als Instrument zum interaktiven Austausch nicht mehr wegzudenken. Ob privat oder in Wirtschaft und Politik, die digitalen Kanäle dienen der schnellen öffentlichen Kommunikation und können gerade von jungen und innovativen Praxen als Plattform zur Patientengewinnung genutzt werden. Allerdings sollte auch hier, wie bei der Homepage, ein gepflegtes und aktuelles Profil eine professionelle Außenwirkung erzeugen. Dies erfordert nicht nur Zeit, sondern vor allem ein gewisses Know-how im Umgang mit solchen Medien, um unerwünschten und negativen Kommentaren und sogenannten Shit-Storms vorzubeugen.
Unser Tipp: zunächst privat anmelden und analysieren, was andere Praxen in welchen Intervallen in diesen Medien tun.
Was sollte man dem Profi überlassen?
Das Internet ist Trumpf, wenn es um die Gewinnung von Neupatienten geht. Allerdings ist ein Erfolg versprechendes Onlinemarketing nicht nur sehr komplex, es beinhaltet auch wesentlich mehr als eine schlichte Homepage, weshalb auf dieser Ebene professionelle Unterstützung durch erfahrene Unternehmen unabdingbar ist. In der Regel nutzen die meisten Patienten Suchmaschinen (v.a. Google), um vorhandene Praxen zunächst einmal ausfindig zu machen. Die Praxishomepage sollte also nicht nur auffindbar sein, sondern durch gezielte Suchmaschinenoptimierung zu den ersten Positionen des lokalen Ergebnisrankings für vorher definierte Suchbegriffe gehören. Dabei ist v.a. die Findbarkeit aus „Name, Ort, Zahnarzt“ wichtig, da diese Daten von den oben skizzierten Empfehlungspatienten eingegeben werden. Daneben spielen Schwerpunkte der Praxis eine Rolle.
Die Website stellt meistens den ersten Kontakt zwischen Praxis und Patienten dar und erzeugt schon eine erste Wahrnehmung und unterbewusste Einschätzung. Hier gilt der Grundsatz: Es gibt niemals eine zweite Chance für einen ersten Eindruck; daher sollte die Homepage informativ und technisch hochwertig gestaltet sein, aber auch einen insgesamt professionellen und vor allem sympathisch-authentischen Eindruck machen. So können von Beginn an die Kompetenz der Praxis und ihre Servicequalität zum Ausdruck gebracht und Vertrauen aufgebaut werden. Diese sogenannten Ersatzassoziationen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle, da die Primärleistung einer Praxis durch den Patienten ohnehin gar nicht oder nur sehr schwer eingeschätzt werden kann. Um sich rechtlich abzusichern und Abmahnungen vorzubeugen, müssen die auf der Website verwendeten Texte und das Impressum juristisch korrekt formuliert sein. Dazu sollten Laien unbedingt die Unterstützung durch erfahrene Agenturen in Anspruch nehmen.
Ob eine Homepage den Betrachter anspricht, wird stark vom visuellen Eindruck gelenkt. Damit sie emotional überzeugt, sollten Fotos und Videos von Mitarbeitern und Räumlichkeiten vorhanden sein.
Damit diese den professionellen Eindruck von Homepage und Praxis unterstreichen, sollte dazu unbedingt ein professioneller Fotograf oder Videograf beauftragt werden.
Durch die zunehmende Digitalisierung schätzen Patienten die Möglichkeit, ihre Termine unabhängig von Sprechzeiten und telefonischen Warteschleifen schnell und direkt vereinbaren zu können. Mit einer integrierten Online-Terminanfrage sind Patienten unabhängig und das Praxispersonal kann zusätzlich entlastet werden. Zudem werden so, zeitlich gesehen, neue Kommunikationskanäle zum Patienten hin geöffnet. Patienten können sich melden, auch wenn die Praxis gar nicht mehr besetzt ist.
Um alle Internetnutzer erreichen zu können, muss die Praxishomepage auch auf mobilen Endgeräten darstellbar sein (Responsive Webdesign), zumal das Smartphone das meistgenutzte Gerät für den Internetzugang ist [1].
Wo ist Budget erfolgreich eingesetzt?
Um nicht wertvolles Budget für Marketingmaßnahmen zu verschwenden, die am Ende ins Leere laufen, sollte man nicht nur den Überblick über aktuelle Aktionen behalten, sondern vor allem deren Erfolg überprüfen und dokumentieren. Am einfachsten geht das, indem man die Patienten selbst befragt, beispielsweise direkt über den Anamnesebogen. Hier kann einfach die Frage „Wie sind Sie auf unsere Praxis aufmerksam geworden?“ eingebunden werden. Als Hilfestellung für die Patienten sollte man verschiedene Antwortmöglichkeiten vorgeben, wie beispielsweise Internet, Empfehlung, Zeitung etc., je nachdem, welche Marketinginstrumente in der Praxis auch tatsächlich genutzt werden. Eine Auswertung der einzelnen Strategien und eine Anpassung der Maßnahmen lassen sich auf diese Art und Weise relativ einfach durchführen. Mit Blick auf die Auswertung echter Neupatientenfälle in Abbildung 2 wird deutlich, dass Empfehlungen und Praxishomepage (in Kombination) der wichtigste Kanal sind.
Fazit: eigenes Engagement und die Zusammenarbeit mit Profis
Dieser Artikel verdeutlicht, dass professionell geplantes und durchgeführtes Praxismarketing für den Erfolg einer Gründung heute unerlässlich ist. In einem durch zunehmenden Wettbewerb gekennzeichneten Markt haben kreative, engagierte und gemeinsam mit den richtigen Partnern professionell organisierte Praxisgründer einen klaren Wettbewerbsvorteil für den langfristigen Erfolg der eigenen Praxis. Dabei sollten Gründer früh erkennen, dass eigenes Engagement unabdingbar ist, jedoch nicht alle Maßnahmen unter zeitlichem Druck und bei immer komplexeren Medien in Eigenregie erfolgreich durchgeführt werden können. Ein rechtzeitiges „Outsourcen“ an den richtigen Partner ist, unter enger gegenseitiger Abstimmung, unerlässlich. In puncto Maßnahmen sind die Praxishomepage samt flankierender Onlinemedien wie Bewertungsportale und soziale Medien heute Pflicht (vgl. Abb. 2). Sie „verlängern“ und ergänzen den wichtigen Hebel der persönlichen Empfehlungen.
Eine Checkliste für die professionelle Praxismarkenkommunikation im Rahmen der Neugründung sowie eine Aufstellung der typischen Stolpersteine finden Sie auf www.zmk-aktuell.de/schulz2018
Quelle:
[1] Koch W, Frees B: Dynamische Entwicklung bei mobiler Internetnutzung sowie Audios und Videos. Media Perspektiven 9, 419 (2016).
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