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Laborführung

Quereinstieg in die zahntechnische Abrechnung: Mut zur Lücke?

Der Personalmangel bereitet vielen Dentallaboren und Zahnarztpraxen Kopfzerbrechen. Wer ein gutes Team hat, legt sich ins Zeug, um es zu halten, wer es nicht hat, muss oftmals Kreativität entwickeln, um den Arbeitsalltag am Laufen zu halten. Der Bereich der Abrechnung ist davon nicht ausgeschlossen.

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Eine gute Auftragslage und erfolgreich abgeschlossene Arbeiten sind stets ein Grund zur Freude. Am Ende des Prozesses steht jedoch immer die (korrekte und optimale) Rechnungsstellung. Was bedeutet es aber für einen Betrieb, wenn es an kompetentem Abrechnungspersonal fehlt?

  • Rechnungen können nicht oder nur zeitverzögert geschrieben werden. Dieser Umstand hat direkt Auswirkungen auf den Cash Flow bzw. die Liquidität eines Unternehmens, d.h. es gelangt kein Geld auf das Firmenkonto.
  • Rechnungen können unter Umständen falsch geschrieben werden, weil das Fachwissen zur richtigen Rechnungsstellung fehlt. Dies könnte z.B. zur Folge haben, dass Rechnungen von Krankenversicherungen reklamiert werden, dass Rechnungen unvollständig und damit zu niedrig erstellt werden und dadurch ein Umsatzverlust entsteht.
  • Kostenvoranschläge können nicht richtig oder nur mit Verzögerung erstellt werden. Damit verlangsamt sich der Herstellungsprozess in der Praxis und Patientinnen bzw. Patienten müssen länger auf ihre Behandlung warten.
  • Es kann zu Unstimmigkeiten im Team kommen. Die Abrechnungskraft ist überfordert. Gegenseitige Schuldzuweisungen bzgl. der Informationsweitergabe zwischen Zahntechnikern/-innen und Verwaltung sind oft die Folge. Schlimmstenfalls wird die Rechnung einfach „irgendwie“ gestaltet.

Solche Szenarien sind für keinen Betrieb akzeptabel, deshalb ist es enorm wichtig, mindestens eine geschulte und zuverlässige Abrechnungskraft im Team zu haben. Aber woher nehmen? Stellen wir uns einmal den „Worst Case“ vor: Die einzige gut ausgebildete Abrechnungskraft verlässt plötzlich das Unternehmen, niemand anderes im Betrieb kennt sich mit zahntechnischer Abrechnung aus und die Suche nach Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt ist erfolglos.

Was dann? Rechnungen müssen aus oben genannten Gründen geschrieben werden, deshalb muss schnell eine Lösung her. Lösungen lassen sich sicherlich immer finden, aber ob diese so schnell wie benötigt bereitstehen, ist fraglich.

Um solche „Notlagen“ zu vermeiden, ist es als „Erste Hilfe“-Maßnahme ratsam, dass sich Firmeninhaber/-innen selbst auch mit der zahntechnischen Abrechnung auskennen, um notfalls eine gewisse Zeit überbrücken zu können. Da dies zumeist keine Dauerlösung ist, muss geeignetes Fachpersonal her.

Findet man keines, muss man evtl. lange warten oder gezwungenermaßen auf Quereinsteiger/-innen zurückgreifen. Ob das die richtige Lösung ist, kann sich leider erst nach einiger Zeit zeigen.

Der Weg zur Abrechnungsexpertise

Um eine branchenfremde Kraft fit für die zahntechnische Abrechnung zu machen, ist eine eingehende Einarbeitung, begleitet von entsprechenden Schulungen, essenziell. Es kann einige Zeit dauern, bis der neue Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin die komplette zahntechnische Abrechnung beherrscht, weil sie sehr komplex ist.

Rechnungen für Zahnersatz kann man nicht mit anderen Handwerksrechnungen vergleichen. Während auf einer Kfz-Rechnung beispielsweise „Ölwechsel“ oder „Bremsflüssigkeit auffüllen“ steht, kann man auf einer zahntechnischen Rechnung nicht einfach nur „Keramikkrone hergestellt“ aufführen.

Rechnungen in der Zahntechnik sind sehr detailliert und unterliegen gesetzlichen Bestimmungen. Folgende Punkte sind dabei zu beachten:

  • Handelt es sich um eine reine Kassenleistung (Regelversorgung), um eine reine Privatleistung (andersartige Versorgung) oder um eine Kombination aus beidem (gleichartige Versorgung)? Entsprechend muss man auf unterschiedliche Abrechnungslisten (BEL oder BEB) zurückgreifen.
  • Alle einzelnen Positionen müssen korrekt aufgeführt werden. Es gibt für nahezu jeden Arbeitsschritt bzw. jede Leistung des Zahntechnikers bzw. der Zahntechnikerin eine eigene Position. Selbstverständlich dürfen nur Leistungen abgerechnet werden, die auch tatsächlich erbracht wurden. Deshalb ist eine gute und lückenlose Dokumentation der durchgeführten Arbeiten das A und O der Abrechnung. Aber auch hier gibt es noch in einigen Betrieben Defizite (z.B. keine Lust, keine Zeit oder schlichtweg keine Kenntnis der Positionen).
  • Wie sind die Preise kalkuliert? Ist jede Arbeit wirtschaftlich? Sind die BEL- und BEB-Listen auf dem neuesten Stand?
  • Weiß ich wirklich, welche Leistungen ich alle abrechnen kann, oder entgeht mir Umsatz?
  • Kenne ich mich gut in meiner Abrechnungssoftware aus? Kann ich mir Arbeit erleichtern, indem ich mir z.B. Abrechnungskomplexe erstelle?
  • Wie erstelle ich aus einer Anfrage vom Zahnarzt oder von der Zahnärztin einen korrekten Kostenvoranschlag?

Mit diesen Fragen sollte sich die neue Abrechnungskraft auseinandersetzen und diese auch umsetzen können. Aus diesem Grund sollte man bei der Auswahl von Quereinsteigern/-innen sehr sorgfältig agieren. Es reicht nicht, jemanden einzustellen, der sich den Aufgabenbereich „gut vorstellen kann“ oder „Lust hat, es mal auszuprobieren“.

Grundvoraussetzungen für den erfolgreichen Quereinstieg

  • Interesse an Zahntechnik und Zahnmedizin (um richtig abzurechnen, sollte man ein Verständnis dafür haben, was man abrechnet)
  • Bereitschaft, sich innerhalb kurzer Zeit sehr viel neues Wissen anzueignen
  • gutes kaufmännisches und Zahlenverständnis sowie rechtliches Grundverständnis
  • gute EDV-Kenntnisse
  • Kommunikationsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen, die benötigten Informationen zu erhalten
  • sorgfältige Arbeitsweise

Bevor Sie also einen Arbeitsvertrag mit Quereinsteigern/-innen abschließen, sollten Sie ihnen schonungslos und detailliert vermitteln, was auf sie zukommt. Erklären Sie im Vorfeld, wie die zahntechnische Abrechnung aufgebaut ist. Vereinbaren Sie einen oder mehrere „Schnuppertage“ in Ihrem Betrieb, damit der Bewerber bzw. die Bewerberin sich den Arbeitsalltag vorstellen kann und erste Eindrücke von der eigenen Eignung und Motivation bekommt.

Stellen Sie leichte Aufgaben, um das Verständnis für die Thematik zu erkennen. Es bringt nichts, jemanden aus Verzweiflung einzustellen, von dem Sie nicht 100% überzeugt sind. Sie investieren Zeit und Geld für Einarbeitung und Schulung und laufen Gefahr, dass man sich nach kurzer Zeit wieder voneinander trennt.

Haben Sie eine Person gefunden, die Sie überzeugt hat, schmeißen Sie sie nicht einfach ins „kalte Wasser“, sondern gehen die Einarbeitung strategisch an. Sonst besteht leicht die Gefahr von Überforderung oder dass sich Fehler einschleichen. Die Einarbeitung sollte folgende Elemente umfassen:

  • Grundbegriffe und Arbeitsweise der Zahntechnik (am besten durch Beobachten und Erklären des zahntechnischen Arbeitsalltags im Dentallabor)
  • Einführung in die Arbeitsprozesse und die Kommunikation bzw. Informationsweitergabe zwischen Dentallabor und Zahnarztpraxis einerseits und zwischen Zahntechnik und Verwaltung andererseits
  • intensives Lernen der zahntechnischen Abrechnung, z.B. durch die Teilnahme an Abrechnungsschulungen oder Einarbeitung durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen
  • Zusammenstellen schriftlicher Unterlagen zum Nachschlagen und umfangreiche Einarbeitung in die Abrechnungssoftware, um alle Möglichkeiten des Programms auszuschöpfen
  • in der ersten Zeit Prüfung jeder erstellen Rechnung und Besprechung der Fehler

Fazit

Die Einstellung von Quereinsteiger/-innen in der zahntechnischen Abrechnung kann funktionieren. Ein gewisses Risiko besteht jedoch immer, das es im Vorfeld zu minimieren gilt. Grundsätzlich sind Kandidaten/-innen mit Erfahrungen in zahntechnischer oder zumindest zahnmedizinischer Abrechnung die erste Wahl und eine zahntechnische oder zahnmedizinische Ausbildung von Vorteil.

Lässt sich niemand mit diesen Voraussetzungen finden, muss man unter Branchenfremden die am besten geeignete Person finden. Bitte vermeiden Sie Spontaneinstellungen aus der Personalmangellage heraus, sondern treffen Sie eine weise Auswahl, um ein Teammitglied zu finden, das den Anforderungen gewachsen ist und Sie langfristig unterstützen kann.

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