Bei über einen längeren Zeitraum fehlender funktioneller Belastung in einem Kieferabschnitt kann es zu ausgeprägter Knochenatrophie kommen [1-3]. Die Rekonstruktion dieser Knochendefekte ist die Grundlage einer dauerhaften Wiederherstellung gesunder Gewebeverhältnisse und prothetischer Restauration.
Zur Schaffung eines ausreichend dimensionierten neuen Implantatlagers können Knochendefekte mit autologen Knochenblöcken, Knochenersatzmaterial oder einer Kombination der beiden Verfahren rekonstruiert werden [4, 5]. Im vorliegenden Fall erfolgte die Rekonstruktion des periimplantären Knochendefektes mittels Biologischem Eigenknochenaufbau (Split Bone Technik nach Prof. Khoury) [6,7]. Dieses chirurgische Protokoll sieht eine Kombination aus autologen Knochenblöcken und der Applikation partikulierter autologer Knochenspäne vor.
Ausgangssituation
Dr. Frank Zastrow
Chirurgische Maßnahmen
Die beiden Prämolaren 35 und 45 wiesen aufgrund der fehlenden Molaren eine starke Überbelastung und einen damit einhergehenden Lockerungsgrad 3 auf und mussten extrahiert werden (Abb. 2). Dr. Frank Zastrow
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Nach einer Ausheilungsphase von 6 Wochen erfolgte die Rekonstruktion des verlorengegangenen Knochens (Abb. 3 und 4).
Beidseits retromolar wurde dazu ein kortiko-spongiöser Knochenblock entnommen und in zwei dünne Knochenschalen geteilt (Split bone technique by Prof. Khoury) und diese wiederum weiter ausgedünnt. Es erfolgte nun die Rekonstruktion des Knochendefekts, wobei die Knochenschalen bukkal auf Distanz gesetzt und mit kleinen Osteosyntheseschrauben fixiert wurden. Es ist eine Kieferkammbreite von 7-8 mm anzustreben, wobei bei der Methode des Biologischen Eigenknochenaufbaus nicht überaugmentiert werden muss, da die Resorptionsgefahr äußerst gering ist (Abb. 5-8). Dr. Frank Zastrow
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Anschließend wurde der bestehende Hohlraum entsprechend der Prinzipien des Biologischen Eigenknochenaufbaus (nach Prof. Khoury) mit partikulierten Knochenspänen, die beim Ausdünnen der Knochenblöcke gewonnen worden waren, aufgefüllt. Durch diese Methode wird im Unterschied zu kompakten Kortikalisblöcken die Oberfläche des Knochens vergrößert, was wiederum zu einer größeren Angriffsfläche für die zuführenden Gefäße führt und damit eine schnellere Ernährung des aufgebauten Knochens erlaubt (Abb. 9-12). Dr. Frank Zastrow
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Auf eine Abdeckung durch eine Membran wird verzichtet, da dies die zuführenden Blutgefäße behindern würde. Ebenfalls wird auf einer Perforierung des Restknochens verzichtet. Die Wunde wird nach einer ausreichenden Periostschlitzung spannungsfrei verschlossen (Abb. 13). Dr. Frank Zastrow
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Die Kontrollröntgenaufnahme zeigt deutlich die mittels Osteosyntheseschrauben aufgebauten Augmentationsbereiche sowie die retromolaren Entnahmestellen im dritten und vierten Quadranten (Abb. 14).
Die Wiedereröffnung des Operationsgebietes erfolgte nach vier Monaten. Länger sollte nicht mit dem Re-entry gewartet werden. Es zeigte sich eine komplette Verknöcherung des Augmentats und keine Resorptionen im Bereich der Fixationsschrauben (Abb. 15 und 16). Dr. Frank Zastrow
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Die Freilegung erfolgte nach 4 Monaten mittels einfacher Stichinzision. Die Verschlussschrauben wurden entfernt und Gingivaformer auf die Implantate aufgeschraubt (Abb. 17-19).
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Die Kronen wurden auf den Implantaten verschraubt, um einer durch Befestigungszement induzierten Periimplantitis sicher entgegenzuwirken. Das klinische Abschlussfoto zeigt reizfreies Weichgewebe im periimplantären Bereich sowie eine ausreichende keratinisierte Mukosamanschette periimplantär (Abb. 21 und 22). Dr. Frank Zastrow
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Die Verschraubung stellt eine wichtige Prävention gegen das Auftreten einer Periimplantitis dar. Das röntgenologische Abschlussfoto zeigt die knöcherne Regeneration des Defektes und gute Osseointegration der Implantate (Abb. 23).
Diskussion
Im vorliegenden Fall erfolgte die Rekonstruktion der schmalen Kieferkämme nach dem Konzept des Biologischen Eigenknochenaufbaus. Hierbei wird ein retromolarer Knochenblock entnommen und in zwei Knochenschalen geteilt und ausgedünnt (Split Bone Technik Prof. Khoury). Durch diese Schalen wird eine Art Container gebildet und der entstehende Zwischenraum in der Folge mit partikulierten autologen Knochenspänen gefüllt. Im Gegensatz zu Knochenersatzmaterial garantiert die ausschließliche Verwendung von autologem Knochen eine sichere und schnellere Knochenneubildung aufgrund der osteoinduktiven Potenz.
Durch die hohe Präzision, mit denen heute verfügbare CAD/CAM-Systeme implantatprothetische Gerüste fertigen können, ist eine direkte Verschraubung auf den Implantaten möglich. Diese Vorgehensweise bietet zwei Vorteile: Zum einen ist es möglich, auf ein Abutment zu verzichten, wodurch eine zusätzliche Fügestelle und ein Ort potentieller Bakterieninfiltration entfällt. Zudem entfällt durch die Verschraubung die Notwendigkeit der Befestigung der Kronen mit Zement, was einer Zement induzierten Periimplantitis sicher entgegenwirkt.
Mit dem beschriebenen Protokoll können schmale Unterkieferkämme sicher rekonstruiert und mit einer verschraubten, festsitzenden Implantat getragenen prothetischen Restauration langfristig ästhetisch und funktionell versorgt werden.
Weitere Informationen:
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