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Endodontie

Endodontische „Verlaufskontrolle“ bei stark gekrümmten Wurzelkanälen

Der nachhaltige Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung zeigt sich immer erst in der Langzeitbeobachtung, erklärt Endo-Experte Dr. Thomas Rieger. Er zeigt anhand eines Fallbeispiels auf, wie mithilfe vorbiegbarer Nickel-Titan-Feilen ein stark gekrümmter Kanal im hinteren Oberkiefer so aufbereitet wurde, dass eine bakteriendichte Versiegelung noch 6 Jahre nach dem Eingriff sichergestellt ist. Hierbei ist der Einsatz einer reduzierten Feilensequenz genauso wichtig wie die Vorteile eines fließfähigen Obturationsmaterials.

Placeholder – News shutterstock

Einen Krümmungswinkel von annähernd 90 Grad findet man häufiger bei einer Achterbahn als in der menschlichen Anatomie. Dass solche „rasanten“ Kurven in der Endodontie aber nicht zwingend zum selben Adrenalinausstoß beim behandelnden Zahnarzt führen müssen, illustriert nachstehender Patientenfall. Dank moderner NiTi-Feilensysteme gelingt selbst bei stark gekrümmten Verläufen eine souveräne, langfristig zuverlässige Aufbereitung – ohne aus der Kurve zu fliegen.

Fallbeispiel
Ausgangssituation: distaler kariöser Defekt an Zahn 26

Abb. 1: Die Ausgangssituation. Dr. Thomas Rieger
Abb. 1: Die Ausgangssituation.
Ein 36-jähriger Patient stellte sich im Oktober 2012 mit akuten Schmerzen an Zahn 26 in unserer Praxis vor. Die Röntgendiagnostik zeigte distal einen tiefgehenden kariösen Defekt (Abb. 1). Aufgrund des eindeutigen Befundes rieten wir zu einer Wurzelkanalbehandlung. Dieser Behandlung stimmte der Patient zu. Nach Anlegen des Kofferdams wurde zunächst der betroffene Zahn für mehr Stabilität mit Komposit aufgebaut, um danach unter Einsatz eines Diamantbohrers einen entsprechenden Zugang zu schaffen. Nun konnte die Pulpakammer eröffnet werden. Dabei wurde sämtliches Kronenpulpa-Gewebe aus dem infizierten Zahn entfernt. Mit einer Gleitpfadfeile der Größe 10/.05 wurde die Kanalgängigkeit geprüft.

Abb. 2: Die Feilenoberfläche unter dem Mikroskop. Dr. Thomas Rieger
Abb. 2: Die Feilenoberfläche unter dem Mikroskop.
Für die eigentliche Aufbereitung des Kanals kam das modular aufgebaute NiTi-Feilensystem HyFlex EDM von COLTENE zum Einsatz, das sich durch seine vergleichsweise einfache Handhabung auszeichnet. Die Sequenz funktioniert quasi nach dem Baukastensystem: Je nach Indikation und den jeweiligen anatomischen Gegebenheiten wählt der Behandler aus einer Vielzahl unterschiedlicher Feilengrößen und Spezialfeilen aus. Gerade Einsteigern in die maschinelle Aufbereitung erleichtert die HyFlex EDM das Vorgehen dank ihrer speziellen Materialeigenschaften enorm. Die Abkürzung „EDM“ steht für „Electrical Discharge Machining“, ein eigens entwickeltes Herstellungsverfahren, das eine einzigartige Oberflächenstruktur schafft (Abb. 2). Die raue, texturierte Oberfläche erhöht die Schneidleistung und macht das Instrument besonders bruchsicher. Dadurch ist die NiTi-Feile für Zahnärzte prädestiniert, die mit einer reduzierten Sequenz schnell verlässliche Ergebnisse realisieren möchten.

Naturgetreue Aufbereitung mit wenigen Feilen

Eine weitere Eigenschaft der Feile, die im vorliegenden Fall verwendet wurde, ist der sogenannte kontrollierte Rückstelleffekt („controlled memory“). NiTi-Feilen mit diesem CM-Effekt lassen sich ähnlich klassischer Edelstahl-Feilen vorbiegen und verbleiben verlässlich in jener vorgebogenen Form auch nach dem Einführen in den Kanal. Bei schwer zugänglichen distalen Molaren oder ungewöhnlich stark gekrümmten Wurzelkanälen kann eine solche Qualität der ansonsten weiterhin äußerst flexiblen Feile durchaus hilfreich sein (Abb. 3 und 4). Zudem bewegt sich die Feile sicher im Kanalzentrum und passt sich dem natürlichen Kanalverlauf an. So kommt es zu keinerlei Begradigungen, Zipping oder ähnlichen unerwünschten Effekten. Gerade bei herausfordernden anatomischen Voraussetzungen ist das Risiko einer iatrogenen Schädigung bei zu invasivem Vorgehen nicht zu vernachlässigen.

Abb. 3: Eine vorbiegbare NiTi-Feile. Dr. Thomas Rieger
Abb. 3: Eine vorbiegbare NiTi-Feile.
Abb. 4: NiTi-Feile im vorgebogenen Zustand. Dr. Thomas Rieger
Abb. 4: NiTi-Feile im vorgebogenen Zustand.

Darüber hinaus streiten Endo-Experten nach wie vor leidenschaftlich über die ideale Feilensequenz. Auf der Suche nach der ultimativen Arbeitserleichterung wurden die von der Industrie vorgestellten Sequenzen seit Jahren konsequent verkürzt. Gerade bei Kanalverläufen, die stark von der „Lehrbuch-Anatomie“ (sofern es sie denn tatsächlich gibt) abweichen, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die Aufbereitung mit wenigen Feilen möglich und überhaupt sinnvoll ist.

Abb. 5: HyFlex EDM OneFile 25/~. Dr. Thomas Rieger
Abb. 5: HyFlex EDM OneFile 25/~.
Im Beispiel wurde schwerpunktmäßig mit einer universellen EDMFeile der ISO-Größe 25 gearbeitet (Abb. 5).

Die Verwendung dieses Instruments reichte vollkommen aus, um den Kanal bis auf Arbeitslänge innerhalb weniger Minuten anatomisch korrekt aufzubereiten. Ohne Verblockung absolvierte die NiTi-Feile selbst einen Krümmungswinkel von annähernd 90 Grad, indem sie in tupfenden Auf- und Abbewegungen schrittweise in den Kanal eingeführt wurde. Lediglich für den letzten Feinschliff wurde mit einer 40/.04-Feile (bzw. palatinal mit einer 50/.04-Feile) der HyFlex-EDM- bzw. -CM-Serie etwas nachgebessert. Selbstverständlich trug die Durchführung des klassischen Spülprotokolls maßgeblich zur effektiven Reinigung des Kanals bei. In der Praxis ist es deshalb empfehlenswert, trotz eines gewissen zeitlichen Aufwands unbedingt auf die Einhaltung hinreichend langer Spülphasen während der Aufbereitung zu achten.

Verlaufskontrolle nach 6 Jahren

Abb. 6: Abschlusskontrolle nach Wurzelkanalfüllung. Dr. Thomas Rieger
Abb. 6: Abschlusskontrolle nach Wurzelkanalfüllung.
Zur langfristigen Versiegelung des Kanals wurde GuttaFlow 2 verwendet. Das 2-in-1-Obturationsmaterial kombiniert bei Zimmertemperatur fließfähige Guttapercha mit dem passenden Sealer. Das biokompatible Material zeigt nahezu keine Löslichkeit, sodass eine langzeitstabile Füllung geschaffen wird. Im abschließenden Röntgenbild sind die gefüllten Areale gut erkennbar (Abb. 6). Einerseits wird deutlich, wie anatomisch sauber das Nachempfinden des natürlichen Kanalverlaufs erfolgte, andererseits erkennt man, welche Vorteile ein fließfähiges Füllungsmaterial mit sich bringt, das verlässlich bis zum Apex vordringt und somit die beste Basis für eine langlebige Restauration legt. Natürlich bilden solche extrem gekrümmten Wurzelkanäle wie im geschilderten Patientenfall eher die Ausnahme; trotzdem zeigt das vorstehende Beispiel, dass selbst komplexere Kanalverläufe sicher mit Standardfeilen aus einem modernen NiTi-System aufbereitet werden können.

Nach zwei Jahren bestätigte die Röntgenkontrolle im Rahmen der Nachsorge die Zuverlässigkeit der Obturation (Abb. 7). Die Situation in den Wurzelkanälen war unverändert und der Patient selbstverständlich nach wie vor beschwerdefrei. Im vergangenen Jahr, d.h. 6 Jahre nach Behandlung des Zahnes, zeigte eine weitere Recall-Aufnahme wiederum keinerlei Auffälligkeiten oder Änderung des abschließenden Befundes (Abb. 8). Die langfristige Prognose scheint damit erfreulich positiv zu sein trotz des steilen Krümmungswinkel der mesialen Wurzel.

Abb. 7: Röntgenkontrolle nach 2 Jahren. Dr. Thomas Rieger
Abb. 7: Röntgenkontrolle nach 2 Jahren.
Abb. 8: Röntgenkontrolle nach 6 Jahren. Dr. Thomas Rieger
Abb. 8: Röntgenkontrolle nach 6 Jahren.

Zusammenfassung

Schwer zugängliche Kavitäten und ungewöhnlich stark gekrümmte Kanalverläufe stellen besondere Anforderungen an das handwerkliche Geschick des Endo-Experten sowie die Flexibilität und Bruchfestigkeit der eingesetzten Instrumente dar. Modular aufgebaute NiTi-Systeme erlauben eine naturgetreue Aufbereitung mit nur wenigen Feilen. Vorbiegbare Feilen mit dem „Controlled Memory“- Effekt wie die HyFlex EDM lassen sich dabei komfortabel im Kanalzentrum navigieren. In der langfristigen „Verlaufskontrolle“ zeigt sich eindrucksvoll die Langlebigkeit einer sauber aufbereiteten Kanalstruktur. 

Mehr Infos zu den Materialien auf:

www.coltene.com

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