Einen Krümmungswinkel von annähernd 90 Grad findet man häufiger bei einer Achterbahn als in der menschlichen Anatomie. Dass solche „rasanten“ Kurven in der Endodontie aber nicht zwingend zum selben Adrenalinausstoß beim behandelnden Zahnarzt führen müssen, illustriert nachstehender Patientenfall. Dank moderner NiTi-Feilensysteme gelingt selbst bei stark gekrümmten Verläufen eine souveräne, langfristig zuverlässige Aufbereitung – ohne aus der Kurve zu fliegen.
Fallbeispiel
Ausgangssituation: distaler kariöser Defekt an Zahn 26
Dr. Thomas Rieger
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Naturgetreue Aufbereitung mit wenigen Feilen
Eine weitere Eigenschaft der Feile, die im vorliegenden Fall verwendet wurde, ist der sogenannte kontrollierte Rückstelleffekt („controlled memory“). NiTi-Feilen mit diesem CM-Effekt lassen sich ähnlich klassischer Edelstahl-Feilen vorbiegen und verbleiben verlässlich in jener vorgebogenen Form auch nach dem Einführen in den Kanal. Bei schwer zugänglichen distalen Molaren oder ungewöhnlich stark gekrümmten Wurzelkanälen kann eine solche Qualität der ansonsten weiterhin äußerst flexiblen Feile durchaus hilfreich sein (Abb. 3 und 4). Zudem bewegt sich die Feile sicher im Kanalzentrum und passt sich dem natürlichen Kanalverlauf an. So kommt es zu keinerlei Begradigungen, Zipping oder ähnlichen unerwünschten Effekten. Gerade bei herausfordernden anatomischen Voraussetzungen ist das Risiko einer iatrogenen Schädigung bei zu invasivem Vorgehen nicht zu vernachlässigen. Dr. Thomas Rieger
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Darüber hinaus streiten Endo-Experten nach wie vor leidenschaftlich über die ideale Feilensequenz. Auf der Suche nach der ultimativen Arbeitserleichterung wurden die von der Industrie vorgestellten Sequenzen seit Jahren konsequent verkürzt. Gerade bei Kanalverläufen, die stark von der „Lehrbuch-Anatomie“ (sofern es sie denn tatsächlich gibt) abweichen, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die Aufbereitung mit wenigen Feilen möglich und überhaupt sinnvoll ist.
Dr. Thomas Rieger
Die Verwendung dieses Instruments reichte vollkommen aus, um den Kanal bis auf Arbeitslänge innerhalb weniger Minuten anatomisch korrekt aufzubereiten. Ohne Verblockung absolvierte die NiTi-Feile selbst einen Krümmungswinkel von annähernd 90 Grad, indem sie in tupfenden Auf- und Abbewegungen schrittweise in den Kanal eingeführt wurde. Lediglich für den letzten Feinschliff wurde mit einer 40/.04-Feile (bzw. palatinal mit einer 50/.04-Feile) der HyFlex-EDM- bzw. -CM-Serie etwas nachgebessert. Selbstverständlich trug die Durchführung des klassischen Spülprotokolls maßgeblich zur effektiven Reinigung des Kanals bei. In der Praxis ist es deshalb empfehlenswert, trotz eines gewissen zeitlichen Aufwands unbedingt auf die Einhaltung hinreichend langer Spülphasen während der Aufbereitung zu achten.
Verlaufskontrolle nach 6 Jahren
Dr. Thomas Rieger
Nach zwei Jahren bestätigte die Röntgenkontrolle im Rahmen der Nachsorge die Zuverlässigkeit der Obturation (Abb. 7). Die Situation in den Wurzelkanälen war unverändert und der Patient selbstverständlich nach wie vor beschwerdefrei. Im vergangenen Jahr, d.h. 6 Jahre nach Behandlung des Zahnes, zeigte eine weitere Recall-Aufnahme wiederum keinerlei Auffälligkeiten oder Änderung des abschließenden Befundes (Abb. 8). Die langfristige Prognose scheint damit erfreulich positiv zu sein trotz des steilen Krümmungswinkel der mesialen Wurzel. Dr. Thomas Rieger
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Zusammenfassung
Schwer zugängliche Kavitäten und ungewöhnlich stark gekrümmte Kanalverläufe stellen besondere Anforderungen an das handwerkliche Geschick des Endo-Experten sowie die Flexibilität und Bruchfestigkeit der eingesetzten Instrumente dar. Modular aufgebaute NiTi-Systeme erlauben eine naturgetreue Aufbereitung mit nur wenigen Feilen. Vorbiegbare Feilen mit dem „Controlled Memory“- Effekt wie die HyFlex EDM lassen sich dabei komfortabel im Kanalzentrum navigieren. In der langfristigen „Verlaufskontrolle“ zeigt sich eindrucksvoll die Langlebigkeit einer sauber aufbereiteten Kanalstruktur.
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