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Geschichtlich gesehen, angefangen mit Branemark im Jahr 1965, der im Unterkiefer nur interforaminal implantierte, galt es in der Vergangenheit, möglichst lange Implantate zu inserieren; dies mit einem „Sicherheitsabstand“ von 2 mm zu wichtigen anatomischen Nachbarstrukturen sowohl im Unter- als auch im Oberkiefer (Abb. 1 und 2). Inzwischen hat sich die Planung bezüglich der präoperativen Längeneinschätzung im Vergleich zu früheren Jahrzehnten stark vereinfacht.
Unabhängig vom Platzangebot setzte ich beispielsweise seit etwa zehn Jahren Spätimplantate mit einer Länge von „nur“ 8 mm, bei Bedarf gar nur 6 mm (Abb. 3). Diese Vorgehensweise wird durch die Auswertung von 13.834 inserierten Champions-(R)Evolution-Implantaten in einer Zehnjahresstudie (2012 bis 2022) bestätigt, die in 96,5% der Fälle den gleichen Behandlungserfolg ohne Periimplantitis unabhängig von der Implantatlänge ermittelte.
Gründe für den Wandel bei der Längenbestimmung
Grundsätzlich sind es drei Anforderungen bzw. Hauptkriterien, die an inserierte Implantate gestellt und von Implantologen erfüllt werden sollten: Prothetisch muss das Implantat versorgbar sein, eine Primärstabilität von 20 bis 60 Ncm erreichen und zumindest bukkal von 1 mm keratinisierter Gingiva umgeben sein.
Die Hauptmerkmale des Champions-(R)Evolution-Implantats sind dessen krestales Mikrogewinde, der bakteriendichte Innenkonus von 9,5° und ein Shuttle, der mit dem Einbringtool, der chirurgischen Verschlussschraube sowie dem Gingivaformer gleich mehrere Funktionen vereint. Somit kann es ohne die Nachteile eines Bone-Level-Implantats 1 bis 2 mm subkrestal inseriert werden. Da im harten D1/D2-Knochen eine krestale Entlastung um einen 0,5 mm breiteren Bohrer empfohlen und die Primärstabilität von 20 bis 60 Ncm ausschließlich von der Spongiosa erreicht wird, treten auf krestalem Knochenniveau keine großen Kräfte auf, sodass kraterförmige Abbauprozesse währen der Einheilphase vermieden werden können. Natürlich sollten im modernen MIMI-Verfahren (MIMI: minimalinvasive medizinische Implantation) keine Mukoperiostlappen gebildet und keine Wiedereröffnung der Gingiva („Reentry“) durchgeführt werden. Ziel ist es, das Periost und die „gingivale Breite“ unversehrt zu lassen, um die Ernährungsknochenpumpe über das intakte Periost langfristig aufrecht zu erhalten. Denn durch jede Aufklappung kann die Entstehung einer Periimplantitis begünstigt werden.
Im Gegensatz zu den ersten, rein maschinierten Implantaten sollten moderne Implantatsysteme „veredelt“ sein (Abb. 4). Durch Strahlmittel und drei Ätzflüssigkeiten erhält die „weiche“ Titanoberfläche größere und kleinere Lakunen, die die Oberfläche um den Faktor 50 erhöhen. Damit steigt der BIC (Bone-Implant-Contact) um ein Vielfaches an, sodass z.B. ein 8 mm langes Champions-(R)Evolution-Implantat mit einem Durchmesser von 3,5 mm eine Oberfläche eines 32 mm langen, nur maschinierten Implantates mit 4,5 mm Durchmesser aufweist. Ein weiteres Argument für die 8 mm Standard-Implantatlänge ist die linguale Mylohyoideus-Loge im seitlichen Unterkiefer. Wenn man eine achsengerechte und optimale prothetische Implantatposition (mit geradem Abutment) anstrebt, sind dort sehr oft nur 10 mm „Platz“ (gelbe Klammer) (Abb. 5). Für längere Implantate müsste man zwingend eine mehr nach bukkal gerichtete Kavitäten-Aufbereitung und Insertion durchführen.
Zwar mehr aus betriebswirtschaftlicher als wissenschaftlicher Sicht, aber dennoch relevant, ist das kleinere „Implantatlager“, das in der jeweiligen Praxis benötigt wird. Wir inserieren bei ca. 1.500 Implantaten pro Jahr zu 85% nur 8er-Implantatlängen, nach Möglichkeit jedoch 1 bis 2 mm subkrestal, sodass der Shuttle des (R)Evolution (bei einer Gingivahöhe von z.B. 2 mm) äqui- oder leicht subgingival abschließt. Dadurch dauert eine Implantation inklusive der Infiltrationsanästhesie und Röntgenkontrolle nur etwa 25 Minuten.
Planung des Implantatdurchmessers
Hier sind zunächst zwei Grundregeln zu nennen: Prinzipiell kann für zweiteilige Titan-Implantatsysteme ein Implantatdurchmesser von „nur“ 3,5 mm empfohlen werden. Die einzige Ausnahme bildet eine Einzelmolarversorgung, für die in beiden Kiefern ein Durchmesser von 4,0 mm angestrebt werden sollte. Selbst wenn nach DVT ein sagittales Knochenangebot von 7 mm analysiert werden kann, sind 3,5 und 4, 0 mm Durchmesser immer die erste Wahl, sofern die Knochendichte es zulässt (Stichwort „Primärstabilität“). Im seitlichen, distalen Oberkiefer oder bei (verzögerten) Sofortimplantaten hingegen orientieren wir uns nicht mehr an der Anatomie des Knochens (etwa mithilfe eines präoperativ angefertigten DVTs), sondern an sogenannten Knochen-Condensern, die ich selbst im Jahr 2008 – aus der orthopädischen Chirurgie stammend – in der Zahnmedizin etablierte. Dabei handelt es sich um „Miniaturformen“ der ein- und zweiteiligen Champions-Implantate mit geringen Durchmesser-Abständen zur Verdichtung von Knochen.
So kann in nur wenigen Minuten ein weicher D4- in einen D3-Knochen und dieser anschließend in einen optimierten stabilen D2-Knochen überführt werden. Diese „ossäre Metamorphose“ ist sicher, erfolgreich und leicht durchzuführen (Abb. 6). Nach der Pilotbohrung mit einem konischen Dreikantbohrer (der selbst mehr als knochenverdichtendes statt knochenabtragendes Instrument angesehen werden kann), kommen im weicheren Knochen (ab distal oberer 4er) nur noch Condenser in aufsteigenden Durchmessern zum Einsatz. Erreicht z.B. der blaue WS-Condenser mit 4,3 mm Durchmesser bei 30 U/Min. und 30 Ncm Drehmomenteinstellung die geforderte Primärstabilität (20 Ncm „OUT“), greift man auf ein (R)Evolution-Implantat mit 4,5 mm Durchmesser zurück (Abb. 7). Die WS-Condenser laufen äußerst „ruhig“ und können auf diese Weise auch für den „internen, direkten Sinuslift“ (IDS) eingesetzt werden.
Fazit

Für die Anordnung und Durchführung eines DVTs bedarf es einer begründeten medizinischen Indikation. Keinesfalls sollte ein solches DVT standardmäßig nur zu Planungszwecken aufgrund der immer noch stärkeren Patienten-Strahlungsbelastung angefertigt werden. Die Auswahl sowohl der Implantatlängen als auch -durchmesser hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten vereinfacht. Es wird empfohlen, sich nach Möglichkeit die Länge der extrahierten Wurzel zu notieren und die Länge auf dem Röntgenbild zu messen. Auch auf diese Weise ist eine Bestimmung des Knochenangebotes mithilfe eines gewöhnlichen Dreisatzes problemlos möglich (Abb. 8).
Bei der Spätimplantation haben sich bei uns kürzere Implantate mit einer Standardlänge von 8 mm bewährt, die man jedoch optimalerweise 1 bis 2 mm subkrestal mit „krestaler Entlastung“ im D1/D2-Knochen ohne Mukoperiostlappen-Bildung im CNIP-MIMI-Verfahren setzt. Bei „weichem“ Knochen (i.d.R. distal, oberer Bereich regio 5 bis 7), bei allen Sofortimplantaten und bei MIMI-II (Distraktion schmaler Kiefer) kommen die Winkelstück-(WS-)Condenser mit etwa 30 U/Min. und 30 Ncm Einstellung zum Einsatz. Denn nicht die präoperative Anatomie bestimmt den Durchmesser eines Implantats im „weichen“ Knochen, sondern die nach Aufbereitung mit WS-Condensern erzielte Knochendichte mit dem Ziel, die Implantate mit einer Primärstabilität von 20 bis 60 Ncm zu inserieren.


Sinuslift) mit simultaner Implantation
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