Eine anspruchsvolle Aufgabe für prothetisch tätige Zahnärzte ist oftmals, eine präzise und vorhersagbare Abformung zu erreichen – insbesondere dann, wenn Zähne und Implantatpfeiler abgeformt werden sollen. Abformfehler führen zu schlechten Passungen, notwendigen Wiederholungen und zu längeren Arbeitszeiten. Misserfolge erzeugen Frust sowohl bei Patienten und Zahnärzten als auch beim Fachpersonal. Verwirrend ist die Vielzahl von elastomeren Abformmaterialien für unterschiedliche Indikationen. Die Weiterentwicklungen im Bereich der Abformmaterialien kombinieren das Polyvinyl- und Polyethermaterial, die Vinylsiloxanether® (VSXE®). Dieses Abformmaterial vereint viele Vorteile der Materialklassen und erweitert dadurch die Indikationen bei besserem Handling.
Patientenfall
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Trotz unterschiedlicher Beweglichkeit von Zahn und Implantat im Alveolarknochen zeigen festsitzende zahn- und implantatgetragene Rekonstruktionen im Sinne von Verbundbrücken gute Langzeitergebnisse. Hierfür sind, neben einer starren Verbindung zwischen Zahn und Implantat durch eine direkte zementierte Verbindung, auch gute parodontale und endodontische Verhältnisse am Zahn sowie gute ossäre Verhältnisse am Implantat, Voraussetzung. Ein Bruxismus sollte wie auch im vorliegenden Fall nicht vorliegen.
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Nach einer Einheilzeit von 12 Wochen wurden die Implantate wieder freigelegt und mit Gingivaformern versorgt. Ein OPG bestätigte dabei die erfolgreiche Osseointegration der inserierten Implantate und es erfolgte die Vorbereitung und Präparation der Pfeilerzähne 23 und 24 (Hohlkehlpräparation, Schleifkörper Komet Dental).
Zum Gingivamanagement und zur Vorbereitung der Abformung wurden an den Zähnen 23 und 24 jeweils 2 Retraktionsfäden (Ultradent) gelegt. Der unten liegende Faden wurde während der Abformung zur Vermeidung einer Sickerblutung und zum Auffangen des Sulkusfluids belassen. Der oben liegende Faden, welcher der Sulkusaufweitung diente, wurde unmittelbar vor dem Umspritzen mit dem Abformmaterial Identium Light (Kettenbach) entfernt. Zeitgleich mit diesem Arbeitsschritt hat die zahnärztliche Assistenz einen individuellen Abformlöffel (3D-Druck, Rapid Shape) mit Identium Medium (Kettenbach) befüllt. Zuerst wurden das periimplantäre Gewebe und der Abformpfosten (Straumann) regio 27 umspritzt, danach die Sulki der Zähne 23 und 24 (Abb. 3 bis 5) und schließlich der Abformpfosten regio 16. Abschließend wurde der mit Identium Medium befüllte individuelle Abformlöffel inseriert (Abb. 6 und 7). Die Abformung erfolgte analog, da diese bei para- oder subgingivalen Präparationsgrenzen oder bei der Versorgung ganzer Zahnbögen (Problem: Stitching) den digitalen Verfahren weiterhin überlegen ist. Digitales Abformen bzw. Scannen wird in unserer Praxisklinik in den Fällen durchgeführt, wo die Präparationsgrenze supragingival liegt. Dr. Joachim Beck-Mußotter
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Nach Entnahme der Abformung zeigten sich die ausgezeichnete Prägeschärfe und die detaillierte Abformung der benötigten Strukturen. Die Implantatabdruckpfosten waren stabil gefasst (Abb. 8). Nach diesem Verfahren wurde ebenso der Unterkiefer abgeformt (Abb. 9). Im zahntechnischen Meisterlabor Fischer, Weinheim, wurden zunächst die beiden Meistermodelle sowie im Bereich der Implantate Gingivamasken hergestellt. Die Modelle zeigten die durch die präzisen Abformungen erzielten Details (Abb.10 und 11). Dr. Joachim Beck-Mußotter
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Im Anschluss erfolgten der Scan, das Design und die Fertigung der individuellen Abutments (Hybridabutments) sowie die Gerüstherstellung der implantat- und zahngetragenen Restaurationen (Zirkon, Abb. 12 und 13). Abschließend wurden die keramischen Verblendungen angefertigt und damit die labortechnische Arbeit fertiggestellt (Abb.14 und 15). Dr. Joachim Beck-Mußotter
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Dr. Joachim Beck-Mußotter
Bei der Eingliederung wurden die individuellen Abutments mit 35 Ncm fixiert, mit Tetric Ceram (Ivoclar Vivadent) verschlossen und die Restaurationen mit FujiCEM, ein kunststoffmodifizierter Glasionomer-Befestigungszement (GC), auf den zuvor mit Fokaldry (lege artis) entfetteten und getrockneten Abutments und Pfeilerzähnen zementiert (Abb. 16 bis 19). Beim Befestigungsmaterial fiel die Wahl auf den kunststoffmodifizierten GIZ, weil er zum einen nicht feuchtigkeitssensibel ist und zum anderen sich die Überschüsse einfach und sauber entfernen lassen, wodurch die Gefahr von zementinduzierter Periimplantitis reduziert wird.
Fazit
Das thermosensitive Material Identium fließt sehr gut im Sulkus der Zähne aus und lagert sich am Implantatpfeiler zuverlässig an. Es bietet eine ausgezeichnete Fließfähigkeit, die in Kombination mit einer außergewöhnlichen Hydrophilie (niedrigster erreichbarer Kontaktwinkel von unter 10 ° nach einer Sekunde) für ein optimales Anfließen im feuchten Milieu auch in engste Sulkus- Spalträume sorgt. Aufgrund der hohen elastischen Eigenschaften stellt sich Identium dimensionsgetreu zurück, lässt sich sehr leicht entformen und ist zudem geruchs- und geschmacksneutral. Alle Details der Präparationsgrenzen und der periimplantären Gewebe, auch subgingival, werden nach entsprechender Vorbereitung und Verarbeitung, wie im vorliegenden Fallbeispiel beschrieben, deutlich dargestellt. Die Verarbeitungszeit liegt bei 2 Minuten, die Mundverweildauer beträgt 2 Minuten 30 Sekunden. Dank der unterschiedlichen Konsistenzen kann das Material für Abformungen von Kronen/Brücken, Inlays/Onlays und Veneers, Implantatabformungen, Fixationsabformungen, Funktionsabformungen sowie Unterfütterungsabformungen genutzt werden und kann somit monophasisch oder im einzeitigen Doppelmischverfahren als Universalprodukt zum Einsatz kommen.
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