Getting your Trinity Audio player ready...
|
Die digitale Transformation hat in den vergangenen Jahren unaufhaltsam in nahezu allen Industriezweigen Einzug gehalten – auch die Zahntechnik bildet hier keine Ausnahme. Die Implementierung digitaler Technologien revolutioniert die traditionellen Arbeitsabläufe in zahntechnischen Laboren seit geraumer Zeit grundlegend.
Computergestützte Designprozesse (CAD), innovative Fertigungsverfahren, wie der 3D-Druck (additive Fertigung) und der Einsatz neuartiger Materialien, ermöglichen eine präzisere, effizientere und oft auch patientenfreundlichere Herstellung von Zahnersatz, kieferorthopädischen Apparaturen und anderen dentalen Produkten.
Diese technologischen Fortschritte eröffnen Zahntechnikern/-innen und Zahnarztpraxen ein enormes Potenzial für qualitativ hochwertigere Versorgungen und optimierte Produktionsprozesse. Allerdings bringt diese tiefgreifende Veränderung auch neue Herausforderungen mit sich, insbesondere im Bereich der zahntechnischen Abrechnung.
Anpassung an digitale Verfahren
Der Übergang von traditionellen analogen Verfahren in der Zahntechnik hin zu digitalen Technologien revolutioniert nicht nur die Herstellungsprozesse, sondern erfordert auch eine Anpassung der Abrechnungsgrundlagen. Mit der Einführung von CAD/CAM, 3D-Druck und anderen digitalen Workflows entstehen neue Leistungsinhalte, die in der bisherigen Bundeseinheitlichen Benennungsliste für zahntechnische Leistungen (BEB) oft keine adäquate Abbildung finden.
Deshalb ist es notwendig, neue Abrechnungspositionen zu definieren und einzuführen, um die veränderten Kostenstrukturen und den Innovationswert digitaler zahntechnischer Leistungen transparent und nachvollziehbar erfassen zu können. Die Neuanlage und Kalkulation von (digitalen) BEB-Positionen ist somit ein entscheidender Schritt, um die wirtschaftliche Grundlage zahntechnischer Labore im digitalen Zeitalter zu sichern. Betrachten wir die Veränderung anhand eines praktischen Beispiels:
Ausgangssituation
TP | KM | BM | KM | |||||||||||||
R | KV | BV | K | |||||||||||||
B | f | |||||||||||||||
18 | 17 | 16 | 15 | 14 | 13 | 12 | 11 | 21 | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 |
Patient: PKV
Abformung: konventionell
Gesichtsbogen: ja
Material: NEM
Zahn 25 fehlt
Auftrag:
24 keramisch vollverblendete Krone,
25 keramisch vollverblendetes Brückenglied,
26 keramisch vollverblendete Krone
Kostenvoranschlag konventionelle Anfertigung
BEB 97 | abrechenbare Leistungen | Menge | Anmerkung |
0732 | Desinfektion | je | |
0007 | Kontrollmodell | je | |
0002 | Modell aus Superhartgips | 1 | Gegenkiefermodell |
0021 | Modell für Sägesegmente | 1 | |
0103 | Modellsegment sägen | 6 | je erzeugtem Segment |
0104 | Stumpf aus Superhartgips | 6 | |
0212 | Dowel-Pin setzen (nach Anzahl) | 12 | |
0213 | Ausblocken eines Stumpfes | 2 | |
0217 | Stumpf unter Mikroskop vorbereiten | 2 | |
0222 | Modellergänzung aus Kunststoff | 1 | z.B. Modellplatte |
0301 | Zahn vermessen | 2 | |
0253 | Split-Cast-Sockel an Modell | 2 | |
0405 | Modellmontage in individuellen Artikulator II | 1 | |
0408 | Montage eines Gegenkiefermodelles | 1 | |
0724 | Zahnfarbenbestimmung II | 1 | |
2124 | Stufenkrone gegossen, für Keramik- oder Polymer-Glas-Vollverblendung | 2 | |
2314 | Brückenglied gegossen, für Keramik- oder Polymer-Glas-Vollverblendung | 1 | |
2612 | Mehrflächige Verblendung aus Keramik | 3 | |
2922 | Krone/Inlay/Brückenglied aufpassen | 3 | |
2951 | Individuell charakterisieren Keramik | 3 | |
2981 | NEM Zuschlag | 3 | |
2965 | Zuschlag für Arbeiten unter Stereomikroskop | 3 | |
0701 | Versand je Versandgang | 2 | |
Mat. | NEM-Legierung | 3 |
Digitaler Herstellungsprozess
Wie würde sich die Abrechnung verändern, wenn die Brücke über einen digitalen Herstellungsprozess angefertigt werden würde? Die Modelle werden eingescannt und das Brückengerüst im eigenen Betrieb aus NEM gefräst.
BEB 97 | abrechenbare Leistungen | Menge | Anmerkung |
0732 | Desinfektion | 2 | |
0007 | Kontrollmodell | je | |
0002 | Modell aus Superhartgips | 1 | Gegenkiefermodell |
0021 | Modell für Sägesegmente | 1 | |
0xxx | CAD/CAM Auftragsanlage | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Modell einscannen | 2 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Modell/Kieferrelation scannen | 1 | neue eigene Leistung |
0103 | Modellsegment sägen | 6 | je erzeugtem Segment |
0xxx | CAD/CAM Modellsegment teilen | je | neue eigene Leistung |
0104 | Stumpf aus Superhartgips | 6 | |
0212 | Dowel-Pin setzen (nach Anzahl) | 12 | |
0xxx | CAD/CAM Ausblocken eines Stumpfes | 2 | neue eigene Leistung |
0217 | Stumpf unter Mikroskop vorbereiten | 2 | |
0xxx | CAD/CAM Konstruktionsgrenze festlegen | 2 | neue eigene Leistung |
0222 | Modellergänzung aus Kunststoff | 1 | z.B. Modellplatte |
0xxx | CAD/CAM Zahn vermessen | 2 | neue eigene Leistung |
0253 | Split-Cast-Sockel an Modell | 2 | |
0405 | Modellmontage in individuellen Artikulator II | 1 | |
0408 | Montage eines Gegenkiefermodelles | 1 | |
0xxx | CAD/CAM Nutzung virtueller Artikulator | 1 | neue eigene Leistung |
0724 | Zahnfarbenbestimmung II | 1 | |
2xxx | CAD/CAM Konstruktion CAD-Krone – für vollständige Verblendung | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Konstruktion CAD-Brückenglied – für vollständige Verblendung | 1 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Design Verbindungsstelle | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Krone – für vollständige Verblendung | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Brückenglied – für vollständige Verblendung | 1 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Krone/Brückenglied nacharbeiten | 3 | neue eigene Leistung |
2612 | Mehrflächige Verblendung aus Keramik | 3 | |
2951 | Individuell charakterisieren Keramik | 3 | |
2981 | NEM Zuschlag | 3 | |
2965 | Zuschlag für Arbeiten unter Stereomikroskop | 3 | |
0701 | Versand je Versandgang | 2 | |
Mat. | Fräsmaterial | 3 |
Mit IOS und digitaler Kiefergelenksvermessung
Wie würde sich die Abrechnung weiter verändern, wenn ein intraoraler Scan und eine digitale Kiefergelenksvermessung an das Labor gesendet werden? Die Modelle werden gedruckt. An den Modellen wird ein individueller „Artikulator“ – angepasst an die patientenindividuellen Kiefergelenkswerte – gedruckt und das Brückengerüst im eigenen Betrieb aus NEM gefräst.
BEB 97 | abrechenbare Leistungen | Menge | Anmerkung |
0732 | Desinfektion | 2 | |
0xxx | CAD/CAM Auftragsanlage | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Import Scandaten | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Modell – Design | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Modell | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Zahnkranz – Design | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Zahnkranz | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Stumpf aus Kunststoff, gedruckt | 2 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Präzisionskontrollmodell – Design | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D Präzisionskontrollmodell, gedruckt | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Modellsegment teilen | je | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Ausblocken eines Stumpfes | 2 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Konstruktionsgrenze festlegen | 2 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Zahn vermessen | 2 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Werte von digitaler Kiefergelenksvermessung übernehmen | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Anpassung individueller Artikulator | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | CAD/CAM Okklusionskontrolle, auch dynamisch | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D gedruckte Kondylen an Modell | 1 | neue eigene Leistung |
0xxx | 3D gedruckte Gegenlager zu Kondylen an Modell | 1 | neue eigene Leistung |
0724 | Zahnfarbenbestimmung II | 1 | |
2xxx | CAD/CAM Konstruktion CAD-Krone – für vollständige Verblendung | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Konstruktion CAD-Brückenglied – für vollständige Verblendung | 1 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Design Verbindungsstelle | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Krone – für vollständige Verblendung | 2 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Brückenglied – für vollständige Verblendung | 1 | neue eigene Leistung |
2xxx | CAD/CAM Krone/Brückenglied nacharbeiten | 3 | neue eigene Leistung |
2612 | Mehrflächige Verblendung aus Keramik | 3 | |
2951 | Individuell charakterisieren Keramik | 3 | |
2981 | NEM Zuschlag | 3 | |
2965 | Zuschlag für Arbeiten unter Stereomikroskop | 3 | |
0701 | Versand je Versandgang | 2 | |
Mat. | Fräsmaterial | 3 | |
Mat. | Druckmaterial | je |
Die Erstellung individueller BEB-Positionen sollte sich nicht auf das „Endprodukt“ (z.B. „gedrucktes Modell“ oder „CAD/CAM Krone“) beziehen, sondern auf den individuellen Herstellungsprozess.

Dadurch können sich in der Abrechnung verschiedene Vorteile ergeben:
- Abrechnungstransparenz
- Nachvollziehbarkeit
- Prozessbeschreibung (wichtig für die MDR)
Bedenken Sie, dass die neuen BEB-Leistungen auch betriebswirtschaftlich zu kalkulieren sind.
Fazit
Die digitale Transformation bietet immense Chancen, erfordert aber gleichzeitig eine konsequente Anpassung der Rahmenbedingungen, insbesondere im Bereich der Abrechnung. Unser Beispiel zeigt deutlich, dass die herkömmlichen Abrechnungssysteme mit dieser Entwicklung kaum Schritt halten können. Die Gegenüberstellung von analogen und digitalen Fertigungsprozessen macht klar, dass eine grundlegende Anpassung der Abrechnungsgrundlagen unbedingt notwendig ist.
Die bisherige BEB 97 vermag die neuen Leistungsinhalte und veränderten Kostenstrukturen digitaler Workflows nicht adäquat abzubilden. Entwicklung und Einführung neuer, spezifischer BEB-Positionen sind daher unerlässlich, um die wirtschaftliche Basis zahntechnischer Labore im digitalen Zeitalter zu sichern. Dabei ist es entscheidend, dass sich diese neuen Positionen nicht primär auf das Endprodukt, sondern auf die einzelnen innovativen Herstellungsprozesse beziehen. Dieser Ansatz schafft nicht nur die notwendige Abrechnungstransparenz und Nachvollziehbarkeit, sondern liefert auch wichtige Prozessbeschreibungen im Hinblick auf die Medizinprodukteverordnung (MDR).
Die Beispiele verdeutlichen, wie sich mit fortschreitender Digitalisierung die Anzahl der abrechenbaren Einzelschritte signifikant erhöht. Von der digitalen Auftragsanlage über das Scannen von Modellen und Kieferrelationen bis hin zur Konstruktion im virtuellen Artikulator und dem 3D-Druck entstehen neue, eigenständige Leistungen, die in der Abrechnung berücksichtigt werden müssen.
Die Integration von Daten aus intraoralen Scans und digitalen Kiefergelenksvermessungen führt zu einer weiteren Zunahme spezifischer digitaler Arbeitsschritte. Daher ist es unerlässlich, dass Zahntechniker/-innen an der Definition und Kalkulation dieser neuen BEB-Positionen arbeiten. Nur so kann gewährleistet werden, dass Innovationskraft und Mehrwert digitaler zahntechnischer Leistungen angemessen vergütet werden und die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Labore gesichert ist.
Keine Kommentare.