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Digitale Systeme

IDS-Impression: CAD-CAM-Prothetik

Aus dem tiefen Digi-Tal der Klammerprothese: ein Plädoyer für mehr „Rechenleistung“. Denn auch eine Volksprothese wie die Klammerprothese hat es verdient, auf dem Gipfel der Zeit zu sein.

. Sergiy (li.oben), betexion (re.oben)/Pixabay; Pospiech (unten)
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Was ist ein Computer? Nach Wikipedia, Duden und anderen Wissensdatenbanken ein Rechner. Was macht man mit einem Rechner? – Richtig! Rechnen.

Das tun natürlich auch die CAD-Programme, die von den Platzhirschen der CAD-Software Exocad und 3Shape bereitgestellt werden – teilweise mit tollen Möglichkeiten versehen, insbesondere auf dem Gebiet der Implantologie und festsitzenden Prothetik. Aber gerade im Bereich der Klammerprothese, die ich vom Prinzip immer als robuste Standardversion des Zahnersatzes mit der positiven Konnotation der Zuverlässigkeit des VW-Käfers verknüpfe („er rollt und rollt und rollt …“), kommt es mir immer so vor, dass man zwar die Modellation und das Designen der Modellgussprothese in ein neues Kleid gehüllt hat, aber das Wesen der Prothese nicht erfasst bzw. digital umgesetzt wurde.

Gerade so, als wenn der New Beetle immer noch mit einem 23-PS-Boxermotor und einer 6-Volt-Batterieanlage der ersten Nachkriegsmodelle ausgestattet wäre (Abb. 1 und 2). Und so wurde meine frohe Erwartung nach 5 Jahren IDS-Karenz in diesem Punkt getrübt.

Abb. 1: Der Klassiker unter den Autos: robust und zuverlässig. Sergiy / Pixabay
Abb. 1: Der Klassiker unter den Autos: robust und zuverlässig.
Abb. 2: New Beetle: Auch unter der Blechhaube up to date. betexion / Pixabay
Abb. 2: New Beetle: Auch unter der Blechhaube up to date.

Worauf will ich also hinaus? Es wäre doch schön, wenn man die CAD-Programme nicht nur als computerspielähnliche Zeichenprogramme verwendete, sondern tatsächlich im Fall der Modellgussprothese auch als Rechner hernähme und die Klammern in ihrer Retentionskraft auch berechnete. Die sogenannte kraftvermessene Klammer des Rapidflex-Systems aus den 80er-Jahren, die wegen des Modellationsbauchgefühls der Zahntechniker nicht den Durchbruch schaffte, weil man ihr wegen ihres dünn auslaufenden Profils nicht traute, könnte jetzt eine Renaissance erleben und tatsächlich umgesetzt werden: Dabei geht es ja bei der Berechnung der Retentionskraft nicht um eine Atomwissenschaft und die zehnte Stelle hinter dem Komma, sondern um Größenordnungen.

Alle Klammern einer Prothese sollten so dimensioniert und in ihrer Retentionskraft abgestimmt sein, dass beim Ein- und Ausgliederungsvorgang die Klammerzähne nicht horizontal oder extrusiv belastet werden. Aus Elastizitätsmodul, Unterschnittstiefe und Klammerlänge ließe sich schnell die entsprechende Dimensionierung berechnen (Abb. 3 und 4). Klar ist eine Klammersoftware kein Publikumsrenner und Millionenseller wie die Spiele für eine Nintendo-Konsole.

Abb. 3: Der Klassiker unter den Teilprothesen: robust und zuverlässig, aber wenig
berechnet. Pospiech
Abb. 3: Der Klassiker unter den Teilprothesen: robust und zuverlässig, aber wenig berechnet.
Abb. 4: Leider nicht berechnet, sondern nur „gemalt“: die CAD-konstruierte
Klammerprothese. Pospiech
Abb. 4: Leider nicht berechnet, sondern nur „gemalt“: die CAD-konstruierte Klammerprothese.

Aber der Programmieraufwand dürfte sich ja auch in Grenzen halten und hiermit wäre ein großer Qualitätssprung bei der Modellgussprothese erreichbar. Ich denke, dass es im Rahmen einer Mischkalkulation für die Firmen möglich wäre, auch etwas weniger umsatzträchtige Produkte auf den Stand der Technologie zu bringen, um auch die Patienten mit dem eher schmaleren Budget zeitgemäß versorgen zu können. Das ist meines Erachtens auch eine moralisch-ethische Verpflichtung.

Und ich wünschte mir, dass die Zahntechnikerschaft immer wieder nachfragen und drängen sollte, um den „Druck der Straße“ aufzubauen. Auch eine Volksprothese wie die Klammerprothese hat es verdient – wie der VW-Käfer auch – auf dem Gipfel der Zeit zu sein und nicht im Digi-Tal zu verbleiben.

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