Die Umsetzung des Patientenfalles erfolgte mit Dr. Tobias Wicklein (Erlangen). Er ist erfahren in der digitalen Zahnmedizin und mit vollkeramischen Rekonstruktionen. In komplexen, herausfordernden Fällen wird auf die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Dentallabor gesetzt.
Ausgangssituation und Materialwahl
Die Patientin konsultierte die Zahnarztpraxis mit starken Abrasionen und Erosionen der Zähne im Ober- und Unterkiefer. Der unphysiologische, nicht kariös bedingte Zahnhartsubstanzverlust hat einen massiven Verlust der vertikalen Bisshöhe verursacht (Abb. 1a und b). Die Rekonstruktion einer solchen Ausgangssituation ist eine Herausforderung, bei der die Werkstoffwahl einen ebenso wichtig ist wie die präprothetische Phase. Benjamin Wojtech
Benjamin Wojtech
Beim Abrasionsgebiss stellt sich die Frage nach dem geeigneten Material. Unter anderem sollte für die Restauration so wenig wie möglich gesunde Zahnhartsubstanz präpariert werden. Hier ist die adhäsive Rekonstruktion mit Vollkeramik ein substanzschonender Weg.
Zugleich kann mit Vollkeramik den Ansprüchen an Funktion und Ästhetik Rechnung getragen werden. Der gezeigte Fall mit Einzelkronen und kleinen Brücken im Ober- und Unterkiefer entspricht einer klassischen Indikation für Lithium-Disilikat. Das Material hat sich für die Rehabilitation eines Abrasionsgebisses bewährt.
Auch Zirkonoxid wäre eine Option. Da allerdings im vorliegenden Fall die Präparationsgrenze isogingival lag, gaben wir der Lithium-Disilikat-Keramik den Vorzug. Zwar können wir mit modernen Zirkonoxiden hervorragende Ergebnisse realisieren, doch ist der Übergang zwischen Zahn und Restauration oft sichtbar.
Dies beeinträchtigt – insbesondere bei einer isogingivalen Präparationsgrenze – die Ästhetik. Mit einer Lithium-Disilikat-Keramik wie GC Initial LiSi Press hingegen erreicht man einen echten Chamäleoneffekt, sodass die Präparationsgrenze quasi unsichtbar ist. Und eben dies ist der Vorteil des Materials und ein Hauptargument für die Materialwahl in diesem Fall.
Das zahntechnische Vorgehen
Aufgrund des starken Verlustes an vertikaler Bisshöhe war eine funktionelle Vorbehandlung unverzichtbar. Zunächst wurde in der Zahnarztpraxis ein klinischer Funktionsstatus erhoben und der Höhenverlust in der Vertikalrelation bestimmt. Basierend darauf erfolgte die Anhebung der Bisslage (etwa 3 bis 4 mm).
Wir haben ein Wax-up erstellt, welches in der Zahnarztpraxis mit einem transparenten Silikonwall (Optosil, Kulzer) in das Mock-up überführt worden ist. Mit dem Mock-up (Luxatemp, DMG) wurde die Bisshöhe zunächst getestet. Die Patientin erhielt zu diesem Zeitpunkt eine Vorschau auf die geplante funktionelle und ästhetische Veränderung.
Benjamin Wojtech
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Nach der CAD-Konstruktion haben wir die Kronen und Brücken für den Seitenzahnbereich monolithisch aus GC Initial LiSi Block geschliffen. Mit dem vollständig kristallisierten Lithium-Disilikat-Block können – theoretisch ohne Brennvorgang – gute physikalische und ästhetische Eigenschaften realisiert werden, darüber hinaus besticht das Material durch eine optimale Passgenauigkeit.
Benjamin Wojtech
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Für die Kronen im Frontzahngebiet haben wir uns für die klassische Presstechnik mit GC LiSi Press entschieden. Nach einem minimalem Cut-Back erfolgte das Micro-Layering. Die Initial IQ Lustre Pastes ONE aus dem GC Initial IQ ONE SQIN-System dienen als farbgebende- und Connector-Schicht für das Gerüst.
Gleichwohl lassen sich mit den Massen innere Charakterisierungen vornehmen. Die Initial Lustre Pastes ONE verleihen der Restauration eine schöne Tiefenwirkung, Lichtdynamik und einen 3D-Effekt. Die Verblendung mit GC Initial IQ SQIN war nur hauchdünn (Micro-Layering), sorgt jedoch für eine effektvolle und zugleich unaufdringliche Vitalität der Kronen (Abb. 5 und 6). Benjamin Wojtech
Benjamin Wojtech
Eine Besonderheit der Massen ist die Möglichkeit, eine dezente Oberflächentextur anzulegen, welche durch den selbstglasierenden Effekt nach dem Brand erhalten bleibt und sehr natürlich wirkt. Die Eingliederung der Kronen in den Mund der Patientin erfolgte mit einem selbstadhäsiven Befestigungs-Composite (GC G-CEM ONE™). Optional kann der Adhesive Enhancing Primer (AEP) mit GC „Touch Cure“-Funktion verwendet werden, um die Haftwerte nochmals zu optimieren.
Ein spezieller Initiator im AEP beschleunigt die chemische Aushärtung (Dunkelhärtung) von G-CEM ONE. Das Ergebnis entspricht den Erwartungen aller Beteiligten. Eigentlich wünschte die Patientin anfangs sehr viel hellere Restaurationen, ist nun aber glücklich, dass wir von diesem Wunsch etwas abgewichen sind und der Natürlichkeit den Vorzug gegeben haben.
Die Kronen wirken im Mund warm sowie lebendig und passen gut zur Patientin. Auch die Entscheidung für die Lithium-Disilikat-Keramik mit Chamäleoneffekt bestätigte sich. Trotz leicht isogingivaler Präparation ist kein Übergang zwischen Zahn und Keramik sichtbar (Abb. 7a bis 9b). Benjamin Wojtech
Benjamin Wojtech
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Benjamin Wojtech
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Fazit
Für uns bedeutet der beschriebene Verfahrensweg hohe Sicherheit und Zuverlässigkeit. Da wir innerhalb des Keramiksystems von einem Hersteller arbeiten, ergibt sich hohe Prozesssicherheit und Routine, die jedoch zur Individualität einer ästhetischen Restauration keineswegs im Widerspruch steht. Ganz im Gegenteil; da die Keramiken exakt aufeinander abgestimmt sind, kann das Augenmerk voll auf die funktionell-ästhetische Umsetzung gelegt werden.
Hier geht’s zum ersten Teil des Artikels: „Kerasmatisch: Vollkeramik und die Kunst der Entscheidung. Ein Interview.“
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