Abformungen und Modelle der Zähne und Kiefer sind aus keiner zahnärztlichen oder kieferorthopädischen Praxis wegzudenken. Sie sind und waren für die Behandlungsplanung schon immer von eminenter Bedeutung – und das gilt genauso für sie als Grundlage zum Herstellen von Prothetik, Schienen, Bohrschablonen oder kieferorthopädischen Apparaturen im zahntechnischen Labor.
Karin Frank
Blick auf den digitalen Workflow in Praxis und Labor
Durch die Kombination unterschiedlicher digitalisierter Einzelschritte können zusammenhängende Arbeitsabläufe in die virtuelle Welt übertragen werden. So kam es zum Beispiel mithilfe digitaler Medien dazu, dass die minimalinvasive Implantologie durch das Zusammenfügen von Röntgentechnik mit CAD/CAM revolutioniert wurde [1].
Die Digitalisierung der Behandlungsabläufe hat sowohl die Planung und Durchführung von unterschiedlichen Behandlungen modifi ziert und teils vereinfacht als auch die Kommunikation des Behandlers mit dem Patienten und dem Zahntechniker verändert. Die Zusammenarbeit zwischen Labor und Praxis kann von einem schnelleren und umfangreicheren Austausch von Information und Daten, kurz: der fortschreitenden Digitalisierung, profitieren.
Karin Frank
Der Scan als Ausgangspunkt für CAD/CAM-Verfahren
Zwar ist die „Kurzstreckenpräzision“ von Intraoral- und Laborscannern, das heißt die Maßhaltigkeit darauf basierender kleiner Objekte wie digitalisierte Einzelstümpfe, schon wissenschaftlich erforscht und als hinreichend eingestuft [2–4], gegen die Maßhaltigkeit von Ganzkieferscans gibt es allerdings weitverbreitete Vorbehalte [5].
Ob ein Scan und damit zusammenhängend der gesamte Herstellungsprozess erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab, die für den Anwender nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind. So wird ein Scan beispielsweise durch zu viel Licht, durch eine falsche Scantechnik oder eine zu große Datenmenge potenziell negativ beeinflusst. Unterschiedliche Scanverfahren bedienen sich diverser Techniken, um den Scanprozess zu standardisieren, zu beschleunigen und reproduzierbar zu machen. Zum Beispiel werden Scanprozesse automatisiert oder die richtige Aufnahmetechnik von der Software vorgegeben. Dabei müssen Hardware und Software perfekt aufeinander abgestimmt sein. Es darf etwa nicht außer Acht gelassen werden, dass die Software und der integrierte Berechnungsalgorithmus einen erheblichen Einfluss auf die Präzision der Scans haben können.
Karin Frank
Grundsätzlich stehen verschiedene Scanner zur Verfügung, die mithilfe eines Projektors und einer Kamera die Oberfläche der Zähne und Schleimhäute erfassen können. Dabei wird ein definiertes Streifenmuster auf die Oberfläche projiziert und von der Kamera erfasst (Abb. 3). Aus den dabei entstehenden Bildern oder Videos wird die Oberfläche nach dem Prinzip der Triangulation berechnet.
Die Komponenten im Workflow und ihre Bedeutung für das Scanergebnis
Bei der Auswahl der Software spielt das Anwendungsgebiet die größte Rolle, da die weitere Verarbeitung und die Herstellung der zahntechnischen Arbeiten wenn möglich im selben Programm stattfinden sollten: vor allem zum Vermeiden von Schnittstellenproblemen. Auf den längsten Erfahrungszeitraum blickt Dentsply Sirona zurück [6]. Seit 1985 das erste Cerec-gestützt gefertigte Inlay eingesetzt wurde, haben sich die Möglichkeiten der Anwendung digitaler Modelle vervielfacht. Inzwischen wurden mit inLab, Cerec Premium und Cerec Ortho weitere Anwendungsgebiete erschlossen.
Der softwaregeführte Scan
Dentsply Sirona, Cerec Ortho Software
Der vollautomatisierte Scan
Der inEos X5 Scanner brachte für Dentsply Sirona mit der inLab-Software erstmals einen vollautomatisierten Laborscan. Das Gipsmodell wird in eine Halterung eingespannt, von einem Motorarm unter dem Scanner bewegt und in alle Richtungen gekippt. Dabei wird stets dasselbe Scanprotokoll verfolgt. Der Scan kann anschließend mit individueller Steuerung vervollständigt werden. Durch diese Vereinfachung des Prozesses wird der Scan-Schritt zu einer delegierbaren Aufgabe, die keiner speziellen Ausbildung bedarf.
Die Beurteilung von Scans
Dentsply Sirona
Wissenschaftliche Studie zur Maßhaltigkeit mithilfe eines neuen Referenzmodells
Karin Frank
Ergebnisse
Die Studie ergab insgesamt, dass moderne Verfahren des Ganzkieferscans durchaus geeignet sind, um virtuelle Meistermodelle für die unterschiedlichen Fachgebiete zu produzieren. Ein Teilergebnis zeigte, dass der jeweils verwendete Scanner nur einen Teil der Präzision bestimmt. Wesentlich größeren Einfluss auf das Resultat hatte die Kombination aus Hard- und Software.
Diesen Einfluss erkennt man besonders dann, wenn dasselbe Gerät von zwei unterschiedlichen Programmen gesteuert wird, die auf unterschiedliche Fachgebiete ausgelegt sind. So kann die Omnicam sowohl von der Cerec Software, die zur Konstruktion von prothetischen Arbeiten und Einlagefüllungen verwendet wird, als auch von der Cerec Ortho Software, die im kieferorthopädischen Bereich verwendet wird, gesteuert werden. Im Versuch lieferte die Omnicam wesentlich bessere Modelle, wenn sie von der Cerec Ortho Software gesteuert wurde, als es bei der Cerec Software der Fall war. Das softwaregeführte Scanverfahren der Cerec Ortho liefert eine andere Berechnung der Modelle aus den mit dem Mundscanner erfassten Rohdaten.
Es wurde ebenfalls untersucht, ob bei einem freien, also nicht automatisierten oder softwaregeführten Scanverfahren ein Zusammenhang zwischen dem Startpunkt des Scans und der Präzision der einzelnen Quadranten-Ergebnisse besteht. Die Frage lautete, ob das Ergebnis abweicht, je nachdem, ob die optische Ganzkieferabformung im linken oder im rechten Quadranten begonnen wird. Die Annahme konnte widerlegt werden, dass stets der zuerst erfasste Quadrant präziser abgebildet wird als der gegenüberliegende, in dem der Scanprozess endet.
Das jeweils gewählte Scanverfahren – softwaregeführt, automatisiert oder freies Führen des Geräts – beeinflusste allerdings nicht nur die durchschnittliche Scanpräzision, sondern auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Die Konsequenz: Soll ein Workflow fest in einer Praxis oder in einem Labor implementiert werden, so ist es für die Anwender wichtig, einen stabilen Prozess zu etablieren, der immer gleich gute Ergebnisse liefert. Der automatisierte Scan des inEos X5 Scanners erzeugt nach den durchgeführten Untersuchungen sehr stabile Ergebnisse und ist somit sehr verlässlich.
Dentsply Sirona
Fazit
Es lässt sich also sagen, dass deutliche Unterschiede zwischen den Scanverfahren festgestellt werden können, auch wenn sie vom Blickpunkt der Maßhaltigkeit her insgesamt für Ganzkieferscans mit daraus errechneten Modellen herangezogen werden können. Außerdem muss bei der Auswahl eines Scansystems auf die individuellen Bedürfnisse geachtet werden. Dabei dürfen wichtige Kriterien, wie die Kompatibilität von Aufnahme und Verarbeitungssoftware oder die Art des Fertigungsverfahrens, nicht außer Acht gelassen werden. Denn wir wissen, dass in einem funktionierenden Workflow die einzelnen Schritte wie Zahnräder ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen. Dem Entscheider wird die Auswahl vereinfacht, wenn verlässliche Testverfahren wie das hier vorgestellte Aufschluss geben.
Konsequenzen für den Alltag und die Zusammenarbeit
Die Digitalisierung der Abformung der Zähne und Kiefer eröffnet Behandlern und Technikern neue Möglichkeiten und kann bestehende Prozesse vereinfachen. Virtuelle Modelle bieten gegenüber physischen den Vorteil der platzsparenden Archivierung zu Dokumentationszwecken oder zur Verfolgung des Behandlungsverlaufs. Durch Übertragung physischer Modelle in die virtuelle Welt erfolgt die Versendung schnell und bequem auch über größere Entfernungen zum Labor. Das vereinfacht und beschleunigt die Kommunikation zwischen Techniker, Zahnarzt und Patient. Virtuelle Objekte können ortsunabhängig bearbeitet und dupliziert werden, man kann sie zur Analyse oder zur Herstellung von Zahnersatz verwenden. Für die moderne Zahnheilkunde bedeutet die Digitalisierung deshalb einen enormen Fortschritt und Arbeitserleichterung. Sie birgt große Vorteile für die Diagnostik und Behandlung von Patienten und erleichtert die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten, Ärzten und Technikern. Die Weiterentwicklung der digitalen Workflows und der Informationsverarbeitung kann die Zahnmedizin und Zahntechnik in Zukunft maßgeblich beeinflussen und voranbringen.
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