Einblicke in die Vortragsinhalte
Protagonisten des Fachprogrammes waren sieben Hauptthemen: Implantologie, Implantatprothetik, Funktion, Zahntechnik, Zahnmedizin, Werkstoffkunde und Unternehmensführung. Als Moderatoren führten Prof. Klaus-Peter Lange (Berlin) und ZTM Carsten Müller (Leipzig) durch den Kongress. Am Vormittag gehörte den Referenten das Main-Podium. Am Nachmittag vertieften sie ihre Themen in intensiven Workshops.
Ganzheitliche Funktion
Das Kiefergelenk und der komplexe Zusammenhang mit dem Körper hatten eine hohe Gewichtung. Die Podo-Ätiologin Lydia Aich (Neuhaus) beschäftigte sich mit der Orthostatik und erläuterte das Parallelum zwischen Kiefer- und Hüftgelenk, „… hier erschließen sich reziproke Zusammenhänge“. Sie rät, bei der Anamnese immer nach orthopädischen Vorbehandlungen zu befragen. Auch wenn Zahnärzte im Mund arbeiten, müssen sie sich bewusst sein, dass nicht alle Probleme im Mund vom Mund her therapiert werden können.
Dies wurde vom Sportbiologien und Osteopathen Dr. Stephan Gutschow (Potsdam) unterstrichen. Zusammen mit dem Zahnarzt Dr. Matthias Müller (Eberswalde) ging er auf körperliche Beschwerden des Stütz- sowie Bewegungsapparates und zugehörige Okklusionsmuster ein. Anhand von Fallbespielen verdeutlichten sie, dass das Kiefergelenk einen großen Einfluss auf die Gelenk- und Muskelstrukturen hat.
Implantologie und Implantatprothetik
Protagonisten auf dem Dental-Gipfel waren auch die Implantologie und Implantatprothetik. Dr. Babak Saidi (Neuss) erörterte den Hintergrund einer Therapie mit autologen Wachstumsfaktoren (PRGF). Die Technik basiert auf der Gewinnung eines Proteinpräparats aus Eigenblut und der Aktivierung autologer Thrombozyten. Das Gewebe werde stimuliert und die Regeneration beschleunigt.
Thematisch fast nahtlos schloss sich der Vortrag von Dr. Peter Randelzhofer (München) an, der sich dem Thema „Nachhaltigkeit“ in der Implantologie widmete. Anhand konkreter Beispiele zeigte er, dass Periimplantitis-Prävention bei der Planung beginne und sich mit wohlüberlegten chirurgischen und prothetischen Techniken sowie einer professionellen Nachbetreuung fortsetzt. Er schilderte eine Methode (PerioSafe), mit der „hidden infections“ zeitig diagnostiziert werden kann. Die frühe Signalwirkung des aktiven Enzyms Matrix-Metalloproteinase-8 (aMMP-8) lässt Probleme erkennen, bevor sichtbare Schäden auftreten.
Ein keramisches Implantat wurde auch von Dr. Josef Vizkelety (Schweiz) präsentiert. Besonderheit ist u. a. das Abutmentmaterial – das Hochleistungspolymer PEKK. Größter Vorteil gegenüber PEEK: Eine höhere Kriechfestigkeit und Formtreue unter Lasteinleitung. Eine zahntechnische Betrachtung aus der Implantologie erhielt das Auditorium von ZTM Sebastian Schuldes MSc (Eisenach), der den semi- und volldigitalen Workflow zur implantatgestützten Sofortversorgung darlegte. Klar illustriert wurde, dass ein enges Miteinander die Basis für komplexe Implantatversorgungen ist. Geplant werden die Implantate vom Implantologen in Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Zahntechniker in einer Software. Darauf basierend können Bohrschablone sowie provisorische Restauration gefertigt und intraoperativ der temporäre Zahnersatz eingesetzt werden. Hinsichtlich des Gerüstmaterials stellte er die Vorteile von PEEK mit seiner knochenähnlichen Elastizität dar.
Analoge und digitale Zahntechnik
Die Zahntechnik spielt seit jeher eine zentrale Rolle auf dem Dental-Gipfel. In diesem Jahr standen zwei junge Talente auf der Bühne. ZTM Christian Petri (Rumänien) präsentierte die Synergie zwischen analoger und digitaler Technik. Manuelle Zahntechnik bedeutet für ihn Kunsthandwerk und Einzigartigkeit. Die CAD/CAM-Technik sorgt für Präzision und Produktivität. Wohlüberlegt verknüpft er beides miteinander. Für ihn hat u. a. das Material DCM Hotbond (Dental Balance) die Grenzen des Machbaren verschoben. Mit dem Glaslot schafft er eine stoffschlüssige Einheit zwischen digital gefertigtem Zirkoniumdioxid-Gerüst und einem Glaskeramik-„ Mantel“.
Und noch ein Newcomer zeigte, auf welch hohem Niveau die Zahntechnik ist. ZTM Simon Schömer (Bayreuth) kombiniert digitale Technologien intelligent mit analoger Kompetenz. Es stellte das eLab-Protokoll vor, mit dem sich die subjektive Farbbestimmung zu einer objektiven Farbkommunikation wandle. Im Workshop zeigte er die Kunst des japanischen Zähneschnitzens. Hands-on erfuhren die Teilnehmer, wie effektiv Wahrnehmung, Formgefühl und Konzentrationsfähigkeit geschult werden.
Den digitalen Technologien in der Prothetik widmeten sich Dr. Ramona Schweyen und PD Dr. Jeremias Hey (Halle). Sie stellten ihre Erfahrung mit dem Trios 3-Mundscanner vor, wobei sie betonten, dass sich die digitale Datenerfassung zunehmend etabliere.
Werkstoffkunde und Zahnmedizin
Das sensible Material „Zirkoniumdioxid“ wurde gleich von zwei Referenten diskutiert. Prof. Florian Beuer (Berlin) gab eine logische Einordnung verschiedener Keramiken sowie Zirkoniumdioxid-Materialien und beleuchtete Stärken sowie Schwächen. Bezüglich monolithischer Versorgungen stellte er ein polychromatisches Material (Katana ML) vor, welches in verschiedenen Transluzenzen erhältlich ist. Aufgrund des hohen ästhetischen Potenzials könne deutlich minimalinvasiver gearbeitet werden.
Anschließenden ging PD Dr. Bogna Stawarczyk (München) auf werkstoffkundliche Details ein. Chemisch kann Zirkoniumdioxid in unterschiedlichen Phasen vorliegen und damit die mechanischen Eigenschaften ändern. Mit unterschiedlichen Eigenschaften werden unterschiedliche Indikationen abgedeckt. Sie stellte vier Zirkoniumdioxid- Generationen für monolithische Restaurationen vor. Die Generationen differenzieren sich hauptsächlich durch den Anteil und Korngröße an Aluminiumoxid und Yttriumoxid. Das Zirkoniumdioxid der ersten Generation hat eine hohe Festigkeit und eine geringe Transluzenz. Durch das Reduzieren des Aluminiumoxidgehalts wird die molekulare Struktur modifiziert, was zu einer etwas höheren Transluzenz führt. Die dritte Generation enthält 5 mol- % Yttrium (5Y-TZP). Das Material ist kubisch/ tetragonal und resultiert in einer höheren Transluzenz. Die Biegefestigkeit ist mit ca. 500–600 MPa geringer. Seit Mitte 2017 gibt es die vierte Zirkoniumdioxid-Generation, welche hinsichtlich Transluzenz und Biegefestigkeit zwischen der zweiten und dritten Generation eingeordnet wird.
Unternehmensführung
Auch unternehmerische sowie angrenzende Themen wurden vermittelt. RA Dr. Ralf Großbölting (Berlin) referierte über Praxisabgabestrategien. Er stellte ein Stufenmodell vor, bei dem der jüngere Kollege als Nachfolger über einen längeren Zeitraum in die Praxis eingebunden werden kann. Heiko Schneider (Hoyerswerda) begeisterte mit einem Vortrag zur Veränderungsfreundlichkeit und zeitgemäßen Personalführung. Zum Nachdenken regte Koch und Küchenprofi Carsten Loll (Rostock) mit einem Vortrag über den bewussten Umgang mit Lebensmitteln an. Sein Workshop – Kochkurs in der Showküche des Hotels – war amüsant und zugleich sehr lehrreich.
Fazit
Die sieben Schwerpunktthemen und die ausgesprochene Familienfreundlichkeit machten den Dental-Gipfel zu einer gelungenen Schnittstellenveranstaltung. Wer an den Mythos des „verflixten siebten Jahrs“ glaubt, wurde eines Besseren belehrt. Der 7. Dental-Gipfel präsentierte sich als perfekt organisierter Kongress. Die besonnene Souveränität und die angenehme Gelassenheit der Veranstalter sorgten dafür, dass der Fokus auf den „lehrreichen Sieben“ und dem kollegialen Austausch lag. Bekanntlich kommt die Sieben nach der Sechs und vor allem vor der Acht – der nächste 8. Dental-Gipfel findet vom 11.– 13. Januar 2019 statt.
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