Bei der Einrichtung der Festkostenzuschussregelung für Prothetik wurde die Kostenübernahme für Defektprothesen im Rahmen der Rehabilitation von MKG-Versehrten nicht berücksichtigt, was die Betroffenen in ihrer schwierigen Lebenslage zusätzlich beeinträchtigt. Das Problem besteht darin, dass für die Übernahme einer Defektprothese durch die gesetzliche Krankenkasse ein Zahnverlust vorliegen muss. Dies ist aber – zum Beispiel bei Tumorpatienten – nicht unbedingt der Fall. Somit können die vorliegenden Befunde oft nicht den Klassen Nr. 3 und 4 der Festzuschuss-Richtlinien zugeordnet werden, was für die Gewährung von Festzuschüssen notwendig wäre.
Prof. Dr. Anne Wolowski, Vizepräsidentin der DGPro zeigte sich optimistisch, dass sich diese sehr unbefriedigende Situation für MKG-Versehrte künftig ändern werde. Denn die Unterstützung der Fachgesellschaften durch die Standesgesellschaften sei groß und alle Beteiligten sähen die Notwendigkeit, Abhilfe zu schaffen.
Allerdings wird seit Einführung der Festzuschüsse für Prothetische Restaurationen bereits daran gearbeitet, diese Problematik zu lösen. Eine weitere Forderung von Expertinnen und Experten besteht darin, dass nicht nur Deckprothesen, sondern auch Hilfsmittel für die zahnmedizinische Begleitbehandlung von Tumorpatientinnen und -patienten, insbesondere Strahlenschutzschienen für die Prävention und hochdosierte Fluoridanwendungen umfassender als bisher von der gesetzlichen Versicherung erstattet werden sollten.
Patientenkreis der Tumorpatientinnen und -patienten wächst
Angeborene Fehlbildungen, Unfälle, Infektionen oder Krebserkrankungen sind die Ursache dafür, dass Menschen Teile des Gesichts oder Mundraums verlieren. Dieses Schicksal kann jeden und jede treffen. Vor allem Krebserkrankungen der Mundhöhle und des Rachens sind Ursache größerer Defekte. In Deutschland sind im Jahr 2020 13.190 Fälle von Krebserkrankungen in Mundhöhle und Rachen neu aufgetreten (Krebsdaten RKI 2020). Nach den Ausführungen von Dr. Horst-Uwe Klapper, Experte für Chirurgische Prothetik und Epithetik, Universitätsklinikum Leipzig, ist mit einer Zunahme von Tumorerkrankungen in Deutschland zu rechnen.
Lebensqualität durch Defektprothesen
Die Lebensqualität Betroffene ist durch Chirurgie, Strahlen- und Chemotherapie teils erheblich beeinträchtigt. Möglichkeiten der Chirurgie und Mund-Kiefer-Gesichtsprothetik sowie Epithetik zur Rehabilitation und damit zu einer Verbesserung ihrer Lebensqualität sind heute sehr weit entwickelt. Dabei spielen Defektprothesen eine wichtige, wissenschaftlich anerkannte Rolle, da sie Betroffenen die Fähigkeit zum Sprechen und zur Nahrungsaufnahme zurückgeben, was während der Pressekonferenz sehr eindrucksvoll im Video gezeigt wurde: Nur mit eingesetzter Deckprothese konnte sich ein Betroffener verständlich artikulieren sowie Flüssigkeit ohne Austritt durch die Nase schlucken. Dabei bedeutet Rehabilitation nicht nur die Wiederherstellung der Funktion, sondern auch, dass sich Betroffene wieder ohne Scham unter Menschen bewegen, soziale Kontakte pflegen und eventuell einer Arbeit nachzugehen können. Derzeit müssen gesetzlich Versicherte die Kosten für einen zur Defektdeckung notwendigen Oburator (Abb. 1, 2) allerdings zu großen Teilen selbst tragen.


Erstattungsprobleme bei präventiven Hilfsmitteln
Neben Hürden bei der Kostenübernahme der Rehabilitation nach der Tumortherapie kommen auch im Vorfeld schon große Herausforderungen auf die Betroffenen zu. Patientinnen und Patienten, die sich aufgrund einer Tumorerkrankung im Mund-Rachen-Bereich einer Strahlentherapie unterziehen müssen, benötigen vor, während und nach der Bestrahlung eine umfassende zahnmedizinische Betreuung.

Eine Bestrahlung kann die Speicheldrüsen schädigen und die Zähne anfälliger für Karies machen. Ferner kommt es häufig zu Mundtrockenheit, Mundschleimhautentzündungen, eingeschränkter Mundöffnung und im schlimmsten Fall zum Absterben des Kieferknochens. „Wir versuchen bei solchen Patientinnen und Patienten die häusliche Mundhygiene zu verbessern, denn das kann das Auftreten von Mundschleimhautentzündungen und Strahlenkaries reduzieren. Gegen Karies arbeiten wir zudem intensiv mit hochdosierten Fluoriden“, erläutert Professorin Dr. Nadine Schlüter, die als Direktorin der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventivzahnmedizin an der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) orale Folgen therapeutischer Behandlungen von Tumorerkrankungen erforscht. Ein wichtiges Hilfsmittel dabei sind unter anderem Strahlenschutz- und Fluoridierungsschienen (Abb. 3), die während der aktiven Bestrahlung und zu Hause über den Zähnen getragen werden. Diese präventiven Hilfen einschließlich der hochdosierten Fluoridzahnpasten werden bei gesetzlich Versicherten nur teilweise durch die Krankenkassen erstattet.
Weiteres erfahren Sie im Patientenfall.
Quelle:
dkb/Pressemeldung der DGZMK
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