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Kinderzahnheilkunde

Höhere Fluoriddosierung für Kinderzahnpasten gefordert

Vom 27. bis 29. September fand eine Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung der Fachgesellschaften für Zahnerhaltung, Kinderzahnmedizin und für Präventivzahnmedizin in Dortmund statt. Im Mittelpunkt standen die Themen Fluoridkonzentration bei Kinderzahnpasten und Traumata im Kindesalter.

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Sucht man eine Schnittmenge zwischen Zahnerhaltung, Kinderzahnmedizin und Präventivzahnmedizin könnte man durchaus auf das Thema Kariesprophylaxe mittels Fluorid kommen. Und genau dort lag der Fokus der gemeinsamen Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ), der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) anlässlich ihrer Gemeinschaftstagung. Die Fachgesellschaften fordern gemeinsam eine höhere Fluoriddosierung bei Kinderzahnpasten. Des Weiteren appellieren sie an die Kollegen, bei Unfällen von Kindern und Jugendlichen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sehr rasch zu handeln und darüber hinaus präventiv für eine flächendeckende Bereitstellung von Zahnrettungsboxen zu sorgen. Die Traumatologie war neben der Endodontie auch ein Hauptthema der Gemeinschaftstagung.

Bei Zahnverletzungen tickt die Uhr

Bei Sport-, Freizeit- oder Verkehrsunfällen von Kindern und Jugendlichen sollte die Versorgung von Verletzungen an den Zähnen und zahntragenden Knochenteilen Priorität vor beispielsweise Knochenbrüchen an Armen und Beinen erhalten. Dies sollte bei Kopfverletzungen direkt nach der Abklärung geschehen, ob ein Schädel-Hirn-Trauma vorliegt, erklärte Dr. Richard Steffen, Vorstandsmitglied der europäischen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (EAPD). Außerdem forderte er die flächendeckende Versorgung mit Zahnrettungsboxen [1] an Schulen und Sportanlagen. Werde ein ausgeschlagener Zahn innerhalb von Minuten fachgerecht in einer Zahnrettungsbox gelagert, sei die Überlebens- und Heilchance eines solchen Zahnes dramatisch besser (Abb. 1 u. 2). Die Zahnärzte haben dann die Möglichkeit, „biologische“ Therapieoptionen – z.B. die Replantation – anzuwenden, die in den Referaten des Tagungsprogramms dargestellt wurden.

Abb. 1: Ausgeschlagener (luxierter) bleibender Frontzahn, bereit zur Replantation in den Kiefer des Unfallpatienten. Der Zahn hat 2 Stunden in einer Zahnrettungsbox überlebt. Richard Steffen, Basel
Abb. 1: Ausgeschlagener (luxierter) bleibender Frontzahn, bereit zur Replantation in den Kiefer des Unfallpatienten. Der Zahn hat 2 Stunden in einer Zahnrettungsbox überlebt.
Abb. 2: Zahnrettungsbox. Richard Steffen, Basel
Abb. 2: Zahnrettungsbox.

Steffen wies darauf hin, dass gleiche Traumata im Zahn- und Kieferbereich alters- und wachstumsabhängig unterschiedliche zahnmedizinische Vorgehensweisen erforderten. Die Behandlung der gleichen Art von Trauma bei einem 6 Jahre alten Kind kann völlig verschieden sein zu der bei einem 8- oder 12-Jährigen. Außerdem spiele der Zeitfaktor hier eine entscheidende Rolle. Je schneller eine traumatische Verletzung der Zähne und des Kiefers nach einem Unfall von kompetenten Zahnmedizinern versorgt werden könnte, desto besser seien die Heilungsaussichten, so Steffen.

Fluoridvorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern mit 1.000 ppm

Auf neue Empfehlungen für fluoridhaltige Kinderzahnpasten haben sich 12 Experten mehrerer Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden auf einem Treffen in Berlin geeinigt, wie Prof. Dr. Stefan Zimmer, Präsident der DGPZM ausführte. Danach sollen Kinder vom 2. bis 6. Geburtstag 2-mal täglich ihre Zähne mit einer erbsengroßen Menge einer Zahnpasta mit 1.000 ppm (= 0,1%) Fluorid putzen. In den beteiligten Ländern wurden für Kinder bis zum 6. Geburtstag bislang Zahnpasten mit reduzierter Fluoridkonzentration (500 ppm) empfohlen.

Anlass für die Empfehlung war die Tatsache, dass der Kariesrückgang im Milchgebiss im Vergleich zu den bleibenden Zähnen deutlich geringer ausfällt. Außerdem hatten neuere Analysen klinischer Studien gezeigt, dass ein überzeugender Nachweis für die Wirksamkeit von Zahnpasten mit dieser Fluoridkonzentration fehlt. Derzeit limitiert eigentlich nur die Kosmetikverordnung die Konzentration von Fluorid in Zahnpasten auf 1.500 ppm. Die reduzierte Konzentration von 500 ppm in Kinderzahnpasten resultiert aus einer Vereinbarung von Zahnärzteschaft mit Industrie.

V. l.: Prof. Dr. Matthias Hannig (Präsident der DGZ), Prof. Dr. Norbert Krämer (Präsident der DGKiZ), Prof. Dr. Stefan Zimmer (Präsident DGPZM), Dr. Richard Steffen (Board European Academy Paediatric Dentistry, EAPD). Appelhans/DGZ
V. l.: Prof. Dr. Matthias Hannig (Präsident der DGZ), Prof. Dr. Norbert Krämer (Präsident der DGKiZ), Prof. Dr. Stefan Zimmer (Präsident DGPZM), Dr. Richard Steffen (Board European Academy Paediatric Dentistry, EAPD).
Bereits ab dem Durchbruch des ersten Milchzahnes sollen Kinder bis zum 2. Geburtstag – so das Votum der Experten – entweder 2-mal täglich mit einer erbsengroßen Menge einer Zahnpasta mit 500 ppm oder mit einer reiskorngroßen Menge einer Zahnpasta mit 1.000 ppm putzen. Die Zahnmediziner rufen jetzt die Industrie dazu auf, die Tuben der Kinderzahnpasten mit kleineren Öffnungen zu versehen und die Viskosität der Produkte so einzustellen, dass die Pasten einfach portionierbar sind. Direkte Gespräche sind bislang mit einem Hersteller geführt worden. Entgegen der bisherigen Linie, eigene zahnmedizinische Empfehlungen zu geben, strebe man nun eine Absprache mit Vertretern der Kinderzahnheilkunde an, ergänzte der Präsident der DGKiZ Prof. Dr. Norbert Krämer. Im Januar 2019 stehen weitere Gespräche dahingehend mit dem Netzwerk „Gesund ins Leben“ [2] bevor. Mit der aktuellen Stellungnahme des Bundesinstitutes für Risikobewertung [3] sehe er nun eine neue Ausgangssituation für eine Einigung mit den Kinderärzten, da einige ältere Studien damit ad acta gelegt seien. Bleibt für Eltern und ihre Kinder zu hoffen, dass eine einheitliche Empfehlung tatsächlich in absehbarer Zeit das Risiko von Zahnfluorosen durch eine Mehrfachexposition aus unterschiedlichen Quellen minimiert. Auf internationaler Bühne wird der nächste Schritt zur Überarbeitung der Fluoridempfehlungen auf einem Konsensus-Symposium der EAPD in Griechenland unternommen. Die internationale Stellungnahme zu diesem Thema heißt: „Fluoride wirken topisch, d.h. eine lokale Applikation ist favorisiert. Prof. Dr. Krämer erwartet eine Angleichung an amerikanische und europäische Empfehlungen.

Anmerkung zu [3]:

In der Stellungnahme ist die Diskussion zwischen Pädiatern und Zahnärzten sowie eine Bewertung der Studienlage nachzulesen. Das Institut stellt fest, dass „die Herausforderung bei der Verwendung von Fluoriden zur Kariesprävention im Säuglings- und Kleinkindalter darin besteht, wirksame und zugleich sichere Fluoridaufnahmen – mit Zufuhrmengen im Dosisbereich um 0,05 mg/kg Körpergewicht und Tag – sicherzustellen.“ Die Frage ist nun, ob über systemische Supplementierung oder über Fluoridzahncreme. Allerdings fällt das Fazit kritisch gegenüber hochdosierter Zahncreme aus: „Mit Blick auf das Risiko für Zahnfluorosen durch eine Mehrfachexposition gegenüber Fluorid aus Supplementen, Zahnpasta (und ggf. Speisesalz) ist das BfR der Auffassung, dass bei Kleinkindern keine Zahnpasta mit Fluoridkonzentrationen ? 1000 ppm verwendet werden sollte.“ 

Literatur:

[1] Insgesamt 40.000 Einrichtungen und 40 Städte komplett sind in Deutschland bereits in das Zahnrettungskonzept integriert und verfügen über solche Rettungsboxen, so die für die Verteilung zuständige Organisation; Nähere Infos dazu unter: www.zahnrettungskonzept.info.
[2] Netzwerk Junge Familie – Gesund ins Leben im Bundeszentrum für Ernährung (BZfE).
[3] „Für gesunde Zähne: Fluorid-Vorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern“, Stellungnahme Nr. 015/2018 des BfR vom 31. Mai 2018 © BfR, Seite 1 von 36 DOI10.17590/20180531-085715-0.

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