Sucht man eine Schnittmenge zwischen Zahnerhaltung, Kinderzahnmedizin und Präventivzahnmedizin könnte man durchaus auf das Thema Kariesprophylaxe mittels Fluorid kommen. Und genau dort lag der Fokus der gemeinsamen Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ), der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) sowie der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) anlässlich ihrer Gemeinschaftstagung. Die Fachgesellschaften fordern gemeinsam eine höhere Fluoriddosierung bei Kinderzahnpasten. Des Weiteren appellieren sie an die Kollegen, bei Unfällen von Kindern und Jugendlichen im Zahn-, Mund- und Kieferbereich sehr rasch zu handeln und darüber hinaus präventiv für eine flächendeckende Bereitstellung von Zahnrettungsboxen zu sorgen. Die Traumatologie war neben der Endodontie auch ein Hauptthema der Gemeinschaftstagung.
Bei Zahnverletzungen tickt die Uhr
Bei Sport-, Freizeit- oder Verkehrsunfällen von Kindern und Jugendlichen sollte die Versorgung von Verletzungen an den Zähnen und zahntragenden Knochenteilen Priorität vor beispielsweise Knochenbrüchen an Armen und Beinen erhalten. Dies sollte bei Kopfverletzungen direkt nach der Abklärung geschehen, ob ein Schädel-Hirn-Trauma vorliegt, erklärte Dr. Richard Steffen, Vorstandsmitglied der europäischen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (EAPD). Außerdem forderte er die flächendeckende Versorgung mit Zahnrettungsboxen [1] an Schulen und Sportanlagen. Werde ein ausgeschlagener Zahn innerhalb von Minuten fachgerecht in einer Zahnrettungsbox gelagert, sei die Überlebens- und Heilchance eines solchen Zahnes dramatisch besser (Abb. 1 u. 2). Die Zahnärzte haben dann die Möglichkeit, „biologische“ Therapieoptionen – z.B. die Replantation – anzuwenden, die in den Referaten des Tagungsprogramms dargestellt wurden. Richard Steffen, Basel
Richard Steffen, Basel
Steffen wies darauf hin, dass gleiche Traumata im Zahn- und Kieferbereich alters- und wachstumsabhängig unterschiedliche zahnmedizinische Vorgehensweisen erforderten. Die Behandlung der gleichen Art von Trauma bei einem 6 Jahre alten Kind kann völlig verschieden sein zu der bei einem 8- oder 12-Jährigen. Außerdem spiele der Zeitfaktor hier eine entscheidende Rolle. Je schneller eine traumatische Verletzung der Zähne und des Kiefers nach einem Unfall von kompetenten Zahnmedizinern versorgt werden könnte, desto besser seien die Heilungsaussichten, so Steffen.
Fluoridvorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern mit 1.000 ppm
Auf neue Empfehlungen für fluoridhaltige Kinderzahnpasten haben sich 12 Experten mehrerer Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden auf einem Treffen in Berlin geeinigt, wie Prof. Dr. Stefan Zimmer, Präsident der DGPZM ausführte. Danach sollen Kinder vom 2. bis 6. Geburtstag 2-mal täglich ihre Zähne mit einer erbsengroßen Menge einer Zahnpasta mit 1.000 ppm (= 0,1%) Fluorid putzen. In den beteiligten Ländern wurden für Kinder bis zum 6. Geburtstag bislang Zahnpasten mit reduzierter Fluoridkonzentration (500 ppm) empfohlen.
Anlass für die Empfehlung war die Tatsache, dass der Kariesrückgang im Milchgebiss im Vergleich zu den bleibenden Zähnen deutlich geringer ausfällt. Außerdem hatten neuere Analysen klinischer Studien gezeigt, dass ein überzeugender Nachweis für die Wirksamkeit von Zahnpasten mit dieser Fluoridkonzentration fehlt. Derzeit limitiert eigentlich nur die Kosmetikverordnung die Konzentration von Fluorid in Zahnpasten auf 1.500 ppm. Die reduzierte Konzentration von 500 ppm in Kinderzahnpasten resultiert aus einer Vereinbarung von Zahnärzteschaft mit Industrie.
Appelhans/DGZ
Anmerkung zu [3]:
In der Stellungnahme ist die Diskussion zwischen Pädiatern und Zahnärzten sowie eine Bewertung der Studienlage nachzulesen. Das Institut stellt fest, dass „die Herausforderung bei der Verwendung von Fluoriden zur Kariesprävention im Säuglings- und Kleinkindalter darin besteht, wirksame und zugleich sichere Fluoridaufnahmen – mit Zufuhrmengen im Dosisbereich um 0,05 mg/kg Körpergewicht und Tag – sicherzustellen.“ Die Frage ist nun, ob über systemische Supplementierung oder über Fluoridzahncreme. Allerdings fällt das Fazit kritisch gegenüber hochdosierter Zahncreme aus: „Mit Blick auf das Risiko für Zahnfluorosen durch eine Mehrfachexposition gegenüber Fluorid aus Supplementen, Zahnpasta (und ggf. Speisesalz) ist das BfR der Auffassung, dass bei Kleinkindern keine Zahnpasta mit Fluoridkonzentrationen ? 1000 ppm verwendet werden sollte.“
Literatur:
[1] Insgesamt 40.000 Einrichtungen und 40 Städte komplett sind in Deutschland bereits in das Zahnrettungskonzept integriert und verfügen über solche Rettungsboxen, so die für die Verteilung zuständige Organisation; Nähere Infos dazu unter: www.zahnrettungskonzept.info.
[2] Netzwerk Junge Familie – Gesund ins Leben im Bundeszentrum für Ernährung (BZfE).
[3] „Für gesunde Zähne: Fluorid-Vorbeugung bei Säuglingen und Kleinkindern“, Stellungnahme Nr. 015/2018 des BfR vom 31. Mai 2018 © BfR, Seite 1 von 36 DOI10.17590/20180531-085715-0.
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