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Factoring in der Zahnarztpraxis

Factoring ist ein Beispiel dafür, wie Praxen Tätigkeiten aus Verwaltung oder Abrechnung an spezialisierte Anbieter auslagern können. Gegen eine Gebühr werden auf diese Weise Außenstände in Liquidität verwandelt. Was es genau mit Factoring auf sich bzw. welche Vor- und Nachteile es hat und wie Sie Anbieter vergleichen können, erfahren Sie hier. So können Sie leichter entscheiden, ob sich diese Dienstleistung für Ihre Praxis eignet oder nicht.

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Mit einem Anteil von etwa 15 % war das Gesundheitswesen im Jahr 2023 eine der Schwerpunktbranchen im deutschen Factoring-Geschäft [1]. Berichten aus dem Jahr 2022 zufolge nutzen in Deutschland über ein Drittel der niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte Factoring, Tendenz steigend [2]. Gerade Zahnarztpraxen würden Factoring häufiger nutzen, da hier der Anteil gesetzlich Versicherter, die gleichzeitig auch private Eigenanteile tragen müssen, relativ hoch sei.

Das Prinzip Factoring

Factoring ist ein Anglizismus und bedeutet, dass ein Unternehmen seine Forderung verkauft [3] – eine Zahnarztpraxis verkauft demnach einer Factoring-Gesellschaft ihre Patientenrechnungen. Dazu schließt der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin zunächst mit der Factoring-Gesellschaft einen Factoring-Vertrag ab, die Mindest-Vertragslaufzeit beträgt in der Regel ein Jahr [2,4]. Auf Grundlage dieses Vertrages (mit den entsprechenden Konditionen s.u.) kauft die Factoring-Gesellschaft bei Rechnungsstellung an den Patienten bzw. die Patientin diese Rechnung der Praxis innerhalb einer festgelegten Zeit ab und zahlt den Rechnungsbetrag abzüglich eines Einbehalts unverzüglich an die Praxis aus. Sobald der Patient bzw. die Patientin wiederum die offene Rechnung bei der Factoring-Gesellschaft beglichen hat, erhält die Praxis auch den zuvor einbehaltenen Betrag abzüglich der an sie von der Factoring-Gesellschaft in Rechnung gestellten Kosten – die sogenannte direkte Auszahlungsquote des Rechnungsbetrages hängt damit vom Factoring-Anbieter und den vertraglichen Regelungen ab [5].

Das Factoring unterscheidet zwei Varianten:

1. Echtes Factoring: Die Factoring-Gesellschaft übernimmt neben der Honorarforderung und Buchhaltungsvorgängen auch das Ausfallrisiko.
2. Unechtes Factoring: Es wird zwar die Honorarforderung abgetreten, die Factoring-Gesellschaft übernimmt aber nicht das volle Risiko einer von Patienten nicht beglichenen Rechnung [2,6,7]. Zahlt der Patient oder die Patientin seine Rechnung nicht, muss der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin die vorfinanzierte Zahlung an die Factoring-Gesellschaft zurückzahlen [8].

Im Factoring-Vertrag wird neben den Kosten u. a. festgelegt, was genau die Factoring-Gesellschaft übernimmt: Neben Ankauf und Vorfinanzierung der Rechnungen kann das auch die Übernahme der Debitorenbuchhaltung wie auch im Fall des echten Factorings die Übernahme des Ausfallrisikos sein [3,6]. Ob man sich für die Übernahme des Ausfallsrisikos durch die Factoring-Gesellschaft entscheidet, hängt u. U. von den Erfahrungen mit der Zahlungsmoral der eigenen Patienten ab. Ebenso prägen die Erfahrungen bzw. bestimmt die bevorzugte Art der Praxisorganisation, ob ein externes Debitorenmanagement sinnvoll ist. In der zahnärztlichen Branche versendet im Allgemeinen die Factoring-Gesellschaft selbst und nicht die Zahnarztpraxis die Rechnung an Patienten und übernimmt auch das Debitorenmanagement vollständig. Das mag auch daran liegen, dass einige der Factoring-Anbieter ursprünglich als Dienstleister aus der ausschließlichen Patientenbuchhaltung kommen.

Vorteile des Factorings

Factoring kann für eine Praxis mehrere Vorteile haben (Tab. 1). Da die Factoring-Gesellschaft offene Rechnungen abkauft, erhält der Praxisinhaber bzw. die Praxisinhaberin sofort Geld und nicht erst dann, wenn der Patient oder die Patientin seine Rechnung bezahlt hat. Damit gewinnen Zahnärzte bzw. Zahnärztinnen Liquidität.

VorteileNachteile
Gewinn an Liquidität/PlanungssicherheitKosten/Gebühren
Arbeitsentlastung des PraxisteamsAufwand für Anbietervergleiche
Einsparung interner Betriebskostennotwendige Einwilligung des Patienten
Risikoschutz vor Forderungsausfällenbei externem Debitorenmanagement Mahnwesen nicht mehr beeinflussbar
Zahlungskomfort für PatientenEinhaltung einer Mindestvertragslaufzeit
Tab. 1: Factoring Vor- und Nachteile.

Ist das Ausfallrisiko einer Forderung im Rahmen des echten Factorings miteingeschlossen, erhalten Zahnarzt oder Zahnärztin auch dann das Honorar, wenn der Patient bzw. die Patientin die Rechnung nicht begleicht.Dadurch senkt sich das unternehmerische Risiko, schließlich entstehen durch den Schutz vor Forderungsausfällen keine unerwarteten Liquiditätsengpässe. Dafür, dass die Factoring-Gesellschaft für den Zeitraum von der Rechnungsstellung bis zum Eingang der Zahlung durch den Patienten Zinsen verlangt, muss man gleichzeitig für die von der Factoring-Gesellschaft bereitgestellte Liquidität keine weiteren Sicherheiten bieten, wie sie eine Bank bei einem Kredit verlangen würde.

Neben finanziellen Vorteilen profitiert die Praxis von der Einsparung bei den Personal- und Sachkosten sowie Zeit, wenn die Factoring-Gesellschaft das Schreiben von Rechnungen und Mahnungen sowie das Überwachen der Zahlungseingänge und Rückstände vollständig übernimmt. Dabei kann sie die Forderungseintreibung sogar bis vor Gericht übernehmen [4,2,6,8,9].

Auch ist es mit Factoring einfacher, Patienten ein längeres Zahlungsziel anzubieten – nicht ohne Grund gewähren Praxen ohne Factoring oft nur ein 2-wöchiges Zahlungsziel, während es bei Praxen mit Factoring in der Regel bei 4 Wochen liegt. Factoring-Anbieter weisen im Übrigen gerne darauf hin, dass die im Rahmen des Factorings angebotene Möglichkeit einer in zinsfreien Raten abzuzahlenden Zahnarztrechnung die Patientenzufriedenheit steigere und möglicherweise sogar die Bereitschaft zur zeitnahen Umsetzung eines HKPs mit einem höherwertigen teureren Zahnersatz erhöhe [10]. Manche Praxen sind aber einfach nur froh, sich über die Zahlungsmoral ihrer Patienten nicht mehr ärgern zu müssen, da sie in den Buchhaltungsprozess nicht mehr eingebunden sind.

Nachteile des Factorings

Ein Nachteil des Factorings sind die anfallenden Kosten [4]. Zwar kauft das Factoring-Unternehmen die Patientenrechnungen für den Betrag der tatsächlichen Rechnungen ab, aber das natürlich nicht selbstlos:

Die Factoring-Gebühr beinhaltet in Abhängigkeit von der Vertragsausgestaltung eine Gebühr für die gesamte Abwicklung des Factorings, das Mahn- und Inkassowesen sowie das Debitorenmanagement (Verwaltung ausstehender Forderungen von deren Entstehung bis zum Zahlungseingang) und steht in Relation zum finanzierten Jahresumsatz. In Abhängigkeit vom Aufwand kann man bei einer Factoring-Gebühr von ca. 2–3 % der Forderungssumme ausgehen [2]. Daneben werden Zinsgebühren für die von der Factoring-Gesellschaft an den Zahnarzt direkt ausgezahlten Patientenrechnungen fällig. Das sind auf die gesamte Summe der Rechnungen in der Regel 2–5 % pro Jahr.

Eine weitere Gebühr fällt für die Risikoübernahme der Zahlungsunfähigkeit eines Patienten bzw. einer Patientin an. Dies ist die so genannte Delkrederegebühr. Diese Gebühr kann separat berechnet oder auch in der Factoring-Gebühr enthalten sein. Weiteres zum Kostenüberschlag s.u.

Üblicherweise werden die Factoring-Gebühren, Zinsen und Debitorenprüfkosten einzeln erhoben. Beim Factoring gibt es prinzipiell aber auch All-in-Gebühren, d.h., dass damit alle Kosten in einer Gebühr in X % vom Factoring-Umsatz enthalten sind [5].

Nicht ohne Datenschutz

Die Praxis muss (!) ihre Patienten über ihre Zusammenarbeit mit einem Factoring-Anbieter aufklären. Das beinhaltet vorschriftsmäßig die Information, dass die Praxis die persönlichen Daten des Patienten oder der Patientin an den Anbieter weitergibt und der Patient eine schriftliche Einwilligungserklärung über die Weitergabe seiner Daten unterzeichnet. Factoring-Anbieter stellen in der Regel dazu die entsprechenden Vordrucke zur Verfügung, sie müssen aber von den Praxen selbst bei den Patienten eingeholt werden [2,9].

Vor einigen Jahren hieß es von Kritikern noch, dass Factoring das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient gefährdet. Sollte das so gewesen sein, gilt das heute sicher nicht mehr: Nicht nur, dass den meisten Patienten Factoring aus Bereichen außerhalb einer Zahnarztpraxis bereits bekannt sein dürfte. Patienten sind erfahrungsgemäß der Erklärung gegenüber aufgeschlossen, dass eine Auslagerung von diversen Buchhaltungsaufgaben aus der Praxis im Umkehrschluss mehr Zeit für die Patientenbetreuung bedeutet. Darüber hinaus könnte auch mancher Patient bzw. manche Patientin lieber mit einem Factoring-Anbieter über eine Ratenzahlung verhandeln wollen als mit der Praxis selbst.

Gerade deshalb sollten Praxen bei der Auswahl des Factoring-Anbieters darauf achten, dass seine Mitarbeiter die Patienten der Praxis freundlich und kompetent beraten. Schließlich würden Patienten ihre Unzufriedenheit über einen schlechten Kommunikationsstil unweigerlich auf die Zahnarztpraxis zurückfallen lassen.

Online Tools: Factoring-Simulation und Vergleichsrechner

Lohnt sich für mich die Abrechnung über ein Factoring-Unternehmen oder ist die Selbstabrechnung doch besser? Um diese Frage einfacher beantworten zu können, kann man z. B. das onlinebasierte Service-Tool eines Anbieters aus diesem Bereich nutzen: Die kostenfreie Factoring-Simulation stellt nach Eingabe der Praxisspezifika die Kosten der Selbstabrechnung den Kosten einer Fremdabrechnung gegenüber. Diese Kalkulation legt auch Kosten zugrunde, die man bei der eigenen Modellberechnung vielleicht vergessen würde, wie z.B. die Kosten für das Einkuvertieren von Rechnungen.

Mit einem Vergleichsrechner für Abrechnungsstellen können Praxen zahlreiche Anbieter für die Privatliquidation und auch das Factoring kostenlos vergleichen. Das sollten sie auch in jedem Fall tun, denn verschiedene Parameter (Umfang der Dienstleistungen, Jahresumsatz der Praxis, Anzahl der Rechnungen, eingeräumte Zahlungsziele etc.) bestimmen, wie teuer Factoring für die Praxis ist. Am Ende müssen bei der Einschätzung des Factoring-Angebotes auch die erwarteten Kosten dem Wert der eingekauften Dienstleistungen (z.B. Kosten/Personaleinsparung in der Zahnarztpraxis, geldwerte Vorteile) gegenübergestellt werden [5].

Bei einem Vergleich sollte in jedem Fall auf die jeweils enthaltenen Leistungen des Angebotpaketes geachtet werden [9].

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Hilfreich ist auch der Bundesverband Factoring für den Mittelstand. Hier gleicht eine Factoring-Anfrage den individuellen Bedarf mit dem Angebot der Bundesverband-Mitglieder ab.

Experten empfehlen, bei der Auswahl eines Anbieters darauf zu achten, dass Abläufe möglichst einfach gestaltet sind, der Factoring-Anbieter transparent arbeitet und alle notwendigen Schritte hinreichend erklärt [11]. Auch die Mitgliedschaft in einem Fachverband könne als ein Anhaltspunkt für seine Arbeitsqualität verstanden werden. Empfehlungen anderer Kundinnen und Kunden, positive Beurteilungen und ein aufschlussreicher Internetauftritt sind weitere Hinweise.

Kosten und Beispielrechnung

Die Kosten für das Factoring sind abhängig von:

  • der umsatzabhängigen Factoring-Gebühr
  • dem Zinssatz, der für die Zeitdauer von der Rechnungsstellung bis zum Rechnungsausgleich durch den Patienten bzw. die Patientin berechnet wird
  • der Zeitspanne, wann das von dem Factoring-Anbieter vorfinanzierte Honorar an die Praxis überwiesen wird
  • möglichen Extrakosten, die z.B. durch den Versand von Mahnungen und ggf. Inkasso, Überwachung der Zahlungseingänge etc. entstehen. Manche Anbieter berechnen auch separate Kontogebühren oder monatliche IT-Gebühren. Auch werden Gebühren berechnet, um die Bonität von Patienten zu überprüfen. Oft werden Extrakosten auch in einer Pauschale zusammengefasst.
  • einem möglichweise vereinbarten Mindest-Abrechnungsvolumen, was bei Unterschreitung höhere Gebühren nach sich zieht
  • einem vereinbarten Ausfallschutz beim echten Factoring [2,5]

Demnach wäre ein Berechnungsbeispiel:

  • Eine Rechnung über 1000 € geht an einen Patienten.
  • Die Factoring-Gesellschaft bezahlt 900 € an den Zahnarzt aus (je nach Vereinbarung am gleichen Tag, nach 2–3 Tagen, …).
  • Der Patient erstattet innerhalb von 30 Tagen die Rechnung an die Factoring-Gesellschaft.
  • Der Zahnarzt erhält die ausstehenden 100 € von der Factoring-Gesellschaft abzüglich der Kosten: Bei einer Factoring-Gebühr von 1% werden 10 € zugunsten der Factoring-Gesellschaft abgezogen ebenso wie die Zinsgebühr, z.B. bei 5% pro Jahr 5,48 € für die bereitgestellte Summe. Der ausbezahlte Restbetrag beträgt demnach 84,52 €.

Digitales Factoring

Relativ neu ist das digitale Factoring-Angebot sowohl für echtes als auch unechtes Factoring. Es stellt eine Vereinfachung des klassischen Factorings dar [11,12]. Hier erfolgt der Rechnungsversand vollständig digital, je nach Patientenwunsch per SMS oder E-Mail. Eine Rechnung kann vom Patienten auch direkt am Smartphone im Patientenportal bezahlt werden. Damit entfallen die Brief- und Portokosten. Außerdem kann das Factoring-Angebot in alle Praxisverwaltungssysteme integriert werden, Ein und Ausbuchungen werden dann per Schnittstelle übertragen.

 

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