Anzeige

Laborführung

Kommunikation als Schlüsselkompetenz

Die Zahntechnik bewegt sich immer weiter weg vom reinen Handwerk. Gefordert sind eine enge technische Betreuung, lösungsorientierte Kommunikation und unterstützende Maßnahmen bei der Patientenbetreuung. Gerade da die Zahl der Kooperationspartner in Praxen – wie Onlinehändler, Fräszentren, Aligneranbieter etc. – steigt, werden individuelle Services und der persönliche Austausch als laboreigenes „Aushängeschild“ und Imageträger immer wichtiger.

. Pathfinder/Fotolia
.
.

Der gesetzliche Rahmen für die Zusammenarbeit zwischen Praxen und gewerblichen Zahntechnik-Laboren ist über die reine Anfertigung zahntechnischer Produkte hinaus „relativ“ eindeutig geregelt: keine Arbeit im Munde der Patienten und Patientinnen! Der Alltag sieht allerdings häufig anders aus. Denn Zahnmediziner/-innen brauchen gute prothetische Kenntnisse, um bestmöglich beraten und versorgen zu können. Insbesondere bei komplexen Restaurationen greifen daher viele zunehmend auf Prothetikspezialisten und -spezialistinnen aus dem Labor zurück.

Die daraus entstehenden Teams definieren einen eigenen Korridor, wo Service aufhört und Behandlung anfängt – notwendigerweise. Zahntechniker und Zahntechnikerinnen werden also immer häufiger nicht nur zur Auswahl der Zahnfarbe hinzugerufen, sondern auch für Planungen komplexer Restaurationen, zu gemeinsamen Einproben, Ästhetik-Anproben u.Ä. Um hier den handelnden Personen ein rechtssicheres Arbeitsumfeld zu ermöglichen, ist die Gesetzgebung in naher Zukunft gefordert, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.

Service – alles eine Frage der Definition

Was unter „Service“ und damit auch unter Service-Techniker/-in zu verstehen ist, ist eine Frage der Definition. Mögliche Bereiche können die prothetische Planung, Patientenaufklärung in Hinblick auf Fertigungsmöglichkeiten und Bioverträglichkeit von Materialien, Einstellungen von Friktion und Haltekraft, Farbnahmen und -abstimmungen, Anpassungen bei Passungsproblemen, ästhetische Korrekturen und vieles mehr sein. Dieser gemeinsame „Service-Korridor“ wird in der Regel in Abstimmung mit der behandelnden Praxis definiert.

Welche Kompetenzen die Service-Techniker/-innen also mitbringen sollten, differiert von Labor zu Labor und von Praxis zu Praxis. Über alle Unterschiede hinweg gibt es jedoch eine Gemeinsamkeit: die Kommunikationskompetenz.

Sie ist in jedem Fall gefragt. Sowohl zwischen Zahnmediziner/-in und Zahntechniker/-in als auch zwischen Zahntechniker/-in und Patient/-in. Denn gerade in dem sensiblen Beziehungsdreieck dieser 3 Protagonisten ist Kommunikation kein Selbstläufer.

Die magischen 3: Persönlichkeit, Wahrnehmung und Sprache

Bei Kommunikationskompetenz denken die meisten an die klassischen Kommunikationsmodelle von Watzlawick oder Schulz von Thun. Für den Kommunikationsalltag von Laborinhabern und Kundenbetreuern können sie hilfreich sein. Den Grundstein legen jedoch 3 Faktoren:

  1. Persönlichkeitstyp – welche Verhaltenstendenz hat mein Gegenüber und wie sollte ich typgerecht kommunizieren?
  2. Wahrnehmungstyp – wie nimmt mein Gegenüber seine Umwelt wahr und wie sollte ich die Information transportieren?
  3. Sprache – Worte schaffen Wirklichkeit, und wie kann ich typgerecht formulieren?

Wer diese 3 Faktoren in seiner Kommunikation berücksichtigt, schafft es spielend, im Beziehungsdreieck Zahnmediziner/-in – Patient/-in – Zahntechniker/-in gute Beziehungen aufzubauen, Verbindungen zu stärken und Sicherheit zu vermitteln.

Persönlichkeitstypen anhand des DISG-Modells* 

Abb. 1: DISG-Modell nach Marston und Geier. Moser-Feldhege
Abb. 1: DISG-Modell nach Marston und Geier.
Menschliches Verhalten lässt sich anhand von 4 verschiedenen Verhaltensdimensionen leicht und alltagstauglich erklären und erkennen. Wenn Sie sich also Ihres Persönlichkeitstyps bewusst sind und damit die eigene Verhaltenstendenz kennen, gelingt es Ihnen umso leichter, sich auf die Ihres Gegenübers kommunikativ einzustellen, damit leichter eine Beziehung aufzubauen und Konfliktpotenzial zu vermeiden. Die Persönlichkeitstypen des DISG-Modells setzen sich aus 4 verschiedenen Verhaltensmustern zusammen (Abb. 1): dominant (D), initiativ (I), stetig (S) und gewissenhaft (G).

Sicherlich klingt das erst mal nach Schubladendenken und es gibt natürlich auch Mischformen. Gleichzeitig werden Sie aber auch bei der Anwendung feststellen, dass es Ihnen immer leichter fällt, die Grundtendenzen Ihres Gegenübers zu erkennen. Sie können immer besser auf die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen eingehen, gute Beziehungen aufbauen und Konflikt vermeiden.

Damit legen Sie den Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ob in Richtung Behandler/-in oder Patient/-in hin. Sie haben damit eine Art Gebrauchsanleitung für Ihre Kommunikation. Folgendes zeichnet die 4 Verhaltenstypen aus:

1. Dominant (D)

Menschen mit einem dominanten Verhaltensstil haben das Bedürfnis, Probleme zu lösen, um schnell zu einem Ergebnis zu kommen. Sie sind häufig durchsetzungsstark und risikobereit. Im Gespräch erwarten sie kurze, fundierte Antworten und wollen nicht mit Small Talk belästigt werden.

Kommunizieren Sie deshalb bei Menschen mit dieser Grundtendenz entschlossen, kurz und knackig. Es geht ums „Was“, weniger ums „Warum“, also keine ausschweifenden Erklärungen. Bieten Sie idealerweise nicht mehr als 2 Lösungsansätze und lassen Sie Ihr Gegenüber auf jeden Fall autonom entscheiden.

2. Initiativ (I)

Menschen mit einem initiativen Verhaltensstil haben das Bedürfnis, andere zu überzeugen und zu beeinflussen. Sie brauchen Anerkennung und das Gefühl, akzeptiert zu werden. In der Regel sind sie offen für Neues und Innovatives. Sie lassen andere an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben und sind optimistisch.

Sie interessiert das „Wer“: Wer macht das noch so oder ist auch mit dabei? Geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich mitzuteilen und achten Sie gleichzeitig auf die Gesprächsführung.

Sonst wissen Sie vielleicht am Ende Ihrer Patientenberatung alles über den letzten Urlaub und den neuen Hund, haben aber noch nichts zu den verschiedenen Fertigungsmöglichkeiten und Materialien gesagt. Initiative Menschen entscheiden in der Regel schnell.

3. Stetig (S)

Haben Sie es mit Menschen mit einem stetigen Verhaltensstil zu tun, merken Sie schnell, dass sie ein verlässliches und sicheres Umfeld benötigen. Menschen mit einer stetigen Verhaltenstendenz geht es um Stabilität. Mit schnellen Veränderungen tun sie sich schwer und halten deshalb auch gerne an Traditionellem fest.

Ihre Hauptfrage, die beantwortet sein sollte, ist das „Wie“? In Ihrer Kommunikation sollten Sie wertschätzend und zuverlässig sein. Wenn Sie Lösungsansätze anbieten, machen Sie deutlich, dass Sie sich viele Gedanken darüber gemacht haben, und begründen Sie, wie Sie mit dieser Alternative das Ziel erreichen. Knüpfen Sie an bewährte Vorgehensweisen an und bieten Sie Unterstützung bei Fragen. Stetige Persönlichkeitstypen entscheiden eher zögerlich.

4. Gewissenhaft (G)

Bei gewissenhaften Verhaltensstilen merken Sie sofort, dass es um Qualität, hohe Standards, Regeln und Perfektion geht. Sie benötigen umfassende Informationen vor allem zum „Warum“, studieren auch das Kleingedruckte und entscheiden erst nach reiflicher Überlegung.

In Ihrer Kommunikation sollten Sie mit skeptischen Fragen rechnen und Zahlen, Daten und Fakten bereithalten, die Ihr Gesagtes untermauern. Bleiben Sie in Ihrer Kommunikation distanziert und sachlich.

Wahrnehmungstypen

Für die Kommunikation zwischen Behandler/-in – Patient/-in – und Zahntechniker/-in ist der visuelle, auditive oder kinästhetische Kanal von Bedeutung. In der Regel stehen uns alle Kanäle zur Verfügung und jeder hat einen „Lieblingskanal“, auf dem er Informationen besonders gut wahrnimmt. Typische Redewendungen und Verhaltensmuster lassen uns schnell erkennen, auf welchem Kanal unser Gegenüber besonders empfänglich ist.

Der visuelle Wahrnehmungstyp beispielsweise speichert seine Erinnerungen anhand von Bildern und neigt zu einer entsprechend bildhaften Sprache. Typische Redewendungen sind: „ich blicke da nicht durch“, „das sieht gut aus“, „das stell ich mir so vor“. Dagegen nimmt der auditive Wahrnehmungstyp seine Informationen hauptsächlich über die Ohren und Hörbares wahr.

In seiner Sprache kommen Redewendungen vor wie „das hört sich gut an“, „das klingt gut“, „das verstehe ich nicht“. Der kinästhetische Typ ist häufig ein Gefühlsmensch. Das kommt auch in seinem Wortschatz zum Ausdruck wie z.B. Gefühl, begreifen, machen, spüren, anfühlen u.Ä. Typische Redewendungen, wie „ich begreife das nicht“, „das fühlt sich gut an“ oder auch „ich bekomme das in den Griff“, deuten auf den kinästhetischen Typ hin.

Je nach Patiententyp sollten Sie unterschiedliche Möglichkeiten der Informationsweitergabe haben. Kinästheten benötigen Material, das sie anfassen können. An dieser Stelle sollten Sie auf hochwertige Anschauungsmodelle zurückgreifen.

Schließlich wollen Sie in der Regel hochwertige prothetische Lösungen verkaufen. Bei visuellen Patienten-Wahrnehmungstypen können Sie Ihre Informationen über einen Monitor, ein Tablet oder in Form von Info-Ausdrucken oder Broschüren weitergeben.

Den auditiven Wahrnehmungstypen sollten Sie anschaulich erklären und können auch mit kurzen Erklärvideos arbeiten. Wenn Sie nicht sicher sind, welcher Wahrnehmungstyp vor Ihnen sitzt, können Sie die Art Ihrer Informationsweitergabe kombinieren.

Sprache! Denn Worte schaffen Wirklichkeit

Der letzte Punkt in unserem Dreiklang ist die Sprache. Sie beeinflusst, wie und was wir denken. Denn mit bestimmten Worten erwecken wir Bilder und Emotionen in unserem Gegenüber.

Wählen Sie also für jeden einzelnen Verhaltensstil das entsprechende Vokabular. Ergebnisorientierte (D) oder anerkennende (I) Worte, Stabilität (S) und Sicherheit ausdrückende oder Qualität und Perfektion (G) unterstreichende Worte. Vermeiden Sie grundlegend Fachbegriffe und nutzen Sie eine bildhafte positive Sprache.

Versuchen Sie also statt „kein“, „nicht“, „muss“ und „aber“ lieber „gerne, „werde“ und „und“ zu verwenden. Das macht die Sprache positiv und verbindlich.

Patientenberatung

In vielen Laboren gehört ein Patientenraum zur Standard-Ausstattung und es gibt immer mehr Labore, die Service-Techniker/-innen ausbilden oder ausbilden lassen. Von der Kommunikationskompetenz abgesehen, sollten Sie sich auch Gedanken machen, wie Patienten und Patientinnen im Labor empfangen werden und was Sie zusätzlich tun können, um Vertrauen aufzubauen. Das geschieht selbstredend immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt bzw. der Ärztin.

Ein Termin wird nur im Auftrag der Praxis im Labor vereinbart! Bei aufwendigen Patientenbesprechungen ist es ratsam, im Vorfeld fallspezifische Absprachen, Behandlungsziel, einen Finanzkorridor und Materialwünsche mit der Praxis zu klären.

Erst dann können Sie Ihre Kunden und Kundinnen durch die Patientenbesprechung im Labor wirklich unterstützen. Bei dieser Klärung ist es ebenso hilfreich zu wissen, welchem Persönlichkeitstyp Ihre Kunden und Kundinnen entsprechen, um Ihre Kommunikation darauf abzustimmen.

Ermöglichen Sie Patienten und Patientinnen beim Laborbesuch, wenn möglich, auch einen Blick hinter die Kulissen. Wer sieht, wie aufwendig individuell gefertigter Zahnersatz ist, hat eine höhere Bereitschaft, für gute individuelle Lösungen einen angemessenen Preis zu bezahlen. 

Zahnmediziner/in – Patient/-in – Service-Techniker/-in

Ihre gemeinsame Arbeit mit Patienten und Patientinnen in der Praxis spielt sich, wie oben beschrieben, mit der Zeit in Ihrem gemeinsam verabredeten „Service-Korridor“ ein. Gerade in dieser 3er-Konstellation helfen Ihnen die Kenntnisse der oben genannten Faktoren.

Abgesehen davon gehört zur erfolgreichen Kommunikation auch die alltägliche Kommunikation zwischen Praxis und Labor, also alles, was zur Auftragsklärung notwendig ist, vollständige Informationen, Erreichbarkeit und Lösungskompetenz auf beiden Seiten. Dabei helfen auch digitale Lösungen wie z.B. Threema Work (DSGVO-konforme Alternative zu WhatsApp) und eine gute Organisation.

Fazit: In der Zahnheilkunde verschieben sich die Grenzen zwischen Behandlung und Technik aus den unterschiedlichsten Gründen hin zu einem Behandler-Team mit neuer Arbeitsteilung. Bis die Gesetzgebung eine neue, an die veränderten Rahmenbedingungen angepasste Arbeitsgrundlage schafft, sind eine optimale Kommunikation und klare Absprachen unabdingbar. Voraussetzung fürs Gelingen dieser Teamarbeit und der Kommunikation im Beziehungsdreieck Behandler/-in – Patient/-in – Service-Techniker/-in sind die Kenntnisse der verschiedenen Persönlichkeits- und damit auch Kommunikationstypen des Gegenübers, meiner selbst und der Motivlage aller Beteiligten.

Im eigenen Interesse künftiger Marktanteile werden Service-Techniker/-innen bzw. digitale Prothetikspezialisten und -spezialistinnen zu Dienstleistungspartnern und somit zu einem wichtigen Baustein der eigenen Laborstruktur. Sie werden immer die Wahrnehmung des Labors prägen und den Unterschied zu anderen Anbietern und Anbieterinnen bestimmen. Damit wird die Ausbildung der Service-Techniker/-innen zu einer lohnenden Investition fürs Labor.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Anzeige

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige