Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten gar keine Anzeige schalten, weil täglich mehrere Bewerbungen bei Ihnen in der Praxis eingehen. Vermutlich fragen Sie sich, wie das funktionieren soll. Schließlich herrscht Fachkräftemangel und eine Ihrer Mitarbeiterinnen hatte Sie erst kürzlich um ein Zwischenzeugnis gebeten. Das kann ja eigentlich nur bedeuten, dass es nicht mehr lange dauert, bis die Kündigung auf Ihrem Schreibtisch liegt.
Was folgt, ist eine Leerstelle, die für eine bestimmte Zeit auf dieser Position entsteht und durch andere Teammitglieder ausgeglichen werden muss. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Stabilität des Praxisteams in fachlicher und zwischenmenschlicher Hinsicht. Wechselt ein Teammitglied zu einem/einer Mitbewerber/-in, so nimmt er oder sie zusätzlich noch jahrelanges Wissen und Erfahrungen mit, in manchen Fällen sogar Patienten/-innen. Dazu entstehen Fluktuationskosten, die nach einer Analyse des Beratungsunternehmens Deloitte in Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern/-innen 13.705 Euro betragen. Die Fluktuation betrifft der Studie zufolge in 64% der Fälle die 25- bis 34-Jährigen, wobei 19% die Führung als Grund für ihren Arbeitsplatzwechsel, 13% fehlende positive Mitarbeitererlebnisse und 11% Inhalte der Arbeit nennen. Insbesondere bei den 24- bis 44-Jährigen sorgt Letzteres für viel Unzufriedenheit [2].
Ohne Frage wünscht sich jeder/jede Praxisinhaber/-in, dass Mitarbeiter/-innen in erster Linie nicht daran denken, ihren Arbeitsplatz zu wechseln, sondern stattdessen unglaublich gern in genau Ihrer Praxis arbeiten und es auch nach außen kommunizieren. Wie wäre es also, wenn tatsächlich Bewerbungen bei Ihnen in der Praxis ankommen, ohne dass Sie jemals eine Anzeige schalten mussten? Hier rückt die Außenwirkung Ihrer Praxis in den Fokus.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, welchen Ruf Sie in Ihrem Einzugsgebiet haben, wie viele Menschen Ihre Praxis kennen und wie Ihre Mitarbeiter/-innen die Vision Ihrer Praxis nach außen tragen? Reicht die Anziehungskraft Ihrer Praxis aus, um Patienten/-innen und Fachkräfte zu halten bzw. neue zu gewinnen? Sollte dies nicht der Fall sein, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, Ihre Attraktivität als Behandler/-in und als Arbeitgeber/-in zu steigern.
Die Auswahl der „richtigen“ Bewerber/-innen
Um als Zahnarztpraxis für Fachkräfte attraktiv zu sein und diese langfristig zum Wohl der Patienten/-innen und den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg der Praxis zu binden, gilt es bei der Auswahl der potenziellen Mitarbeiter/-innen einiges zu berücksichtigen.
Denn bereits im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs lassen sich die sogenannten Metaprogramme der einzelnen Bewerber/-innen erkennen bzw. ermitteln. Darunter versteht man spezielle Filterprogramme der Menschen, mit denen sie nicht nur ihre Wahrnehmung beschreiben, sondern die ebenfalls Handlungsprozesse beeinflussen. So achten einige Menschen eher auf Kleinigkeiten, andere sortieren ihre Wahrnehmung nach einem großen Überblick. Es wäre daher vermutlich nicht von Erfolg gekrönt, eine Person, die eher nach großen Zusammenhängen sortiert, mit eintönigen und detaillierten Arbeitsabläufen zu betrauen, wie z.B. der Abrechnung von Behandlungsleistungen oder der Überwachung von QM-Tabellen und Berichten. Ein solches Teammitglied würde nicht lange in der Praxis bleiben und sich schnell nach einer anderen Stelle umsehen.
Des Weiteren strukturieren einige Menschen ihre Wahrnehmung und ihr Handeln nach Ähnlichkeiten, andere nach Unterschieden. Demnach würde es beispielsweise Sinn machen, diejenigen mit der Einführung neuer Techniken zu betrauen, die nach Unterschieden sortieren. Bei Teammitgliedern, die nach Ähnlichkeiten sortieren, dürfte diese Aufgabe hingegen eine andere Reaktion hervorrufen, wie in etwa: „Schon wieder was Neues. Ich weiß gar nicht, warum wir die Arbeitsabläufe in der Praxis immer wieder verändern und Neues dazulernen müssen.“ Hat dieser/diese Mitarbeiter/-in dann auch noch zusätzlich starken Einfluss auf andere in der Praxis, ist das Problem vorprogrammiert.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass manche Menschen für sich selbst entscheiden, also internal, andere aber ihre Entscheidung erst nach externalen Kriterien treffen, also danach, was Freunde/-innen, Bekannte, Vorgesetzte bzw. die Medien zu bestimmten Sachverhalten sagen und schreiben. Teammitglieder mit dem Filterprogramm „internal“ sind eher bereit, Probleme offen anzusprechen, und erwarten von ihren Vorgesetzten konstruktive Antworten. Letztlich geht es aber nicht darum, ob ein Filterprogramm besser oder schlechter ist als das andere, sondern wie man Fachkräfte zielgerichtet an der richtigen Stelle in der Zahnarztpraxis einsetzt, um ein leistungsstarkes Team aufzubauen.
Die Frage nach der Motivation
Die Entscheidung für ein neues Teammitglied ist getroffen. Aber wie können Sie sicherstellen, dass die tägliche Motivation auch den Anforderungen der in der Praxis zu verrichtenden Tätigkeiten entspricht? Zunächst einmal gibt es zwei Arten der Motivation: die intrinsische und die extrinsische Motivation. Bei der intrinsischen Motivation entsteht „der Antrieb von innen“ durch die Verrichtung einer bestimmten Arbeitsaufgabe selbst. Nach Hennecke und Brandstätter [3] bereitet die intrinsisch motivierte Tätigkeit „Freude und Vergnügen, wird als interessant empfunden und um ihrer selbst willen ausgeführt“.
Dagegen ist die extrinsische Motivation durch Prämien- und Vergütungssysteme und/oder durch Lob und Bestätigung der/des Vorgesetzten bestimmt. Vielen Kolleginnen und Kollegen erscheint die extrinsische Motivationsart als die einfachere Methode, die Motivation ihrer Mitarbeiter/-innen zu erhöhen und sie bestenfalls langfristig an die Praxis zu binden. Denn mit derartigen Zuwendungen werden keine zeitaufwändigen Analysen der in der zahnärztlichen Praxis zu verrichtenden Tätigkeiten notwendig.
Ebenso sind viele Zahnärzte/-innen nicht bereit, die Strukturierung der Tätigkeiten innerhalb der Praxis zu überdenken oder gar ganze Arbeitsabläufe zu verändern. Nicht zuletzt bedeuten derartige Veränderungen meist Gespräche und Diskussionen mit dem Praxisteam. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jede extrinsische Motivation von Angestellten erfahrungsgemäß nicht uneingeschränkt und nur bedingt dauerhaft aufrechtzuerhalten ist.
Wie aber kann man als Praxisinhaber/-in dafür sorgen, dass Mitarbeiter/-innen durch die Verrichtung bestimmter Arbeitsaufgaben stärker und langfristig motiviert werden? Mit dieser Frage haben sich Atabaki und Biemann [1] beschäftigt, indem sie einige umfangreiche Metastudien untersucht und analysiert haben. Dabei sind sie zu folgenden Ergebnissen gekommen:
- Werden materielle Belohnungen mit Leistungsaufgaben verknüpft, so vermindert sich die intrinsische Motivation von Mitarbeitern/-innen, denn das Grundbedürfnis von Menschen nach Autonomie wird eingeschränkt.
- Es besteht ein Zusammenhang zwischen einem hohen Maß an intrinsischer Motivation und einer positiven Leistung, der durch qualitativ anspruchsvolle Aufgaben noch weiter verstärkt wird, während er sich durch quantitative Aufgaben abschwächt. Dies wird dadurch erklärt, dass komplexe Aufgaben oftmals eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Arbeitsaufgabe selbst und damit ein starkes Arbeitsengagement erfordern.
- Die intrinsische Motivation nimmt mit steigendem Alter signifikant zu.
- Externe finanzielle Anreize übten im Arbeitskontext einen stärker positiven Einfluss auf die Leistung von Mitarbeitern/-innen aus, wenn sie teamzentriert und nicht individuumszentriert waren.
- Beide Formen der Motivation sollten auf eine Art miteinander kombiniert werden, sodass die intrinsische Freude von Mitarbeitern/-innen an bestimmten Arbeitsaufgaben mit einem wiederkehrenden und konstruktiven Feedback dazu führt, dass sie sehr gute Leistungen erzielen.
Fazit
Modernes Personalmanagement in der Zahnarztpraxis bedeutet mehr, als Mitarbeiter/-innen mit Lob, finanziellen oder anderen außergewöhnlichen Anreizen zu motivieren, damit diese teamorientierter und effizienter arbeiten und den Praxiserfolg steigern. Hennecke und Bransdtsätter [3] verweisen darauf, dass sich finanzielle Anreize sogar negativ auf die Arbeitsleistung auswirken können, wenn diese mit Druck verbunden sind. Denn dabei können die Mitarbeiter/-innen in einen Erregungszustand geraten, der ihre Arbeitsleistung vermindert. Gleichfalls kann eine Aussicht auf eine Prämie ablenkend wirken und damit die Leistung insbesondere bei komplexen kognitiven Aufgaben beeinträchtigen.
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