Ich habe es auf ungewöhnliche Art und Weise ausprobiert – in Form eines 10-Tage-Trips in das buddhistische Kloster Wat Suan Mokkh im Süden Thailands. Wieder zurückgekommen bin ich entspannt wie lange nicht und gelenkig wie ein Flummi.
Es ist früh. Sehr früh. Schon morgens um 4 Uhr hallen Glockenschläge durch die feuchtwarme Luft. Es dauert, bis das Unterbewusstsein realisiert, dass eine kurze Nacht schon wieder vorbei ist – in Suan Mokkh begrüßt mich ein neuer und aufregender Tag.


Je nach Jahreszeit kommen monatlich 30 bis 100 Menschen aus aller Welt in Thailands bekanntestem Tempel zusammen, um eine faszinierende Reise ins „Innere“ zu erleben. Der sogenannte „Meditation Retreat“ entlässt keine/n der Teilnehmer/-innen ins normale Leben ohne bleibende Eindrücke. Denn der „Retreat“ oder auch Rückzug steht im Fokus. Stille und Meditation sind dafür der Weg. Es ist ein Rückzug von allem, was das Leben zwar angenehm, aber noch lange nicht besser macht.
10 Tage ohne Handy, Kaffee, Internet, Designerklamotten oder Musik, vor allem aber ohne Lesen, Reden oder Schreiben. Stattdessen gilt es, noch in der Dunkelheit aufzustehen und mehrere Stunden täglich zu meditieren. Hungern muss dabei keiner. Nein, das Essen ist ein weiterer positiver Aspekt des Klosteraufenthaltes. Eine leckere Reissuppe zum Frühstück, knackiger Gemüsereis zum Mittag und abends ein oder zwei süße Bananen.
Ein Ablenken fällt wirklich schwer, denn vom Handy bis zum Lieblingsbuch wurde beim Check-in fast alles abgegeben und sicher verstaut. Auf die Gäste warten eine 6 qm große Zelle, harte Betten und ein Moskitonetz. Kein Wunder, dass einen gerade am Anfang die Skepsis übermannt. Doch diese legt sich schnell und weicht der Erleichterung. Plötzlich gilt: keine Termine, keine Selbstdarstellung, kein Small Talk – einfach nur sein.
Den Fröschen guten Morgen sagen
Zurück zum Aufstehen um 4 Uhr morgens: In der Dunkelheit der Nacht huschen Gestalten zu einer sogenannten Mandi-Dusche, bei der man sich mithilfe einer Wasserkelle reinigt und sich im Mondlicht die Zähne putzt. Ansonsten Stille – außer dem Quakkonzert der Dschungelfrösche. Eine halbe Stunde später treffen sich alle in der offenen Meditationshalle, in der die Kerzen im Wind flackern und sich jeder auf seine Art und Weise – im Schneider- bzw. Lotussitz oder kniend – seinen Platz auf Kissen oder Hocker im Sand sucht. Der Rücken gerade, das Kinn angezogen, die Hände locker auf den Beinen. Ein Scharren hier, ein Hüsteln dort, dann leitet das liebliche Klingeln der Meditationsglocke die Morgenübung ein. Unsere weibliche Mönchin im weißen Gewand und geschorenem Kopf erklärt und überwacht die Übung.
Die Meditation ist, das lernen wir in den „Speeches“ zwischendurch, der Weg zur Selbstvervollkommnung.
Auf den Atem konzentriert versuchen alle, innerlich ganz still zu werden. Wie gesagt – versuchen. Denn Tatsache ist: Nichtstun ist wesentlich leichter gesagt als getan. Dazu kommt: Gar nichts Denken ist ebenfalls gar nicht so leicht. Leichter dagegen fällt fast das Yoga, das um 6 Uhr in einer anderen Halle folgt. Wer, wie die meisten hier, steif wie ein Kühlschrank den Retreat begann, wird sich wundern, wie gelenkig sein Körper am Ende der 10 Tage sein wird.
Als das Yoga vorbei ist, folgt in der Dämmerung die erste Gehmeditation des Tages. Schweigend bewegt sich jeder für sich durch die Halle oder das Klostergelände. Dann endlich ist es 8 Uhr und mit dem Frühstück folgt das erste Essen des Tages. Alle warten, bis auch der Letzte seinen Teller Reissuppe und warmen Tee vor sich hat. Wortlos wird gegessen, bevor jeder 2 Stunden Zeit hat, sich nochmals hinzulegen oder sich um Belange, wie z.B. Wäschewaschen, zu kümmern.
Das Leben hier ist einfach, die Sinnesreize minimal. Plötzlich ziehen selbst einfachste Gegenstände wie ein Blatt im Wind oder Schmetterlinge in der Halle die gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Nichts wirkt ablenkend. Dann wieder Meditationen im Sitzen und Gehen, durchbrochen vom Mittagessen und einer kurzen Pause bis zum Nachmittag.

Zwischendurch gibt es immer wieder Speeches von den Mönchen oder ehemaligen Klosterbewohnern. Undogmatisch werden uns buddhistische Weisheiten vermittelt – doch keiner muss hier einer Religion folgen. „Alles vergeht, entsteht, vergeht. Doch das was vergeht, kann man nicht besitzen – und was man nicht besitzt, kann man nicht verlieren. Was man nicht verliert, lässt einen auch nicht leiden.“ Wie wahr!
Nachtruhe um 21:00 Uhr

Am Abend verabschiedet sich jeder mit einem Lächeln oder kurzen Nicken von seiner immer noch unbekannten Nachbarin oder seinem unbekannten Nachbarn und zieht sich in seine Zelle zurück. Kurz danach erlöscht das Licht. Es folgen bis zu 7 Stunden Schlaf, bevor einen die Glocke wieder weckt. Doch nicht für jeden ist diese Art Leben zu ertragen – etwa 20% der Teilnehmer/-innen brechen frühzeitig ab. Wer durchhält, hat große Chancen, völlig zur Ruhe zu kommen und sich fern von allem auf sich selbst zu konzentrieren.
Einige kommen immer wieder – sie wissen, warum! Nach den vergangenen 10 Tagen ist für kurze Zeit nichts mehr wie zuvor. Die Stille löst sich wieder auf. Mit Erschrecken stellt man fest, wie schnell und hektisch die Welt um einen herum ist. Was bleibt, ist der Wunsch zurückzukehren. Auch für mich war es nach 20 Jahren ein Herzenswunsch, denn oft übernimmt man Einstellungen und Erlerntes mit in den Alltag – und beobachtet die Welt deutlich öfter mit einem Lächeln im Gesicht und vollkommen entspannt.


Informationen |
An- und Einreise: Flüge nach Bangkok sind je nach Jahreszeit ab ca. 600 Euro erhältlich. Dauer etwa 11 Stunden. Der Zeitunterschied beträgt 6 Stunden. Von Bangkok aus gibt es täglich mehrere Flug- und Zugverbindungen nach Surat Thani. Die letzten 20 km kann man mit dem Taxi zurücklegen. Für deutsche, österreichische und schweizerische Staatsbürger ist es einfach, als Tourist einzureisen. Benötigt wird ein gültiger Reisepass von mindestens 6 Monaten. Die Aufenthaltserlaubnis ist für 30 Tage gültig. Gesundheit: Es sind keine Impfungen vorgeschrieben. Für Reisen in ländliche Gebiete sind die Standard-Impfungen Tetanus, Polio, Hepatitis sowie ein Malaria-Schutz empfehlenswert. Für nähere Infos sollte im Vorfeld ein Tropenarzt konsultiert werden. Termine: Vom 1. bis zum 10. monatlich bietet das Kloster Kurse an. Ziel ist die Grundlagenvermittlung in Meditation und Buddhismus. Eine Voranmeldung ist nicht möglich; einfach einen Tag vorher einfinden („First come, first serve“). Der 10-Tage-Kurs kostet 2.000 TBH (ca. 50 Euro).# Weitere Details bietet das Kloster auf www.suanmokkh-idh.org. Meditationserfahrung ist nicht notwendig. Englischkenntnisse sollten vorhanden sein. Wichtig ist der Respekt für die buddhistische Religion. Reiseliteratur: Travel Handbuch „Thailand – Der Süden“ von Stefan Loose. Im Oktober erscheint die aktualisierte Auflage. ISBN 978-3-7701-6642-8, 780 Seiten, 26,95 € (D). |
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