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Recht

Rechtliche Aspekte bei der Behandlung von Seniorinnen und Senioren – ein Leitfaden für Zahnärzte/-innen

In einer immer älter werdenden Gesellschaft behandeln Zahnärzte/-innen zunehmend auch ältere Patienten/-innen, deren geistige und körperliche Fitness in allen möglichen Ausprägungen und Abstufungen variiert. Senioren sind keine homogene Gruppe und viele ältere Menschen kümmern sich selbstbestimmt und souverän um ihre Angelegenheiten. Doch mit zunehmendem Alter steigt das Risiko gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Gerade im Umgang mit Patienten/-innen mit kognitiven Einschränkungen, wie sie beispielsweise bei Demenzerkrankungen vorkommen, sehen sich Zahnärzte/-innen häufig vor ganz besondere Herausforderungen gestellt.

Männliche Hände, gekleidet in einen Anzug blättern einen Vertrag um. Daneben liegt ein Richterhammer AdobeStock
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Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über rechtliche Strukturen, die im Zusammenhang mit Betreuung, Vorsorgevollmacht, Einwilligungsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit stehen. Denn wer die Rechtslage kennt, gewinnt an Sicherheit im Umgang mit Patienten/-innen, ihren Begleitpersonen sowie Angehörigen und kann die volle Aufmerksamkeit auf die optimale Patientenbetreuung richten.

Abschluss Behandlungsvertrag und Einwilligung in die Behandlung

Im zahnmedizinischen Bereich kommt bei der Patientenbehandlung stärker als in der Humanmedizin ein wirtschaftlicher Aspekt zum Tragen. Patienten/-innen müssen viele Leistungen selbst bezahlen und regelmäßig die Wahl zwischen qualitativ und kostenmäßig unterschiedlichen Versorgungsmöglichkeiten treffen. Für die Durchsetzbarkeit der Honoraransprüche der Zahnärzte/-innen kommt es in diesen Fällen darauf an, dass die Patienten/-innen wirtschaftlich richtig aufgeklärt wurden und den Behandlungsvertrag wirksam abschließen konnten. Darüber hinaus und unabhängig von der Frage einer möglichen Zuzahlung ist jede zahnmedizinische Behandlung als potenzieller Eingriff in die körperliche Unversehrtheit grundsätzlich nur mit einer wirksamen Einwilligung des/der Patienten/-in zulässig. Diese Einwilligung muss freiwillig, bewusst und in Kenntnis der wesentlichen Umstände der Behandlung erteilt werden. Besonders bei älteren Patienten/-innen, deren kognitive Fähigkeiten nachlassen können, müssen sich Zahnärzte/-innen zur Vermeidung von Haftungsrisken vergewissern, dass der/die Patient/-in dem Aufklärungsgespräch folgen und wirksam in die Behandlung einwilligen kann.

Unterscheidung zwischen Geschäftsfähigkeit und Einwilligungsfähigkeit

In rechtlicher Hinsicht werden bei einem wirksamen Abschluss eines (Behandlungs-)vertrages mit finanziellen Verpflichtungen und der Einwilligung in eine medizinische Behandlung unterschiedliche Anforderungen an die geistigen Fähigkeiten des/der Patienten/-in gestellt. Es geht dabei um die Begriffe Geschäftsfähigkeit und Einwilligungsfähigkeit: Sie werden oft miteinander verwechselt, obwohl sie unterschiedliche rechtliche Aspekte ansprechen.

– Geschäftsfähigkeit

Geschäftsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, rechtsgültige Verträge abzuschließen. Diese Fähigkeit ist grundsätzlich an das Lebensalter und die geistige Reife gebunden. Ein volljähriger Mensch (d.h. ab Vollendung des 18. Lebensjahres) gilt grundsätzlich als geschäftsfähig, solange keine geistigen Einschränkungen vorliegen. Als geschäftsunfähig gilt ein Erwachsener nach § 104 Ziffer 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dagegen, wenn „er sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist“. Patienten/-innen mit fortgeschrittener Demenz oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen, deren Urteilsvermögen und freie Willensbestimmung durch die Krankheit erheblich eingeschränkt sind, sind in diesem Sinne ganz oder partiell geschäftsunfähig. Dies gilt insbesondere dann, wenn der/die Patient/-in die Tragweite von Alltagsgeschäften nicht mehr richtig beurteilen kann.

– Natürliche Einwilligungsfähigkeit

Im Unterschied zur Geschäftsfähigkeit bezieht sich der Begriff der Einwilligungsfähigkeit dagegen auf die Fähigkeit, in eine medizinische Behandlung einzuwilligen. Sie ist gegeben, wenn der Patient die Bedeutung und Tragweite einer Behandlung versteht und in der Lage ist, diese zu beurteilen. Diese Voraussetzung für die wirksame Zustimmung zu einer Behandlung kann auch bei (partiell) geschäftsunfähigen Personen durchaus gegeben sein.

Die wirksame Einwilligung in eine medizinische Behandlung setzt voraus, dass der Patient sowohl über die Art und den Umfang der Behandlung aufgeklärt wird als auch in der Lage ist, die erhaltenen Informationen zu verstehen und zu bewerten. Fehlt diese Fähigkeit, kann die Behandlung nur dann rechtlich zulässig sein, wenn ein gesetzlicher Vertreter (z.B. ein Betreuer oder eine bevollmächtigte Person) die Einwilligung erteilt.

Für den Behandler stellt sich nun die Frage, wer für die geschäfts- und/oder einwilligungsunfähige Person handeln kann.

Rechtlich zulässige Möglichkeiten des Handelns für eine volljährige Person

Eine volljährige Person, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen Einschränkung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, kann entweder durch eine wirksam angeordnete Betreuung oder aufgrund einer wirksam erteilten Vollmacht vertreten werden.

– Das Institut der Betreuung

Eine Betreuung wird durch das Gericht eingerichtet, wenn eine erwachsene Person aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Diese kann sich auf verschiedene Bereiche erstrecken, etwa auf die Gesundheitsfürsorge. Die Betreuung bedeutet jedoch nicht, dass der/die Betroffene keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann.

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Der/die Betreuer/-in handelt nur in den Bereichen, in denen der/die Betroffene hilfebedürftig ist. Für zahnmedizinische Behandlungen ist es wichtig, dass der/die Betreuer/-in die Einwilligung des/der Patienten/-in einholt oder im Einklang mit dessen/deren mutmaßlichem Willen handelt.

– Die Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht ermöglicht es einem/einer Patienten/-in schon zu einem Zeitpunkt, in dem er/sie noch voll geschäftsfähig ist, eine oder mehrere Personen mit der Befugnis auszustatten, im Falle einer späteren Einschränkung der Entscheidungsfähigkeit in bestimmten Bereichen (z.B. Gesundheitsfürsorge) für ihn/sie zu handeln. Die Vorsorgevollmacht ist eine wertvolle rechtliche Grundlage für zahnärztliche Behandlungen bei Senioren/-innen, da sie dem/der Patienten/-in ermöglicht, in Zeiten guter Gesundheit im Vorfeld festzulegen, wer im Falle einer kognitiven Einschränkung für ihn/sie Entscheidungen treffen darf.

Patientenverfügung und ihre Bedeutung

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der eine Person festlegt, welche medizinischen Maßnahmen sie nach Verlust der Entscheidungsfähigkeit wünscht oder ablehnt. Sie betrifft regelmäßig den Umgang mit schwerwiegenden und/oder zum Tode führenden Erkrankungen und muss von den behandelnden Zahnärzten beachtet werden.

Fazit

Bei Patienten, die aufgrund kognitiver Einschränkungen nicht mehr in der Lage sind, selbstständig Entscheidungen zu treffen, müssen Zahnärzte sicherstellen, dass die rechtlichen Vorgaben für eine wirksame Einwilligung beachtet werden. Dies betrifft sowohl die Frage der Einwilligungs- als auch der Geschäftsfähigkeit, die je nach Situation durch gesetzliche Vertreter wie Betreuer oder Bevollmächtigte ersetzt werden kann.

Zahnärzten ist zu empfehlen, sich im Vorfeld einer Behandlung mit Begleitpersonen und Angehörigen von Patienten mit kognitiven Defiziten eng abzustimmen und zu klären, wer auf der Grundlage einer gerichtlich angeordneten Betreuung oder von dem Patienten errichteten Vorsorgevollmacht Gesundheitsentscheidungen für die Betroffenen treffen darf und dies in der Patientenakte auch dokumentieren.

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