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Studien

Die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität von 100-Jährigen

Das Ziel der hier vorgestellten Studie war eine Charakterisierung der zahnmedizinischen Versorgung und deren Einfluss auf die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität Hundertjähriger.

schwarz weiß Bild einer japanischen älteren lächelnden Frau mit Sonnenbrille und Halstuch rawpixel.com/freepik.com
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Die Generationen X (geboren 1965–1980), Y (Millennials, 1981–1996) oder Z (Zoomers, 1997–2012) standen die letzten Jahrzehnte im Mittelpunkt wissenschaftlichen und breiten literarischen Interesses. Bedingt durch die deutlich gestiegene Lebenserwartung in den Industrienationen ist nun aber – an der Spitze der Alterspyramide – eine neue und jährlich wachsende Gruppe entstanden: die „Hundertjährigen“. Die Anzahl an Menschen, die dieses hohe Alter erreichen, hat sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts so stark erhöht, dass nun Kohorten kritischer Größen zur Verfügung stehen, die wissenschaftlich zu untersuchen sinnvoll sind und tragfähige Schlussfolgerungen erlauben.

Was charakterisiert oder zeichnet diese Menschen aus medizinischer, psychologischer oder sozioökonomischer Sicht aus? Was erlaubt ein gesundes Altern? Welche Empfehlungen lassen sich – wissenschaftlich abgestützt – für eine das Altern begünstigende Lebensweise ableiten? Auch die Zahnmedizin wird zunehmend mit Patienten/-innen konfrontiert sein, die ein hohes oder sehr hohes Alter erreicht haben. Forscherinnen und Forschern der Universität Heidelberg ist es nun gelungen, eine Gruppe Hundertjähriger zu etablieren und umfassend zu untersuchen (HD-100Z). Die Ergebnisse wurden in den letzten fünf Jahren stufenweise publiziert.

Methodik

Anhand der Melderegister im Südwesten Deutschlands konnten Personen, die vor 1920 geboren wurden, identifiziert werden. Von den 477 registrierten Personen konnten schlussendlich 55 Probanden/-innen in ihrem privaten Umfeld besucht und für diese Querschnittsstudie strukturiert befragt und systematisch zahnärztlich analysiert werden.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der untersuchten Kohorte betrug 101,2 Jahre und etwa 84% der Teilnehmenden waren Frauen. Die Anzahl fehlender Zähne der Probanden/-innen wies eine große Varianz auf und betrug durchschnittlich 22 Zähne. Während etwa ein Drittel der Teilnehmer/-innen vollständig zahnlos war, wiesen ca. 13% eine weitgehend natürliche Dentition mit oder ohne festsitzende prothetische Versorgungen auf. Demgegenüber trugen etwa zwei Drittel in mindestens einem der Kiefer eine Totalprothese und 22% eine herausnehmbare Teilprothese.

Etwa ein Drittel der herausnehmbaren Prothesen wurde als insuffizient, z.B. hinsichtlich Passung, Reparaturbedürftigkeit, Druckstellen oder Sauberkeit, eingestuft. Etwa 40% der Hundertjährigen bewerteten ihre mundbezogene Lebensqualität als „zufriedenstellend“. Die Parameter „Zahnverlust“, „Schwierigkeiten beim Beißen oder Kauen“ sowie „herausnehmbare Prothese“ beeinträchtigen in einem erheblichen Masse die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität.

Klinische Schlussfolgerungen

Die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität wird offenbar wesentlich durch die Anzahl fehlender Zähne beeinflusst. Im Umkehrschluss legt dies einen positiven Effekt des möglichst langen Zahnerhalts nahe. Die kürzlich entsprechend der Leitlinien der parodontologischen Fachgesellschaft neu implementierte parodontale Behandlungssystematik dient auch diesem Ziel. Darüber hinaus zeigen festsitzende prothetische Arbeiten gegenüber herausnehmbaren Prothesen eine geringere oder keine Einschränkung der Lebensqualität. Eine weitere therapeutische Herausforderung ist bezüglich notwendiger Verbesserungen zahlreicher Prothesen zu suchen. Herausnehmbare prothetische Arbeiten erfordern regelmäßige Kontrollen und entsprechende Anpassungen. Die eingeschränkte Mobilität älterer und sehr alter Menschen schränkt die Möglichkeiten hierzu allerdings ein, beziehungsweise stellt hohe Anforderungen an die aufsuchende zahnmedizinische Versorgung.

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Daten zur zahnmedizinischen Versorgung Hundertjähriger sind ausgesprochen rar. Die hier vorliegende Untersuchung aus Deutschland hat daher ein Alleinstellungsmerkmal und gibt erste Hinweise über den Versorgungsgrad, den oralen Behandlungsbedarf sowie auch bezüglich der möglicherweise zu bevorzugenden zahnmedizinischen Therapie Hundertjähriger. Weitere Untersuchungen werden zeigen, inwiefern die hier erhobenen Daten für hundertjährige Patienten/-innen repräsentativ sind. Die Anzahl der potenziellen Kontakte und die tatsächlich analysierte Kohorte zeigen, dass es eine große Herausforderung ist, entsprechende Kohorten überhaupt auf die Beine zu stellen und in dieser speziellen Population Daten zu erheben.

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