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Angesichts dieser Entwicklung stehen Praxisinhaber/-innen vor einer existenziellen Frage: Wie können wir nicht nur unser wertvolles bestehendes Team langfristig an uns binden, sondern auch neue qualifizierte Mitarbeiter/-innen gewinnen und gleichzeitig die gewohnt hohe Qualität unserer zahnmedizinischen Patientenversorgung sicherstellen? Denn eines ist in der aktuellen Situation unumgänglich klar: Im intensiven Wettbewerb um die besten Köpfe müssen Zahnarztpraxen ihre Denkweise grundlegend verändern und mutig neue Wege in der Personalgewinnung und -bindung beschreiten, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Der akute Fachkräftemangel: tieferliegende Ursachen und spürbare Auswirkungen
Die komplexen Ursachen für den sich stetig verschärfenden Fachkräftemangel in der Zahnmedizin sind vielschichtig. Neben dem unaufhaltsamen demografischen Wandel, der zu einer Verringerung des potenziellen Arbeitskräfteangebots führt, spielen auch das sich wandelnde Berufsbild und die gestiegenen Ansprüche der jüngeren Generation an eine ausgewogene Work-Life-Balance eine entscheidende Rolle. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich aktiv für eine Ausbildung im zahnmedizinischen Bereich, während gleichzeitig eine beträchtliche Anzahl erfahrener und wertvoller Fachkräfte in den wohlverdienten Ruhestand eintritt. Die Attraktivität des Berufs hat in den vergangenen Jahren spürbar gelitten, nicht zuletzt aufgrund der oft als physisch und psychisch belastend empfundenen Arbeitsbedingungen sowie der vermeintlich begrenzten Aufstiegschancen innerhalb des Berufsfeldes.
Die direkten und indirekten Folgen dieses gravierenden Mangels sind für die Zahnarztpraxen bereits deutlich spürbar und äußern sich in vielfältiger Weise: eine signifikant erhöhte Arbeitsbelastung für das verbleibende Personal, zunehmende Schwierigkeiten bei der Organisation von Urlaubszeiten, die in extremen Fällen sogar zu einer notwendigen Reduzierung der Sprechzeiten oder der Ablehnung neuer Patienten/-innen führen können, und nicht zuletzt die latente Gefahr eines schleichenden Qualitätsverlusts in der zahnmedizinischen Behandlung, wenn die Ressourcen des Teams überstrapaziert sind.
Mitarbeiterbindung als strategischer Wettbewerbsvorteil
Angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten bei der erfolgreichen Rekrutierung neuer qualifizierter Mitarbeiter/-innen gewinnt die strategische Bindung des bestehenden Teams eine absolut zentrale Rolle. Eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit und eine ausgeprägte Loyalität sind nicht nur aus ethischer und moralischer Sicht geboten, sondern stellen in der heutigen Zeit auch einen entscheidenden betriebswirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil dar.
Jeder/jede einzelne Mitarbeiter/-in, der/die die Praxis verlässt, hinterlässt eine spürbare Lücke, deren kostspielige und zeitaufwendige Schließung die Ressourcen der Praxis erheblich belasten kann. Erfolgreiche und zukunftsorientierte Zahnarztpraxen setzen daher auf eine proaktive und durchdachte Mitarbeiterbindungsstrategie.
Der Grundstein hierfür sind attraktive und faire Vergütungspakete, die über das reine monatliche Gehalt hinausgehen und auch Komponenten, wie leistungsbezogene Bonuszahlungen zur Anerkennung besonderer Leistungen, eine finanzielle Unterstützung bei den täglichen Mobilitätskosten, eine betriebliche Altersvorsorge als wichtiger Baustein für die Zukunftssicherung, flexible Arbeitszeitmodelle, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen, sowie die aktive Förderung der beruflichen Weiterentwicklung durch finanzielle Unterstützung und Freistellungen umfassen können. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender (vielleicht sogar wichtigster) Faktor ist die Schaffung und kontinuierliche Pflege eines positiven und wertschätzenden Arbeitsklimas, das durch offene und transparente Kommunikation, regelmäßige und konstruktive Teambesprechungen, eine etablierte Feedbackkultur, die sowohl Lob als auch konstruktive Kritik umfasst, sowie durch gemeinsame Teamevents und -aktivitäten, die den Zusammenhalt stärken, gefördert wird. Die Bereitstellung ergonomischer und gesundheitsfördernder Arbeitsplätze sowie ein offenes Ohr für die individuellen Anliegen und Bedürfnisse der Mitarbeiter/-innen sind weitere wichtige Aspekte einer erfolgreichen Mitarbeiterbindung.
Die aktive Förderung von Karriere- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten innerhalb der Praxis stellt einen weiteren wesentlichen Baustein dar, um Mitarbeiter/-innen langfristig zu motivieren und Wechselgedanken im Vorfeld zu vermeiden. Dies kann die Schaffung interner Aufstiegsmöglichkeiten, beispielsweise zur Teamleitung oder zur/zum Verantwortlichen für spezifische Aufgabenbereiche, die gezielte Unterstützung von Fort- und Weiterbildungen bis hin zur Spezialisierung in Bereichen, wie der Dentalhygiene oder der Prophylaxe, sowie die Implementierung von Mentoring-Programmen umfassen, in denen erfahrenere Mitarbeiter/-innen ihr wertvolles Wissen und ihre Expertise an jüngere Kollegen/-innen weitergeben. Auch das Thema Gesundheitsförderung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Praxen, die ihren Mitarbeitern/-innen Angebote zur Stressbewältigung, Unterstützung bei sportlichen Aktivitäten oder regelmäßige Gesundheitschecks anbieten, signalisieren Wertschätzung und fördern das Wohlbefinden des gesamten Teams.
Recruiting neu gedacht: innovative Wege zur Personalgewinnung jenseits traditioneller Pfade
Wer in der heutigen Zeit weiterhin ausschließlich auf traditionelle Stellenanzeigen in Printmedien oder Online-Jobportalen setzt, wird im zunehmend intensiveren Wettbewerb um die besten Talente oft leer ausgehen. Gefragt sind kreative, innovative und unkonventionelle Recruiting-Strategien, die neue Wege beschreiten. Dazu gehört der strategische Einsatz von Social-Media-Plattformen wie Instagram, Facebook und LinkedIn, um potenzielle Bewerber/-innen direkt und auf eine authentische Weise anzusprechen und ihnen einen realitätsnahen Einblick in den täglichen Praxisalltag zu ermöglichen. In diesem Bereich lässt sich vielleicht das ganze Team aktivieren. Auch das sogenannte „Active Sourcing“, die aktive und gezielte Suche nach geeigneten Kandidaten/-innen in Online-Netzwerken und spezialisierten Datenbanken, gewinnt zunehmend an Bedeutung, erfordert jedoch einen gewissen Zeitaufwand und Expertise.
Zufriedene und engagierte Mitarbeiter/-innen sind oft die besten Botschafter für die eigene Praxis. Daher sollten Praxisinhaber/-innen die Implementierung von Empfehlungsprogrammen in Erwägung ziehen, die Mitarbeiter/-innen für die erfolgreiche Vermittlung neuer Kollegen/-innen incentivieren. Strategische Kooperationen mit lokalen Schulen, Berufsbildungseinrichtungen und anderen Zahnarztpraxen können ebenfalls vielversprechende Wege sein, um frühzeitig talentierte Nachwuchskräfte kennenzulernen und für die eigene Praxis zu begeistern. Das Angebot von attraktiven Praktika und Hospitationen bietet Schülern/-innen und Studienabgängern/-innen die wertvolle Möglichkeit, unverbindlich in den Praxisalltag hineinzuschnuppern und sich von den positiven Aspekten und der Unternehmenskultur der Praxis zu überzeugen.
Führung und Kommunikation als fundamentale Säulen des Erfolgs
In Zeiten eines gravierenden Fachkräftemangels ist eine wertschätzende, klare und transparente Führung unerlässlich. Mitarbeiter/-innen möchten sich in ihrem Arbeitsumfeld verstanden, respektiert und für ihre geleistete Arbeit wertgeschätzt fühlen. Der/die Praxisinhaber/-in nimmt hierbei eine zentrale und prägende Vorbildfunktion ein. Eine offene und ehrliche Kommunikation über die übergeordneten Praxisziele, klare Erwartungen an die Mitarbeiter/-innen und frühzeitige Informationen über anstehende Veränderungen schaffen ein Klima des Vertrauens und der Sicherheit. Regelmäßige und gut strukturierte Mitarbeitergespräche sind dabei ein unverzichtbares Instrument, um Feedback auszutauschen, Anliegen zu besprechen und gemeinsam Ziele zu definieren. Das bewusste Delegieren von verantwortungsvollen Aufgaben und die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen stärken das Selbstbewusstsein und die intrinsische Motivation der Mitarbeiter/-innen. Ein offener und konstruktiver Umgang mit potenziellen Konflikten und Meinungsverschiedenheiten trägt maßgeblich zur Aufrechterhaltung eines positiven und produktiven Arbeitsklimas bei.
Digitalisierung als vielversprechende Chance zur Entlastung des Personals
Die fortschreitende Digitalisierung bietet Zahnarztpraxen immense Möglichkeiten, interne Arbeitsabläufe zu optimieren, administrative Aufgaben zu reduzieren und somit das vorhandene Personal spürbar zu entlasten. Der Einsatz effizienter Patientenverwaltungssysteme, die Implementierung einer digitalen Terminplanung und die Nutzung moderner Online-Kommunikationstools kann den zeitlichen Aufwand für administrative Tätigkeiten erheblich reduzieren und somit mehr wertvolle Zeit für die direkte Patientenbetreuung schaffen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, die Mitarbeiter/-innen aktiv in den Prozess der digitalen Transformation einzubinden, ihre potenziellen Bedenken und Ängste ernst zu nehmen und ihnen die notwendigen Schulungen und kontinuierliche Unterstützung zukommen zu lassen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten und die Akzeptanz neuer Technologien im Team zu fördern.
Smartphone am Arbeitsplatz: Balanceakt zwischen privat und professionell
Das Smartphone ist ständiger Begleiter, doch seine Nutzung am Arbeitsplatz – besonders in sensiblen Umgebungen wie Zahnarztpraxen – birgt Probleme. Exzessive private Nutzung stiehlt Arbeitszeit, stört Konzentration und kann die Patientensicherheit gefährden. Pauschale Verbote führen oft zu Unmut. Der Schlüssel liegt in einem Mittelweg, der Produktivität fördert, ohne Mitarbeiterbedürfnisse zu ignorieren.
Anstatt auf Verbote zu setzen, können Praxen positive Strategien nutzen:Offene Kommunikation und klare, gemeinsame Richtlinien: Im Team Erwartungen besprechen und nachvollziehbare Regeln für sensible Bereiche (Behandlung) und erlaubte Zeiten (Pausen) festlegen. Transparenz ist entscheidend.Vorbildfunktion der Führung: Praxisinhaber/-innen sollten einen professionellen Umgang mit dem Smartphone vorleben.Attraktive Alternativen schaffen: Gemütliche Pausenräume und Förderung sozialer Interaktion können vom Handy ablenken.Positive Arbeitskultur fördern: Wertschätzung und Einbindung reduzieren das Bedürfnis nach ständiger Ablenkung.Bewusstseinsbildung durch Schulungen: Workshops zum achtsamen Umgang mit digitalen Medien können sensibilisieren.Klare Pausenregelungen: Ausreichend lange Pausen mit expliziter Erlaubnis zur privaten Nutzung reduzieren die Nutzung während der Arbeitszeit.Technische Lösungen mit Bedacht: In hochkonzentrierten Bereichen könnten technische Hilfsmittel (Stummschaltung) in Absprache erwogen werden. |
Balance finden: Wohlbefinden und Effizienz
Tipps für die Praxis:Offenes Gespräch starten: Perspektiven aller einholen.Gemeinsam Richtlinien entwickeln: Klare, flexible Regeln formulieren.Vorbild sein: Gewünschten Umgang vorleben.Handyfreie Zonen definieren: Private Nutzung in sensiblen Bereichen untersagen.Alternativen in Pausen bieten: Pausenräume gestalten, Interaktion fördern.Thema in Teambesprechungen integrieren: Regeln regelmäßig ansprechen und anpassen.Positive Aspekte betonen: Vorteile eines bewussten Umgangs erklären. |
Ziel ist eine Balance, die Praxisbedürfnisse und Mitarbeiternachfrage vereint. Offene Dialoge, gemeinsam erarbeitete Regeln und eine positive Kultur fördern Eigenverantwortung und gewährleisten Effizienz und Patientensicherheit.
Generationenvielfalt als wertvolle Ressource im Praxisteam
In vielen Zahnarztpraxen arbeiten Mitarbeiter/-innen unterschiedlicher Generationen mit ihren jeweils eigenen Werten, Erfahrungen und individuellen Kompetenzen zusammen. Diese Vielfalt kann eine wertvolle Ressource für das gesamte Praxisteam darstellen. Es gilt, ein offenes und tolerantes Arbeitsumfeld zu schaffen, das den aktiven Austausch und das gegenseitige Verständnis zwischen den verschiedenen Generationen gezielt fördert. Die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, beispielsweise durch das Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle, die den unterschiedlichen Lebensphasen der Mitarbeiter/-innen gerecht werden, ist hierbei essenziell. Die aktive Förderung des Wissensaustauschs, bei dem jüngere Mitarbeiter/-innen von der langjährigen Erfahrung älterer Kollegen/-innen profitieren und umgekehrt, kann zu einem wertvollen Kompetenztransfer im Team beitragen.
Fazit: Eine Investition in das Personal ist die beste Investition in die Zukunft der Praxis
Der anhaltende Fachkräftemangel ist eine unbestreitbare Realität, die ein grundlegendes Umdenken im Personalmanagement von Zahnarztpraxen unumgänglich macht. Diejenigen Praxisinhaber/-innen, die jetzt die richtigen strategischen Weichen stellen und nachhaltig in die Zufriedenheit, die berufliche Weiterentwicklung und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter/-innen investieren, werden nicht nur ihre wertvollen bestehenden Teammitglieder langfristig an sich binden, sondern sich auch im zunehmend intensiveren Wettbewerb um neue Talente einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Eine wertschöpfende und mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur, attraktive und faire Arbeitsbedingungen sowie innovative und zukunftsorientierte Recruiting-Strategien sind die unumgänglichen Schlüssel zum langfristigen Erfolg in einer Zeit, in der qualifiziertes und engagiertes Personal zum wertvollsten Gut einer jeden erfolgreichen Zahnarztpraxis geworden ist.
Checkliste für Praxisinhaber/-innenFühren Sie eine detaillierte Analyse Ihrer aktuellen Personalsituation durch und identifizieren Sie konkrete Handlungsfelder.Entwickeln Sie eine langfristig ausgerichtete und nachhaltige Personalstrategie für Ihre Praxis.Überprüfen und optimieren Sie Ihre aktuellen Vergütungspakete und Benefits hinsichtlich ihrer Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit.Investieren Sie aktiv in die Schaffung und kontinuierliche Pflege eines positiven Arbeitsklimas und einer offenen sowie wertschätzenden Kommunikationskultur.Bieten Sie Ihren Mitarbeitern/-innen gezielte Weiterbildungs- und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten an.Nutzen Sie innovative und unkonventionelle Recruiting-Strategien, um neue Talente zu gewinnen.Seien Sie sich Ihrer zentralen Vorbildfunktion als Praxisinhaber/-in stets bewusst und leben Sie die Werte Ihrer Praxis vor.Ziehen Sie bei Bedarf professionelle Unterstützung im Bereich des Personalmanagements in Betracht, um von externer Expertise zu profitieren (Vorsicht vor Recruitern mit „Vor-Kasse-Modellen“). |
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