Die ideale Positionierung des Implantats im Knochen trägt entscheidend dazu bei, die Belastung auf das Implantatsystem zu minimieren. Okklusalkräfte wirken typischerweise dreidimensional, wobei die Implantatkomponenten entlang einer oder mehrerer der klinischen Achsenkoordinaten ausgerichtet sind. Eine axiale Belastung über die Längsachse eines Implantatkörpers generiert im Vergleich zu einer im Winkel auftreffenden Krafteinwirkung eine geringere Gesamtbelastung und einen größeren Anteil an Druckspannung auf den Implantatkörper. Anleitungen zur idealen Implantatplatzierung sollten streng befolgt werden (Tabelle 1). Idealerweise sollte der Implantatkörper senkrecht zu den Wilson- und Spee-Kurven positioniert werden, um mögliche nicht-axiale, im Winkel einwirkende Kräfte zu minimieren (Abb. 1). Glidewella
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Bewahrung einer engen posterioren Okklusionsfläche
In der posterioren Region bergen große Okklusalebenen zahlreiche Komplikationen. Eine bukkale oder linguale Extensionsbrücke in der posterioren Region führt zu einer versetzten Belastung, so dass die Grundsätze der Kraftvergrößerung gemäß Hebel Klasse I gelten. Je größer die Verschiebung, desto größer die Belastung auf das Implantatsystem. Seitliche Belastungen können auch durch bukkale oder lingual-okklusale Kontakte entstehen, die Dreh-, Kompressions-, Zug- und Scherkräfte auf das gesamte Implantatsystem ausüben können. Die Breite der okklusalen Fläche sollte direkt proportional zum Durchmesser des Implantatkörpers sein. Normalerweise wird eine Verkleinerung der okklusalen Fläche um 30 bis 40 Prozent empfohlen.
Bei Oberkieferimplantaten befindet sich die palatinale Prothesengrenze außerhalb der ästhetischen Zone und bildet einen Stampfhöcker für die Okklusion, wobei eine versetzte Belastung entsteht.
Folglich sollte im Oberkiefer der Rand palatinal reduziert werden, um die seitliche Belastung auf den Implantatkörper zu verringern. Der bukkale Höcker sollte aus ästhetischen Gründen der natürlichen Zahnkontur ähneln; allerdings sollte er keinen Okklusalkontakt haben.
Bei posterioren Implantaten des Unterkiefers sollte die bukkale Kontur so angepasst werden, dass die Okklusalebene enger und die seitliche Belastung verringert wird. Die linguale Kontur der Implantatkrone des Unterkiefers sollte dem natürlichen Zahn angepasst werden, um während der oralen Bewegung das Beißen auf die Zunge zu verhindern; es sollte jedoch kein Kontakt bestehen. In einigen Fällen ist eventuell eine Neukonturierung eines Höckers des Antagonisten erforderlich, um die Okklusalkraft entlang der Längsachse des Implantatkörpers zu lenken. Dies ist insbesondere dann indiziert, wenn bei einem Antagonisten eine Supraeruption vorliegt (Abb. 2). Glidewella
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Minimale posteriore Höckerneigung
Eine verstärkte Höckerneigung der Implantatprothese wird mit größter Wahrscheinlichkeit zu einer schrägen Belastung des Implantatkörpers führen. Der Okklusalkontakt entlang des abgewinkelten Höckers bildet einen nicht axial verlaufenden Kraftvektor. Studien haben gezeigt, dass bei jedem Anstieg der Höckerneigung um 10 Grad ein Anstieg des Drehmoments um 30 Grad erfolgt [1]. Daher sollte der Zahnarzt die Höckerhöhe eher flach oder monoplan gestalten und somit kräftebedingte Komplikationen verringern.
Der Faktor der Höckerneigung wird bei der Herstellung einer Okklusion häufig übersehen. Idealerweise sollte die Implantatprothese keiner im Winkel einwirkenden okklusalen Belastung ausgesetzt sein. Studien wiesen darauf hin, dass die Kortikalis menschlicher Röhrenknochen am stärksten ist bei Einwirkung von Kompressionskräften, 30 Prozent schwächer bei Spannungskräften und 65 Prozent schwächer bei Scherkräften [5]. Daher ist wegen der Schwäche des Knochens die Beseitigung oder Verringerung aller Scherkräfte auf das Implantatsystem zwingend erforderlich – genauso auf die Keramik-, Titan- und Zementanteile des Systems.
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Keine vorzeitigen Kontakte für Implantatprothesen
Ein vorzeitiger Kontakt entsteht, wenn es bei der normalen Bewegung und Position des Unterkiefers beim Mundschluss zu einem nicht vorgesehenen Okklusalkontakt kommt. Studien zufolge können vorzeitige Kontakte bzw. eine Hyperokklusion Ursache für Knochenverlust oder ein Implantatversagen sein [6]. Patienten mit Implantaten sind sich der schädigenden Wirkungen nicht so sehr bewusst und nehmen sie weniger wahr, da ihnen ein Parodontalligament (PDL) fehlt. Daher sollte die Okklusion kontinuierlich und immer sehr exakt überprüft werden. Unregelmäßige und fehlpositionierte Höcker an den gegenüberliegenden Flächen sollten verändert werden.
Der Oberflächenbereich eines vorzeitigen Kontakts ist normalerweise winzig; das Ausmaß der Knochenbelastung steigt jedoch proportional dazu (Belastung = Kraft/Fläche). Da der vorzeitige Kontakt oft auf einer geneigten Ebene stattfindet, erhöht der horizontale Anteil die krestale Scherbelastung und die Gesamtbelastung auf das Implantatsystem insgesamt. Für das Implantatsystem, einschließlich des restaurativen Materials, der Abutment- Schraube und des die Krone haltenden Zements, besteht ein erhöhtes Verlustrisiko, da durch die Scherkräfte eher Komplikationen auftreten können. Das Umgehen vorzeitiger okklusaler Kontakte ist besonders wichtig, wenn aufgrund längerer Zeit und Verstärkung der Okklusalkräfte eine habituelle Parafunktion vorliegt. Okklusalkontakte sollten in zentraler Relation und bei maximaler Interkuspidation (MI) eine Raumfreiheit von 1,0 bis 1,5 mm zulassen. Damit lässt sich die Wahrscheinlichkeit vorzeitiger Kontakte verringern, und es entsteht eine günstigere Kraftverteilung [7].
Ideale okklusale Kontaktposition
Die okklusale Kontaktposition bestimmt die Kraftrichtung, die, falls nicht ideal, das periimplantäre Hart- und Weichgewebe schädigen kann. Wenn bei einem Patienten eine Parafunktion vorliegt, ist die okklusale Kontaktposition sogar noch wichtiger.
Anterior
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Posterior
In der posterioren Region sollte der Okklusalkontakt auf einer flachen Oberfläche stattfinden, die senkrecht auf dem Implantatkörper steht und den Durchmesser des Implantatkörpers nicht überschreitet. Damit werden axiale Kräfte innerhalb der zentralen Fossa weitergeleitet. Üblicherweise wird diese okklusale Kontaktposition erreicht, indem die zentrale Fossa, die über dem Zentrum des Implantat-Abutments liegt, auf 2 bis 3 mm verbreitert wird. Ein sekundärer Kontakt lässt sich möglicherweise innerhalb von 1 mm von der Peripherie des Implantatkörpers erreichen. Kontakte an den Kammrändern sollten vermieden werden, da daraus Hebelkräfte und Biegemomente entstehen. Die gegenüberliegenden Höcker gilt es neu zu konturieren, sodass sie mit der zentralen Fossa der Implantatkrone direkt über dem Implantatkörper schließen. Deshalb sollte der Labortechniker die Mitte des Implantatkörpers ermitteln und dann eine flache Fossa parallel zu den Wilsonund Spee-Kurven modellieren (Abb. 5 und Tabelle 2). Glidewella
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Zeitlich abgestimmte Okklusalkontakte
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Möglicherweise entsteht ein Problem, wenn der Patient „das Gefühl hat“, dass die Okklusion ideal ist, obwohl vorzeitige Kontakte existieren. Idealerweise sollten die natürlichen Zähne größere Anfangskontakte aufweisen als Implantate. Wenn starke oder parafunktionelle Beißkräfte eine Absenkung der benachbarten natürlichen Zähne verursachen, sind diese näher am Implantat, was möglicherweise das Implantat überbeansprucht. In Fällen einander gegenüberliegender Implantatversorgungen müssen die Prothesen die vertikale Bewegung der benachbarten Zähne berücksichtigen. Der zeitlich abgestimmte okklusale Kontakt soll die Beweglichkeitsunterschiede zwischen den Zähnen und Implantaten aufheben. So wird die Okklusallast gleichmäßig verteilt, vorzeitige Kontakte werden verhindert und damit erhöhte Belastungen. Bei leichter Beißkraft sollte die Implantatkrone zuerst – aufgrund des anfänglichen Unterschieds in der Vertikalbewegung des natürlichen Zahns und Implantats – keinen Kontakt haben. Dies lässt sich mit extradünnem Shimstock- Artikulationspapier überprüfen (weniger als 12 Mikrometer dick). Nachdem dann eine größere Okklusalkraft auf das Artikulationspapier ausgeübt wird, sollte der Kontakt der Implantatkrone und des natürlichen Zahns gleichmäßig verteilt sein. Dieser „zeitlich abgestimmte” Kontakt berücksichtigt die Beweglichkeitsunterschiede zwischen Zähnen und Implantaten (Abb. 6). Glidewella
Hebelkräfte minimieren
Eine Extensionsbrücke in der zahnmedizinischen Implantologie sollte als Hebel Klasse I betrachtet werden und kann sich aus bukkalen, lingualen, mesialen oder distalen Verlängerungen überkonturierter Implantatkronen ergeben. Extensionsbrücken, insbesondere solche mit nicht idealem Kronen-Implantat-Verhältnis, können zu einer Periimplantitis und prothetischem Versagen führen, zum Beispiel Keramikbruch und Lockerung oder Bruch der Prothesenschraube [10].
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Proximalen Kontaktbereich erhöhen
Der proximale Kontaktbereich ist außerordentlich wichtig beim okklusalen Schema einer Implantatprothese. Bei einer einzigen zahnlosen Stelle können sich die benachbarten Zähne verschieben oder drehen, was mehrere Probleme aufwirft. Aufgrund der Bewegung und der dadurch entstehenden Angulierung der benachbarten Zähne bildet sich ein „Punkt-“Kontakt mit der künftigen Implantatprothese. Daraus folgen nicht nur Probleme durch eingeklemmte Speisereste, die Bildung schwarzer Dreiecke, zunehmende Karies- und Zahnfleischprobleme, sondern auch Komplikationen beim Einsetzen des endgültigen Zahnersatzes. Vor der finalen Abformung sollten die benachbarten Proximalbereiche mit Führungsflächen so angepasst werden, dass die Oberflächen parallel sind. Dies klappt in der Regel mit einem flachen Zylinder-Diamantbohrer. Es entsteht ein breiterer Kontaktbereich, der nur eine Insertionsrichtung zulässt und ein einfacheres Einsetzen des Zahnersatzes ermöglicht. Der Patient sollte während der Behandlungsplanung und vor der Implantatinsertion über die Anpassungen der Nachbarzähne informiert werden. Dies wird Patientenfragen und eine mögliche Unzufriedenheit später im prothetischen Prozess verhindern. Die breiteren Kontakte schaffen auch eine größere Oberfläche, um Kräfte zwischen dem Implantat und den benachbarten Zähnen zu verteilen. Diese breite Kontaktfläche wird nicht-ideale Kräfte verringern, falls eine Belastungsverschiebung auf die mesialen und distalen Bereiche auftritt (Abb. 8). Glidewella
Beidseitig geschützte Artikulation
Idealerweise besteht das Okklusalschema, das bei der Restauration von Einzelzahnimplantaten befolgt werden sollte, aus einer beidseitig geschützten Okklusion. Dieses Okklusionsschema liegt vor, wenn die maximale Interkuspidation mit einer optimalen Kondylenposition oder der zentrischen Okklusion übereinstimmt. Wenn die posterioren Zähne Kontakt haben, werden die Kräfte entlang der Längsachse des Implantats geleitet. Dadurch wird die Kraft auf die Frontzähne und der Kontakt zwischen ihnen verringert. Während lateraler und protrusiver Bewegungen sollten keine posterioren Okklusalkontakte existent sein, da die Kräfte auf die Frontzähne ausstrahlen.
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Fazit
Zusammengefasst besteht das Ziel der implantatgeschützten Okklusion bei einer Einzelzahn-Implantatversorgungen darin, eine okklusale Überlastung weitgehend zu verhindern. Zahnärzte sollten diese Prinzipien für Implantatrestaurationen verinnerlichen, um Kräfte zu kontrollieren und eine langfristige Stabilität des Implantatsystems zu gewährleisten.
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