Anzeige

Allgemeine Zahnheilkunde

Lokalanästhesie bei Senioren – Die richtige Wahl treffen

Jedes Jahr am 16. Oktober findet weltweit in vielen Ländern der Weltanästhesietag aufgrund der Durchführung der ersten Äthernarkose vor 171 Jahren statt. Nachfolgender Beitrag möchte anlässlich dessen ebenfalls auf die Besonderheiten der Anästhesie bzw. die minimalinvasive Schmerzausschaltung vor dentalchirurgischen Therapien in der Zahnarztpraxis – speziell bei Senioren – aufmerksam machen.

© Halfpoint fotolia Halfpoint fotolia
© Halfpoint fotolia
© Halfpoint fotolia

Statistisch gesehen ist heute jeder fünfte Patient in deutschen Zahnarztpraxen älter als 65 Jahre [1]. Vielen Senioren fällt es mitunter schwer, ihren Zahnarzttermin selbstständig zu organisieren. Auch leiden diese oft unter mehreren chronischen Krankheiten und nehmen viele Medikamente gleichzeitig ein, was sie zu Risikopatienten macht. Aufgrund dessen muss das Praxisteam bei der Anamnese und der Wahl des Anästhetikums umso aufmerksamer sein.

Ziel jedes Zahnarztes ist es, seine Patienten sowohl optimal zu versorgen als auch eine vertrauensvolle Patienten-Atmosphäre zu schaffen. Daher sollte das Praxisteam für die Behandlung älterer Patienten grundsätzlich mehr Zeit einplanen, um beispielsweise bei Formalitäten helfen oder sie gegebenenfalls ins Behandlungszimmer begleiten zu können. Somit erfahren Senioren mit Hör-, Seh- oder Gehschwierigkeiten eine wirklich angemessene Betreuung.

Anamnese ist das A und O

Zu den häufigsten alterstypischen Befunden zählen die Alveolarkammatrophie, Sarkopenie, Schleimhautveränderungen, Xerostomie (häufig durch Medikamenteneinnahme wie Antihypertonika, Diuretika oder Psychopharmaka) sowie Kieferschmerzen oder Kiefergelenksschädigungen [2]. Bei den über 65-Jährigen weisen 45% der Männer und 56% der Frauen allgemein chronische Gesundheitsprobleme in drei oder mehr Krankheitsbereichen auf [3,4]. Polymedikation, die gleichzeitige Einnahme von fünf oder mehr Arzneimitteln [5], wird damit zu einem zentralen Risikofaktor für die zahnärztliche Behandlung. Das Interferenzrisiko steigt im Alter und Zahnärzte müssen mit unerwünschten Arzneimittelreaktionen sowie veränderter Pharmakokinetik und -dynamik rechnen [6].

Deshalb ist es für das Praxisteam unerlässlich, mehr Zeit für die Anamnese einzuplanen, Vorerkrankungen abzufragen und möglichst alle Medikamente zu erfassen, die der Patient einnimmt. Gerade bei der Wahl des Lokalanästhetikums kann eine sorgfältige Anamnese unerwünschte Zwischenfälle verhindern.

Schmerzausschaltung bei Senioren

Es ist zwar nicht bekannt, dass ältere Menschen empfindlicher auf Lokalanästhetika reagieren, doch steigt mit zunehmendem Alter das Verteilungsvolumen für lipophile Medikamente aufgrund der relativen Zunahme des Fettgewebes [7]. Zudem ist die Metabolisierung von Arzneimitteln oft verlangsamt, und die Wirkung hält länger an [6]. Aufgrund der verminderten hepatischen Extraktion sind Lokalanästhetika vom Amidtyp empfehlenswert (Articain, Prilocain) [8]. Bei Articain werden nur etwa 5% des Wirkstoffs über die Niere ausgeschieden, weshalb es für ältere Patienten gut verträglich ist [8,9].

Die meisten Zwischenfälle bei der Lokalanästhesie sind auf den Vasokonstriktor, z.B. Adrenalin, zurückzuführen [8]. Das Sympathomimetikum hat einen gefäßverengenden Effekt, der die Wirkdauer der Lokalanästhesie verlängert und die Durchblutung des betroffenen Gebiets verringert. Bei entsprechender Vorbelastung der Organe kann das zu Komplikationen führen. Je nach Behandlungszeit und Indikation sollten Zahnärzte bei Risikopatienten abwägen, ob der Einsatz eines Lokalanästhetikums ohne Vasokonstriktor sinnvoll ist. Bei kürzeren Eingriffen oder bei Kontraindikationen empfiehlt es sich beispielsweise, auf Ultracain® D ohne Adrenalin zurückzugreifen [9]. Des Weiteren kann die intraligamentäre Anästhesie aufgrund der geringen notwendigen Applikationsmenge eine Alternative bei Risikopatienten darstellen [10]. Absolute Kontraindikationen für den Einsatz von Lokalanästhetika mit zusätzlichem Epinephrinanteil sind [8,11]:

  • Bronchialasthma mit Sulfitüberempfindlichkeit
  • Engwinkelglaukom (grüner Star)
  • Hyperthyreose
  • Phäochromozytom
  • paroxysmale Tachykardie oder hochfrequente absolute Arrhythmien
  • Myokardinfarkt innerhalb der letzten 3 bis 6 Monate
  • Koronararterien-Bypass innerhalb der letzten 3 Monate
  • schwere Hypertonie

Fazit

Abb. 1: Differenzierte Lokalanästhesie. Einteilung nach ASA-Status. Dr. Dr. Halling
Abb. 1: Differenzierte Lokalanästhesie. Einteilung nach ASA-Status.
Aufgrund der steigenden Lebenserwartung müssen sich die Zahnarztpraxen vermehrt auf ältere Patienten einstellen, die eine zeitintensivere Betreuung benötigen. Eine sorgfältige Anamnese ist dabei das A und O, um Wechselwirkungen, z.B. bei Polymedikation, zu vermeiden. Das gilt vor allem in Bezug auf die Wahl des Lokalanästhetikums, bei dem immer individuell über die Dosierung entschieden werden sollte [8]. Im Zweifelsfall kann bei kürzeren Eingriffen ein Anästhetikum ohne Adrenalin bzw. Vasokonstriktor angewendet werden. Dr. Dr. Frank Halling hat die Empfehlungen zur differenzierten Lokalanästhesie zusammengefasst [10]. Eine Übersichtskarte bietet eine gute Hilfestellung für den Praxisalltag (Abb. 1).

Weitere Informationen zu „besonderen Patienten“ finden Interessierte auf der neuen Website von Sanofi: www.dental.sanofi.de. Hier steht ein kostenfreier Patientenanamnesebogen bereit, der die wichtigsten Fragen zur medizinischen Vorgeschichte abdeckt. Zahnärzte können sich zudem für die „Dental Scientific News“ anmelden und erhalten quartalsweise alle Neuigkeiten und relevante medizinische Fachinformationen per E-Mail. Anmeldung unter: www.dental.sanofi.de/dental-scientific-news

Literatur:

  • 1. Statistisches Bundesamt, Die Generation 65 + in Deutschland, Juli 2015. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2015/generation65/Pressebroschuere_generation65.pdf (letzter Zugriff: 09.08.2018).
  • 2. Götz W. Altwerden. Was bedeutet das für Zähne und Mundhöhle? wissen kompakt 2012; 6: 3–16.
  • 3. Moßhammer D, Haumann H, Mörike K, Joos S. Polypharmazie – Tendenz steigend, Folgen schwer kalkulierbar. Dtsch Arztebl Int 2016; 113 (38): 627-3.3.
  • 4. Scheidt-Nave C, Richter S, Fuchs J, Kuhlmey A. Robert Koch-Institut, Berlin. Herausforderungen an die Gesundheitsforschung für eine alternde Gesellschaft am Beispiel „Multimorbidität“. Springer Verlag 2010.
  • 5. Siegmund-Schultze, N. Polypharmakotherapie im Alter: Weniger Medikamente sind oft mehr. Deutsches Ärzteblatt 2012; 109(9): A-418 / B-360 / C-356: 20.
  • 6. Voellmy-Ineichen B., Polypharmazie im Alter. Prophylaxe Journal 2017; 1: 12–14.
  • 7. Mangoni AA, Jackson SHD. Age-related changes in pharmacokinetics and pharmacodynamics: basic principles and practical applications. British Journal of Clinical Pharmacology 2004; 57: 6–14.
  • 8. Daubländer M, Kämmerer PW. Lokalanästhesie im Alter. Zahnärztliche Mitteilungen 2012; 10: 38–45. Online abrufbar unter: https://www.zm-online.de/archiv/2012/10/titel/lokalanaesthesie-im-alter/ (letzter Zugriff: 09.08.2018).
  • 9. DZW. Moderne Lokalanästhetika in der Praxis: Einsatz und Wirkung. https://www.dzw.de/index.php/moderne-lokalanaesthetika-der-praxis-einsatz-und-wirkung (letzter Zugriff: 09.08.2018).
  • 10. Halling F. Leitfaden zur Lokalanästhesie: Immer individuell dosieren. Zahnärztliche Mitteilungen 2015; 19: 60–62. Online abrufbar unter: https://www.zm-online.de/archiv/2015/19/zahnmedizin/immer-individuell-dosieren/seite/alle/ (letzter Zugriff: 09.08.2018).
  • 11. Sanofi. Fachinformation Ultracain D-S, D-S forte.

Bildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels

Anzeige

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige