Anzeige

Nachhaltigkeit

10 Schritte für mehr Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis

Der Gesundheitssektor ist einer der größten Emittenten von Klimagasen. Krankenhäuser und auch Arzt- und Zahnarztpraxen können also einen Unterschied machen: Wer in der eigenen Praxis klimabewusst handelt, tut gleichzeitig etwas gegen die Erderwärmung. Und klimafreundliche Maßnahmen sind manchmal einfacher als gedacht.

Stratocaster/AdobeStock

Das eigene Verhalten zu ändern, ist schwer. Ob es um gesunde und ausgewogene Ernährung sowie die Einschränkung von Alkohol und Tabakkonsum geht, um Zahn- und Mundgesundheit zu verbessern, oder um die Reduzierung des eigenen CO₂-Fußabdrucks: Um CO₂-Emissionen zu senken, müssen wir unseren Lebensstil und unser Verhalten ändern. Aber das geht nicht über Nacht. Um neue, klimafreundliche Gewohnheiten zu schaffen, sollten sich Praxisteams laut Expertin die folgenden Fragen stellen:

  • Wollen wir als Praxis einen Beitrag zum Klimaschutz leisten?
  • Wie viele Treibhausgase produzieren wir im Moment?
  • Was ist unser Ziel? Ist es realistisch, dass wir unsere Treibhausgasemissionen um 10% senken können?
  • Mit welchen Maßnahmen könnten wir unserem Ziel näherkommen?

Sagt das Team grundsätzlich Ja zum Klimaschutz in der Praxis, ist das Wichtigste schon erreicht. Um jetzt auch ins gemeinsame Handeln zu kommen, hat Ursula Katthöfer die folgenden 10 Schritte entwickelt.

1. Klimaschutz ohne erhobenen Zeigefinger

Viele Praxen, die viele kleine Schritte gehen, machen bereits einen Unterschied. Doch Veränderungen können nur freiwillig passieren, nicht durch Vorwürfe und Belehrung. Kolleginnen und Kollegen fahren mit dem Auto in die Praxis oder fliegen in den Urlaub? Urteilen Sie nicht und machen Sie ihnen keine Vorwürfe. Sie kennen die Umstände nicht. Besser funktionieren ohnehin Komplimente: Die Kollegin, die neuerdings einen Mehrwegbecher für den Kaffee unterwegs verwendet, freut sich bestimmt. Ein Kompliment hat Signalwirkung auch an das Umfeld.

2. Ist-Zustand ermitteln: die eigene CO₂-Bilanz

Wie viel CO₂ die Praxis verursacht, lässt sich mit kostenpflichtigen Dienstleistern oder mit dem kostenfreien CO₂-Rechner des Umweltbundesamtes ermitteln. Den größten Emissionsanteil in Zahnarztpraxen verursachen in aller Regel Heizen, Energie und Mobilität. Auch die Behandlungen innerhalb der Praxis, Narkosen und Medikamente gehören als direkte oder indirekte Emissionen in die Bilanz.

3. Einsparpotentiale im Einkauf nutzen

Ein maßgeschneidertes Warenwirtschaftssystem macht optimale Bestellmengen möglich, sodass eine Lagerung über das Verbrauchsdatum hinaus vermieden werden kann. Optimale Bestellintervalle sorgen zugleich für möglichst wenig Emissionen durch Transport. Reinigungsmittel und Seife sollten in Groß- bzw. Nachfüllpackungen bestellt werden, sofern das Hygienekonzept es erlaubt. Es sollten keine unnötigen Produktproben von Pharmafirmen angenommen und an Patientinnen und Patienten verschenkt werden. Einwegprodukte sollten möglichst durch Mehrwegprodukte ersetzt werden. Beginnen Sie schon bei der Praxiskleidung: Wer ressourcenschonend hergestellte Biobaumwolle bevorzugt, tut sich und der Umwelt etwas Gutes. Bei Smartphone, Tablet und Co. setzen immer mehr Praxen auf Refurbishing, kaufen also wiederaufbereitete Geräte. Das kann beispielsweise beim Smartphone bis zu 10 kg CO2-Emissionen einsparen. Nicht mehr benötigte Geräte sind beim Refurbisher besser aufgehoben als in der Entsorgung, sie sparen Geld und helfen anderen, CO2 zu sparen.

4. Nachhaltigkeit in der Behandlung

Viele Geräte benötigen Druckluft zur Ansteuerung, deshalb muss die Druckluftversorgung mithilfe eines oder mehrerer Kompressoren jederzeit gewährleistet sein. Aber: Die Leistungsfähigkeit dieser Kompressoren lässt sich emissionssparend an den Bedarf anpassen. Prüfen Sie Anschlüsse und Schläuche regelmäßig auf Leckagen, denn ungenutzt verpuffte Druckluft verursacht vermeidbare Kosten – finanziell und ökologisch. Während der Behandlung gibt es viele Chancen, Abfall zu vermeiden und Material zu sparen: Einwegmundspülbecher müssen nicht für jeden bereitstehen, sie können nach Bedarf angeboten werden. Watterollen müssen nicht im Einwegplastikbecher angereicht werden. Für das Bonding reicht schon ein Tropfen. Schalten Sie Geräte wie Sterilisator und Thermodesinfektor erst ein, wenn sie vollständig befüllt sind.

5. Recyceln und sparen

In Behandlungsräumen, Backoffice sowie Sozialräumen: Trennen Sie Wertstoffe wie Plastik und Metall, Papier, Glas, medizinische Abfälle, Batterien und Elektroschrott. Es lohnt sich für Sie und für die Umwelt. Das Universitätsklinikum Bonn konnte durch verbesserte Mülltrennung seine Recyclingquote von 45 auf 56% steigern und dadurch jährlich Entsorgungskosten in Höhe von 97.000 Euro einsparen. Auch kleinere Zahnarztpraxen können sparen: Eine Zahnarztpraxis in Neuruppin trennt Sondermüll sorgfältig vom Restmüll. Die Sondermülltonne muss jetzt viel seltener geleert werden. Da jede Leerung 70 Euro kostet, spart das Praxisteam viel Geld.

6. Digitalisierung kann gut fürs Klima sein

Suffizienz ist das Zauberwort in Sachen Klimaschutz: Immer nur so viel Rohstoff und Energie verbrauchen, wie wirklich notwendig ist. Wir sollten laufend hinterfragen: Muss das Dokument ausgedruckt werden? Falls ja, wird es auch doppelseitig bedruckt seinem Zweck genügen? Bieten Sie digitalen Rechnungsversand an. Digitalisieren Sie Dokumentationen und Archivierung. Sie bekommen viele ungewünschte Kataloge, Flyer und Broschüren, die ungelesen im Papierkorb landen? Befreien Sie sich davon. Bestellen Sie diese ab oder weisen Auszubildende entsprechend an. Die Patientenaufklärung kann man auf die eigene Website stellen. Den Anamnesebogen können Patientinnen und Patienten in vielen Praxen bereits digital am Tablet ausfüllen. Eine Schnittstelle zur Praxissoftware spart hier nicht nur Papier, sondern auch Arbeitszeit. Das wenige Papier, das in der Praxis noch notwendig ist, sollte Recyclingpapier sein. Es ist heutzutage ebenso hochwertig wie Papier aus Frischfaser, spart aber Ressourcen und CO₂. Auch E-Mails verursachen CO₂, deshalb sollten Praxisteams unnötige Mails wie irrelevante Newsletter, Werbung und Spam abbestellen und löschen.

7. Energie und Wasser sparen

Heizen verursacht oft den Löwenanteil der CO₂-Emissionen aus Praxen. Sprechen Sie mit Ihren Nachbarn: Mit mehreren Mietern des Gebäudes könnte eine Initiative gestartet werden, um einen zertifizierten Energieberater zu beauftragen. Er soll im ganzen Haus schauen, wo Wände gedämmt oder Fenster erneuert werden müssen, um Gas oder Öl zu sparen. Eine neue Heizungsanlage mit Solar- oder Wärmepumpe kann sich 2-fach auszahlen: Finanziell durch geringeren Energieverbrauch und für den Klimaschutz durch weniger Emissionen. Wer engagiert kommuniziert, wird Mitstreiter finden und kann vermeintliche Grenzen oft unverhofft schnell überwinden.

Ebenso lohnt es sich, einen Stromanbieter zu suchen, der garantiert grünen Strom aus regenerativen Energien produziert. Denn die großen deutschen Umweltverbände vergeben gemeinsam das Grüner Strom-Label. Wer dieses Gütesiegel erhält, liefert garantiert Strom aus Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse. So kann die Praxis sich vom Strommix Deutschland verabschieden, zu dem auch Energie aus Öl, Gas, Braun- und Steinkohle gehört. Mit dieser Sofortmaßnahme können Praxen ihre CO₂-Emissionen für den Stromverbrauch mit geringem Aufwand auf null reduzieren.

Auch wer grünen Strom verwendet, sollte beim Gerätekauf auf Energieeffizienz und Bedarfsanpassung achten. Wählen Sie die Größe eines neuen Kühlschranks mit Bedacht aus und nutzen Sie Geräte achtsam. Untertischgeräte zur Wassererhitzung beispielsweise sind sehr energieintensiv. Klimaanlagen verursachen nicht nur indirekte CO₂-Emissionen, sondern oft zusätzlich treibhauswirksame Kältemittelemissionen. Sie sollten daher nur an sehr heißen Tagen eingeschaltet werden und die Praxisräume um maximal 6 Grad kühler als die Außentemperatur halten. Akkus statt Wegwerfbatterien, Vermeidung von Standby über Nacht (auch bei Monitoren), Umstellung der Beleuchtung auf LED, Nachrüstung eines Wasserstops beim Spülkasten: Es gibt so viele kleine Dinge, die man tun kann, um in Summe deutlich Energie, Wasser und CO₂ zu sparen. Gehen Sie gemeinsam auf Entdeckungsreise. 

8. Nachhaltige Mobilität

Schon wenige Minuten im Flieger verursachen mehr Emissionen als der Stromverbrauch eines ganzen Jahres. Die Anreise etwa zu Kongressen wie dem Deutschen MFA-Tag und ZFA-Tag sollte möglichst mit der Bahn oder in Fahrgemeinschaften erfolgen. Dienstrad und Leihräder, Zuschüsse zum ÖPNV, Deutschlandticket, komfortable Fahrradparkplätze und E-Ladestationen für Mitarbeitende sowie Patientinnen und Patienten machen klimafreundliche Mobilität leichter. Wer Video- und Telefonsprechstunde anbietet, spart den Patienten/-innen Anfahrtszeit und hilft, Emissionen zu reduzieren.

9. Tue Gutes und sprich darüber

Seien Sie versichert: Komfortable Fahrradparkplätze und eine umweltfreundliche Praxisphilosophie werden durchaus wahrgenommen. Viele Patientinnen und Patienten achten bei allen Dienstleistungen, die sie in Anspruch nehmen, zunehmend auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Präsentieren Sie, etwa mit einem eigenen Bereich auf der Website oder Aushängen in der Praxis, Ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen und animieren Sie so Patientinnen und Patienten zum Mitwirken. Dabei helfen auch Aufkleber nahe Waschbecken und Lichtschaltern, die daran erinnern, Ressourcen zu sparen. Wer reduziert und vermeidet, wo es geht, und seine allfälligen CO₂-Emissionen bei Klimaschutzorganisationen kompensiert und dafür Zertifikate erhält, sollte diese einrahmen und ins Wartezimmer hängen. Sprechen Sie mit Patientinnen und Patienten über Klimaschutz. Auch hier gilt: Wertschätzung und Anerkennung funktionieren besser als der erhobene Zeigefinger.

10. Förderinstrumente nutzen

Der Bund fördert nachhaltige Mobilität und E-Fahrzeuge, Energieeffizienz in Gebäuden sowie Energie- und Ressourceneffizienz. Wer etwa ein Energieaudit nach DIN EN 16247 beauftragt, um das Energieverbrauchsmodell eines Gebäudes oder Betriebsablaufs zu erstellen, darf mit 80% staatlicher Förderung rechnen. Auch Bundesländer und Kommunen bieten oftmals eigene Förderprogramme etwa für E-Mobilität oder Photovoltaik an. Wer sich für den Klimaschutz engagieren will, sollte jede Unterstützung nutzen.

Anzeige

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige