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Der Kongress verdeutlichte die Zusammenhänge zwischen einem modernen Kariesmanagement, einer adäquaten Schmerzausschaltung und der Vermeidung von Behandlungen unter Allgemeinanästhesie: So können mikroinvasive Methoden oftmals auch bei jungen Kindern mit geringer Behandlungsfähigkeit durchgeführt werden, um einen Aufschub invasiverer Behandlungen in ein späteres Alter zu erwirken. Zudem schonen sie die Zahnhartsubstanz und ermöglichen im bleibenden Gebiss einen längeren Zahnerhalt, indem zunächst zurückhaltend restauriert wird, sodass die Restaurationsspirale, die den langfristigen Zahnerhalt bedroht, nur langsam beschritten wird.
Die ganze Bandbreite noninvasiver und mikroinvasiver Methoden des Kariesmanagements präsentierte Prof. Richard Wierichs, Bern, auf dem von Oral-B gesponserten Vorkongress (Abb. 1). Nach Sichtweise der ökologischen Plaquehypothese wird Karies als ein kontinuierlicher multifaktorieller Prozess der Demineralisierung von Zahnsubstanz gesehen [1]. Daher, so Wierichs, solle eine adäquate Therapie abhängig vom Stadium und der Aktivität der Karies gewählt werden.

In der Berner Universitätszahnklinik, in der Prof. Wierichs tätig ist, werden im Rahmen des noninvasiven Vorgehens zunächst die Stellschrauben Ernährung, Mundhygiene und Mineralisierung betätigt. Bei Schmelzkaries kommt darüber hinaus die nicht restaurative Kavitätenkontrolle (NRCC) infrage. Diese bewirkt durch Fluoridzufuhr (z.B. Fluoridlack) und regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta eine Arretierung der Karies. Für eine Remineralisierung der Zahnsubstanz und Deaktivierung der Karies ist eine gute Putzbarkeit Voraussetzung, die durch Öffnung der Kavität hergestellt wird. Bei interdentalen Läsionen kann ein Slicen der Zähne notwendig sein.
Fissurenversiegelungen werden in der Berner Klinik nicht nur präventiv bei Kindern mit hohem Kariesrisiko aufgebracht, sondern auch zur Behandlung von Initialkaries genutzt. Eine weitere Behandlungsoption bei nicht kavitierten Milchzähnen sowie bei bleibenden Zähnen stellt die Infiltration der kariösen Hartsubstanz nach Säureätzung mittels eines dünnfließenden Kunststoffs (ICON®, DMG Dental) dar. Dieser wird lichtgehärtet und wirkt als Barriere. Zur Arretierung von Karies ohne vorherige Kariesentfernung kann im Off-Label-Use Silberdiaminfluorid (SDF) auf kavitierte Milchzahnflächen aufgebracht werden, wobei allerdings mit einer Verfärbung der Zähne zu rechnen und eine halbjährliche Wiederholung der Applikation notwendig ist. Studien belegen den Erfolg dieser nichtinvasiven und mikroinvasiven Methoden [2].
Diese Vorstellung Zahnsubstanz-schonender Techniken wurde in Referaten von Prof. Monty Duggal, Qatar, und Prof. Alaa Bani Hani, UK, vertieft: Die Hall-Krone in Kombination mit Glasionomerzement wurde als eine weitere Versorgungsmöglichkeit ohne vorherige Präparation vorgestellt. Sie bewirkt eine Versiegelung der Karies bei stark zerstörten Zähnen.
Versiegelung bei nicht kavitierten Initialläsionen möglich
Als federführender Autor des aktuellen Updates der S3-Leitlinie zur Fissuren- und Grübchenversiegelung stellte Prof. Jan Kühnisch, München, bewährtes Vorgehen wie neue Erkenntnisse zu diesem Thema vor. Unter der Versiegelung ist „der dauerhafte, präventive Verschluss von kariesanfälligen Fissuren und Grübchen mit einem Kunststoff [zu verstehen], um einer Kariesinitiation vorzubeugen bzw. kariöse Frühstadien zu arretieren“ [3]; d.h. nicht nur der präventive Einsatz ist vorgesehen, sondern auch das minimalinvasive Management von nicht kavitierten Läsionen.
Bezüglich der praktischen Umsetzung stellte Prof. Kühnisch fest, dass Versiegelung als eine harmonische 4-händige Teamarbeit von Zahnarzt bzw. Zahnärztin mit einer Assistenz anzusehen sei. Die Versiegelung solle unter relativer Trockenlegung erfolgen, die Konditionierung – bevorzugt mit einem 35–37%igem Phosphorsäure-Gel – dürfe eine Dauer von 30 s nicht unterschreiten. Auf einen blasenfreien, sparsamen Auftrag des Versieglers – weniger sei hier mehr! – muss zudem geachtet werden. Bezüglich des Materials stellte der Referent fest, dass niedrigvisköse, Methacrylat-basierte Versiegelungskunststoffe, in Verbindung mit Säurekonditionierung, am effektivsten sind. 3-in-1-Versiegler ohne eine Säurekonditionierung können nicht empfohlen werden. Erstmals in der Leitlinie berücksichtigt: MIH-Zähne sollen versiegelt werden, da ein signifikanter kariesprotektiver Effekt erreicht werden kann.
Im Falle eines partiellen Versagens einer Versiegelung empfiehlt die Leitlinie im Sinne der Nachhaltigkeit keine Neuversiegelung, sondern eine Reparatur der insuffizienten Versiegelung. Das Monitoring der versiegelten Molaren sei wichtig, denn „Versiegler sind 100% effektiv zur Vorbeugung der Fissuren- und Grübchenkaries, solange diese vollständig intakt sind“ [4].
Das Update der S3-Leitlinie Fissuren- und Grübchenversiegelung wird in den nächsten Wochen online verfügbar sein.
Ausblick
Die nächste Jahrestagung der DGKiZ findet vom 15.05. bis 17.05.2025 im World Conference Center in Bonn statt. Unter dem Motto „Das Lächeln der Zukunft“ werden die Schwerpunktthemen „Kommunikation mit Kindern, Eltern und im Team“ sowie „Endodontie im Milch- und Wechselgebiss“ in spannenden Vorträgen und Workshops praxisnah und interaktiv beleuchtet.
Informationen unter: https://dgkiz-jahrestagung2025.de
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