Ein Nachteil der Sofortimplantation in der ästhetischen Zone ist das Risiko des Auftretens von midfazialen Weichgeweberezessionen an den Implantaten. Da nicht in allen klinischen Situationen eine Sofortimplantation möglich ist, sollte für diese Fälle zum operativen Eingriff bereits eine alternative Lösung geplant sein. In diesem Artikel wird für die Sofortimplantation mit provisorischer Versorgung oder der alternativen Lösung bei während der Operation auftretender Kontraindikationen für erstere Variante ein simples Weichgewebemanagement beschrieben.
Klinische Entscheidungsfindung
Um die Möglichkeit einer Sofortimplantation nicht zu verlieren, versuchen wir Frontzähne nicht ohne vorherige Therapieplanung zu entfernen. Bei chronischen parodontalen oder apikalen Prozessen, welche eine Extraktion notwendig machen, kann aufgrund fehlender Beschwerden in Ruhe die Therapie geplant und besprochen werden. Akute und schmerzhafte Zustände werden zunächst konservativ bis zur Schmerzfreiheit therapiert, um auch hier die Option zur Sofortimplantation aufrecht zu erhalten. Ebenfalls werden Zähne, welche aufgrund eines Traumas entfernt werden müssen, zunächst erhalten, bzw. die Wurzelreste nach Frakturen werden erst einmal belassen.
Extraktionen in der ästhetischen Zone führen in den meisten Fällen zu starken bukkalen Resorptionen des Hart- und Weichgewebes. Hieraus resultiert dann die Notwendigkeit zu aufwendigen chirurgischen Hart- und Weichgewebeaugmentationen, bei denen Inzisionen durchgeführt werden müssen, die wiederum Narben erzeugen. Bei der Deckung von Hartgewebeaugmentaten besteht die Gefahr einer Verschiebung der mukogingivalen Grenzlinie mit ästhetischen Einbußen.
Voraussetzung für eine Sofortimplantation ist eine intakte bukkale Knochenlamelle, keine akuten Entzündungen im Operationsgebiet und apikal mindestens 3 mm Knochenangebot über der Extraktionsalveole. Für eine sofortige provisorische Versorgung des Implantats sollte eine Primärstabilität um die 35 Ncm vorliegen. Ein weiteres Kriterium stellt die Fläche des Kontakts zwischen Implantat und Alveolenwand dar.
Planung
Ein wichtiges Kriterium ist die Planung im Team aus Prothetiker, Zahntechniker und Implantologen mit den Wünschen der Patienten im Mittelpunkt. Für die Planung werden zunächst Modelle angefertigt. Die spätere Ausdehnung der Implantatkrone und die Implantatposition können im Team besprochen und auf den Modellen angezeichnet werden.
Auch die Auswahl des Implantatdesigns sollte unbedingt im Team erfolgen. Wir bevorzugen zur Sofortimplantation ein System mit einem Platform Switch und einer vormontierten Implantatbasis auf der – ohne das Implantat eröffnen zu müssen – das Provisorium aufgesetzt werden kann. Entscheidend für den langfristigen ästhetischen Erfolg einer Sofortimplantation ist die korrekte dreidimensionale Implantatposition. Die aus einer falschen Implantatposition resultierenden ästhetischen Einbußen lassen sich durch alle anderen Maßnahmen nicht mehr korrigieren.
Die Implantatschulter sollte ca. 3,5 mm unterhalb des späteren bukkalen Weichgeweberands und dabei mindestens 1,5 mm von einer gedachten Verbindungslinie der bukkalen Flächen der Nachbarzähne nach palatinal versetzt liegen. Die Implantatachse wird palatinal der Schneidekante platziert, damit eine verschraubte prothetische Versorgung des Implantats möglich ist.
Dr. Klenke
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Weichgewebemanagement ohne Implantation
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Auf diese Weise wird das Implantat freigelegt und das bukkale Weichgewebe ausreichend verdickt. Ziel ist eine bukkale Weichgewebedicke von 3 mm, damit keinerlei Farbveränderungen aufgrund durchscheinender Implantatprothetikaufbauten entstehen (Abb. 10).
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Sofortimplantation mit sofortiger provisorischer Versorgung
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Nach lokaler Anästhesie und Abnahme von venösem Blut zur Herstellung von PRF durchtrennten wir die parodontalen Fasern mit einem Mikroskalpell. Dieser Schritt ist empfehlenswert, um zu verhindern, dass Weichgewebe bei der Extraktion entfernt wird. Der Zahn 11 konnte leicht mit einer Zange vertikal extrahiert werden. Luxationsbewegungen sind bei der Extraktion zu vermeiden, damit die bukkale Knochenlamelle nicht beschädigt wird.
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Um eine midfaziale Weichgeweberezession zu vermeiden präparieren wir bukkal in der Implantatregion einen Tunnel. In diesen Tunnel wird mit Hilfe einer Naht ein freies Bindegewebetransplant vom harten Gaumen eingebracht und mit einer PRF Fibrinmembran abgedeckt (Abb. 14-16). Dr. Klenke
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Auf die vormontierte Implantatbasis des iSy-Implantats (Camlog, Wimsheim) wurde eine Multifunktionskappe geklickt. Mit dieser lässt sich jetzt ein vorbereitetes Eierschalenprovisorium verbinden. Hierfür dient in den meisten Fällen der Kunststoffzahn aus der Planungsphase. Dieser wird in die Tiefziehschiene gesteckt und in den Mund eingebracht. Durch die palatinale Öffnung in der Tiefziehschiene und dem Kunststoffzahn wird ein lichthärtender Flow-Composite injiziert und ausgehärtet. Danach kann der Komplex aus Kunststoffzahn und Multifunktionskappe entnommen und ausgearbeitet werden (Abb. 17- 19). Dr. Klenke
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In unserem Fall haben wir die Zahnkrone des extrahierten Zahnes 11 von palatinal ausgeschliffen und anstelle eines Kunststoffeierschalenprovisoriums mit der Multifunktionskappe verbunden. Nach der Ausarbeitung kann die Multifunktionskappe mit dem Zahn auf das Implantat geklickt werden. Die Patientin konnte so in einem Eingriff der Zahn 11 extrahiert und durch ein sofort versorgtes Implantat ersetzt werden. Bei diesem Vorgehen treten in der Regel keine postoperativen Schwellungen und wenig Schmerzen auf (Abb. 20 und 21). Dr. Klenke
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Zusammenfassung
Sofortimplantationen in der ästhetischen Zone sind ein etabliertes und sicheres Verfahren. Zur Vermeidung von Weichgewebedefiziten sollte eine Weichgewebeaugmentation erfolgen. Da nicht immer eine geplante Sofortimplantation durchgeführt werden oder ein Sofortimplantat nicht immer provisorisch versorgt werden kann, ist es notwendig ein Weichgewebemanagement und eine provisorische Versorgung auch für diese Fälle vorzubereiten.
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