Eine systematische parodontale Therapie erfolgt entsprechend der Leitlinien zur Therapie der Parodontitis aktuell in vier aufeinander aufbauenden Stufen. Nach Abschluss der ersten Stufe werden die erkrankten Parodontien durch eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt bzw. eine Dentalhygienikerin oder Dentalhygieniker systematisch – Quadrant für Quadrant, Zahn für Zahn und Wurzeloberfläche für Wurzeloberfläche, gereinigt (subgingivale Instrumentierung, Scaling/Rootplaning). Hier gibt es im Wesentlichen zwei unterschiedliche zeitliche Protokolle und zwei verschiedene Instrumentengruppen.
Entweder erfolgt die subgingivale Instrumentierung in einem schmalen Zeitfenster von 24 Stunden, im Sinne eines sogenannten „Full-Mouth Scalings“, an zwei aufeinander folgenden Tagen oder – eher traditionell – in drei bis vier Behandlungen in etwa wöchentlichem Abstand. Wesentliches parodontales Behandlungsziel ist eine Reduktion der Weichgewebsentzündung, die sich durch sogenannte geschlossene Zahnfleischtaschen im Sinne von Sondierungstiefen ≤ 4 mm und ohne eine Sondierungsblutung auszeichnet.
Methodik
Im Rahmen des kürzlich erfolgten Leitlinienprozesses beschäftigte sich daher eine systematische Übersichtarbeit mit der Wirksamkeit der subgingivalen Instrumentierung [1]. Es wurden drei Fragen formuliert und unterschiedliche Therapieoptionen oder Behandlungsprotokolle miteinander verglichen. Die erste Frage beschäftigte sich mit der Wirksamkeit der subgingivalen im Vergleich zu einer alleinigen supragingivalen Instrumentierung.
Frage zwei diente dem Vergleich der Wirksamkeit einer Instrumentierung mit Hand- gegenüber Ultraschallinstrumenten. Frage drei verglich die Wirksamkeit der subgingivalen Instrumentierung eines „Full-Mouth Scalings“ gegenüber dem quadrantenweisen Vorgehen. Es wurde eine systematische Literatursuche in elektronischen medizinischen Literaturdatenbanken durchgeführt.
Ergebnisse
Zur Klärung der ersten Frage konnten elf prospektive Studien mit einer Mindestbeobachtungszeit von sechs Monaten und ein RCT mit Dreimonatsergebnissen eingeschlossen werden. Die gepoolten Daten dieser Studien zeigen einen mittleren Anteil von 74% geschlossenen Zahnfleischtaschen und eine mittlere Reduktion des BOP um 63%. Evidenz aus vier RCTs stand für die Klärung der zweiten Frage zur Verfügung. Es konnten keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich klinischer Ergebnisse zwischen einer Instrumentierung mit Hand- oder maschinell betriebenen Instrumenten gezeigt werden. Die Daten von 212 Patienten/-innen aus acht RCTs wurden zur Beantwortung der dritten Frage herangezogen. Hinsichtlich der zeitlichen Abfolge der Instrumentierung bestanden keine wesentlichen Unterschiede.
Klinische Schlussfolgerungen
Entsprechend dieser Ergebnisse mit sehr hoher wissenschaftlicher Evidenz wurde eine starke „Soll“-Empfehlung für eine systematische subgingivale Instrumentierung der erkrankten Parodontien ausgesprochen. Bei korrekter Durchführung ist demnach mit etwa drei Viertel geschlossenen Zahnfleischtaschen zu rechnen. Da es zwischen Hand- und maschinell betriebenen Instrumenten keine klinisch relevanten Unterschiede gab, soll die subgingivale Instrumentierung entweder mit einer dieser Instrumentengruppen oder einer Kombination aus beiden durchgeführt werden. In der klinischen Praxis hat sich ein Hybridkonzept bewährt. Das bedeutet, dass die Bearbeitung zunächst mit Schall-/Ultraschallinstrumenten erfolgt.
Verbliebene Ablagerungen werden in einem zweiten Schritt gezielt mit Handinstrumenten entfernt. So ergänzen sich die Instrumente hinsichtlich ihrer Effektivität und kritische Areale, wie beispielsweise der Furkationsbereich mehrwurzeliger Zähne, können besser erreicht werden. Ein weiterer Punkt betrifft die notwendige Invasivität, die bei Verwendung von Schallinstrumenten geringer im Vergleich zu Handinstrumenten ist. So kann durch den gezielten Einsatz der Instrumente unnötiger Verlust an Zahnhartsubstanz reduziert und die Invasivität angepasst werden.
Die zeitliche Abfolge der subgingivalen Instrumentierung hat offenbar keinen wesentlichen Einfluss auf die Sondierungstiefenreduktion. Zu berücksichtigen ist aber der Gesundheitszustand der Patienten/-innen. Da die subgingivale Instrumentierung zu einer deutlichen systemischen Entzündungsreaktion insbesondere bei Durchführung von Full-Mouth Protokollen führt, sollte der Gesundheitszustand der Patienten/-innen bei der Wahl des entsprechenden Vorgehens eine angemessene Berücksichtigung finden. Im Zweifel ist in vielen Fällen dann das quadrantenweise Vorgehen mit Pausen zwischen den einzelnen Terminen die richtige Wahl.
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