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Vitamin D ist bekannt für seine zentrale Rolle im Knochenstoffwechsel. Weniger bekannt ist dagegen die breit abgestützte Assoziation niedriger Vitamin-D-Spiegel mit zahlreichen allgemeinmedizinischen Krankheitsbildern, darunter kardiovaskuläre, metabolische, immunologische, mentale oder auch verschiedene Krebserkrankungen. Während die Zufuhr über die Nahrung eine geringere Rolle spielt, wird Vitamin D vornehmlich aus Vorstufen in der Haut durch die Sonneneinstrahlung synthetisiert.
Bedingt durch die nördlichen Breitengrade und die veränderten Arbeits- und Freizeitbedingungen sind in Deutschland weite Teile der Bevölkerung jedoch deutlich Vitamin D unterversorgt. Vor dem Hintergrund der Prävalenz und der Pathogenese parodontaler Erkrankungen ist ein Einfluss des Vitamin D-Spiegels auf Entstehung, Fortschreiten und Therapie der Parodontitis recht naheliegend. Spätestens seit dem Jahr 2004 wird wissenschaftlich über eine mögliche Assoziation diskutiert. Mittlerweile ist die Datenlage angewachsen und es liegen – in der Hierarchie der Evidenz hochstehende – Analysen vor.
Methodik
Die hier vorgestellte Übersicht wurde entsprechend der aktuellen Qualitätsstandards für diese Art von Analysen durchgeführt. Nach der systematischen Literatursuche – anhand klarer Ein- und Ausschlusskriterien – in elektronischen Datenbanken konnten von initial 1.720 Treffern schlussendlich 16 Studien zur qualitativen und quantitativen Auswertung eingeschlossen werden.
Ergebnisse
Es wurden fünf Interventionsstudien (zwei RCT), neun Fall-Kontrollstudien und zwei Querschnittsstudien in die Auswertung einbezogen. Das Risiko systematischer Fehler in den berücksichtigten Arbeiten wurde ermittelt und als überwiegend gering bewertet. Vier Studien verglichen die Serum Vitamin D-Konzentration bei Parodontitis und gesunden Patienten/-innen. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war statistisch signifikant, mit niedrigeren Konzentrationen in der Parodontitisgruppe. Demgegenüber bestanden im Speichel keine wesentlichen Unterschiede.
Eine Meta-Analyse basierend auf drei Interventionsstudien zeigte, dass eine subgingivale Instrumentierung, unabhängig von einer zusätzlichen Vitamin D-Supplementierung, zu einer Erhöhung des Serum-Vitamin D-Spiegels führt. Schlussendlich wurde herausgearbeitet, dass eine zusätzliche Vitamin D-Supplementierung im Rahmen der subgingivalen Instrumentierung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu besseren klinischen Ergebnissen bezüglich des Attachmentlevels, nicht aber zu besseren Sondierungstiefen (drei Studien) oder Blutungswerten (eine Studie) führt.
Klinische Schlussfolgerungen
Vitamin D ist derzeit ein breit diskutiertes Thema nicht nur in der Zahnmedizin. Die hier vorliegende aktuelle Übersichtsarbeit fasst die publizierten Daten von 16 Studien zusammen und zeigt Vorteile eines adäquaten Vitamin D-Spiegels auf. Demnach sind parodontale Erkrankungen mit einer erniedrigten Vitamin D-Konzentration vergesellschaftet. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Supplementierung, das heißt ein Anheben des Vitamin D-Spiegels im Rahmen der nicht-chirurgischen Parodontitistherapie, klinische Vorteile bezüglich relevanter parodontaler Parameter bringt. Physiologisch sind diese Ergebnisse gut vereinbar mit den vielfältigen Funktionen von Vitamin D in unterschiedlichen biologischen Regelkreisen.
Ein Vitamin D-Mangel kann daher durchaus als ein weiterer Risikofaktor für parodontale Erkrankungen angesehen werden. Die gute Nachricht dabei ist, dass der Vitamin D-Spiegel relativ einfach – im Gegensatz zu anderen Risikofaktoren – durch entsprechende Supplementierung zu modifizieren ist. Voraussetzung dafür jedoch ist, dass zunächst mal der aktuelle Wert und der Vitamin D-Zielwert bekannt sind. Validierte klinische Protokolle (wann, wie viel, wie lange, womit) oder gar Leitlinien zum Einsatz von Vitamin D in der parodontalen Therapiestrecke sind derzeit leider noch nicht verfügbar. Vor dem Hintergrund der kumulierenden Evidenz ist es aber naheliegend und wünschenswert, dass dieser Punkt in den entsprechenden Gremien schon bald diskutiert wird.
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