Parodontale Erkrankungen und Karies zählen zu den weltweit häufigsten Erkrankungen des Menschen und stellen eine wesentliche Ursache für Zahnverlust dar. Es handelt sich um chronisch infektiöse Erkrankungen, zu deren Entstehung verschiedene Risikofaktoren beitragen. Voraussetzung ist dabei immer ein pathogener oraler Biofilm auf den Zahnoberflächen, bestehend aus Mikroorganismen, bakteriellen Stoffwechselprodukten, Nahrungsresten und Speichelbestandteilen. Dieser Biofilm ist die Folge einer unzureichenden Mundhygiene.
Wesentliches Ziel der zahnärztlichen Therapie ist die Etablierung eines biologischen Gleichgewichts zwischen dem kontinuierlichen Angriff pathogener Mikroorganismen und dem Immunsystem des befallenen Wirts. Bis heute gibt es zur mechanischen Biofilmzerstörung keine wissenschaftlich fundierten Alternativen. Daher stehen die mechanische Zerstörung und Entfernung der pathogenen sub- und supragingivalen Biofilme nach wie vor im Fokus der zahnärztlichen Therapie. Für den Langzeiterfolg zahnärztlicher Therapie spielt jedoch die tägliche Mundhygiene und die Compliance der Patienten/-innen die entscheidende Rolle. Von wesentlicher Bedeutung ist daher die Art und Weise wie und ggf. womit der/die Patient/-in täglich seine/ihre Zähne reinigt. Inwiefern die Wahl einer elektrischen oder einer Handzahnbürste hier eine Rolle spielt, war Gegenstand einer Langzeitstudie [1].
Methodik
Probanden/-innen einer bevölkerungsrepräsentativen epidemiologischen Studie (Study of Health in Pomerania, SHIP) wurden über den Zeitraum von elf Jahren mit klinischen Untersuchungen und Interviews systematisch beobachtet. Gesamthaft 2.819 Probanden/-innen mit einem Durchschnittsalter von 52,1 ± 14,4 Jahren wurden statistisch ausgewertet. In den unterschiedlichen statistischen Modellen wurden bekannte Co-Faktoren berücksichtigt.
Ergebnisse
Probanden/-innen, die elektrische Zahnbürsten benutzten, waren jünger (46,3 Jahre) als solche, die eine Handzahnbürste (53,4 Jahre) verwendeten. Der Anteil an elektrischen Zahnbürstennutzern/-innen nahm über den Untersuchungszeitraum kontinuierlich von 18,3% auf 36,9% zu. Unter statistischer Berücksichtigung etwaiger Co-Faktoren nahmen die durchschnittlichen Sondierungstiefen und der durchschnittliche Attachmentlevel signifikant weniger in der Gruppe der elektrischen Zahnbürstennutzer/-innen verglichen mit Handzahnbürstennutzern/-innen zu. Elektrische Zahnbürstennutzer/-innen hatten geringere DMFS- bzw. DFS-Werte (= geringere Kariesprogression). Elektrische Zahnbürstennutzer/-innen verloren über den Untersuchungszeitraum weniger Zähne.
Klinische Schlussfolgerungen
Die Datenlage zu Vor- oder Nachteilen der Benutzung unterschiedlicher Zahnbürsten ist sehr heterogen, klare Schlussfolgerungen ließen sich daher bis dato nicht ableiten. Diese bevölkerungsrepräsentative Studie [1] schafft nun Klarheit und zeigt in einer großen Population klare Vorteile der Benutzung elektrischer Zahnbürsten. Allerdings wurde hier nicht zwischen unterschiedlichen elektrischen Zahnbürsten differenziert. Aus der Grundlagenforschung ist aber bekannt, dass sich elektrische Zahnbürsten in ihrem Wirkungsgrad hinsichtlich einer Biofilmentfernung mit oder ohne Borstenkontakt deutlich unterscheiden. Im Rahmen der Mundhygieneinstruktion sollten sich etwaige Empfehlungen daher auf gut untersuchte und wissenschaftlich gesicherte Zahnbürsten fokussieren.
Quelle:
[1] Pitchika V, Pink C, Völzke H, Welk A, Kocher T, Holtfreter B. Long term impact of powered toothbrush on oral health: 11-year cohort study. J Clin Periodontol. 2019; 46 (7): 713-722.
Erstpublikation: Dental & Wirtschaft, Ausgabe 4/2023; S. 35–36.
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