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Tatsächlich „verstauben“ viele Scanner in der Besenkammer oder der Zahntechniker bzw. die Zahntechnikerin muss auf Basis qualitativ schlechter Scans seine oder ihre Arbeit anfertigen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Möglicherweise gab es eine ungenügende Einweisung durch den Hersteller oder Reseller. Vielleicht wurden auch in der Praxis zu wenig zeitliche und personelle Ressourcen für das Projekt „Digitalisierung“ eingeräumt und die Implementierung nicht strategisch geplant. Oftmals fehlt einfach auch das Wissen und/oder das Bewusstsein über Scanstrategien oder Workflows zwischen Praxis und Labor. Eine weitere Möglichkeit ist, dass in einen qualitativ minderwertigen Scanner investiert wurde, der in Sachen Performance und Handling nicht das leistet, was versprochen und vorausgesetzt wurde. Digitalisierung bei den individuellen Arbeitsabläufen in Zahntechnik und Zahnmedizin funktioniert leider nicht per Knopfdruck. Sie braucht eine gewisse Motivation, Affinität, Planung, Schulung und Teamarbeit – sowohl in der Praxis als auch im Zusammenspiel mit dem Labor.
Grundlagenwissen Intraoralscan
Die meisten Scanner auf dem Markt funktionieren nach der Technologie der konfokalen Mikroskopie. Das ist für den Anwender oder die Anwenderin in der Praxis zwar nicht ausschlaggebend; was man aber wissen sollte ist, dass der Scanner fortlaufend Bilder generiert und diese quasi aneinandersetzt (Stiching). Dabei referenziert sich der Scanner immer wieder an der zu scannenden Oberfläche (Abb. 1). Bei einer Restbezahnung ist es für die Algorithmen dieses Verfahrens leichter, ein fehlerfreies Ergebnis zu berechnen, als bei der beweglichen, speichelbesetzten Schleimhaut. So kann man grob festhalten: Je mehr Bilder der Scanner generiert, umso ungenauer kann der Scan durch das Stiching werden.
Fabian LorenzIn den Softwares kommen zunehmend KI-Algorithmen zum Einsatz, die während des Scanvorgangs analysieren, welche Oberflächen erfasst werden sollen und welche nicht relevant sind. So können sie Wangen- oder Zungenanteile wegrechnen, zwischen Zähnen und Gingiva unterscheiden oder helfen dem Anwender oder der Anwenderin bei den korrekten Scanbewegungen und Scanstrategien. Möchte man Prozesssicherheit, Genauigkeit und eine gute Performance mit sehr guten Algorithmen, muss man dies bei der Investition in einen Intraoralscanner berücksichtigen und hier ggf. mehr Budget einplanen. Besonders Einsteigern, die noch keine bis wenig Erfahrung haben und Handling sowie optische Analyse der Scandaten noch erlernen müssen, kommen diese Faktoren zugute und helfen, einen sauberen, fehlerfreien Scan zu generieren.
Chancen im Praxisalltag
Ein Intraoralscanner ersetzt nicht nur die analoge Abdrucknahme, sondern wird zunehmend ein essenzieller Bestandteil der zahnmedizinischen Aufklärung an den Patientinnen und Patienten. Durch die digitale Erfassung der Mundsituation ermöglicht der Scanner eine präzise Verlaufskontrolle und verbessert die Patientenaufklärung erheblich. Zukünftig wird der Scanner nicht nur bei der Anfertigung von zahntechnischen Produkten eingesetzt, sondern vermehrt auch beim regelmäßigen Prophylaxetermin zur lückenlosen Dokumentation der Mundsituation. So kann digitales Monitoring zum neuen Standard in der modernen Zahnmedizin werden. Schon jetzt gibt es Praxen, die den „Status-Scan“ fest in ihr Praxiskonzept eingebunden haben. So wird der Patient bei jedem Termin von dem Praxisteam in wenigen Minuten gescannt. Der Behandler oder die Behandlerin hat so zu Doku- oder Aufklärungszwecken gleich ein virtuelles Modell der Situation am Stuhl. Wir können beobachten, dass hier auch immer mehr Scanner mit nützlichen KI-Tools für die Prophylaxe und Aufklärung ausgestattet werden. Diagnosetools, wie das Aufzeigen von Gingivarezessionen, Karies, Abrasionen oder Kontrolle der Mundhygiene, sind heute schon mit Oberklassesystemen möglich.
Die Zeitersparnis gegenüber der analogen Abdrucknahme hängt weniger von der reinen Scangeschwindigkeit ab, sondern vielmehr von der Effizienz der smarten digitalen Workflows. Bei ausreichenden Arbeitsunterlagen können hier z.B. Anprobetermine bei bestimmten Indikationen in der Praxis eingespart werden (Abb. 2). Auch durch die „Live-Kontrolle“ der Scandaten können Zahnmediziner/-innen und Zahntechniker/-innen die Qualität der Arbeitsunterlagen sehr gut beurteilen, ggf. korrigieren und nachscannen (Abb. 3). Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass der Workflow zwischen Praxis und Labor transparent ist und zwischen beiden Stellen gut kommuniziert wird.
Herausforderung Implementierung
An erster Stelle für eine gelungene Implementierung steht das jeweils passende System. Um das für sich zu finden, müssen verschiedene Faktoren beurteilt werden (Abb. 4). Nachdem das Team intensiv eingewiesen wurde, ist es wichtig, zunächst mit kleinen Aufgaben anzufangen. In den ersten Wochen oder Monaten eignen sich dafür Einzelkronen auf Stümpfen oder Implantaten, Schienen und Situationsscans. Dabei soll sich das Praxisteam im Umgang mit Hard- und Software üben, aber auch die Kontrolle der Scandaten trainieren und Routine in der Kommunikation mit dem Labor entwickeln.
Fabian LorenzZusammen mit dem Dentallabor werden Scans und Passungen der Arbeiten kontrolliert und abgestimmt. Erst dann werden neue Indikationen digitalisiert. So entwickelt man zusammen mit dem Labor über Wochen und Monate hinweg neue, effektive Workflows und wendet den Scanner sukzessive für immer mehr Indikationen an.
Man sollte aber nicht außer Acht lassen, dass es zusammen mit dem Team eine Lernkurve inklusive Rückschlägen und Ernüchterungen zu bewältigen gilt. Auch gibt es Herausforderungen, wie z.B. Blutungen im Sulkus oder stark subgingivale Präparationsgrenzen, mit denen die Anwender/-innen lernen müssen umzugehen, um dem Zahntechniker oder der Zahntechnikerin qualitativ gute Arbeitsunterlagen zu liefern.
Fortbildung als Schlüssel zur Qualität
Trotz technologischer Fortschritte mangelt es einigen Anbietern an der nötigen Tiefe bei der praktischen Schulung ihrer Anwender/-innen. Oft fehlen das spezifische Knowhow oder schlicht die personellen Ressourcen, um Behandler/-innen und Teams praxisnah in den Einsatz der Systeme einzuweisen – insbesondere, wenn es um die nahtlose Zusammenarbeit mit dem zahntechnischen Labor geht. Hier helfen fundierte anwendungsbezogene Schulungen, die speziell auf die jeweiligen Bedürfnisse von Zahnmedizinern/-innen, ZFA und Zahntechnikern/-innen abgestimmt sind. Der Fokus muss auf realen Workflows, typischen Fehlerquellen und dem gemeinsamen Verständnis für digitale Präzision und Funktion liegen.
Auch die DGÄZ (Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnmedizin e.V.) hat die Bedeutung dieses Themas erkannt und entwickelt derzeit ein umfassendes Fortbildungskonzept, das gezielt auf die Sicherung von Ästhetik und Funktion innerhalb der digitalen Prozesskette abzielt. Im Mittelpunkt steht dabei die gemeinsame Schulung von Behandelnden und Zahntechnikern/-innen – im Team.
Fazit
Die digitale Zukunft bietet Zahnmedizin und Zahntechnik zahlreiche neue Chancen, aber auch eine Vielzahl an Herausforderungen. Der Alltag zeigt es deutlich: Digitalisierung ist keine Einzelleistung – sondern ein Teamprozess. Wer gemeinsam lernt, kann gemeinsam Qualität sichern. Und genau das ist der Schlüssel für moderne, funktionell und ästhetisch überzeugende Zahntechnik im digitalen Zeitalter. Im Team müssen von Zahnmedizinern/-innen und Zahntechnikern/-innen die neuen Workflows abgesprochen, erprobt und erlernt werden. Erst dann kann man Chancen sinnvoll nutzen, digitale Möglichkeiten und Grenzen erkennen und die Herausforderungen bewältigen.
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