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Fachmedien

Digitales Backward-Planning unter Berücksichtigung der dynamischen Okklusion und idealen Funktion

Für langfristig stabile restaurative und implantologische Ergebnisse ist eine sorgfältige 3D-Planung das A und O. Bei komplexen und restaurativ sehr anspruchsvollen Patientensituationen hat sich als Vorgehen das Prinzip des „digitalen Backward-Plannings“ bewährt.

Hornung
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Ausgangssituation

Der Patient (58 Jahre) erlitt in seiner Jugend ein Frontzahntrauma im Oberkiefer. Im Jahr 2016 wurde eine umfangreiche restaurative Behandlung durchgeführt, die ästhetisch sehr zufriedenstellend war, jedoch einige Komplikationen hinsichtlich der Funktion und der daraus resultierenden Statik aufwies (Abb. 1). Dies führte im Jahr 2021 zum Verlust der zuvor gesetzten Implantate regio 46, 36, 37, zur Fraktur des Stiftaufbaus 11 und zur Fraktur der Zähne 35 und 45 (Abb. 2).

Behandlungsplan

Die gemeinsame Konzepterstellung von den Experten in Zahnmedizin und Zahntechnik ist für einen ganzheitlichen Ansatz unerlässlich, wobei ich hier gerne Hand in Hand arbeite. Das prothetische Konzept wurde neu überarbeitet, um Fehlbelastungen des Parodontiums und der Implantatstrukturen zu vermeiden. Der gemeinsame klinische und zahntechnische Ansatz beinhaltet die therapeutische Unterstützung durch ein Jig-Schienen-Protokoll.

Der dabei eingesetzte Frontzahn-Jig (frontaler Aufbiss) entkoppelt die okklusale Beziehung von Ober- und Unterkiefer. Er wird etwa 2 Wochen lang getragen, um die Muskulatur zu deprogrammieren und um eine neuromuskuläre Entspannung zu erreichen. Die vorangegangene Schienentherapie ermöglichte eine zentrische Registrierung des Patienten, um anschließend ein digitales Wax-up der Ober- und Unterkiefersituation zu erstellen. Diese Vorgehensweise wurde durch eine dynamische Registrierung der Kieferbewegungen ergänzt, um alle Freiheitsgrade des Unterkiefers in die Planung einzubeziehen (Abb. 3 und 4).

Das Ziel bestand darin, die Implantate klinisch und prothetisch korrekt setzen zu können. Außerdem sollten Ästhetik und Funktion wiederhergestellt werden. Das Ergebnis der Konzepterstellung war der folgende Behandlungsplan:

  • Chirurgie (Implantation schablonengestützt): OK regio 11, 22, UK regio 46, 36, 37
  • Oberkiefer: Erneuerung der Prothetik im dynamischen Bereich 13–23
  • Unterkiefer: vollständige prothetische Neuversorgung und Wiederherstellung der Stützzonen

Chirurgisches Vorgehen und provisorische Versorgung

Bei der Positionierung der Implantate wende ich gemeinsam mit dem Zahnarzt das Backward-Planning an. Das zuvor digital erstellte Wax-up visualisiert die neue Zielposition der Implantate (Abb. 5). Die so definierte Implantatposition wird in eine 3D-gedruckte Bohrschablone übertragen (Abb. 6). Durch die hochpräzise 3D-Planung und Navigation können technische und biologische Komplikationen weitestgehend vermieden werden.

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Die Sofortversorgung nach der Implantation wurde gezielt mit gefrästen Eierschalenprovisorien aus PMMA und einer Übertragungshilfe (Print-Tray) durchgeführt (Abb. 7). Alle zuvor gewonnenen funktionellen Erkenntnisse wie die ermittelte Restaurationshöhe und dynamische Führungbahnen flossen in die Gestaltung der Provisorien ein, sodass eine korrekte Ausrichtung und funktionelle Anpassung der neu ermittelten Kieferrelation erreicht wurde (Abb. 8).

Defintive Versorgung und Fazit

Nach der Einheilphase der Implantate, regelmäßigen Kontrollterminen und Patienten-Feedback sowie weiteren Kiefergelenk-Screenings konnte die neu gewonnene Bisslage sicher und funktionell in den definitiven keramischen Zahnersatz übertragen werden. Bei den Kiefergelenk-Screenings werden beispielsweise die symmetrische Mundöffnung und eventuelle Verspannungen der Muskeln geprüft, um eine langfristige Beschwerdefreiheit sicherzustellen. Die sorgfältige präoperative Planung der Implantatpositionen erwies sich als entscheidend, da aufwendige Anpassungen oder zahntechnische Kompromisslösungen vermieden werden konnten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt, Zahntechniker und Patient unter Berücksichtigung der dynamischen Okklusion und der idealen Funktion ist bei solch komplexen Versorgungen unerlässlich (Abb. 9 und 10).

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