„VITA VIONIC VIGO von A bis Z“ hieß der Kurs. Ausgerechnet ich Skeptiker sollte mir dort die digitale Herstellung einer Totalen Prothese ansehen. Ach, war das interessant und vor allem schön, wieder einmal mit anderen Zahntechnikern zusammen Zähne zu basteln.
Schenk
Halleluja! Nun aber zurück zum Kurs: Kennen auch Sie noch die Zeiten, in denen die Dentalhandelsvertreter sozusagen zur Laborfamilie gehörten? Sie waren ein ganzes Leben lang bei den alteingesessenen Firmen wie eben bei der VITA. Spätestens nach dem Millenniumwechsel wurde der Dentalsektor amerikanisiert und betriebswirtschaftlich optimiert.
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Während der Arbeit bekam man so manche Insiderstory mit und spürte die Verbundenheit der Mitarbeiter mit der Firma und die Leidenschaft für Zähne. Für jeden Kursteilnehmer war die digitale Prothese eine Herausforderung: Denn am Anfang ist es (noch) nicht ganz einfach, eine individuelle handwerkliche Arbeit am PC auszuführen.
Ein Highlight waren die Berichte unseres Referenten. Urban Christen ist Denturist in der Schweiz und darf dort mit offenen Augen an offenen Mündern arbeiten. So ist es kein Wunder, dass Herr Christen schon viele Jahre der VITA und uns wertvolle Tipps aus der echten Praxis geben kann. Und so lernten wir auch das Geheimnis des digitalen Erfolges kennen.
Es liegt in der händischen analogen Vorarbeit im Mund mit dem Patienten. Da eine Wachseinprobe mit Umstellung schwierig ist, muss die Bissschablone vorab optimal angepasst sein (Abb. 3). Schenk
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Über die Phonetik wird überprüft, wo die Zähne stehen müssen. Dies bedarf eines gewissen handwerklichen Geschicks und dauert unter Umständen auch länger als „Und jetzt bitte einmal zubeißen“ (Abb. 4). Die wichtigsten analogen Schritte für den digitalen Erfolg sind dabei folgende:
- die Erstabformung inklusive der retromolaren Polster und der Modellherstellung
- die Gestaltung der individuellen Löffel und Bissschablonen
- die Registrierung am Patienten: Sprechabstand, Ebenen, Zentrik überprüfbar festlegen, Mitte anzeichnen und mit Papilla incisiva gegenchecken, Phonetik überprüfen, Schablonen anpassen und Gewebe abstützen
- schließlich die Modellanalyse – und zwar richtig, statt stur auf Kieferkammmitte; evtl. kann man zudem das lingualisierte Konzept anwenden
- und zuletzt: die skelettale Klasse beibehalten – auch bei Progenie
Die praxisnahen Ausführungen des Referenten waren Gold wert, auch wenn wir nur mit rosa Kunststoff druckten. Gedruckt sei grundlegend wirtschaftlicher als gefräst, passe besser als analog, sei jedoch nicht ganz so stabil, wurde uns gesagt. Dies werde ich aber noch ausführlich testen, denn ich habe mich verliebt.
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Gaumenfalten werden phänomenal auspoliert und interdental sowie am Gingivarand erreicht man sehr natürliche Radien, die zudem richtig glatt sind (Abb. 6). Der Kunststoff von Scheu-Dental, Imprimo LC Denture, ließ sich hervorragend polieren und ist unglaublich homogen. Der Clou ist der Glue – denn die Zähne werden eingeklebt und der 2-K-Kleber VITA VIONIC BOND war direkt mein nächstes Highlight (Abb. 7). Schenk
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Denn hier ist der konventionelle Herstellungsprozess nach wie vor praktikabler. Nach dem Kleben der Zähne werden noch Restspalten zu den Klebestellen der Zähne versiegelt. Aus logischen Gründen innerhalb des digitalen Workflows und zur Rationalisierung wurden die Prothesen auch lackiert.
GLAZE aus dem VITA Akzent LC Set soll übrigens keine Verfärbungen bekommen, was 2 Jahre lang getestet wurde. Ich denke, ich werde aber beim Polieren bleiben … mal sehen. Was ich direkt bestätigen kann, ist, dass der Lack gut hält und nicht einfach wegpoliert werden kann (Abb. 6), deshalb sollte er entweder ganz sparsam (z.B. nur, um Spalten zu schließen) oder über die gesamte Prothese hinweg eingesetzt werden – Basis ausgenommen.
Konsequenterweise wird dann auf das Polieren verzichtet. Die Zähne VITA VIONIC VIGO sind einzeln verpackt, also nicht auf Wachsplättchen, und bereits sandgestrahlt fertig zum Verkleben. Zwei Teilnehmer haben es geschafft, rechte und linke Zähne zu vertauschen.
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Denn das sind doch die großen Vorteile. Kontinuierlich bestrebt, Materialien und Workflows weiter zu verbessern, freut sich die Industrie über unsere Hilfe in Form von konstruktivem Feedback – ja sogar über Kritik. Das wurde uns von der VITA auch ans Herz gelegt.
Denn ist die Technik noch so weit – Handarbeit bleibt Handarbeit! Die Grundlagen sind immer dieselben – wir Zahntechniker kennen sie und es ist unsere (neue) Aufgabe, mit der Industrie gemeinsam dieses Wissen zu erhalten und in computergestützte Prozesse einzubinden. Großes Entwicklungspotenzial sehe ich im Bereich der Bedienerfreundlichkeit der Software an sich.
Schenk
Am Abend tauschten wir uns aus, wie man Bier braut, imkert oder Wurst produziert. Das ganze Team von Vita war dabei und war extrem engagiert. Sogar eine Materialkundlerin begleitete uns die vollen 2 Tage, was unglaublich spannend war!
Sie verschaffte uns nicht nur tiefe Einblicke in industrielle Entwicklungen, Entscheidungen und damit Verständnis für die Materie, die Probleme, die material- und prozessbezogenen Eigenschaften, sondern auch über das ganze bürokratische Prozedere konnten wir uns wundern. So verschwinden nun wegen der MDR gute Produkte, die zu wenig nachgefragt werden, Produkte die z.T. nur von wenigen Spezialisten verwendet werden, denn die Zulassung würde zu viel kosten und damit nicht im Verhältnis zum Ertrag stehen. Eine MDR-Zulassung koste übrigens 50–60 T Euro und dauere gut ein Jahr.
Fazit
Es war spannend und es hat Spaß gemacht! Und ich bin mir sicher, dass die digitale Welt nicht – wie so viele dentale Techniken zuvor – im Keller verschwinden wird. Sie wird bleiben und wachsen, denn sie ist das Rückgrat der Globalisierung.
Sich dem Fortschritt zu verschließen, bedeutet selbst stehen zu bleiben. Besser ist es aber, beweglich zu bleiben und an dieser neuen Welt mitzuarbeiten. Wir haben die Wahl.
Sich weiterzubilden und zu öffnen, lohnt sich auf jeden Fall – wie dieser Kurs mir einmal mehr gezeigt hat. In diesem Sinne: Danke VITA!
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