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Arbeitsalltag

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM): Lästige Pflicht oder Wettbewerbsvorteil?

Arbeitgeber/-innen, die das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und die stufenweise Wiedereingliederung nicht nur als gesetzliche Pflicht betrachten, sondern als strategisches Instrument zur Mitarbeiterbindung und -förderung, können sich klar im Wettbewerb differenzieren. In Zeiten des Fachkräftemangels gewinnen attraktive Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Personalpolitik zunehmend an Bedeutung. Unternehmen, die proaktiv BEM-Maßnahmen in ihre Unternehmenskultur integrieren und nach außen kommunizieren, positionieren sich als verantwortungsbewusste und gesundheitsorientierte Arbeitgeber. Dies stärkt nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern reduziert auch Ausfallzeiten und steigert die Produktivität.

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Nach längerer Krankheit wieder in den Beruf zurückzukehren, kann für Betroffene herausfordernd sein. Körperliche und psychische Belastungen, Unsicherheiten oder Leistungsdruck sind Faktoren, die den Prozess erschweren können. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland zwei etablierte Maßnahmen, die helfen sollen, den Weg zurück in den Arbeitsalltag erfolgreich zu gestalten: die stufenweise Wiedereingliederung, auch Hamburger Modell genannt, und das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Beide Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, Arbeitnehmer/-innen nach einer Krankheit oder längerer Arbeitsunfähigkeit schrittweise und nachhaltig in den Betrieb zu reintegrieren. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer/-in, Arbeitgeber/-in sowie weiteren Akteuren (Ärzte/-innen, Krankenkassen, ggf. Betriebsräten) notwendig. Während die stufenweise Wiedereingliederung (§ 74 SGB V) auf die schrittweise Erhöhung der Arbeitsbelastung nach einer Krankheit abzielt, strebt das BEM (§ 167 SGB IX) eine breitere Lösung an. Es greift nach sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit und ist auf die langfristige Sicherung des Arbeitsplatzes ausgerichtet.

Stufenweise Wiedereingliederung

Diese Maßnahme richtet sich an gesetzlich Krankenversicherte, ist für sie freiwillig und wird typischerweise in Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzten/-innen, der Krankenkasse und dem/der Arbeitgeber/-in durchgeführt. Die Arbeitnehmer/-innen arbeiten zunächst wenige Stunden pro Tag und erhöhen schrittweise die Arbeitszeit, bis sie wieder ihre volle Arbeitsleistung erbringen können. Dies geschieht über einen individuell festgelegten Zeitraum, der zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten liegen kann. Während der Wiedereingliederung erhalten die Arbeitnehmer/-innen in der Regel weiterhin Krankengeld, da sie noch nicht voll arbeitsfähig sind.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Diese gesetzlich vorgeschriebene Maßnahme richtet sich an alle Arbeitnehmer/-innen, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Das Ziel des BEM ist, einer weiteren Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz der Betroffenen zu sichern. Das BEM ist für Arbeitgeber/-innen verpflichtend, sobald ein/-e Arbeitnehmer/-in die oben genannten Kriterien erfüllt. Der/die Mitarbeiter/-in kann jedoch selbst entscheiden, ob er bzw. sie am BEM teilnehmen möchte. Es besteht keine Verpflichtung, das Angebot anzunehmen.

Das BEM wird von dem/der Arbeitgeber/-in initiiert. In einem vertraulichen Gespräch werden gemeinsam mit dem/der betroffenen Arbeitnehmer/-in, dem/der Betriebsarzt/-ärztin, ggf. dem Betriebsrat und der Personalabteilung Maßnahmen zur Wiedereingliederung besprochen, wie beispielsweise:

  • Anpassung der Arbeitsbedingungen (z.B. ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz)
  • flexiblere Arbeitszeitmodelle oder verkürzte Arbeitszeiten
  • Weiterbildungsmaßnahmen, um Mitarbeiter/-innen zu geänderten Anforderungen (z.B. Digitalisierung) am Arbeitsplatz zu schulen
  • Angebot von Business Coaching, um Mitarbeitern/-innen Tools an die Hand zu geben, mit den Arbeitsherausforderungen besser umgehen zu können

Das BEM hat nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmer/-innen, sondern auch für die Unternehmen selbst einige Vorteile zu bieten: So wird zum einen durch präventive Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit von Langzeiterkrankungen und Ausfallzeiten reduziert und zum anderen die Arbeitgebermarke gefördert, indem das BEM die Fürsorge für Mitarbeiter/-innen unterstreicht. Darüber hinaus können Arbeitgeber/-innen ggf. staatliche Förderprogramme zur Unterstützung von BEM-Maßnahmen heranziehen.

Proaktive Kommunikation und Positionierung

Beide Maßnahmen eignen sich, um sich als mitarbeiterfreundliches Unternehmen zu positionieren. Die stufenweise Wiedereingliederung und das BEM können dafür proaktiv genutzt und in die Unternehmenskultur integriert werden. Darauf kann beispielsweise in Stellenanzeigen hingewiesen werden. Auch auf der Firmenwebsite lassen sich diese Punkte gut beschreiben mit einer Formulierung, dass nicht nur Leistung erwartet wird, sondern auch die Gesundheit der Mitarbeitenden im Fokus steht. Ein proaktiver Ansatz, der auch präventive Maßnahmen wie Stressmanagement und Coaching umfasst, unterstreicht dies. Dies erhöht Motivation sowie Bindung an das Unternehmen und ist ein deutliches Unterscheidungskriterium zur Konkurrenz.

Einsatzmöglichkeiten von Business Coaching

Coaching, idealerweise von einem Business Coach mit dentalem Hintergrund, bietet Werkzeuge zur Stressbewältigung, hilft bei der Priorisierung von Aufgaben und zeigt Strategien zur Entwicklung und Erweiterung der eigenen Selbstmanagementfähigkeiten auf. Das Ziel ist es, den Mitarbeitern/-innen Lösungen an die Hand zu geben, mit Stress, hohen Arbeitsanforderungen und komplexen beruflichen Herausforderungen besser umzugehen. Eine gezielte Stärkung der Resilienz verringert die Wahrscheinlichkeit von krankheitsbedingten Ausfällen und dient langfristig der Burnout-Prophylaxe. Darüber hinaus kann ein Coach dabei unterstützen, nach einer langen Krankheitsphase einen positiven Blick auf den Wiedereinstieg in den Beruf zu gewinnen und einen schrittweisen Plan zur vollständigen Integration zu erstellen. Insgesamt ist zu bedenken, dass jede Mitarbeiterin bzw. jeder Mitarbeiter anderen Belastungen und Anforderungen ausgesetzt ist. Ein Business Coach kann auf die individuellen Situationen eingehen und passgenaue Strategien anbieten.

Tipps für ein Krankenrückkehrgespräch

Ein Krankenrückkehrgespräch ist eine wichtige Maßnahme, um den Wiedereinstieg nach einer längeren Krankheitsphase zu begleiten und präventiv zukünftigen Erkrankungen vorzubeugen. Das Gespräch sollte in einer vertrauensvollen und offenen Atmosphäre stattfinden und dabei sowohl die Gesundheit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters als auch die betriebliche Situation berücksichtigen.

Auf das Gespräch vorbereiten

  • Alle wesentlichen Informationen wie die Dauer der Krankheitsphase, mögliche ärztliche Einschätzungen (wenn von dem/der Mitarbeiter/-in gewünscht) sowie vorherige Krankheitsverläufe (falls relevant) müssen gesammelt werden. Auch der Ablauf des BEM-Prozesses und die möglichen Angebote, die das Unternehmen bereitstellen kann, sollten klar sein.
  • Es muss klar kommuniziert werden, dass das Gespräch vertraulich ist und keine negativen Konsequenzen nach sich zieht. Es sollte deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht der Grund der Erkrankung hinterfragt oder der Krankenstand kritisiert werden soll, sondern dass man herausfinden will, wie das Unternehmen unterstützend dazu beitragen kann, einen weiteren Krankheitsausfall in Zukunft zu vermeiden.

Das Gespräch führen

  • Das Klima muss positiv und wertschätzend sein. Da hilft es, Verständnis zu zeigen für die Zeit, die für die Genesung nötig war, und die Gesundheit des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin in den Mittelpunkt zu stellen.
  • Der/die Mitarbeiter/-in sollte erfahren, dass das Unternehmen verpflichtet ist, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten, wenn er/sie innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Es sollte ihm/ihr bewusst gemacht werden, dass die BEM-Maßnahme nicht nur der Wiedereingliederung dient, sondern auch dazu, zukünftigen Krankheiten vorzubeugen und den Arbeitsplatz langfristig zu sichern.
  • Wenn es besondere Umstände oder Herausforderungen am Arbeitsplatz gibt, die zur Erkrankung beigetragen haben, sollten diese gemeinsam herausgearbeitet werden, um sie künftig möglichst zu vermeiden oder zu ändern. Dies kann physische oder psychische Belastungen betreffen, aber auch organisatorische oder soziale Aspekte der Arbeit.
Maßnahmen zur Wiedereingliederung und präventive Angebote fördern nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern stärken auch deren
Motivation und Bindung ans UnternehmenMohamed Hassan/Pixabay
Maßnahmen zur Wiedereingliederung und präventive Angebote fördern nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern stärken auch deren Motivation und Bindung ans Unternehmen

Konkrete Maßnahmen im Rahmen des BEM aufzeigen

  • Es ist wichtig, Lösungen anzubieten, die dem/der Mitarbeiter/-in helfen können, seine/ihre Arbeit gesundheitsgerecht auszuführen. Dazu gehören unter anderem ergonomische Maßnahmen, angepasste Arbeitszeiten, schrittweise Wiedereingliederung, eine Aufgabenverteilung oder eine Veränderung der Arbeitsumgebung.
  • Je nach Situation kann es sinnvoll sein, externe Unterstützung hinzuzuziehen (Betriebsarzt/-ärztin, Business Coach, Personalabteilung o.Ä.). Im Gespräch mit dem/der Mitarbeiter/-in kann man gemeinsam herausfinden, ob eine solche Unterstützung infrage kommt.

Vereinbarungen treffen und dokumentieren

  • Einzelne Maßnahmen, die für die Wiedereingliederung sinnvoll sind, werden festgelegt.
  • Es ist wichtig, dass alle getroffenen Vereinbarungen dokumentiert und festgehalten werden, damit der Prozess transparent bleibt und für beide Seiten nachvollziehbar ist.
  • Regelmäßige Folgetermine helfen, den Wiedereingliederungsprozess und die Gesundheit des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin kontinuierlich zu beobachten und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
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Fazit

Beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) und der stufenweisen Wiedereingliederung handelt es sich um mehr als nur eine gesetzliche Anforderung und lästige Pflicht. Gezielte Maßnahmen zur Wiedereingliederung und präventive Angebote fördern nicht nur Gesundheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern stärken auch deren Motivation und Bindung ans Unternehmen – in Zeiten einer immer schwieriger werdenden Personalbeschaffung kein unerheblicher Aspekt. Deshalb tragen diese Maßnahmen langfristig zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und zum Erfolg des Unternehmens bei. Sind das BEM und die stufenweise Wiedereingliederung sowie Coaching-Möglichkeiten als feste und erlebbare Bestandteile in der Unternehmenskultur integriert, kann sich das Unternehmen als verantwortungsbewusster und attraktiver Arbeitgeber positionieren. Gleichzeitig hebt es sich von Mitbewerbern ab und profitiert von gesteigerter Produktivität sowie reduzierten Fehlzeiten.

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