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Warum das Lächeln in der Zahnarztpraxis mehr wert ist als jeder Return on Investment

Die heutige Zahnarztpraxis ist kaum noch mit jener von vor zwanzig Jahren zu vergleichen. Noch nie war es so einfach, Abläufe zu straffen, Zeit zu sparen und Ressourcen exakt zu kalkulieren. Der Return on Investment (ROI) scheint zur neuen Leitgröße des Praxiserfolgs geworden zu sein. Dabei drängt sich jedoch die Frage auf, ob in diesem Streben nach Optimierung nicht genau das verlorengeht, was eine Zahnarztpraxis im Kern zusammenhält – nämlich Menschlichkeit, persönliche Begegnung und Vertrauen. Denn eines lässt sich mit keinem Scanner und keinem Praxismanagement-Tool messen: das gelöste, ehrliche Lächeln zufriedener Patienten/-innen, ebenso wenig wie die Gründe für ihre Entscheidung, auch beim nächsten Mal wiederzukommen..

A patient and dentist share a happy moment in a dental office. The patient, seated in the dentist's chair, is looking at a handheld mirror, showcasing a joyful interaction. Meeko Media/AdobeStock
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In der Welt der Marketingstrategien spricht man heute von Sichtbarkeit, Zielgruppenaffinität und Conversion Rates. Auch Zahnarztpraxen investieren zunehmend in Websites, Suchmaschinenoptimierung und Bewertungsportale. All das hat seinen Wert – doch oft bleibt dabei ein Faktor unbeachtet, der sich nicht in Klickzahlen abbilden lässt: die emotionale Verbindung zwischen Mensch und Praxis. Denn das, was Patienten/-innen wirklich berührt, ist selten das, was auf einem Flyer steht oder in einer Onlinebewertung nachgelesen werden kann. Es ist das Gefühl, willkommen zu sein. Die Art, wie man begrüßt wird. Der Tonfall am Telefon. Ein aufmerksamer Blickkontakt. Und jenes ehrliche, spontane Lächeln, das nicht aus dem Lehrbuch kommt, sondern aus echtem Interesse am Gegenüber. Herzlichkeit kann man nicht kaufen – aber sie bleibt im Gedächtnis.

Und sie wirkt nachhaltiger als jede Werbekampagne. Zweifellos hat die Digitalisierung die Spielregeln der Praxisführung verändert. Sie sorgt für Schnelligkeit, Präzision, Transparenz – und häufig auch für mehr Sicherheit. Praxen, die auf digitale Workflows setzen, arbeiten langfristig wirtschaftlicher: weniger Leerlauf, weniger Papierkram, weniger Missverständnisse in der Kommunikation. Automatisierte Recall-Systeme, KIgestützte Diagnostik und digitale Patientenaufklärung sind längst keine Zukunftsvision mehr, sondern gelebter Alltag. Doch je mehr sich Abläufe standardisieren und automatisieren, desto größer wird die Gefahr, dass das Menschliche an den Rand gedrängt wird. Viele Praxen sind organisatorisch perfekt aufgestellt – und trotzdem bleibt bei Patienten/-innen das Gefühl zurück, austauschbar zu sein.

Der ROI als Maß aller Dinge – und seine blinden Flecken

In vielen Fortbildungen und Beratungsgesprächen wird mittlerweile unternehmerisch gerechnet: Welche Leistungen bringen welchen Umsatz? Wie lässt sich die Verweildauer pro Patient/-in optimieren? Welche wirtschaftlichen Folgen hat ein Patientenverlust – und wie kann man ihm entgegenwirken? Diese Fragen sind betriebswirtschaftlich relevant und verdienen Aufmerksamkeit. Doch im Gesundheitswesen stößt der ROI schnell an seine Grenzen. Denn wie beziffert man den Wert eines stabilen Vertrauensverhältnisses?

Was ist der „Ertrag“ einer ehrlichen Beratung, die am Ende zu einer günstigeren, aber für den/die Patienten/-in besseren Lösung führt? Und wie bemisst man den Gewinn, der entsteht, wenn sich ein/-e Patient/-in nicht nur versorgt, sondern verstanden fühlt? Solche Dimensionen lassen sich in keiner Excel-Tabelle darstellen. Sie gehören zur Kategorie dessen, was man den „Return on Emotion“ nennen könnte – eine weiche Währung, jedoch mit nachhaltiger Wirkung. Denn Patientenzufriedenheit zeigt sich nicht im Quartalsbericht, sondern im wiederholten Besuch. Und Loyalität lässt sich nicht durch Digitalisierung erkaufen, sondern wächst aus echten Beziehungen.

Wenn das Menschliche im System untergeht

Viele Patienten/-innen beschreiben nach ihrem Praxisbesuch ein Gefühl der Entfremdung. Man sei effizient durchgeschleust worden, sei nur eine Nummer im System gewesen, alles sei zwar professionell abgelaufen, aber irgendwie auch seltsam unpersönlich. Paradoxerweise betrifft das oft gerade jene Praxen, die am meisten in Design, Technik und Kommunikation investiert haben. Die Ursache liegt meist in einem grundlegenden Missverständnis: Digitalisierung wird als Ersatz für den persönlichen Kontakt verstanden – dabei sollte sie ihn lediglich unterstützen.

Der direkte Kontakt ist nicht optional. Besonders in einem Umfeld, in dem Angst, Schmerz oder Scham mitschwingen, bleibt der zwischenmenschliche Austausch von zentraler Bedeutung. Ein einfaches Beispiel: Eine digitale Anamnese auf dem iPad kann den Einstieg erleichtern und spart Zeit. Doch wenn die ZFA oder der/die Zahnarzt/-ärztin anschließend mit echtem Interesse noch einmal persönlich nachfragt, entsteht Vertrauen. Ebenso ist eine automatisierte Terminerinnerung praktisch, aber ein kurzer Anruf bei einem/-er langjährigen Patienten/-in wirkt wie eine kleine Geste der Wertschätzung, die haften bleibt.

Der neue Maßstab: Return on Emotion

Vielleicht ist es an der Zeit, dem ROI eine zweite Kennzahl an die Seite zu stellen – den Return on Emotion. Und dieser fragt nicht nach Klickzahlen, sondern nach Eindrücken: Wie fühlt sich der/die Patient/-in beim Betreten der Praxis? Wie wird er/sie empfangen – sachlich oder empathisch? Wie menschlich ist die Kommunikation, wie stimmig das Gesamtbild von der Begrüßung bis zur Verabschiedung?

Diese scheinbar weichen Faktoren entscheiden oft mehr als Fachwissen oder moderne Geräte darüber, ob Patienten/-innen wiederkommen, ihre Praxis weiterempfehlen und auch in schwierigen Momenten das Vertrauen behalten. Auch das Team profitiert: Eine Praxis, in der echte Wertschätzung, Teamgeist und Menschlichkeit gelebt werden, wird zum motivierenden Arbeitsplatz. Das wiederum wirkt sich direkt auf das gesamte Klima aus – intern wie extern [6].

Warum Vertrauen das beste Patientenbindungsprogramm ist

Patienten/-innen, die sich verstanden und gut aufgehoben fühlen, bleiben ihrer Praxis treu, selbst wenn andere Angebote locken [1]. Sie verzeihen kleine Fehler eher, wenn die Beziehung stimmt. Und sie empfehlen weiter – nicht aus strategischer Überlegung, sondern aus Überzeugung. Dabei ist es selten das fachliche Können allein, das den Ausschlag gibt – denn die meisten Zahnärzte/-innen arbeiten heute präzise, sorgfältig und auf dem Stand der Wissenschaft.

Der eigentliche Unterschied liegt in der Wahrnehmung. Patienten/-innen erinnern sich selten an technische Details oder das verwendete Material. Aber sie behalten sehr genau das Gefühl in Erinnerung, das sie in der Praxis begleitet hat. Vielleicht war es die Zeit, die man sich genommen hat. Oder die Tatsache, dass jede Frage willkommen war. Vielleicht war es die Ruhe im Ablauf, das Gefühl, nicht gehetzt zu werden. Oder dass man einfach ausreden durfte [4]. Es zählt also nicht nur, was man tut, sondern wie man es tut. Und oft beginnt dieser Eindruck schon weit vor der Behandlung, beim allerersten Kontakt: dem Anruf in der Praxis.

Der Empfang – unterschätzt, aber erfolgsentscheidend

An der Rezeption entscheidet sich der erste persönliche Eindruck. Und doch ist dieser Ort in vielen Praxen chronisch überlastet. Die Folge: Ein gehetzter Blick, eine angespannte Stimme, ein abwinkendes „einen Moment bitte“ prägen das Bild oft mehr als jeder Imagefilm oder jede hochwertige Broschüre. Dabei kann eine ruhige, zugewandte, freundliche Begrüßung mehr bewirken als jedes Marketingkonzept. Der Empfang vermittelt Zugehörigkeit und kann Ängste auffangen, bevor sie groß werden.

Und er ist nicht selten der ausschlaggebende Grund, warum ein/-e Patient/-in sich schon nach dem ersten Besuch entscheidet zu bleiben. Deshalb ist die Auswahl, Schulung und Begleitung des Empfangsteams keine reine Personalfrage. Es ist eine strategische Investition in den Erfolg der Praxis – und eine mit direkter Außenwirkung [5].

Echtheit statt Hochglanz – Authentizität schlägt Perfektion

Viele Praxen möchten „professionell“ auftreten und verlieren dabei unbeabsichtigt ihre Persönlichkeit. Hochglanzbroschüren, perfekt formulierte Website-Texte, makellose Stockfotos: All das kann auf den ersten Blick Eindruck machen, aber auch Distanz schaffen – vor allem, wenn es nicht zur realen Praxis passt. Statt einer glatten Fassade überzeugt oft das, was echt ist. Zum Beispiel zu erzählen, warum man Zahnarzt/-ärztin geworden ist, was einen antreibt, oder warum die eigene Stuhlassistenz schon seit zehn Jahren dabei ist. Denn Menschen vertrauen Menschen, nicht Marken. Und ein authentisches Auftreten wirkt stärker als jede Inszenierung. Wer sich traut, klar zu zeigen, wofür er/sie steht, hebt sich ab. Ohne laute Werbebotschaften, sondern durch das, was im Alltag zählt.

Herzlichkeit – der unterschätzte Wettbewerbsvorteil

Dass die „weichen Faktoren“ wie Herzlichkeit, Vertrauen und gelebte Aufmerksamkeit keineswegs eine nette Zugabe, sondern ein echter Wettbewerbsvorteil sind, zeigt auch die Serviceforschung. Studien wie jene der Unternehmensberatung Gallup [2] oder der Harvard Business Review [3] belegen eindrucksvoll: Kunden/-innen, die sich emotional verbunden fühlen, sind deutlich loyaler, empfehlen häufiger weiter und verzeihen auch einmal kleinere Fehler.

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In der Gesundheitsbranche – und gerade in Zahnarztpraxen, wo Vertrauen eine zentrale Rolle spielt – kann diese emotionale Verbindung sogar entscheidender sein als die reine Zufriedenheit mit der Behandlung. Der sogenannte „Return on Emotion“ übertrifft in seiner Wirkung auf langfristige Patientenbindung oft den messbaren Return on Investment. Eine offene, freundliche Atmosphäre senkt die Schwelle, überhaupt Kontakt aufzunehmen. Sie erleichtert die Kommunikation – besonders bei unangenehmen Themen. Sie erhöht die Toleranz für kleinere Wartezeiten oder Preisunterschiede.

Herzlichkeit ist kein „Nice to have“, sondern das Fundament einer nachhaltigen Praxisstrategie. Dabei erfordert sie nichts außer Aufmerksamkeit und ein Team, das sich gegenseitig unterstützt, sich als Gastgeber versteht und den Menschen im täglichen Tun in den Mittelpunkt stellt.

Fazit

Die Digitalisierung hat Zahnarztpraxen effizienter, transparenter und wirtschaftlicher gemacht. Doch bei allem Fortschritt bleibt eine Wahrheit bestehen: Patienten/-innen entscheiden sich nicht allein aufgrund technischer Exzellenz oder durchkalkulierter Prozesse für eine Praxis, sondern wegen des Gefühls, gesehen, verstanden und wertgeschätzt zu werden. Der „Return on Emotion“ ist keine weichgespülte Alternative zur harten Betriebswirtschaft, sondern ihr entscheidender Erfolgsfaktor. Praxen, die neben digitalen Lösungen auch auf emotionale Intelligenz, echte Herzlichkeit und ein stimmiges Gesamterlebnis setzen, schaffen nicht nur zufriedene Patienten/-innen, sondern loyale Fürsprecher/-innen. Sie unterscheiden sich nicht durch Technik, sondern durch Haltung. Und genau das macht sie unverwechselbar.

Autor

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Sven Thiele

Sources

[1] Berry LL. The Collaborative Organization: Leadership Lessons from Mayo Clinic. Organizational Dynamics 2004; 33 (3): 228-242.
[2] Gallup. The Value of Emotional Connection, 2016.
[3] Magids S, Zorfas A, Leemon D. The New Science of Customer Emotions. Harvard Business Review, 2015.
[4] Thiele S. Das zahnärztliche Beratungsgespräch: Patienten erfolgreich überzeugen (PraxisImpulse 1), steckandose, London, 2018.
[5] Thiele S. Achtsame Medizin: Das Enneagramm für Ärzte, Zahnärzte, Fachpersonal: Persönlichkeitstypen zur Verbesserung der Patientenkommunikation verstehen und das Praxisteam optimal führen. Eine Einführung. steckandose, London, 2023.
[6] Thiele S. Zahnmedizin 2030: Die Zukunft der Zahnmedizin in Deutschland: Chancen und Risiken für zahnmedizinische Praxen – Analysen und Prognosen in der Zeit des Umbruchs. steckandose, London, 2024.

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