Gemeinsam mit unzähligen Mikroben, die unseren Körper besiedeln, bildet der Mensch einen „Superorganismus“. In einem dynamischen, koevolutionären Prozess über Jahrmillionen entwickelt, profitieren wir bis heute entscheidend vom symbiotischen Zusammenspiel Mensch-Mikrobiom. „Die endogenen mikrobiellen Gemeinschaften des Menschen tragen zu existenziell wichtigen metabolischen, physiologischen und immunologischen Funktionen und Prozessen bei“ [2], so die Autoren der unlängst im British Journal of Dentistry erschienenen Studie. Die Widerstandsfähigkeit wird gestärkt und unsere Abwehrkräfte unterstützt, antioxidative Aktivität, entzündungshemmende Eigenschaften und zusätzliches Stoffwechselpotential werden entfaltet, Verdauungstrakt und das Herz-Kreislauf-System werden reguliert. Hierzu heften sich mikrobielle Gemeinschaften auf geeigneten Oberflächen als Biofilme an und treten über chemische Kommunikationsprozesse miteinander in symbiotische Verbindung. Bereits während der frühen Kindheit entwickelt sich so ein ausgeglichenes Verhältnis kommensaler, symbiotischer und pathogener Mikroorganismen.
Unser Mund als mikrobielles Gesundheitszentrum
Neben dem Magen-Darm-Trakt weist unsere Mundhöhle mit über 700 nachgewiesenen Spezies die höchste Vielfalt an Mikroorganismen auf. Zurückzuführen ist dies auf dreierlei: Zum einen finden sie hier eine warme und feuchte Umgebung. Zum anderen bieten Zähne eine nicht abstoßende und somit optimale Oberfläche für die Bildung des dentalen Biofilms. Schließlich stellen sowohl Sulkus- als auch Speichelflüssigkeit reiche Nährstoffquellen für Mikroben dar. Überhaupt ist die Bedeutung des Speichels für ein ausgewogenes Mikrobiom und somit für die Mundgesundheit nicht hoch genug einzuschätzen. So sorgen beispielsweise Speichelproteine wie Lactoferrin und Lysozym für die stabile Balance des Mikrobioms. Das Enzym Lactoperoxidase katalysiert die Produktion von Hypothiocyanit aus Wasserstoffperoxid und aktiviert auf diesem Weg den natürlichen antibakteriellen Schutzmechanismus der Mundhöhle. Zudem wird der Abbau bzw. die Erneuerung des Plaque-Biofilms sichergestellt.
Das orale Mikrobiom unter Druck
Das komplexe orale Gleichgewicht unterliegt verschiedenen genetischen, umwelt- und lebensstilbedingten Risikofaktoren, die über die Vielfalt, Funktion und Zusammensetzung des Mikrobioms bestimmen. Hormonelle Veränderungen infolge von Pubertät, Schwangerschaft oder Alterungsprozessen beeinträchtigen die Mundgesundheit nicht dauerhaft, da sie von gesunden Individuen in der Regel ausgeglichen werden können. Weitaus schädlicher für die mikrobiellen Balance im Mundraum können Aspekte der modernen Lebensführung wie der Konsum von Tabak, Alkohol, raffiniertem Zucker und säurehaltigen Getränken, aber auch Stress und insbesondere schlechte Mundhygiene sein. Auch mit Blick auf die damit einhergehende Verminderung des Speichelflusses, die sich auf die wichtige Regulation des oralen Biofilms auswirken kann, geben die Autoren zu bedenken: „Störende Einflüsse auf die Funktion und Zusammensetzung des Mikrobioms können signifikante Konsequenzen für die menschliche Gesundheit haben“[3].
Dysbiose: Das erkrankte orale Mikrobiom
Wird das Gleichgewicht des „oralen Ökosystems“ gestört, gewinnen krankheitsfördernde Bakterien im Mundraum die Oberhand. Das vormals symbiotische orale Mikrobiom läuft nun Gefahr, zu einem dysbiotischen Mikrobiom mit negativen Auswirkungen auf unsere Mundgesundheit zu werden. Aufgrund eines dauerhaft niedrigen, also sauren pH-Werts werden die De- und Remineralisationsphasen des Zahnschmelzes unterbrochen. Kariöse Läsionen und schließlich Karies können die Folge sein. Nicht ausreichend regulierter Plaque-Biofilm verursacht orale Entzündungen, die ein chronisch-destruktives Potential entwickeln können. Eine Gingivitis wächst sich so rasch zu einer Parodontitis aus. „Sobald es zur Dysbiose kommt, sollte das Behandlungsziel sein, die verloren gegangene harmonische Balance wiederherzustellen, indem eine gute Mundhygiene beibehalten und Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Rauchen entsprechend geändert werden“ [4].
Für ein proaktives Management der Mundgesundheit
Unsere Gesundheit lässt sich schützen, indem wir Krankheiten präventiv begegnen. Hierzu lohnt es sich, das natürliche Gleichgewicht unseres oralen Mikrobioms zu verstehen und entsprechend zu fördern. Zur Vorbeugung von Karies empfehlen sich neben der Anwendung von Fluorid pH-Wert-regulierende Maßnahmen. Parodontale Erkrankungen lassen sich frühzeitig kontrollieren, indem schädliche Biofilm-Akkumulationen reduziert werden, ohne den Biofilm als Ganzes zu eliminieren. Hier kann es ratsam sein, die antibakteriellen Eigenschaften des Speichels bei Abbau bzw. Erneuerung des oralen Biofilms zu unterstützen. So lautet das Fazit der Studie: „Es muss in der klinischen Praxis zu einer Neuausrichtung der historisch bedingten Fokussierung bei der Behandlung der Karies und Parodontitis kommen: […] hin zu einem proaktiven Management der Mundgesundheit“[5].
Quelle: Unilever Deutschland GmbH
Literaturverzeichnis
[1] Kilian M, Chapple IL, Hannig M et al. The oral microbiome – an update for oral healthcare professionals. Br Dent J 2016; 221 (10): 657–666. [2] Ebd., 659. [3] Ebd. [4] Ebd., 665. [5] Ebd.
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