C. Stemper, S. Schirle, O. Rogge
Um einen kontrollierten Ablauf der Kühl- und Spülflüssigkeiten in eine unter dem Hundekopf liegende Schale zu gewährleisten, wurde Kofferdam angelegt. Nach Trepanation des Zahnes über eine Erweiterung der vorhandenen Frakturöffnung imponierte die schiere Größe und Menge der noch verbliebenen Pulpa.
Mit über 6 cm langen, tierärztlichen Endo-Handinstrumenten gelang es, den physiologischen Stopp festzulegen, röntgenologisch zu dokumentieren und die Pulpa unter ständigem Spülen mit NaOCl auszuräumen (Abb. 2). In der 58 mm langen und teils 4 mm breiten Pulpenhöhle gestaltete sich die systematische Erweiterung und Freilegung der Dentintubuli äußerst schwierig. C. Stemper, S. Schirle, O. Rogge
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Die Handinstrumente wurden mehrfach von Hand gebogen, um ein formschlüssiges mechanisches Abtragen des infizierten Wurzeldentins zu ermöglichen. Das Pulpencavum wurde gründlich mit EDTA gespült, was große Mengen Smearlayer aus der Tiefe zutage brachte (Abb. 3). Die Kanaldesinfektion erfolgte durch 15 ml NaOCl. Mit Alkohol wurden NaOCl-Reste entfernt und der Wurzelkanal wurde – wie bei den Patienten unserer Praxis auch – mit Papierspitzen in ebenfalls 6 cm Länge getrocknet.
Stumpfaufbau und prothetische Versorgung
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Die Behandlung hatte bis zu diesem Punkt bereits 2 Stunden gedauert. Das Röntgenbild zeigte ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis. Doch das Behandlungsziel war noch nicht erreicht, denn ein Polizeihund sollte nicht nur schmerzfrei fressen können, sondern im Ernstfall auch zubeißen und halten, ohne seine Beute wieder zu verlieren. Also ging es trotz vorgerückter Stunde weiter. Der Zahnstumpf wurde nun für die Aufnahme einer Titankrone präpariert: zirkuläre Hohlkehle, supragingival zur besseren Kontrollfähigkeit durch den Hundeführer (Abb. 5). Der Fang des Tieres wurde mit additionsvernetzendem knetbarem Silikon dünn abgedeckt und darüber mittels lichthärtenden Kunststoffplatten ein individueller Löffel hergestellt. Mit diesem wurde eine Doppelmischabformung aus Impregum und Impregum Soft (3M ESPE) genommen (Abb. 6). Analog gingen wir im Gegenkiefer vor. Auf ein Provisorium wurde verzichtet, so dass wir direkt die Narkose ausleiten, extubieren und den Quetschbiss mit Colorbite (Zhermack) nehmen konnten. C. Stemper, S. Schirle, O. Rogge
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Der Kampf gegen die noch schlaffe Zunge des gerade erwachenden Hundes erforderte vollen Einsatz, dabei verschwand die halbe Hand im Maul des Tieres. In dieser Situation begann der Schäferhund heftig zu schnarchen, was mich die Behandlung zunächst unterbrechen lies. Erst nach der beruhigenden Versicherung der Veterinärin, dass noch gut 3 Minuten Zeit bis zum endgültigen Erwachen des Tieres seien, gelang die Bissnahme.
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Als der Schäferhund 2 Monaten nach Eingliederung eine Holzhundehütte zerbiss, ging die Krone verloren. Der unversehrte Zahnstumpf konnte erneut mit einer Krone versorgt werden. Diese wurde etwas kürzer gestaltet. Somit fallen die einwirkenden Kräfte geringer aus und die Konstruktion ist robuster. Seither hält die Krone (Abb. 8a und b). Das Röntgenkontrollbild 8 Wochen nach Wurzelfüllung zeigt deutlich eine Ausheilung mit physiologischem Periodontalspalt (Abb. 9). C. Stemper, S. Schirle, O. Rogge
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Fazit
Ich würde es wieder tun! Es war eine spannende und herausfordernde Behandlung, die den gewünschten Erfolg brachte: die wiederhergestellte Dienstfähigkeit eines ausgebildeten Polizeihundes, ein glücklicher Hundeführer, der seinen Arbeitspartner behalten kann und nicht zuletzt ein weiterer Blick über den Tellerrand des Alltags für meine Auszubildende Elisa Reich und mich.
Näheres zu den Autoren des Fachbeitrages: Christoph Stemper, Stefanie Schirle, ZTM Oliver RoggeBildquellen sofern nicht anders deklariert: Unternehmen, Quelle oder Autor/-in des Artikels
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