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Dentalforum

Hyaluronsäure als Adjuvans in der nichtchirurgischen Parodontaltherapie

Hyaluronsäure ist ein wesentlicher Bestandteil in zahlreichen Haut- und Haarpflegeprodukten und wird beispielsweise in der Dermatologie in vielen Indikationen seit langem verwendet. Hyaluronsäure hat sich in den letzten Jahren aber auch in der Zahnheilkunde etabliert und wurde in den unterschiedlichsten Indikationen getestet, beispielsweise als Zusatz in der nichtchirurgischen und chirurgischen Parodontaltherapie, in der Mukogingivalchirurgie, bei knöchernen Augmentationen und vieles mehr. Dieser Trend wird unterstützt von den Ergebnissen zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten, einschließlich systematischer Übersichtsarbeiten, die einen potenziell positiven Effekt von Hyaluronsäure in den unterschiedlichsten Indikationen belegen. In diesem Beitrag liegt der Fokus auf der nichtchirurgischen Parodontaltherapie und inwieweit Hyaluronsäure den Effekt der nichtchirurgischen Parodontaltherapie sowohl durch eine supra- und/oder subgingivale Applikation in der Praxis als auch durch tägliche supragingivale Applikation durch die Patientinnen und Patienten zuhause verbessern kann.

Hyaluronsäureprodukte in Gelform können durch die Patientinnen und Patienten täglich mittels Interdentalraumbürsten appliziert werden. Bertel/Stavropoulos
Hyaluronsäureprodukte in Gelform können durch die Patientinnen und Patienten täglich mittels Interdentalraumbürsten appliziert werden.
Hyaluronsäureprodukte in Gelform können durch die Patientinnen und Patienten täglich mittels Interdentalraumbürsten appliziert werden.
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Was ist Hyaluronsäure?

Hyaluronsäure ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Körpers, und es wird geschätzt, dass der Körper einer Person mit 70 kg ungefähr 15 g Hyaluronsäure enthält; ein Drittel davon wird täglich abgebaut und neu produziert [9]. Hyaluronsäure befindet sich beispielsweise in der Haut, in der Gelenksflüssigkeit, im Knorpelgewebe, im Glaskörper des Auges, aber eben auch im Zahnfleisch und im Parodont [3]. Die Hauptmerkmale von Hyaluronsäure sind seine Viskoelastizität und Hygroskopie; so kann beispielsweise 1 g Hyaluronsäure bis zu 6 Liter Wasser binden [10].

Diese Eigenschaften sind unter anderem für die Gewebeelastizität, die Hydrodynamik sowie das Gewebevolumen der Haut relevant. Um Hyaluronsäure in diversen medizinischen Produkten verarbeiten zu können, wurde sie traditionell aus dem Gewebe des Hahnenkamms hergestellt. Dies hatte aber den Nachteil, dass die eventuell enthaltenen Vogelproteine zu allergischen Reaktionen führen können. Deswegen wird in den heutigen Produkten hauptsächlich Hyaluronsäure verwendet, die im Rahmen eines Fermentationsprozesses mit Streptokokken entsteht [11].

Wie kann man Hyaluronsäure in der nichtchirurgischen Parodontaltherapie einsetzen?

Hyaluronsäure hat zahlreiche positive Eigenschaften: entzündungshemmend, bakteriostatisch, wundheilungsfördernd, osteoinduktiv, proangiogenetisch und vieles mehr [5]. Dementsprechend verstärkte sich auch das Interesse am Einsatz von Hyaluronsäure in der Parodontologie mit dem Ziel, die parodontale Entzündung zu reduzieren und die Wundheilung zu verbessern.

Das Potenzial von Hyaluronsäure tatsächlich parodontale Regeneration zu fördern, wurde auch in einer präklinischen Studie histologisch bestätigt [8]. Zahlreiche Produkte in unterschiedlicher Darreichungsform – beispielsweise als Gel, Spray oder Mundspüllösung – und mit unterschiedlichen Hyaluronsäureeigenschaften (Konzentration, Molekulargewicht, Quervernetzung, etc.) befinden sich auf dem Markt.

Abb. 1 a-d: Hyaluronsäureprodukte in Gelform können an Zähnen mit erhöhten Sondierungstiefen (a) nach einem nichtchirurgischen Debridement (b, c) in der zahnärztlichen Ordination supra- und subgingival appliziert werden (d).Bertel/Stavropoulos
Abb. 1 a-d: Hyaluronsäureprodukte in Gelform können an Zähnen mit erhöhten Sondierungstiefen (a) nach einem nichtchirurgischen Debridement (b, c) in der zahnärztlichen Ordination supra- und subgingival appliziert werden (d).

Diese Produkte sind entweder zur subgingivalen Applikation in der Praxis gedacht (Abb. 1) oder zur häuslichen Anwendung durch den Patienten oder die Patientin (Abb. 2). Zu beachten ist hierbei, dass der Einsatz von Hyaluronsäureprodukten immer als adjuvante Therapie und nicht als Monotherapie angesehen werden sollte. Das heißt, dass diese Produkte bei der nicht-chirurgischen Therapie einer Parodontitis immer in Kombination mit einem Debridement verwendet werden sollten (Abb. 1).

Abb. 2: Hyaluronsäureprodukte in Gelform können durch die Patientinnen und Patienten täglich mittels Interdentalraumbürsten appliziert werden.Bertel/Stavropoulos
Abb. 2: Hyaluronsäureprodukte in Gelform können durch die Patientinnen und Patienten täglich mittels Interdentalraumbürsten appliziert werden.

Evidenz

Entsprechend den S3-Leitlinien zur Behandlung einer Parodontitis Stadium I bis III teilt sich die Parodontaltherapie in ein Stufenschema (Stufe 1 bis 4) [7]. Die Stufe 1 beinhaltet hierbei die Reduktion von Risikofaktoren, das supragingivale Debridement und die Optimierung der Mundhygiene. In Stufe 2 folgt das eigentliche subgingivale Debridement. Sollte die Therapie in Stufe 2 nicht ausreichend sein, um die Endpunkte der parodontalen Therapie zu erreichen (d.h. keine Sondierungstiefe > 5 mm und keine Sondierungstiefe von 5 mm mit Blutung nach Sondieren), folgt in Stufe 3 entweder ein erneutes subgingivales Debridement mit/ohne den Einsatz von Adjuvanzien oder eine chirurgische Parodontaltherapie. Daran schließt sich die Stufe 4 – die unterstützende Parodontaltherapie – an.

Abb. 3 a-e: Die Patientin präsentierte sich in der unterstützenden Parodontaltherapie (Stufe 4) mit einem Rezidiv an Zahn 47 – 5 mm Sondierungstiefe und Blutung nach Sondieren (a). Nach einem erneuten Debridement (b, c) kann das Hyaluronsäureprodukt sowohl in der Praxis (d) als auch zuhause durch die Patientin (e) appliziert werden. Drei Monate später bei der nächsten unterstützenden Parodontaltherapie zeigte sich eine entzündungsfreie Situation – 4 mm Sondierungstiefe ohne Blutung nach Sondieren.Bertel/Stavropoulos
Abb. 3 a-e: Die Patientin präsentierte sich in der unterstützenden Parodontaltherapie (Stufe 4) mit einem Rezidiv an Zahn 47 – 5 mm Sondierungstiefe und Blutung nach Sondieren (a). Nach einem erneuten Debridement (b, c) kann das Hyaluronsäureprodukt sowohl in der Praxis (d) als auch zuhause durch die Patientin (e) appliziert werden. Drei Monate später bei der nächsten unterstützenden Parodontaltherapie zeigte sich eine entzündungsfreie Situation – 4 mm Sondierungstiefe ohne Blutung nach Sondieren.

Der Einsatz eines Adjuvans, wie eben beispielsweise Hyaluronsäureprodukte, kann als Zusatz zu einem nichtchirurgischen Debridement zu unterschiedlichen Zeitpunkten in diesem Stufenschema erwogen werden. Adjuvanzien können sowohl gleich zu Beginn in Stufe 2 (subgingivales Debridement), also auch in Stufe 3 beziehungsweise Stufe 4 im Rahmen der Reinstrumentierung bei entweder bestehenden Restsondierungstiefen oder bei Rezidiven eingesetzt werden (Abb. 3). Hyaluronsäureprodukte wurden jedoch im Rahmen der Erstellung der S3-Leitlinien noch nicht berücksichtigt.

Mittlerweile liegen aber sowohl mehrere randomisierte, kontrollierte klinische Studien als auch Übersichtsarbeiten vor [1, 4]. Die vorhandenen Übersichtsarbeiten zeigen alle einen positiven Trend, jedoch ist eine exakte statistische Auswertung aufgrund der unterschiedlichen Hyaluronsäureprodukte und Applikationsformen oft schwierig. Im Schnitt verbesserte sich aber beispielsweise die Blutung nach Sondieren zusätzlich um 2 bis 20 % und die Sondierungstiefe reduzierte sich um zusätzliche 0,2 bis 0,9 mm [1]. Dieser positive Trend wird auch durch aktuelle randomisierte, kontrollierte klinische Studien sowohl bei einem Einsatz in Stufe 2 [6] als auch in Stufe 4 [2] der Parodontaltherapie bestätigt.

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Sechs Monate nach Durchführung der Stufe 2 führte ein Debridement mit Applikation eines quervernetzten Hyaluronsäuregels in Kombination mit einem Natriumhypochlorit-Reinigungsgel zur optimierten Biofilmentfernung im Vergleich zu einem alleinigen Debridement zu einer zusätzlichen Reduktion der durchschnittlichen Sondierungstiefe von 1,1 mm. Darüber hinaus erhöhte sich der Anteil an Sondierungstiefen < 4 mm signifikant; dieser lag in der Test- beziehungsweise Kontrollgruppe bei 92,2 beziehungsweise 76,4 % [6]. In ähnlicher Weise zeigten sich auch positive Effekte in Stufe 4 bei verbliebenen oder erneut aufgetretenen erhöhten Sondierungstiefen.

Obwohl statistisch nicht signifikant zeigte sich nach subgingivaler Applikation eines nicht quervernetzten Hyaluronsäuregels in der Praxis und 3-monatiger, täglicher Applikation desgleichen Hyaluronsäuregels durch die Patientinnen und Patienten mittels Interdentalraumbürste ein deutlicher Trend für einen positiven Effekt. Die Anzahl an Sondierungstiefen < 5 mm lag 12 Monate nach Reinstrumentierung und anschließender Hyaluronsäuregelapplikation bei 71,2 %, während dies in der Kontrollgruppe (Reinstrumentierung und Plazeboapplikation) bei nur 52,4 % lag [2]. Ein direkter Vergleich der unterschiedlichen Hyaluronsäureprodukte und der unterschiedlichen Applikationsformen fehlt jedoch noch in der Literatur.

Schlussfolgerung

Hyaluronsäure ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Körpers, der in der Zahnmedizin vermehrt eingesetzt wird und vor allem in der Parodontologie sehr gute Erfolge zeigt. Im Rahmen der nichtchirurgischen Parodontaltherapie sind viele unterschiedliche Produkte am Markt (unterschiedliche Konzentrationen, Quervernetzung, unterschiedliches Molekulargewicht, etc.), die auf unterschiedliche Art und Weise entweder subgingival in der Praxis und/oder supragingival im Rahmen der häuslichen Mundhygiene durch die Patientinnen und Patienten appliziert werden können. Die wissenschaftliche Datenlage für Hyaluronsäureprodukte ist im Allgemeinen sehr vielversprechend, aber ein direkter Vergleich der unterschiedlichen Produkte und Applikationsformen fehlt noch.

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