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In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach Zirkondioxid-Implantaten deutlich gestiegen. Immer mehr Patienten wünschen eine nicht metallische Versorgung, zahlreiche klinische Studien belegen inzwischen den erfolgreichen Einsatz von Keramikimplantaten. Die Indikationsstellungen wurden klar herausgearbeitet und wissenschaftlich fundierte Behandlungsrichtlinien, welche die notwendige Sicherheit im klinischen Alltag bringen, konnten definiert werden. Somit haben sich Keramikimplantate zunehmend als Alternative und Ergänzung zu Titanimplantaten in der zahnärztlichen Implantologie etabliert. Der hierdurch gestiegene Bedarf hat jedoch – zusammen mit unterbrochenen Lieferketten und begrenzten Produktionskapazitäten – zu teils erheblichen Lieferengpässen geführt.
Zusätzlich sorgten zwei führende Hersteller von Keramikimplantaten für Irritationen auf dem Markt: Die CeramTec Schweiz GmbH stellte den Direktvertrieb für das Zeramex XT-Implantatsystem ein und die Straumann Group nahm das renommierte und wissenschaftlich gut dokumentierte PURE Keramik Implantat komplett vom Markt.
Diese Entwicklungen haben in vielen Praxen zu Verunsicherungen geführt – mit Konsequenzen bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten, die eine nicht metallische Implantatlösung erhalten sollen. Einige gängige Implantat- und Abutmentgrößen sind derzeit nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar, was den Behandlungsablauf, die Therapiesicherheit und das Vertrauen der Patientinnen und Patienten in ihre Behandler und die Keramikimplantologie beeinträchtigen kann. Darüber hinaus sieht sich die Keramikimplantologie insgesamt mit der kritischen Frage konfrontiert, wie relevant sie tatsächlich sei – wenn doch sogar etablierte Systeme einfach vom Markt verschwinden oder der Direktvertrieb durch den Hersteller eingestellt wird.
Über die tatsächlichen Hintergründe dieser Entwicklung müssen die Anwender von Keramikimplantaten transparent, objektiv und verlässlich informiert werden. Hier sieht sich die ESCI als neutrale und unabhängige Fachgesellschaft für Keramikimplantologie in der Pflicht und hat aus diesem Grunde das vorliegende Statement verfasst.
Die ESCI steht im engen Austausch mit den Herstellern sowie mit den Anbietern und begleitet diese Entwicklungen mit grosser Aufmerksamkeit. Besonders hervorzuheben ist dabei die Rolle der CeramTec Schweiz GmbH die nicht nur das Implantatsystems Zeramex® XT herstellt und vertreibt, sondern auch die Systeme CERALOG® PROGRESSIVE-LINE (Camlog AG), NobelPearl® (Nobel BioCare) und SICwhite (SIC invent) produziert. Aufgrund der Lieferengpässe bei der Herstellerfirma Ceramtec werden somit diese Marken ohne eigenes Verschulden ebenfalls dieser Lieferproblematik ausgesetzt, was möglicherweise negative Auswirkungen auf das Vertrauen der Endkundinnen und -kunden sowie auf das Markenimage der Anbieter mit sich bringen könnte.
Angesichts der weltweit gestiegenen Nachfrage, der eingeschränkten Verfügbarkeit von Rohmaterial und der notwendigen Umstellung von Produktionsverfahren investiert die CeramTec Schweiz GmbH derzeit massiv in den Ausbau der Produktionskapazitäten sowohl im Bereich der Implantat- als auch der prothetischen Komponentenfertigung. Dieser Prozess ist noch nicht vollständig abgeschlossen. Jedoch Bereits ab Herbst 2025 wird mit einer spürbaren Verbesserung der Lieferfähigkeit gerechnet. Bis Ende 2025 sollte sich die Liefrsituation normalisiert haben. Um sich auf diese strukurellen Aufgaben konzentrieren zu können, hat die CeramTec Schweiz GmbH den Direktvertrieb für das Zeramex XT Implantat eingestellt.
Nahezu zeitgleich führte ein weiteres Ereigniss zur weiteren Verunsicherung des Marktes:
Obwohl das PURE-Implantat über fundierte Langzeitdaten verfügt und sich in der klinischen Anwendung als sicher und erfolgreich erwiesen hat, wurde von der Straumann Group aus firmeninternen und marktstrategischen Gründen die Entscheidung getroffen, die Keramikimplantatlinie PURE vom Markt zu nehmen. Die Einstellung dieser Produktlinie bedeutet weder ein Versagen des Implantates noch einen Rückzug aus der Keramikimplantologie. Das Unternehmen bleibt dem Bereich der Keramikimplantologie nach eigenen Angaben weiterhin verpflichtet. Die Straumann Group bietet derzeit das zweiteilige Neodent® Keramiksystem an und verfolgt das klare Ziel, die Weiterentwicklung dieses zukunftsträchtigen Segments entschieden voranzutreiben. Der Fokus liegt dabei verstärktvauf der Optimierung bestehender Herstellungsprozesse sowie der Weiterentwicklung innovativer Produktionstechnologien.
Der Anspruch sowohl der Straumann Group als auch der CeramTech Schweiz GmbH bleibt dabei unverändert: Keramikimplantate als festen Bestandteil einer modernen, nicht metallischen Implantologie weiterzuentwickeln und zukunftsorientiert neu zu denken.
Was bedeutet dies alles für den Anwender?
Das aktuelle «Tal» der Keramikimplantologie ist nicht durch mangelnde Nachfrage des Marktes oder qualitativ minderwertige Produkte oder schlechte Erfahrungen entstanden, sondern genau durch das Gegenteil: Zu schnelle und zu grosse Nachfrage traf mit Lieferengpässen von Rohmaterial auf hierfür unvorbereitete Produktionskapizitäten und firmeninterne Umstrukturierungen. Man hat die hohe Relevanz der Keramikimplantate erkannt und man konzentriert sich auf weitere Qualitätsverbesserungen. Hierfür mussten zunächst Einschnitte vorgenommen werden, um sich danach neu für die Zukunft aufstellen zu können. Die ESCI wird diese Entwicklungen weiterhin interessiert beobachten– man darf gespannt sein! Insgesamt ist dies jedoch mittelfristig eine positive Nachricht für alle Behandelnden und betroffenen Patienten.
Die ESCI weist jedoch auch darauf hin, dass die Einstellung wissenschaftlich bewährter und klinisch etablierter Produktlinien sowie gravierende Lieferengpässe das berechtigt gestiegene Vertrauen in die Keramikimplantologie als Ganzes empfindlich beeinträchtigen und sogar schädigen können. Umso wichtiger ist es, dass das weiterhin bestehende Engagement für dieses Therapiekonzept sowie die angekündigte Weiterentwicklung innovativer Herstellungsverfahren nicht nur konsequent vorangetrieben und die Versprechungen eingehalten, sondern auch offen und transparent kommuniziert werden.
Die ESCI begrüsst daher die Massnahmen der Hersteller und Anbieter zur Behebung der aktuellen schwierigen Situation und unterstützt alle Anstrengungen zur nachhaltigen Stärkung und Etablierung der Keramikimplantologie in Praxis und Wissenschaft.
Die ESCI unterstützt auch ihre Mitglieder aktiv – sowohl in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten als auch bei der Auswahl fundierter, alternativer Behandlungskonzepte während der Übergangszeit. Bei akuten Lieferengpässen und damit verbundenern Notfällen steht die Geschäftsstelle der ESCI den Mitgliedern gerne zur Seite.
Wir empfehlen daher während der Übergangszeit bis zur vollständigen Verfügbarkeit der betroffenen Produkte (Zeramex XT, Nobel Pearl, Ceralog Progressive Line, SICwhite):
1. Klären sie ihre Patienten über die aktuelle Situation auf. Hierzu kann dieses Statement als objektive Quelle verwendet werden. Sie finden dieses Statement auch auf der Webseite der ESCI unter www.esci-online.com/statements
2. Implantieren sie derzeit nur mit den betroffenen Keramikimplantaten, wenn ihnen alle für die prothetische Versorgung benötigten Komponenten bereits in der Praxis vorliegen oder absehbar verfügbar sein werden. Alternativ sollte der Patient bzw. die Patientin umfassend über die aktuelle Liefersituation informiert worden sein und ausdrücklich zugestimmt haben.
3. Falls nicht alle benötigten Komponenten verfügbar sind, sollte geprüft werden, ob der Eingriff sicher und sinnvoll verschoben werden kann, bis die vollständige Versorgung gewährleistet ist.
4. Bitte teilen sie der ESCI mit, sofern sie oder ihr Partnerlabor über absehbar nicht benötigte Lagerbestände an Implantaten und Abutments verfügen (Zeramex XT, Nobel Pearl, Ceralog Progressive Line, SICwhite). Leiten sie bitte diesen Aufruf auch an ihr Partnerlabor weiter.
5. Bitte melden sie sich bei der ESCI, wenn sie dringend Implantate und Komponenten benötigen. Geben sie hierbei den Grund für die Dringlichkeit an.
6. Sofern möglich, wird die ESCI für ihre Mitgliedereinen kollegialen Austausch der Komponenten unter Einbeziehung der jeweiligen Firmen koordinieren und vermitteln. Die ESCI fungiert hierbei nicht als Distributor.
7. Kontakt: info@esci-online.com
Der Vorstand der ESCI ist zuversichtlich, dass sich die Liefersituation im Herbst 2025 in der Tat spürbar verbessern und mit dem 3. European Congress for Ceramic Implant Dentistry am 25.-27.- Sept. 2025 ein «Re-Start» der Keramikimplantologie eingeläutet wird. Erfahren sie mehr und melden sie sich an unter www.esci-online.com/congress.
Die ESCI wird sich weiterhin mit Nachdruck für eine stabile Versorgung und eine hohe Versorgungsqualität mit metallfreien Implantatsystemen einsetzen – im Sinne einer erfolgreichen und gesunden Zukunft für alle Beteiligten.
Quelle:
European Society for Ceramic Implantology ESCI
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