Falsch! Fluorid greift die Zähne an
Im Falle der angeblichen Gefahr von fluoridhaltiger Zahnpasta helfen Verweise auf Publikationen der Bundeszahnärztekammer (BZKÄ) oder auf die vom Robert Koch-Institut herausgegebene „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“ zum Thema Mundgesundheit. „Durch den weltweiten Einsatz von Fluoriden, vor allem fluoridhaltiger Zahnpasten, wurde ein effektives Mittel zur Kariesprävention gefunden.“ Fluoride verstärken nachweislich die Wiedereinlagerung von Mineralien in den Zahnschmelz und machen ihn so unempfindlicher gegenüber (…) Säuren. „Der Karieszuwachs kann dadurch um bis zu 70 Prozent verringert werden [2,3,4].
Falsch! Karies ist eine Infektionskrankheit
In puncto Karies hält sich besonders ein Gerücht hartnäckig: „Karies ist ansteckend!“ Selbst in der Zahnmedizin herrschte lange die Auffassung, dass es sich bei Karies um eine spezifische Infektionskrankheit mit bakteriellem Ansteckungspotential handelt. Erst im Jahr 2015 leitete die Europäische Gesellschaft für Kariesforschung (ORCA) den Paradigmenwechsel ein [5]. Immer mehr Studien hatten belegt, „dass Karies das Ergebnis (Symptom) eines aus dem Gleichgewicht geratenen dentalen Biofilms (Erkrankung) ist. Eine ursächliche Karies-Therapie wäre also die ‚Heilung‘ des dentalen Biofilms [6].“ Heißt: Die Gefahr liegt in falscher Mundhygiene und ungesunder, zucker- oder säurehaltiger Ernährung.
Falsch! Schlechte Zähne werden vererbt
Die schlechten Zähne wurden von Mutter oder Vater „vererbt“ – auch das ist eine oft geäußerte Fehlannahme. Das Problem ist eine ungenügende Biofilmkontrolle: Potenziell pathogene Mikroorganismen können sich im oralen Biofilm beziehungsweise der Plaque vor Attacken des körpereigenen Immunsystems verschanzen, verbreiten und den Grundstock für Karies, Gingivitis und Parodontitis legen [7].
Weil die besten „Verstecke“ dieser Krankheitskeime in den interdentalen und retromolaren Regionen liegen, ist es nur mit Zähneputzen allein nicht getan.
Hilfsmittel zur Interdentalraumreinigung wie zum Beispiel Mundduschen sind für die Mundgesundheit ebenfalls wichtig. Sie sind nach den Ergebnissen zahlreicher Studien bestens geeignet, um schädliche Plaque nicht nur von der Zahnoberfläche, sondern auch von schwer erreichbaren Stellen wie Zahnfleischtaschen, Brücken, Kronen oder kieferorthopädischen Vorrichtungen zu entfernen [8].
Falsch! Mundduschen sind gefährlich
Eine erste systematische Literaturübersicht aus dem Jahr 2008 über die Effektivität von Mundduschen verschiedener Hersteller gab bereits Entwarnung vor der damals verbreiteten Meinung, dass Mundduschen das Bakteriämie-Risiko erhöhen. Die Autoren durchforsteten in ihrer Arbeit 809 PubMed- und 105 Cochrane-Beiträge zum Thema und analysierten Daten von insgesamt sieben relevanten Publikationen. Im Vergleich zum Einsatz von Zahnbürste, Zahnseide oder kaubaren Zahnstäbchen zeigte die Metastudie neben großen Vorteilen von Mundduschen hinsichtlich Gingivitis, Zahnfleischbluten und Taschentiefe kein erhöhtes Verletzungsrisiko im Mundraum [9].
Und auch die aktuellste Literaturübersicht aus dem Jahr 2015 zur Sicherheit der Geräte, in der die Autoren über 60 randomisierte und kontrollierte klinische Untersuchungen auswerteten, liefert an keiner Stelle Hinweise auf irgendein Gefahrenpotential von Mundduschen [10].
Literatur:
[1] https://newstopaktuell.wordpress.com/2018/06/26/zahnpasta-zerstoerung-und-vergiftung-auf-raten/
[2] Brauckhoff G. et al.; „Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 47, Mundgesundheit“, RKI, Berlin, 2009, S.31f. (https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/Infos/RKIThemenheft47Mundgesundheit.pdf)
[3] Broschüre der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), „Mundgesundheit ist Lebensqualität. Gezielt individuell vorbeugen – zu Hause und beim Zahnarzt“. (https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/presse/mdm04/6mdm_bro.pdf)
[4] Elsäßer G., Ludwig E., „Handbuch der Mundhygiene“, Bundeszahnärztekammer, Berlin, 2017 , S. 12. (https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/h/files/assets/common/downloads/Mundhygienehandbuch_Pflege.pdf)
[5] A. Heilmann, A. Sheiham u. a.: Common Risk Factor Approach – Ein integrierter bevölkerungsbezogener und evidenzbasierter Ansatz zum Ausgleich sozialer Ungleichheiten in der Mundgesundheit. In: Das Gesundheitswesen. doi:10.1055/s-0035-1548933.
[6] Zimmer S., Neuhaus K., „Fortbildung „Ernährung und Mundgesundheit – Zucker, Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe, ZMA-online, 7/2019. (https://www.zm-online.de/archiv/2019/13/titel/zucker-zuckeraustauschstoffe-und-suessstoffe/)
[7] Donlan RM, Costerton JW. Biofilms: survival mechanisms of clinically relevant microorganisms. Clin Microbiol Rev 2002; 15(2): 167-93.
[8] Plaque N Care, Interdentalraumreinigung für unterschiedliche Patientenbedürfnisse, 5/2019. https://www.pnc-aktuell.de/prophylaxe/story/interdentalraumreinigung-fuer-unterschiedliche-patientenbeduerfnisse__7693.html?sword=Interdental
[9] Husseini A, Slot DE, Van der Weijden GA. The efficacy of oral irrigation in addition to a toothbrush on plaque and the clinical parameters of periodontal inflammation: A systematic review. Int J Dent Hygiene. 2008;6:304-314. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19138181
[10] Jolkovsky DL et al. Compendium of Continuing Education in Dentistry 2015; 36(2):2-5. https://www.waterpik.com/oral-health/pro/clinical-research/water-flosser-proven-safe-review-2015/
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