Anzeige

Studien

Wann sollte der Effekt der subgingivalen Instrumentierung hinterfragt werden?

Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit untersuchte die durchschnittliche Sondierungstiefenreduktion zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach der subgingivalen Instrumentierung im Rahmen der parodontalen Therapie.

Set of metal medical equipment tools for teeth dental care. Doctor takes medical instruments. Hand of dentist reaching for dental instruments in a cabinet wayhomestudio/freepik.com
Getting your Trinity Audio player ready...

Die Indikation für eine parodontale Therapie richtet sich nach der Diagnose entsprechend der aktuellen Klassifikation für parodontale und periimplantäre Erkrankungen und Zustände. Der Ablauf einer systematischen Behandlung erfolgt dann nach den von der Europäischen Gesellschaft für Parodontologie erstellten Leitlinien. Diese Dokumente basieren auf systematischen Übersichtsarbeiten und einem kritischen Diskussionsprozess inklusive Abstimmungen zahlreicher Experten/-innen aus den unterschiedlichen involvierten Interessengruppen. Die europäischen Leitlinien wurden im Anschluss nochmal an die spezifischen deutschen Rahmenbedingungen angepasst und schließlich in eine völlig neu aufgegleiste Behandlungssystematik und Vergütung übertragen.

Die parodontale Therapie erfolgt demnach heute in vier aufeinander aufbauenden Stufen. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten sind Befundevaluationen und eine kritische Analyse der bis dahin erreichten klinischen Ergebnisse vorgesehen. Ein solcher Schritt erfolgt zunächst nach Ablauf von Stufe 1 und 2, d.h. nach der Modifikation der im individuellen Fall vorliegenden Risikofaktoren (z.B. Mundhygiene) und der gründlichen subgingivalen Instrumentierung der erkrankten Parodontien.

Das Ziel sind sogenannte „geschlossene parodontale Taschen“, das sind Stellen mit Sondierungstiefen kleiner/gleich 4 mm und fehlender Blutung auf Sondieren. Je nach Ergebnis, wird der/die Patient/-in dann in die Stufe 4 (unterstützende parodontale Therapie), bei Erreichen des Behandlungszieles, oder in die Stufe 3, zur weiterführenden, in aller Regel chirurgischen Therapie überführt. Die Frage ist nun aber, wann genau der klinische Effekt der subgingivalen Instrumentierung hinterfragt werden sollte. Zu dieser recht relevanten Frage liegt ganz aktuell eine systematische Übersichtsarbeit aus Italien vor.

Methodik

Die Studie wurde nach den Qualitätsstandards für systematische Übersichtsarbeiten durchgeführt. Die Literatursuche zur Frage der Veränderungen der klinischen Parameter zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach subgingivaler Instrumentierung erfolgte in vier elektronischen Datenbanken sowie mittels manueller Suche in definierten Fachzeitschriften und einer Analyse der Referenzen bereits identifizierter Artikel.

Studien/Behandlungsgruppen, in denen neben der mechanischen Instrumentierung weitere adjuvante Therapieoptionen, wie z.B. Antibiotika, Laser oder Chirurgie angewendet wurden, wurden ausgeschlossen. Primärer Endpunkt war die Sondierungstiefenreduktion. Meta-Analysen zur Anzahl geschlossener Taschen zu unterschiedlichen Zeitpunkten waren leider nicht verfügbar. Daher wurden durchschnittliche Sondierungstiefenreduktionen für flache (4 bis 5 mm) und für tiefe Taschen (≥ 6 mm) berichtet.

Ergebnisse

Die 29 eingeschlossenen Studien reflektieren auf die Daten von 633 Parodontitispatienten/-innen und sind im Zeitraum von 1998 bis 2019 in unterschiedlichen Ländern von verschiedenen Arbeitsgruppen publiziert worden. Es handelte sich im Wesentlichen um generalisierte – nach alter Klassifikation chronische – parodontale Erkrankungen (vier Studien aggressive Parodontitis).

Anzeige

Für initial flache Taschen wurde eine durchschnittliche gewichtete Reduktion von 1,89 mm nach ein bis zwei Monaten, weitere 0,36 mm nach drei bis vier Monaten und zusätzliche 0,08 mm nach fünf bis sechs Monaten errechnet. Für tiefe Taschen betragen die Reduktionen 3,4 mm nach ein bis zwei Monaten, plus 0,97 mm nach drei bis vier Monaten und weitere 0,23 mm nach fünf bis sechs Monaten.

Klinische Schlussfolgerungen

Leitlinienkonform sollte die Evaluation der Ergebnisse der Stufen 1 und 2 nach einer „adäquaten“ Zeit der Wundheilung erfolgen. In der aktuellen deutschen Behandlungssystematik ist dies nach drei bis sechs Monaten vorgesehen. Das bedeutet, es gibt hierfür eine recht große Zeitspanne, die bei einigen Patienten/-innen/Taschen durchaus zu lang und bei anderen wiederum auch zu kurz sein kann. Bezüglich der Taschentiefenreduktion zeigen die Analysen, dass bei flachen Taschen nach drei bis vier Monaten keine wesentlichen Änderungen mehr stattfinden und der Großteil der Reduktion in den ersten zwei Monaten erfolgt ist.

Bei tiefen Taschen hingegen dauert die Resolution länger, und auch nach vier Monaten treten noch Veränderungen auf. Idealerweise sollte das Potential der Wundheilung voll ausgeschöpft und erst dann die Entscheidung für weitere Therapie im Sinne des/der Patienten/-in getroffen werden. Wichtig scheint mir, dass eine optimale Wundheilung nur unter plaquefreien Bedingungen ablaufen kann. Es ist daher in vielen Fällen ratsam, die Patienten/-innen auch während der Zeit der Wundheilung aktiv zu begleiten und die eine oder andere Kontrolle, Instruktion oder gegebenenfalls auch Reinigung vorzunehmen. Zukünftige Analysen sollten jedoch das Behandlungsziel „geschlossene parodontale Taschen“ berücksichtigen.

Kommentare

Keine Kommentare.

Anzeige