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Interview

„Mit Lust und Begeisterung das teilen, was einen antreibt“

Bei dem diesjährigen ADT Young Talent Award (vormals Forum 25) im Rahmen der ADT überzeugte Jonas Rechlin die Jury mit seinem Vortrag. Der junge Zahnarzt begeisterte mit seiner Leidenschaft für die Möglichkeiten der additiven Fertigung. Wir haben mit ihm über seine Erfahrungen, Eindrücke und Zukunftswünsche gesprochen.

Die Leidenschaft von Jonas Rechlin war bei seiner Präsentation zu spüren. Jonas Rechlin
Die Leidenschaft von Jonas Rechlin war bei seiner Präsentation zu spüren.
Die Leidenschaft von Jonas Rechlin war bei seiner Präsentation zu spüren.
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Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem ersten Platz bei dem ADT Young Talent Award 2025. Wie haben Sie als Zahnarzt die ADT erlebt?

Vielen Dank! Für mich war es in diesem Jahr der zweite Besuch der ADT – ich war letztes Jahr zum ersten Mal dabei und hatte schon damals einen sehr guten Eindruck. Auch wenn ich noch nicht so viele Leute kannte, habe ich mich sofort wohlgefühlt. Besonders schön fand ich den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen von anderen Universitäten – da merkt man, wie unterschiedlich die Herangehensweisen zum Teil sind, und kann unglaublich viel voneinander lernen. Man kommt schnell ins Gespräch, oft über gemeinsame Bekannte oder einfach spontan. Die Atmosphäre ist offen, freundlich und gleichzeitig fachlich sehr hochwertig. Auch organisatorisch ist die Veranstaltung top – technisch läuft alles rund, und man spürt, dass hier sehr professionell gearbeitet wird.

Beim Nachwuchswettbewerb „ADT young talents“ stellte Jonas Rechlin seine Ideen vor.Jonas Rechlin
Beim Nachwuchswettbewerb „ADT young talents“ stellte Jonas Rechlin seine Ideen vor.

Wie sind Sie auf den ADT Young Talent Award aufmerksam geworden und was hat Sie bewogen, sich dafür zu bewerben?

Tatsächlich war die Verschiebung der Altersgrenze auf 30 Jahre der entscheidende Grund, warum ich mich überhaupt bewerben konnte – vorher hätte ich altersbedingt nicht mehr teilnehmen dürfen. Im Jahr davor saß ich im Publikum und habe den Vortrag von Samuel Fuhrer auf der großen Bühne erlebt. Das hat mich nachhaltig beeindruckt. Seine Begeisterung, seine Art zu präsentieren – das hat in mir den Wunsch geweckt, auch einmal dort zu stehen und meine eigene Leidenschaft weiterzugeben. Als dann die neuen Teilnahmebedingungen veröffentlicht wurden, war für mich klar: Jetzt oder nie! Ich wollte meine Begeisterung für mein Thema mit anderen teilen und andere genauso inspirieren, wie ich selbst inspiriert worden war. Es ging mir gar nicht primär ums Gewinnen, sondern darum, Teil dieser jungen, engagierten Community zu sein.

Ihr Thema „Von Schraubenschlüsseln zu digitalen Lösungen: Mein Weg zur innovativen Zahnmedizin“ klingt nach vielen Jahren Berufserfahrung bzw. einer großen Leidenschaft. Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen und was wollten Sie vermitteln?

Der Titel klingt vielleicht nach jahrzehntelanger Berufserfahrung – aber ehrlich gesagt: Ich bin erst seit zwei Jahren Zahnarzt und stehe noch ganz am Anfang meiner Laufbahn. Was ich aber schon lange mache, ist 3D-Druck. Meinen ersten Drucker habe ich mir 2016 gekauft, und seitdem begleitet mich das Thema. Als ich dann angefangen habe, Zahnmedizin zu studieren, und später die Möglichkeit bekam, an der Universität mitzuarbeiten, habe ich gesehen, wie viele Anwendungsmöglichkeiten es in unserem Bereich gibt – und wie wenig sie teilweise noch genutzt werden. Dabei ist der Einstieg gar nicht schwer! Man muss nur einmal den Gedanken zulassen, dass man auch additiv arbeiten kann.

Natürlich kann man sich auch etwas aus Holz oder Alu-Profilen im Baumarkt bauen – das habe ich früher auch gemacht – aber mit einem 3D-Drucker und irgendeinem CAD-Programm geht es oft viel präziser, einfacher und vor allem schneller. Wenn man sich da einmal reingefuchst hat, kann man nicht nur genau das bauen, was man braucht, sondern es auch jederzeit digital anpassen oder weiterentwickeln. Und der vielleicht größte Vorteil: Man kann das Design einfach teilen – mit Kolleginnen und Kollegen, mit der ganzen Community. Jede und jeder mit einem Drucker kann es nachbauen, weiterentwickeln, verbessern – und so entsteht eine Art digitale Zusammenarbeit, die weit über die eigene Praxis oder das eigene Labor hinausgeht.

Hatten Sie schon Erfahrungen im Halten von Vorträgen? Wie war es für Sie, im Panoramasaal Ihr Thema zu präsentieren?

Das war tatsächlich mein erster Vortrag dieser Art – abgesehen von kleineren Vorträgen in der Universität oder früher in der Schule. Natürlich war ich ein bisschen aufgeregt, aber vor allem habe ich mich gefreut, meine Begeisterung teilen zu dürfen. Ich musste ja nichts Kompliziertes erklären oder jemanden überzeugen – ich durfte einfach erzählen, was mich antreibt und was mir Spaß macht. Da ich meine Geschichte vor allem visuell erzählen wollte, habe ich zunächst alte Fotos rausgesucht – angefangen bei meinem ersten 3D-Drucker 2016 bis hin zu aktuellen Projekten – und daraus eine persönliche Präsentation gebaut. Ein Skript hatte ich nicht, ich wollte bewusst frei und authentisch sprechen. Und genau das macht die Vortragsreihe im Panoramasaal für mich so besonders: Die Atmosphäre ist offen, herzlich und wertschätzend. Niemand erwartet Perfektion – im Gegenteil, es geht um Echtheit, Austausch und gemeinsame Begeisterung. Auf der Bühne hatte ich einfach Spaß – und das hat sich, glaube ich, auch auf das Publikum übertragen.

Der Funke sprang über: Jonas Rechlin (m) konnte die Jury überzeugen und wurde mit dem 1. Platz belohnt.Jonas Rechlin
Der Funke sprang über: Jonas Rechlin (m) konnte die Jury überzeugen und wurde mit dem 1. Platz belohnt.

Zahnarzt ist ein Beruf, der oft mit Leidenschaft verbunden ist. Was waren die Gründe für Ihre Berufswahl?

Ich wollte am Ende des Tages sehen können, was ich gemacht habe – etwas mit meinen Händen schaffen, aber dabei trotzdem im engen Kontakt mit Menschen stehen. Diese Kombination war für mich der ausschlaggebende Grund, Zahnmedizin zu studieren. Dass ich heute sogar die Möglichkeit habe, zusätzlich in der Forschung mitzuarbeiten, dafür bin ich wirklich sehr dankbar. Mich begeistert vor allem die Vielfalt: Kein Tag ist wie der andere, jeder Mensch, jeder Fall bringt neue Herausforderungen mit sich. Und das gilt nicht nur in der Behandlung, sondern genauso in Lehre und Forschung. Es ist ein Beruf, in dem man ständig dazulernt, sich weiterentwickelt und im besten Fall auch andere mitnehmen und inspirieren kann.

Derzeit sind Sie an der Charité in Berlin angestellt. Was gefällt Ihnen an der Arbeit dort? Was sind Ihre beruflichen Perspektiven und Ziele?

Ich arbeite sehr gern an der Charité. Natürlich gibt es typische Herausforderungen, die man an einer großen öffentlichen Einrichtung kennt – wir scherzen intern manchmal selbst darüber. Prozesse dauern länger, manche Dinge sind komplizierter und wir arbeiten in einem denkmalgeschützten Gebäude mit alter Technik, schwacher Klimaanlage und leider auch oft kaputten Phantom-Einheiten. Gleichzeitig bietet die Charité unglaublich viele Möglichkeiten. Ich bin sehr dankbar, an einer so renommierten und gut ausgestatteten Universität arbeiten zu dürfen.

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Das Team bei uns ist großartig – voller hochqualifizierter, engagierter Menschen mit enormer fachlicher Expertise. Und was ich besonders schätze: Wir genießen viele Freiheiten, um eigene Ideen umzusetzen. Aktuell bin ich Teil eines DFG-Projekts, das mir sehr am Herzen liegt. Ich versuche, meine Aufgaben mit größtmöglicher Sorgfalt und Verantwortung zu erfüllen, aber es liegt auch noch viel Arbeit vor mir. Die Dreiteilung aus Lehre, Forschung und klinischer Tätigkeit ist anspruchsvoll, aber auch sehr bereichernd. Klar, manchmal wünscht man sich mehr Zeit für das eine oder andere – aber ich glaube, das geht vielen so. Insgesamt bin ich sehr dankbar für diese vielseitige berufliche Situation.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach die Verbindung von Zahnmedizin und Zahntechnik? Was funktioniert hier schon gut und wo besteht noch Verbesserungspotenzial?

Aus meiner Sicht als junger Assistenzzahnarzt ist die Zusammenarbeit zwischen Zahnmedizin und Zahntechnik absolut zentral. Jeder Zahntechniker und jede Zahntechnikerin ist nur so gut wie die Abformung oder der Scan, den er oder sie bekommt – und umgekehrt ist jede zahnärztliche Versorgung nur so gut wie das zahntechnische Können derjenigen, mit denen man zusammenarbeitet. Es ist eine echte Teamarbeit, bei der Kommunikation, gegenseitiges Verständnis – und vor allem gegenseitiger Respekt – entscheidend sind. Ich sehe mit etwas Sorge, dass durch die neue Approbationsordnung das Thema Zahntechnik im Studium weniger Raum bekommt.

Das könnte die gemeinsame Sprache zwischen beiden Berufsgruppen schwächen und die Kommunikation erschweren. Auch die Zahl an Eigenlaboren in Praxen könnte dadurch weiter zurückgehen. Gleichzeitig erlebe ich durch den Austausch mit Werkstoffwissenschaftlern und Werkstoffwissenschaftlerinnen sowie Ingenieuren und Ingenieurinnen, wie wichtig es ist, offen und respektvoll miteinander umzugehen. Fachübergreifende Perspektiven erweitern den eigenen Blick enorm und führen zu besseren Ergebnissen – fachlich wie menschlich. Ich glaube, wir sollten darauf achten, dass wir uns in der Zahnmedizin nicht zu sehr in der eigenen Disziplin abkapseln. Denn unser Beruf ist ein Querschnittsfach par excellence – er verbindet Werkstoffkunde, Chemie, Technik, Medizin und Psychologie. Genau diese Vielfalt macht ihn für mich so spannend – und sie funktioniert nur mit gegenseitigem Respekt.

Welche Vorteile, aber auch welche Schwierigkeiten sehen Sie in der zunehmenden Digitalisierung von Zahnmedizin und Zahntechnik?

Ein großer Vorteil der Digitalisierung in Zahnmedizin und Zahntechnik ist für mich ganz klar die verbesserte Kommunikation. Man kann einfach und schnell Scans austauschen, gemeinsam am Bildschirm diskutieren und direkt Rückmeldung geben. Gerade weil Kommunikation so essenziell ist, hilft digitale Technik enorm dabei, sie effizienter und präziser zu gestalten. Gleichzeitig ist natürlich der Datenschutz ein großes Thema und eine echte Herausforderung. Besonders in der zunehmend digitalen Welt ist es wichtig, dass wir verantwortungsvoll mit sensiblen Patientendaten umgehen. Das kann im Alltag manchmal Prozesse verlangsamen, aber ich halte es für absolut notwendig.

Ich bin sehr froh, dass wir an der Charité die Möglichkeit haben, schon in der Vorklinik digital zu arbeiten. Natürlich geht dadurch auch etwas verloren – ein paar Stunden im Gipsraum, so anstrengend sie auch sein mögen, sind letztlich auch lehrreich. Aber durch den digitalen Zugang können wir mehr Inhalte in kürzerer Zeit vermitteln und die Studierenden gezielter auf die Realität ihres späteren Berufs vorbereiten. Was aus meiner Sicht noch fehlt, sind oft durchgängige Schnittstellen und eine breitere digitale Ausbildung – nicht nur technikbezogen, sondern auch im Hinblick auf interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Technik ist da, aber sie muss gut integriert und sinnvoll genutzt werden.

Wird es nach Ihrem Vortrag auf der Hauptbühne der ADT im nächsten Jahr in Sachen Vorträge bei Ihnen weitergehen? Haben Sie Ambitionen, weiterhin als Referent tätig zu sein?

Ich habe großen Spaß daran, mein Wissen zu teilen; vor allem, wenn ich merke, dass sich andere wirklich für das interessieren, was ich erzähle. Dann stehe ich sehr gerne vorne und bringe mich ein. Natürlich bin ich momentan durch mein Forschungsprojekt schon gut ausgelastet, aber der Gedanke, mit Vorträgen andere zu inspirieren, reizt mich sehr. Auf der großen Bühne stehen zu dürfen, macht mich ehrlich gesagt ziemlich aufgeregt – aber vor allem fühle ich mich geehrt.

Ich hoffe, dass ich den Zuhörerinnen und Zuhörern etwas mitgeben kann: meine Begeisterung für das additive Denken, die Freude daran, mit CAD-Programmen zu arbeiten und das Ganze in den Praxisalltag zu integrieren. Viele Kolleginnen und Kollegen haben ja ohnehin schon einen 3D-Drucker, man muss sich nur trauen, ihn auch mal für mehr als klassischen Zahnersatz zu nutzen. Wirklich wichtig finde ich auch, dass wir unsere Ideen und Lösungen offen teilen – Open Source, wo immer möglich. Wir alle stehen doch regelmäßig vor ähnlichen Herausforderungen. Wenn wir unsere Erfahrungen zugänglich machen, können wir als zahnmedizinische Community gemeinsam besser werden.

Was konnten Sie von der Teilnahme an ADT Young Talents für sich persönlich mitnehmen? Was können Sie künftigen Bewerberinnen und Bewerbern mitgeben?

Für mich war das Schönste am ADT Young Talent Award der Austausch mit anderen, die genauso begeistert von Technik und Digitalisierung sind wie ich. Nach dem Vortrag ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen zu teilen und Ideen weiterzudenken, war unglaublich bereichernd. Ich glaube, man sollte vor dem Forum keine Angst haben. Es geht nicht darum, etwas perfekt zu machen, sondern mit Lust und Begeisterung das zu teilen, was einen antreibt.

Jonas RechlinJonas Rechlin
Jonas Rechlin

Zahnmedizin und Zahntechnik sind beides Berufe, die von Leidenschaft leben – und genau das darf man auch zeigen. Ich habe angefangen, meine eigenen Designs und Ideen auf Instagram und Thingiverse zu teilen. Dass das so viel Anklang gefunden hat, war für mich vielleicht der schönste Moment. Es ist einfach eine tolle Sache, wenn man andere mitreißen kann und merkt: Wir sind nicht allein mit unseren Ideen. Ich kann nur allen, die überlegen, sich zu bewerben, sagen: Macht es! Es lohnt sich – nicht wegen des Wettbewerbs, sondern wegen der Gemeinschaft und der Erfahrung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Jonas Rechlin
Charité – Universitätsmedizin Berlin

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