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Recht

Preisgestaltung, Rabatte und Kooperationen bei der Herstellung von Fräsarbeiten

Für die in der Zahnmedizin verarbeiteten Fräsarbeiten gibt es zum Teil spezielle rechtliche Vorgaben. Wer Arbeiten aus einem solchen Fertigungsprozess nutzt, sollte sich mit den Regelungen, die hierfür gelten, vertraut machen. Vorgaben bestehen nicht nur für die Einstufung als Medizinprodukt (z.B. über die europäische Medizinprodukteverordnung), sondern auch für die Preisgestaltung, die Gewährung von Rabatten oder das Eingehen von Kooperationen.

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Dabei ist es auch wichtig zu wissen, welche Rechtsvorgaben für die Geschäfts- oder Kooperationspartner/-innen gelten. Doch warum sollte es mich interessieren, ob sich letztere bei einem geschäftlichen Kontakt rechtskonform verhalten oder nicht? Die simple Antwort hierauf ist: Weil sich deren Rechtsverstöße auch für einen selbst nachteilig auswirken können. Zum einen kann dies zur Folge haben, dass eigene Ansprüche nicht durchgesetzt werden können, zum anderen kann sich z.B. eine strafrechtliche Verantwortung der anderen Seite auch auf einen selbst erstrecken. Konkret kann dies bspw. wie folgt aussehen: Angenommen eine Zahnarztpraxis verstößt im Rahmen einer Zusammenarbeit gegen Vorgaben der zahnärztlichen Berufsordnung, wie z.B. gegen das sogenannte Zuweisungsverbot.

Zwar gilt diese berufsrechtliche Vorschrift für Zahntechniker/-innen nicht, weshalb sie hiergegen auch nicht verstoßen können. Allerdings kann ein solcher Verstoß zur Nichtigkeit der abgeschlossenen vertraglichen Regelung führen [1]. Ohne gültigen Vertrag kann aber nicht die Einhaltung der hierin vertraglich festgelegten Absprachen verlangt werden, wie z.B. die vereinbarte Zahlung eines Honorars. Auch weitergehende Konsequenzen sind denkbar. Besteht etwa der Verdacht, dass die zahntechnische Seite einer Kooperation von einer nicht korrekten Abrechnung durch die Zahnarztpraxis wusste, eine solche begünstigte oder dieser Umstand sogar zum Gegenstand einer Absprache wurde, kann hieraus auch eine strafrechtliche Verantwortung folgen. So könnte etwa eine Beihilfe zu einem Abrechnungsbetrug in Betracht kommen oder – im Falle einer Abrede – (zusätzlich) eine strafbare Korruption. Seit dem Jahr 2016 sind Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen durch die §§ 299a und 299b StGB unter Strafe gestellt.

Fälle mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind dabei sicherlich nicht an der Tagesordnung. Sie sind allerdings auch nicht völlig praxisfern, wie ein Fall von Anfang der 2000er zeigt: Hier wurde ein Geschäftsmodell aufgedeckt, bei dem sogenannte Kick-back-Zahlungen durch eine Dentalhandelsgesellschaft nachträglich an Zahnärzte/-innen geleistet wurden. Werden diese Beträge bei der Rechnungsstellung gegenüber Patienten/-innen und Krankenkassen außer Acht gelassen, was in dieser Konstellation angedacht war, kann dies den Tatbestand eines Abrechnungsbetrugs erfüllen, an dem z.B. auch die Geschäftsinhaber/-innen der Dentalhandelsgesellschaft beteiligt sind. Nach heutiger Rechtslage kommt zudem eine Korruption nach den genannten §§ 299a ff. StGB in Betracht; für den zahntechnischen Vertragspartner wäre eine Bestechung nach § 299b StGB zu prüfen. Der Umstand, dass einige der beteiligten Zahnmediziner/-innen die strafrechtliche Problematik nicht genau erfassten, half ihnen nicht unbedingt weiter. Denn: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Unterschiedliche Vorgaben

An dem Fertigungsprozess und der Weiterverarbeitung von Fräsarbeiten sind verschiedene Personen beteiligt. Die für eine der beteiligten Parteien geltenden Vorgaben müssen aber nicht auch für die anderen gelten. Beispielhaft lässt sich dies an berufsrechtlichen Regelungen erklären. Denn spezifisches Berufsrecht gilt nur für diejenigen, die den konkreten Beruf auch ausüben.

Für ein industrielles Fräszentrum können deshalb die Vorgaben einer zahnärztlichen Berufsordnung nicht gelten. Denn diese Regelungen richten sich nicht an Betreiber/-innen von industriellen Fräszentren. Auch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist für diese nicht anwendbar, das SGB V sieht keine expliziten Regelungen für diesen Personenkreis vor. Hieran zeigt sich: Die Antwort auf die Frage, welche Rechtsvorgaben konkret gelten, hängt auch davon ab, wer im konkreten Fall handelt.

Gerade bei der Herstellung und dem Bezug von Fräsarbeiten kommen hier mehrere Konstellationen in Betracht. Grundsätzlich gibt es 3 Möglichkeiten, wie Fräsarbeiten hergestellt werden können, um danach in der zahnmedizinischen Behandlung weiterverarbeitet zu werden: in einem Fräszentrum, in einem Gewerbe- oder in einem Praxislabor. In diesen 3 Konstellationen unterscheidet sich in der Regel auch die berufliche Qualifikation der Person, die die Fräsarbeit herstellt. Im zahnärztlichen Praxislabor sind dies Zahnärzte/-innen, im Gewerbelabor Zahntechniker/-innen und im industriellen Fräszentrum keines von beidem. Während für Zahnärzte/-innen berufsrechtliche Vorschriften und spezielle Vorgaben z.B. in Bezug auf die Preisgestaltung bzw. Rechnungsstellung gegenüber Patienten/-innen gelten, gilt für ein Gewerbelabor hingegen nur die Handwerksordnung, die allerdings keine Vorschriften zur Preisgestaltung bzw. Abrechnung enthält.

Preisgestaltung und Abrechnung

Unterschiedliche Rechtsvorgaben können z.B. in Bezug auf die Werbung, Einordnung als Medizinprodukt, aber vor allem für die konkrete Preisgestaltung, einschließlich der Möglichkeit zur Gewährung von Preisnachlässen und Rabatten, bestehen. Letzteres richtet sich auch danach, in welchem Rahmen eine Fräsarbeit angefertigt wird.

Fräszentren und Gewerbelabore

  • Preisfindung:
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Ob Rabatte weitergegeben werden müssen, hängt konkret davon ab, wer wem diese gewährt.

Keine genaue Vorgabe gibt es für die Bepreisung einer industriellen Herstellung in Fräszentren, die nicht als zahntechnisches Labor einzuordnen sind. Die Preisgestaltung folgt den Marktmechanismen. Ein Fräszentrum wird den Preis auf der Basis von Stundensätzen und weiteren anfallenden Kosten kalkulieren und dann in der Regel einen Pauschalpreis in Rechnung stellen. Bei einem gewerblichen Labor kann bei der Preisbildung auf die Bundeseinheitliche Benennungsliste (BEB) als Kalkulationsgrundlage zurückgegriffen werden. Die BEB weist Planzeiten aus, die zur Herstellung der Zahntechnik durchschnittlich erforderlich sind. Die Kosten je Minute können individuell kalkuliert und mit der Planzeit multipliziert werden. Das Bundeseinheitliche Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen (BEL) ist bei Fräsarbeiten für zahnprothetische Leistungen hingegen nicht anwendbar. Denn dieses beinhaltet nach § 88 SGB V die im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen. Bei Verwendung von Fräsarbeiten handelt es sich jedoch nicht um eine vertragszahnärztliche Regelversorgung im Zahnersatzbereich.

  • Weiterberechnung an Patienten/-innen

Wenn die Zahnarztpraxis den vom Fräszentrum oder Gewerbelabor veranschlagten Preis bezahlt hat, kann diese die hierfür verauslagten Kosten grundsätzlich an Patienten/-innen bzw. Kostenträger weiter berechnen. Voraussetzung ist hierfür, dass die Kosten nicht bereits mit den in Ansatz zu bringenden zahnärztlichen Gebührenziffern abgegolten sind. Bei Zahnersatzleistungen bestehen für die zahnärztliche Vergütung abhängig von der Art der jeweiligen Versorgung unterschiedliche Vorgaben. Bei Regel- und gleichartigen Versorgungen werden die von der Krankenkasse zu gewährenden Festzuschüsse über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abgerechnet, bei andersartigen Versorgungen haben die Patienten/-innen den Anspruch auf den Festzuschuss. Unabhängig von dieser Einordnung gilt jedoch: Bei den Festzuschüssen handelt es sich eben nur um einen Zuschuss der Krankenkasse.

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Je nachdem, ob ein Dentallabor, ein Fräszentrum oder ein Praxislabor eine Arbeit ausführt, gelten unterschiedliche Vorschriften.

Das bedeutet aber auch, dass die Zahnarztpraxis darüber hinaus Vergütungsansprüche aufgrund des eingegangenen Vertragsverhältnisses gegenüber Patienten/-innen haben. Im Bereich der Regelversorgung gilt hier der Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen. Bei gleich- und andersartigen Versorgungen findet die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) Anwendung [2]. Da die zahnprothetische Versorgung mit Fräsarbeiten nicht der Regelversorgung unterfällt, ist gegenüber den Patienten/-innen nach der GOZ abzurechnen. Bei Privatbehandlung gilt diese ohnehin, bei andersartigen Versorgungen aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 55 Abs. 4, § 87e SGB V. Für zahnprothetische Versorgungen ist bei Fräsarbeiten somit stets nach der GOZ abzurechnen.

Damit kann die Zahnarztpraxis nach § 9 Abs. 1 GOZ als Auslagen die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten der zahntechnischen Leistungen berechnen. Dies sind die Beträge, die gegenüber dem Fräszentrum oder dem Gewerbelabor entrichtet wurden. Ein Aufschlag o.Ä. etwa zum Zweck, hierbei einen eigenen Gewinn zu erzielen, darf nicht erfolgen [3]. In dem Betrag ist nämlich bereits die Gewinnmarge des Fräszentrums bzw. Gewerbelabors enthalten.

Ein nochmaliger Zuschlag würde Patienten/-innen – so ausdrücklich der Bundesgerichtshof (BGH) – doppelt belasten [4]. Nur dann, wenn weitere Arbeiten (z.B. zum Zwecke der Anpassung) im Praxislabor vorgenommen werden, können diese als gesonderte Arbeitsschritte durch die Zahnarztpraxis in Rechnung gestellt werden. Fräsarbeiten können allerdings auch bei anderen als prothetischen Behandlungen eingesetzt werden, bspw. in der Schienentherapie. Hier wird die Aufbissschiene bei vertragszahnärztlichen Versorgungen ggf. nach BEL gegenüber den Krankenkassen abgerechnet.

Zahnärztliche Eigenlabore

Etwas anders stellt sich die Lage dar, wenn eine Zahnarztpraxis die Fräsarbeit selbst anfertigt. Auch hier kann sie die Kosten als Auslagen nach § 9 Abs. 1 GOZ berechnen. In diesem Fall umfassen aber die abrechenbaren, tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten noch etwas Zusätzliches: Der BGH hat in einem Urteil vom 13.07.2023, in dem es um die Abrechnung einer Fräsarbeit ging, ausdrücklich entschieden, dass die Zahnarztpraxis einen angemessen kalkulierten Gewinnanteil des Labors einbeziehen kann [5]. Schließlich habe die Zahnarztpraxis die freie Wahl, ob sie die zahntechnische Leistung von einem externen Dentallabor bezieht (das einen Gewinnanteil in der Kalkulation berücksichtigen wird) oder diese zahntechnische Leistung selbst auf eigenes betriebswirtschaftliches Risiko erbringt. Entscheide sie sich für Letzteres, solle die Praxis auch die Möglichkeit haben, eine dieses Risiko angemessen kompensierende Gewinnmarge in die Vergütung einzubeziehen. Damit wurde durch den BGH eine langjährige Streitfrage entschieden. Obwohl auch die Begründung zur GOZ ausdrücklich aussprach, dass eine Zahnarztpraxis einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil als Auslagen abrechnen darf [6], wurde die Zulässigkeit dessen zum Teil in Abrede gestellt.

Bleibt jedoch die Frage zu klären, was als angemessen i.S.v. § 9 Abs. 1 GOZ im Hinblick auf den kalkulatorischen Gewinnanteil zu gelten hat. Dies wird man – wie so oft – nicht pauschal beantworten können. Bei Beurteilung der Angemessenheit in diesem Sinne sind die Qualität der Leistungen und der Arbeitsaufwand relevant, also das Preis-Leistungs-Verhältnis, unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit [7]. Die übliche Vergütung berücksichtigt dabei neben Material- und Arbeitskosten auch einen Risikozuschlag und eine Gewinnmarge [8]. Dies alles kann dazu führen, dass eine Angemessenheit auch dann zu bejahen ist, wenn die Ansätze der BEL überstiegen werden [9]. Die BEB kann jedenfalls als Basis dienen.

Zwischenfazit und Ausblick

Abhängig davon, in welchem Rahmen zahntechnische Fräsarbeiten angefertigt und veräußert werden, finden unterschiedliche Regelungen für Preisfindung und Weiterberechnung Anwendung. Wer auf dem zahntechnischen Markt tätig ist, sollte nicht nur die für einen selbst geltenden Vorgaben kennen, sondern auch diejenigen, die Geschäftspartner/-innen einzuhalten haben. Denn ein Verstoß gegen bestimmte Regeln kann sich auch nachteilig für einen selbst auswirken. Solche besonderen Vorgaben gelten etwa für eine Zahnarztpraxis, die die eingekaufte zahntechnische Arbeit weiterverarbeitet und die Kosten der Zahntechnik Patienten/-innen bzw. Kostenträgern in Rechnung stellt. Grundsätzlich dürfen nur die tatsächlich entstandenen Kosten weiterberechnet werden. Wie es sich angesichts dessen mit Rabatten, Skonti, dem sogenannten Partnerfactoring oder auch gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen verhält, wird in Teil 2 dieses Beitrags beleuchtet.

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Autor/in

Dr. Tobias Meyer

Dr. Tobias Meyer

Sources

[1] Vgl. Dahm, MedR 1992, 250 f.; Dann/Scholz, NJW 2016, S. 2077, 2079.

[2] §§ 57 Abs. 2 Satz 3 und 6, 88 Abs. 2 Satz 2 SGB V.

[3] Zimmermann, Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz – HWG),
§ 7 HWG, Rdnr. 1.

[4] Vgl. SosnitzainZipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, § 7 HWG, Rdnr. 32.

[5] BGH, Urt. v. 26.03.2009, Az.: I ZR 99/07.

[6] Vgl. für die vertragsärztliche Abrechnung BGH, Beschl. v. 27.04.2004, Az.: 1 StR 165/03.

[7] Vgl. BT-Drucksache 18/6446, S. 23.

[8] Vgl. z. B. Spickhoff, a. a. O., § 9 GOZ, Rdnr. 4.

[9] Vgl. etwa OLG Koblenz, Beschl. v. 23.09.2004, Az.: 10 U 90/04; Spickhoff, a. a. O.

[10] Vgl. z. B. Buhlmann, ZM, Heft 15/2016, S. 62.

[11] Vgl. LG Hamburg, Urt. v. 30.05.2017, Az.: 406 HKO 214/16.

[12] Krauskopf/Sproll, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 88 SGB V, Rdnr. 16-19 f.

[13] Vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2011, Az.: I ZR 111/08.

[14] BGH, Urt. v. 13.01.2011, Az.: I ZR 111/08.

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