Im Alltag werden sehr oft aus Zeitmangel und/oder Unwissenheit einzelne Prozesse der Herstellung gar nicht oder nur sehr unzureichend ausgeführt, mit dem Hintergedanken: „Das kann man ja beim nächsten Arbeitsschritt korrigieren“ oder: „Das ist ja nicht so wichtig“. Um jedoch ein perfektes Endergebnis zu erreichen – und effizient zu erreichen –, sollte jeder einzelne Arbeitsschritt auch von Anfang an perfekt ausgeführt werden.
Abformung beim Patienten
Jörg Stehr
Aber der Gaumen, die Zähne oder der linguale Bereich im Unterkiefer bis zum Mundboden können nicht – auch mit noch so viel Fantasie – situationsgerecht aus dem Gips gefräst oder mit Wachs modelliert werden. Nie wird das Ergebnis dann so aussehen wie im Mund des Patienten, den man nie zu Gesicht bekommen hat. Wenn die Abformungen nicht korrekt genommen werden, sind auch die Gipsmodelle dementsprechend inkorrekt. Eine Arbeit, die auf dieser unzureichenden Arbeitsgrundlage hergestellt wird, kann noch so passgenau auf dem Gipsmodell sitzen und kunstgerecht gebogen, aufgestreut und poliert sein – sie wird im Mund des Patienten nicht passen. Alle Mühen bei der Herstellung der „Spange“ waren umsonst und man muss das Gerät, meistens unter Zeitdruck, korrigieren oder neu anfertigen. Und die Schuld wird dann natürlich allein dem Zahntechniker gegeben. Dann sollte man lieber den „Mut“ aufbringen und den Zahnarzt sofort nach einer erneuten Abformung fragen. Letztlich ist damit allen Beteiligten gedient.
Im Folgenden werden die einzelnen Arbeitsschritte vorgestellt, wie sie aufgrund langjähriger Erfahrungen für wichtig und optimal erachtet werden. Gerne trete ich auch mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in einen Dialog und bin für alle Verbesserungsvorschläge für eine Qualitätssteigerung oder effektivere Lösung sehr dankbar. Lassen Sie uns darüber diskutieren!
Arbeitsmodellherstellung
Jörg Stehr
Die Sockel der ausgegossenen Modelle dürfen beim Trimmen nicht bis an die Zähne heran geschliffen werden, auch nicht von dorsal. Es muss immer etwas Raum zum Anlegen der Drähte und für das Befestigen derselben mit Wachs auf dem Modell neben dem Zahn vorhanden sein. Auch auf eine gerade Standfläche des Modells sollte geachtet werden.
Für die Herstellung von kieferorthopädischen Arbeitsmodellen hat sich aus meiner Sicht Gips der Klasse III (Hartgips) bestens bewährt. Für meinen persönlichen Geschmack sind Superhartgipse, wie sie in der Prothetik verwendet werden, nicht nötig und auch zu hart. Andere Kollegen ziehen allerdings die Qualität von Klasse-IV-Gips vor. Jörg Stehr
Der Gips sollte am besten farbig sein. Denn in weißem Material sind die Oberflächenstrukturen und eventuelle Unebenheiten und Blasen schwerer zu erkennen als auf gelben oder blauen Modellen.
Jörg Stehr
Modellvorbereitung
Nach dem Aushärten des Gipsmodells sollte man alle störenden Kanten und scharfen Grate brechen oder beschleifen und Gipsüberschüsse, vor allem auch bei den Unterkiefermodellen innen am „Mundboden“, entfernen, um bequem und störungsfrei an seinen „Arbeitsplatz“ zu kommen. Danach werden noch mit einem Messer oder LeCron-Modellierinstrument kleine Gipsbläschen oder sonstige Oberflächenungenauigkeiten radiert und entfernt (Abb. 6–8). Jörg Stehr
Jörg Stehr
Interdental sollte an den Stellen, an denen später Halteelemente angebracht werden, das „Zahnfleisch“ vorsichtig, aber auch ausreichend radiert werden. Man muss dabei darauf achten, die Zähne nicht zu verletzen (Abb. 9 u. 10).
Wenn man möchte, kann man noch für die transversale Dehnschraube zur Fixierung ein Loch in das Modell bohren (Abb. 11 u. 12). Dies sollte aber nur für Schrauben mit einem zapfenförmigen Dehnschraubenhalter vorgenommen werden. Für Schrauben mit breitem Halter (Abb. 13) empfiehlt es sich, diesen mit einem Seitenschneider oder einem Skalpell zu kürzen und mit Klebewachs auf das Modell zu kleben. Es sollte kein „Grand Canyon“ in das Modell gefräst werden (Abb. 14), um die Schraube zu fixieren. Sonst verletzt man zu viel von der Oberfläche des Modells. Jörg Stehr
Jörg Stehr
Jörg Stehr
Auch empfiehlt es sich, die Schrauben, die nur auf die Modelloberfläche geklebt werden, mit einem Hilfsdraht zusätzlich zu fixieren, um ein Abfallen während des Wässerns und Aufstreuens zu verhindern (vgl. Abb. 13).
Schrauben für Segmentbewegungen im Seitenzahnbereich oder zur Einzelzahnbewegung sollte man immer ohne Loch und nur auf der Oberfläche fixieren und mit einem Hilfsdraht sichern oder, wie auf Abb. 15 zu sehen, an der transversalen Dehnschraube festwachsen.
Anfänger sollten in der ersten Zeit zur besseren Übersicht beim Herstellen der Spangen Einzeichnungen vornehmen. Es werden die Sägeschnitte der Schrauben und die Begrenzungen der Geräte sowie die Lage der Retentionen der einzelnen Elemente auf dem Modell eingezeichnet, um nicht etwa einen Draht über einen Schraubenschlitz zu legen oder die Retentionen über die Gerätebasis hinaus zu biegen (vgl. Abb. 11, 12 u. 16). Jörg Stehr
Jörg Stehr
Jörg Stehr
Zum Schluss der Modellvorbereitung müssen noch alle untersichgehenden Stellen im Unterkieferseitenzahnbereich mit Wachs ausgeblockt werden. Hier ist das Ziel, Druckstellen und Abschürfungen beim Einsetzen und Herausnehmen des Gerätes zu vermeiden (Abb. 17).
Ausblick
Mit Abschluss dieser Schritte sind die Gipsmodelle fertig. Im nächsten Teil dieses Beitrages (siehe Link unten) geht es um das Biegen und Befestigen der Drahtelemente und das Vorbereiten zum Aufstreuen.
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