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Brandschutz: Pflichten bei Praxisgründung und -betrieb

Das Thema Brandschutz sollte in einer Zahnarztpraxis einen hohen Stellenwert haben, denn ein Brand stellt nicht nur eine Bedrohung für Patienten/-innen und Personal dar, sondern kann auch existenzielle Folgen haben. Neben der baulichen und technischen Ausstattung spielen organisatorische Maßnahmen sowie Verhaltenstraining für den Brandfall eine mindestens genauso wichtige Rolle. Da zwischen Entstehungsbrand und Vollbrand oft nur wenige Minuten liegen, zählt im Ernstfall jede Sekunde.

Illustration Feuerwehr löscht Brand vectorjuice/freepik
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Brände in (Zahn-)Arztpraxen sind selten, aber ihre Folgen können verheerend sein – von hohen Sachschäden bis hin zu Gefahr für Patienten/-innen und Personal. Zudem drohen rechtliche Konsequenzen: Werden Vorschriften missachtet, können Behörden Bußgelder verhängen und Versicherungen im Ernstfall die Regulierung verweigern.

Ein Brandereignis ist oft das Ende einer Praxis: Nur 23% der Firmen waren nach einem Brandereignis wieder voll betriebsfähig, für 71% war es das Ende. Nur 33% aller Unternehmen überleben einen Brand auf lange Sicht, hatte die IHK Trier erhoben.

Gesetzliche Grundlagen und Vorschriften

Baulicher Brandschutz

In Deutschland unterliegt der Brandschutz in Arztpraxen einer Reihe von Gesetzen und technischen Regeln. Bauordnungsrechtlich gelten die Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer. Sie verlangen i.d.R. zwei unabhängige, bauliche Rettungswege aus jeder Nutzungseinheit (§ 33 MBO). Diese Anforderungen werden bereits in der Baugenehmigung bzw. im Nutzungsänderungsbescheid für die Praxis festgelegt. Fehlt z.B. ein vorgeschriebener zweiter Notausgang, kann dies nicht nur behördliche Auflagen nach sich ziehen – im Brandfall könnte sogar die Versicherung wegen Verletzung von Sicherheitsvorgaben Leistungen verweigern.

Strafrechtliche Folgen und zivilrechtliche Forderungen sind die logische Folge. Für Praxisbetreiber/-innen (insbesondere bei Neugründung oder Übernahme) lohnt sich ein Blick in das Brandschutzkonzept des Gebäudes, das Vorgaben zu Bauart, Rettungswegen, technischen Anlagen etc. enthält. Ist kein formelles Konzept vorhanden, greifen die Mindestanforderungen der Landesbauordnung (LBO) und ArbStättV.

• Rettungswege und Notausgänge

Jede Praxis muss einen ausreichend breiten, jederzeit freien Hauptfluchtweg ins Freie oder in einen sicheren Bereich haben – i.d.R. ist das der Flur zum Gebäudeausgang oder Treppenhaus. Zusätzlich ist – außer im Erdgeschoss mit Tür direkt nach draußen – ein zweiter Rettungsweg notwendig (z.B. ein weiteres Treppenhaus, eine Außentreppe oder ein Fenster/Balkon, der von der Feuerwehr mit Leitern erreicht werden kann). Prüfen Sie bereits bei der Auswahl der Räumlichkeiten, ob ein zweiter Rettungsweg vorhanden ist oder ob ggf. bauliche Anpassungen nötig sind. Notausstiege über Fenster müssen groß genug und erreichbar sein; falls sie in Innenhöfe führen, ist eine Feuerwehrzufahrt dorthin erforderlich. Türen auf Fluchtwegen dürfen nicht verschlossen sein, müssen in Fluchtrichtung aufschlagen und dürfen den dahinterliegenden Fluchtweg nicht einschränken, damit im Gedränge niemand dahinter blockiert wird. Typische Fehler, die es zu vermeiden gilt, sind z.B. zugestellte Flure (durch Rollstühle, Kinderwagen, Möbel) oder Notausgangstüren, die abgeschlossen sind oder durch Vorhänge verdeckt werden.

• Kennzeichnung und Beleuchtung

Alle Rettungswege und Notausgänge sind gemäß ArbStättV/ASR mit Sicherheitszeichen zu markieren (grüne Hinweisschilder „Ausgang“/„Notausgang“ mit Richtungspfeilen). In vielen Praxisräumen genügt die allgemein bekannte Beschilderung zum Gebäudeausgang. Befindet sich Ihre Praxis jedoch in einem größeren Komplex oder oberhalb des Erdgeschosses, sollte ein Flucht- und Rettungsplan aushängen (am besten im Eingangs- oder Wartebereich). Dieser Plan zeigt Gebäudegrundriss, Ihren Standort, Fluchtwege, Notausgänge, Feuerlöscher und den Sammelplatz. Patienten/-innen und Besucher/-innen können sich so im Vorfeld orientieren. Zudem ist in fensterlosen Fluren oder bei Praxisräumen im Kellergeschoss eine Notbeleuchtung sinnvoll oder vorgeschrieben, damit im Falle eines Stromausfalls die Fluchtwege beleuchtet bleiben.

• Feuerabschnitte und bauliche Trennung

Arztpraxen befinden sich oft in Mischgebäuden (z.B. Wohn- und Geschäftshäuser). Hier ist darauf zu achten, dass die Praxisräume ggf. feuerbeständig von angrenzenden Nutzungseinheiten getrennt sind – z.B. durch Wände und Decken in entsprechender Feuerwiderstandsklasse (F30, F90 etc., je nach Anforderung).

So soll verhindert werden, dass ein Feuer aus der Praxis auf Wohnungen übergreift (und umgekehrt). Türen in feuerbeständigen Wänden müssen in der Regel selbstschließend und dichtschließend sein (Rauchschutztüren). Ein klassisches Beispiel: Die Tür vom Praxisflur in das Treppenhaus – oft muss diese als T30-RS Tür (30 Minuten feuerhemmend, Rauchschutz) ausgeführt sein, damit Feuer und Rauch nicht sofort ins Treppenhaus gelangen, dem wichtigen ersten Rettungsweg. Durchbrüche (etwa für Leitungen, Rohre, Kabelschächte) müssen brandsicher abgedichtet sein. Bei Übernahme einer bestehenden Praxis lohnt es, solche baulichen Punkte mit einem/-er Sachverständigen oder dem/der Vermieter/-in zu klären – insbesondere in Altbauten entspricht die Substanz nicht immer modernen Brandschutzstandards.

• Technische Anlagen und elektrische Sicherheit

Eine häufige Brandursache – wie erwähnt – sind elektrische Anlagen. Baulich kann hier viel vorbeugend getan werden: Lassen Sie die Elektroinstallation regelmäßig prüfen (Stichwort E-Check, DGUV V3-Prüfung der ortsfesten Anlage). In medizinischen Betrieben gelten erhöhte Anforderungen an den Fehlerschutz; achten Sie z.B. auf funktionierende FI-Schutzschalter (RCDs), die Fehlerströme ableiten und Brände durch Kurzschluss oder Erdschluss verhindern. Mehrfachsteckdosen sollten fachgerecht installiert sein – Kaskadierungen („Steckerleiste in Steckerleiste“) sind wegen Überlastungsgefahr tabu. Elektrische Betriebsräume (Serverräume, Verteilungen) sollten keine unnötigen Brennstoffe (Papierlager etc.) enthalten und im Idealfall mit Rauchwarnmeldern ausgestattet sein. Gerade nach Praxisschluss kann ein Schwelbrand in einem Technikraum unbemerkt großen Schaden anrichten – ein Rauchmelder mit Funkalarm oder Aufschaltung kann frühzeitig warnen. Lüftungsanlagen und Klimageräte sind ebenfalls brandtechnisch relevant: Filter in Klima-/Absauganlagen müssen regelmäßig gewechselt werden, damit sich kein brandfördernder Staub/Flusen ansammelt, und Durchführungen in andere Brandabschnitte brauchen Brandschutzklappen.

• Automatische Brandmelde- und Löschanlagen

Für gewöhnliche Zahnarztpraxen sind Brandmeldeanlagen (BMA) oder Sprinkleranlagen meist nicht gesetzlich vorgeschrieben – die Personenbelegung ist relativ gering und die Räume vergleichsweise klein. Allerdings können solche Anlagen freiwillig installiert werden oder im Einzelfall durch Behörden/Versicherer gefordert sein (etwa in Kliniken oder großen Medizinzentren).

Rauchmelder sind in Privaträumen (Schlafzimmer, Flure in Wohnungen) in fast allen Bundesländern Pflicht, in gewerblichen Praxen bisher aber nicht flächendeckend vorgeschrieben. Trotzdem ist es empfehlenswert, zumindest in kritischen Bereichen der Praxis Rauchwarnmelder anzubringen (z.B. im Technikraum, Archiv, Labor, Aufenthaltsraum). Diese können auch ohne Voll-BMA kostengünstig nachgerüstet werden.

Löschanlagen wie automatische Sprinkler sind in normalen Praxen unüblich, sie kommen eher in Krankenhäusern oder Sonderbauten zum Einsatz. Durchaus sinnvoll können jedoch fest installierte Löschmittel in Spezialbereichen sein – etwa eine CO2-Löschanlage in einem servergesicherten EDV-Schrank, sofern dort sehr empfindliche Geräte stehen. Solche Entscheidungen trifft man am besten in Absprache mit einem Brandschutzfachplaner unter Berücksichtigung von Kosten/Nutzen.

Das Arbeitsstättenrecht

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) schreibt allgemeine Schutzmaßnahmen vor, die in technischen Regeln konkretisiert werden. Gemäß ArbStättV/ASR müssen Arbeitgeber/-innen – also auch Praxisinhaber/-innen – jederzeit mit der Möglichkeit eines Brandes rechnen und entsprechend vorsorgen. Konkret fordert die Technische Regel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ eine angemessene Ausstattung und Organisation des Brandschutzes. Dazu zählen z.B. ausreichende Anzahl und Art von Feuerlöschern, die Einrichtung von Rettungswegen und Notausgängen, Alarmierungseinrichtungen, sowie die Bestellung und Ausbildung von Brandschutzhelfern/-innen. Hält sich der/die Arbeitgeber/-in an diese technischen Regeln, kann er/sie davon ausgehen, die ArbStättV-Anforderungen zu erfüllen. Andernfalls muss er/sie durch andere Lösungen das gleiche Schutzniveau nachweisen. Was i.d.R. von den Aufsichtsbehörden (§ 3a ArbStättV) kaum anerkannt wird.

• Feuerlöscher und Löschmittel in der Praxis

Die Technische Regel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ fordert eine angemessene Ausstattung und Organisation des Brandschutzes. Dazu zählen z.B. ausreichende Anzahl und Art von Feuerlöschern, die Einrichtung von Rettungswegen und Notausgängen, Alarmierungseinrichtungen, sowie die Bestellung und Ausbildung von Brandschutzhelfern/-innen.vectorjuice/freepik
Die Technische Regel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“ fordert eine angemessene Ausstattung und Organisation des Brandschutzes. Dazu zählen z.B. ausreichende Anzahl und Art von feuerlöschern, die Einrichtung von Rettungswegen und Notausgängen, Alarmierungseinrichtungen, sowie die Bestellung und Ausbildung von Brandschutzhelfern/-innen.

Tragbare Feuerlöscher sind Grundausstattung jeder Arbeitsstätte. Die Auswahl der richtigen Löschgeräte und -mittel in einer Zahnarztpraxis richtet sich nach den vorhandenen Brandklassen und dem Brandrisiko. In den meisten Fällen werden ABC-Pulverlöscher oder Schaumfeuerlöscher eingesetzt, da in Praxisräumen hauptsächlich feste Stoffe (Papier, Möbel – Brandklasse A) und eventuell Flüssigkeiten (Alkohol, Lösungsmittel – Brandklasse B) brennen können. Pulverlöscher decken zwar viele Brandklassen ab, haben aber den Nachteil erheblicher „Nebenwirkungen“ (Pulver ruiniert elektronische Geräte und Einrichtung).

Daher werden im Innenbereich Schaumlöscher oft bevorzugt, da Löschschaum gezielt aufgebracht werden kann und sich anschließend einfach entfernen lässt. Ein 6-Liter-Schaumlöscher kann z.B. im Empfangs-/Wartebereich ideal sein. Für Behandlungsräume mit empfindlichen Geräten (Computersysteme, Behandlungseinheiten, Röntgen) kommen auch Kohlendioxid-(CO2-)Feuerlöscher in Betracht. CO2 löscht rückstandsfrei und ist elektrisch nichtleitend – somit wird weder das Gerät beschädigt noch besteht Stromschlaggefahr. Allerdings ist bei CO2 in kleinen Räumen Vorsicht geboten: Das Gas verdrängt den Sauerstoff, es droht Erstickungsgefahr für Anwesende. Als Faustregel gilt maximal 1 kg CO2 pro 5,5 m² Raumfläche einzusetzen, und Warnhinweise müssen auf diese Gefahr hinweisen. In der Praxis bedeutet das: Ein Standard-2-kg-CO2-Löscher ist für Räume um ca. 11 m² geeignet – kleiner sollten Räume bei CO2-Einsatz nicht sein. Wo CO2 nicht ratsam ist (winzige Behandlungszimmer), greift man besser zu Schaumlöschern mit Dielektrikum-Zusatz (für Eignung an Elektroanlagen).

• Spezialfälle

In Röntgenräumen mit Röhre oder Entwicklungschemikalien können CO2 oder Metallbrandlöscher relevant sein. Falls Ihre Praxis ein eigenes kleines Labor betreibt (z.B. für Kieferorthopädie mit Kunststoffen oder ein zahntechnisches Labor für Prothesen), denken Sie auch an einen Feuerlöscher für Metall-/Glutbrände (Brandklasse D), wenn z.B. mit Heißgutanlageschmelzen oder Lithium-Akkus hantiert wird. Im Zweifel berät hier die Feuerwehr oder ein Brandschutzfachbetrieb zur geeigneten Löschtechnik.

• Anzahl und Platzierung

Wie viele Feuerlöscher notwendig sind, hängt von der Praxisgröße und der Gefährdungsbeurteilung ab. Die ASR A2.2 gibt Anhaltspunkte in Löschmitteleinheiten (LE) pro Quadratmeter.

Orientierungswert: Ein 6-kg-ABC-Löscher (oder 6-Liter Schaumlöscher) entspricht etwa 6 LE und deckt ca. 200 m² normaler Brandgefährdung ab. Bei erhöhter Gefährdung wird mehr Löschmittelmenge gefordert. Als Mindeststandard sieht man oft zwei Feuerlöscher in einer kleineren Praxis: Einen nahe dem Ausgang/Wartebereich und einen im hinteren Bereich (z.B. beim Steri oder Labor). Wichtig ist, dass Löscher schnell erreichbar und für alle sichtbar gekennzeichnet sind. Jeder im Team sollte auf Anhieb wissen, wo der nächste Löscher hängt. In größeren Praxen verteilen Sie Löscher so, dass von jedem Punkt aus maximal 20 m Laufweg zu einem Gerät sind.

• Montage

Löscher gehören an gut zugängige Stellen, ideal Höhe Unterkante 0,30 m über Boden (damit auch kleinere Mitarbeiter ihn abnehmen können). Achten Sie darauf, dass kein Mobiliar den Zugriff versperrt.

• Wartung von Löschgeräten

Ein nicht gewarteter Feuerlöscher kann im Ernstfall versagen. Alle zwei Jahre ist daher eine Sachkundigen-Prüfung der Feuerlöscher vorgeschrieben. Ein Prüfer (z.B. von einem Brandschutzunternehmen) kontrolliert Füllmenge, Druck, Dichtungen und Funktion und versieht den Löscher mit einer Plakette. Außerdem schreiben Hersteller meist alle sechs bis acht Jahre einen Austausch des Löschmittels (Pulver/Schaum) vor. Diese Intervalle gelten auch für kleinste Praxen. Führen Sie ein Prüfbuch, in dem Wartungen dokumentiert werden – bei Begehungen durch die Berufsgenossenschaft oder das Gewerbeaufsichtsamt wird danach gefragt.

Das Gefahrstoffrecht

Für den Umgang mit gefährlichen oder brennbaren Stoffen greifen entsprechende Unfallverhütungsvorschriften. TRGS 800 „Brandschutzmaßnahmen“ (Technische Regel für Gefahrstoffe) richtet sich an alle Betriebe, die mit brennbaren Gefahrstoffen umgehen. Sie gilt auch in Arztpraxen, in denen z.B. entzündliche Flüssigkeiten (alkoholbasierte Desinfektionsmittel, Lösungsmittel etc.) verwendet oder gelagert werden. Bei normaler Brandgefährdung (wie im Büro) fordert TRGS 800 keine über die allgemeinen Maßnahmen hinausgehenden Schritte. Liegen jedoch erhöhte Brandgefahren vor, sind zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich. In Zahnarztpraxen können solche Gefahren z.B. durch die Menge entflammbarer Flüssigkeiten, den Einsatz von Sauerstoff (brandfördernd) oder vielen elektrischen Geräten gegeben sein. Hier sollte im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sorgfältig bewertet und dokumentiert werden, ob die Brandgefahr über „üblich“ hinausgeht. Gegebenenfalls sind dann weitergehende Vorkehrungen (zusätzliche Löschausrüstung, mehr Brandschutzhelfer/-innen, automatischer Melder, Gefahrstoffkataster etc.) zu treffen.

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Die Ergebnisse dieser Beurteilung müssen schriftlich vorliegen und regelmäßig überprüft werden. Ergänzend sind diverse DIN-Normen einschlägig. Beispiele: DIN 14096 regelt Aufbau und Inhalte einer Brandschutzordnung (Teile A, B, C) für Betriebe, die vor allem bei erhöhter Gefährdung verlangt wird, aber auch sonst eine sinnvolle Orientierung ist. DIN 4102 (und Eurocode EN 13501) klassifizieren Baustoffe und Bauteile nach ihrem Feuerwiderstand (wichtig für Türen, Decken, Wände). DIN EN 3 normiert tragbare Feuerlöscher (Kennfarben, Brandklassen etc.), DIN 14676 gibt Hinweise zur Rauchwarnmeldung. Zwar müssen Praxisbetreiber/-innen diese Normen nicht auswendig kennen, aber Fachplaner und Ausstatter orientieren sich daran. Merke: Praxisinhaber/-innen sollten zumindest die wichtigsten Rechtsgrundlagen kennen und bei Planung/Übernahme einer Praxis Brandschutzexpertise (Architekt/-in, Sachverständige/-r, Feuerwehrberatung) hinzuziehen, um alle Vorgaben einzuhalten.

Organisatorischer Brandschutz

Neben der baulichen und technischen Ausstattung ist die Organisation des Brandschutzes in der Praxis entscheidend. Alle technischen Vorkehrungen nützen wenig, wenn im Ernstfall niemand weiß, was zu tun ist. Deshalb müssen Praxisinhaber/-innen für klare Verantwortlichkeiten, Unterweisungen und Notfallpläne sorgen.

• Gefährdungsbeurteilung und Brandschutzordnung

Am Anfang steht eine systematische Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes Praxis, die auch Brandgefahren berücksichtigen muss. Dabei werden alle oben genannten Risiken (Elektro, Chemikalien, Fluchtwege etc.) erfasst und bewertet. Bei einer erhöhten Brandgefährdung (z.B. große Mengen entzündbarer Flüssigkeiten, viele ortsveränderliche Geräte, Patienten/-innen mit eingeschränkter Mobilität etc.) sind besondere Maßnahmen nötig. In diesem Fall schreiben die ASR A2.2 und die DGUV vor, eine Brandschutzordnung zu erstellen, die nach DIN 14096 aus drei Teilen besteht: Teil A (kurze Verhaltensregeln im Brandfall für alle Personen, als Aushang in der Praxis), Teil B (detaillierte Anweisungen zur Brandverhütung und -bekämpfung für alle Mitarbeiter/-innen) und Teil C (spezielle Anweisungen für Mitarbeiter/-innen mit Brandschutzfunktion, z.B. Brandschutzhelfer).

Diese Dokumente sollten individuell für Ihre Praxis erstellt und allen Beschäftigten bekannt gemacht sein. In kleineren Praxen ohne erhöhte Risiken mag eine förmliche Brandschutzordnung nicht zwingend sein – dennoch ist es sinnvoll, wenigstens kurze Notfallanweisungen auszuhängen („Im Brandfall: Ruhe bewahren – Notruf 112 absetzen – Patienten/-innen über gekennzeichnete Wege nach draußen führen – ggf. Entstehungsbrand löschen – am Sammelplatz zählen“). Solche Aushänge gehören gut sichtbar in den Flur oder Wartebereich.

• Mitarbeiterunterweisung und Notfallübungen

Um die Funktionstüchtigkeit zu garantieren, muss eine regelmäßige Wartung der Feuerlöscher durchgeführt werden, die entsprechend im Prüfbuch zu dokumentieren ist.vectorjuice/freepik
Um die Funktionstüchtigkeit zu garantieren, muss eine regelmäßige Wartung der Feuerlöscher durchgeführt werden, die entsprechend im Prüfbuch zu dokumentieren ist.

Alle Beschäftigten müssen über die Brandgefahren in der Praxis und das Verhalten im Notfall informiert und geschult sein. Neue Mitarbeiter/-innen erhalten idealerweise am ersten Arbeitstag eine Brandschutz-Unterweisung, da sie die Örtlichkeiten noch nicht kennen. Zudem ist mindestens einmal jährlich eine Auffrischung für das gesamte Team Pflicht. In dieser Unterweisung sollten praxisrelevante Themen behandelt und z.B. folgende Fragen besprochen bzw. beantwortet werden: „Wie melde ich einen Brand?“, „Wo sind Feuerlöscher und wie bediene ich sie?“, „Wie funktioniert die Evakuierung (Wer hilft wem)?“ oder „Wo ist der Sammelpunkt?“.

Ergänzend sind praktische Löschübungen vorgeschrieben, denn das Löschen mit einem Feuerlöscher will geübt sein. Viele Feuerwehren oder Brandschutzdienste bieten Mitarbeitertrainings an, teils mit einem Brandsimulator. Nutzen Sie solche Angebote, damit im Ernstfall die Hemmschwelle sinkt, einen Feuerlöscher tatsächlich einzusetzen. Auch eine Evakuierungsübung einmal pro Jahr kann sinnvoll sein – vor allem in größeren Einrichtungen. So etwas lässt sich z.B. im Rahmen eines Probealarms üben, möglichst ohne Patienten/-innen zu gefährden (z.B. nach Sprechstunde mit dem Team durchspielen). Das Wichtigste: Im Alarmfall muss jeder wissen, was zu tun ist – Unsicherheit oder Panik entstehen meist durch mangelnde Vorbereitung.

• Brandschutzhelfer/-in

Nach ASR A2.2 ist in jeder Praxis mindestens ein Teil der Beschäftigten als Brandschutzhelfer/-in auszubilden. Als Faustformel gilt 5% der Mitarbeiter/-innen – in kleinen Teams heißt das mindestens eine Person. Diese Helfer müssen in einer speziellen Schulung (oft halbtägig) die Handhabung von Löschmitteln, die Organisation der Evakuierung und die Abläufe im Brandfall lernen. Wichtig: Es muss ständig mindestens ein/-e Brandschutzhelfer/-in anwesend sein. Bei Urlaub, Krankheit oder Schichtbetrieb reicht eine Person schnell nicht aus. Praxisinhaber/-innen sollten deshalb lieber zwei oder mehr Mitarbeiter/-innen schulen lassen, selbst wenn das über 5% liegt. Auch sie selbst können diese Schulung absolvieren. Die Ernennung der Brandschutzhelfer/-innen erfolgt schriftlich und sollte im Teil C der Brandschutzordnung dokumentiert werden.

• Brandschutzbeauftragte/-r

Dieser/diese deutlich umfangreicher ausgebildete Experte/-in (mind. 64 Std. Lehrgang) ist in normalen Arztpraxen nicht gesetzlich vorgeschrieben – er/sie wird eher in größeren Betrieben oder auf behördliche Auflage bestellt. Bei sehr großen MVZs oder Kliniken kann es sinnvoll sein, einen/eine Mitarbeiter/-in mit dieser Fortbildung zu haben, der/die das gesamte Brandschutzmanagement koordiniert. In der Regel wird ein/-e Praxisinhaber/-in aber seiner/ihrer Verantwortung gerecht, indem er/sie genügend Brandschutzhelfer/-innen stellt und ggf. externen Rat einholt.

Häufige Brandgefahren in Zahnarztpraxen

Praxisinhaber/-innen unterschätzen leicht die Brandrisiken im Alltag. Tatsächlich gehören Arzt- und Zahnarztpraxen durch die spezifischen Arbeitsmittel und Materialien zu den Bereichen mit potenziell erhöhter Brandgefährdung. Das gesamte Praxisteam sollte für typische Gefahren sensibilisiert sein. Zu den häufigsten Brandursachen bzw. Gefahrenquellen in (Zahn-)Arztpraxen zählen:

• Defekte oder überlastete Elektrogeräte und -anlagen

Über die Hälfte aller untersuchten Brandschäden geht auf elektrische Defekte oder unsachgemäße Nutzung elektrischer Geräte zurück. Mangelnde Wartung (z.B. veraltete Kabel, fehlende Prüfung) und Überlastung (klassischer „Mehrfachstecker am Mehrfachstecker“) führen leicht zur Überhitzung. Beispiel: Ein überhitztes Laborgerät oder ein kurzschlussanfälliger Autoklav können unbemerkt einen Schwelbrand auslösen.

In Zahnarztpraxen werden etliche entzündliche Flüssigkeiten eingesetzt – allen voran alkoholische Desinfektionsmittel (Flächendesinfektion, Händedesinfektion), aber auch z.B. Lösemittel im Labor oder chemische Reinigungsmittel. Diese Mittel sind leicht entflammbar und können bei falscher Handhabung oder Leckagen Brandherde sein. Auch Sauerstoff oder Lachgas, die in Notfällen oder bei Sedierungen zum Einsatz kommen, wirken brandfördernd (sie beschleunigen die Verbrennung). Papier, Kartonagen, Textilien und Kunststoffabfälle (z.B. Einweginstrumente, Verpackungen) können in größerer Menge ebenfalls ein erhebliches Brennmaterial darstellen – insbesondere, wenn sie unsachgemäß in Nähe von Zündquellen gelagert werden. TRGS 800 weist darauf hin, dass selbst solche „gewöhnlichen“ Stoffe im betrieblichen Kontext als Gefahrstoff zu betrachten sind, wenn von ihnen aufgrund Menge/Umgebung eine erhöhte Brandgefahr ausgeht.

• Offenes Feuer und heiße Oberflächen

Offenes Licht ist in Praxen selten nötig – umso fataler, wenn es doch verwendet wird. Kerzen (z.B. im Wartezimmer zur Adventszeit) oder Bunsenbrenner/Spirituslampen im Praxislabor stellen eine klare Brandgefahr dar und sollten vermieden bzw. nie unbeaufsichtigt betrieben werden. Ebenso sind Raucher/-innen (Personal und Patienten/-innen) in und vor Praxisräumen oder Wärmequellen wie Heizdecken, Kaffeemaschinen, Heizlüfter im Auge zu behalten. Gerade Adventsgestecke haben schon so manche Praxis in Brand gesetzt – hier gilt ein striktes Nein zu offenem Feuer in öffentlich zugänglichen Räumen.

• Unachtsamkeit und organisatorische Mängel

Alle Beschäftigten müssen über die Brandgefahren in der Praxis und das Verhalten im Notfall informiert und geschult sein. Ca. 5% der Mitarbeitenden sollten ausgebildete Brandschutzhelfer/innen sein. In kleinen Teams muss mindestens eine Person als Helfer oder Helferin zur Verfügung steht. (ASR A2.2)vectorjuice/freepik
Alle Beschäftigten müssen über die Brandgefahren in der Praxis und das Verhalten im Notfall informiert und geschult sein. Ca. 5% der Mitarbeitenden sollten ausgebildete Brandschutzhelfer/innen sein. In kleinen Teams muss mindestens eine Person als Helfer oder Helferin zur Verfügung steht. (ASR A2.2)

Ein häufiger Faktor ist menschliches Fehlverhalten – z.B. Geräte nicht ausschalten, trotz Warnung weiter nutzen, in Hektik Speiseöl auf dem Herd vergessen (in Praxisküchen) oder fehlendes Gefahrenbewusstsein im Allgemeinen. Brennbare Materialien in Rettungswegen sind ein weiteres Problem: Abgestellte Kartons, Dekoration oder leicht entflammbare Wandverkleidungen im Flur können im Brandfall schnell Feuer fangen und Fluchtwege unpassierbar machen. Auch verstellte oder verschlossene Notausgänge sind ein gefährliches Organisationsdefizit. Besondere Risikobereiche in Zahnarzt- und KFO-Praxen sind vor allem der Technik-/Elektrobereich und der Hygiene-/Sterilisationsbereich.

Im Sterilisationsraum laufen Autoklaven bei hohen Temperaturen, Ultraschallbäder mit Alkohollösungen, Thermodesinfektoren etc. – hier treffen also Hitze und entzündliche Flüssigkeiten zusammen. Wichtig ist, diese Geräte gemäß Herstellerangaben zu betreiben, ausreichend zu lüften und z.B. Desinfektionsmittel vor Anwendung von Hitze oder Strom trocknen zu lassen (Verpuffungsgefahr). So sollten etwa alkoholische Hautdesinfektionsmittel vollständig verdunsten, bevor ein elektrischer Kauter oder Laser im Mund eingesetzt wird. Im Laborbereich wiederum können brennbare Dentalmaterialien (z.B. Alkohol in Polierpasten, Kunststoffmonomere) und Geräte wie Brennöfen oder Schleifmaschinen eine Rolle spielen. Insgesamt gilt es, in allen Bereichen potenzielle Zündquellen und Brennstoffe zu erkennen und durch technische oder organisatorische Maßnahmen zu entschärfen. Merke: Brandschutzordnung erstellen, ständig aktuell halten und beachten. Verstöße gegen die Brandschutzordnung (Betriebsanweisung) können mit einer fristlosen Kündigung geahndet werden.

Organisatorische Maßnahmen und Verhaltensregeln für den Praxisalltag:
– Ordnung halten: Vermeiden Sie brennbare Materialansammlungen. Lagerung von großen Papierkartons, Spraydosen, Spiritus etc. nur in dafür vorgesehenen Schränken oder Abstellräumen. Im Steri und Labor nur die benötigten Mengen an entzündlichen Flüssigkeiten bereithalten; Reserven (Kanister, Vorratsflaschen) möglichst in einem Sicherheitsschrank (feuerhemmend) lagern. Schmutzwäsche und Müllbehälter täglich entsorgen, damit sich darin nichts entzünden kann.

– Elektrogeräte abschalten: Am Tagesende sollten nicht benötigte Geräte vom Netz getrennt werden. Ein Nachtmodus bei EDV oder Stand-by bei Geräten spart kaum Zeit, birgt aber Brandrisiken. Planen Sie eine „Shutdown“-Routine: Wer geht, prüft zuletzt Steri, Kaffeemaschine, Klimaanlagen etc. auf Abschaltung. Tipp: Nutzen Sie Steckerleisten mit Schalter, um mehrere Geräte zentral vom Strom zu trennen. Wärmeentwickelnde Geräte (Wasserkocher, Heizdecken) nach Gebrauch stets ausstöpseln.

– Regelmäßige Prüfungen: Neben den genannten Feuerlöscher-Wartungen sind Elektroprüfungen wichtig. Alle ein bis zwei Jahre sollten ortsveränderliche elektrische Geräte (Bohrer, Lampen, PC, Steri-Geräte) von einer Elektrofachkraft geprüft werden (DGUV Vorschrift drei Prüfsiegel). Auch die Heizung und Klimaanlage profitieren von einer Wartung – ein sauber eingestellter Brenner und staubfreie Lüfter mindern die Brandgefahr. Feueralarm-Probe: Testen Sie vorhandene Rauchmelder oder Alarmanlagen regelmäßig (z.B. Batteriewechsel bei Rauchwarnmeldern einmal jährlich).

Notfallorganisation: Legen Sie einen Sammelplatz fest, an dem sich im Evakuierungsfall alle Mitarbeiter/-innen und ggf. Patienten/-innen einfinden (z.B. Parkplatz gegenüber). Ernennen Sie jemanden, der bei Alarm die Patiententoiletten kontrolliert, damit niemand zurückbleibt. Denken Sie an hilfsbedürftige Patienten/-innen: Wer im Rollstuhl oder unter Sedierung behandelt wird, braucht im Notfall sofort Unterstützung – besprechen Sie im Team, wer primär solchen Personen hilft. Patientendaten retten steht nicht an erster Stelle – Personenschutz geht immer vor Datenträgern oder Akten. Sorgen Sie aber dafür, dass eine tägliche Datensicherung extern oder in der Cloud vorhanden ist – ein Brand kann sonst existenzbedrohende Datenverluste bedeuten.

Externe Hilfe und Beratung: Sprechen Sie im Zweifel Ihre örtliche Feuerwehr an – viele Feuerwehren bieten Beratungen für Gewerbetreibende an (oft kostenlos). Diese können Tipps zur Aufstellung der Löschgeräte oder zur Alarmierung geben. Auch die Berufsgenossenschaft (BGW) stellt Infos zum Brandschutz bereit, ebenso die Landeszahnärztekammern (manche haben Leitfäden). Nutzen Sie Checklisten – z.B. gibt es von Brandschutzexperten/-innen entwickelte Listen speziell für Arztpraxen, die helfen, nichts zu übersehen.

Fazit

Für Betreiber/-innen von Zahnarzt- und Kieferorthopädiepraxen gehört der Brandschutz zu den zentralen Pflichten bei Praxisgründung und -betrieb. Nur wenn bauliche Sicherheit und organisatorische Vorkehrungen erfüllt sind, lässt sich das Risiko minimieren. Im Ernstfall muss eine Praxis innerhalb von Minuten geräumt sein – das erfordert Planung im Voraus. Halten Sie sich an die gesetzlichen Vorgaben und aktuelle technische Regeln, um auf der sicheren Seite zu sein. Darüber hinaus gilt jedoch, im Zweifel lieber mehr für den Brandschutz zu tun als nur das Nötigste. Ein kleiner zusätzlicher Aufwand (z.B. extra Feuerlöscher, eine Schulung mehr, ein Rauchmelder im Archiv) kann im Ernstfall Leben retten oder Ihre Existenz bewahren. Dringend zu empfehlen ist bei jeder Praxisübernahme oder Raumanmietung eine Begehung durch eine/-n Sachverständige/-n inklusive der Durchführung einer sogenannten „Technischen Due Diligence“, um eine umfassende Bewertung der Praxis zu erhalten. Dies schützt vor versteckten Kosten und späteren Diskussionen mit dem/der Eigentümer/-in/ bzw. Verkäufer/-in, wer die Kosten z.B. für brandschutztechnische Ertüchtigungen trägt.

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