- Teil 1
- Sinn und Zweck der §§ 299a und 299b StGB
- Der potenzielle Täterkreis
- Die Unrechtsvereinbarung
- Praktische Auswirkungen und relevante Fallbeispiele
- Rabatte bei der Materialbeschaffung und das Heilmittelwerberecht
- Skonti bei Zahlung der Laborrechnung
- Vorläufiges Fazit und Ausblick
- Teil 2
- Partnerfactoring
- Kooperationen bei der Aligner-Behandlung
- Unternehmensbeteiligungen
- Das „korruptionsrechtliche“ Problem
- Sonderfall: Praxiseigene Labore
- Beteiligungen an Gewerbelaboren
- Fazit
Teil 1
Es ist ein erklärtes Ziel des Gesetzgebers, Wettbewerbselemente im Gesundheitswesen zu verankern. So trägt bspw. das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [1] diese Absicht bereits im Namen. Wenn der Wettbewerb jedoch durch nicht erwünschte Absprachen beeinträchtigt wird, kann sich dies finanziell nachteilig für die Finanzierung des Gesundheitssystems auswirken.
Darüber hinaus können sich Patienten auch nicht mehr auf die Richtigkeit einer getroffenen medizinischen Entscheidung verlassen, wenn sie befürchten müssen, dass versprochene Vorteile – und nicht medizinische Aspekte – die Entscheidungsfindung leiten. Auch schon vor Bestehen der genannten strafrechtlichen Vorschriften gab es sozial- und berufsrechtliche Vorgaben, die eine solche Beeinflussung ausschließen sollten (z.B. § 73 Abs. 7 SGB V sowie die Zuweisungsverbote in den Berufsordnungen). Solche Regulierungen können medizinische Innovationen allerdings auch hemmen, wenn Kooperationspartner aus Angst vor Sanktionen von einer an sich sinnvollen Zusammenarbeit absehen [2].
Bevor sich mit den für den Bereich der Zahnmedizin und -technik relevanten Konstellationen befasst wird, soll ein kurzer Blick auf die Straftatbestände der §§ 299a und 299b StGB geworfen werden. Dies erleichtert eine Einordnung der praktisch relevanten Sachverhalte im Anschluss.
Sinn und Zweck der §§ 299a und 299b StGB
Im Wesentlichen besteht der Zweck einer Strafandrohung darin, bestimmte Rechtsgüter, die der Gesetzgeber als schützenswert ansieht, vor Beeinträchtigungen zu bewahren [3]. Die Kenntnis über die von einer Strafrechtsnorm geschützten Rechtsgüter ist deshalb hilfreich dabei, die Regelung rechtlich auszulegen und zu verstehen. Gerade bei Streitfragen können hieraus Hinweise dafür abgeleitet werden, was der Gesetzgeber konkret als strafwürdig erachtet.
Im Falle der §§ 299a ff. StGB ergeben sich die geschützten Rechtsgüter aus den Gesetzesmaterialien: Zunächst soll der faire Wettbewerb im Gesundheitswesen geschützt werden [4]. Dass sich Korruption negativ auf Wettbewerbsmechanismen auswirkt, liegt auf der Hand. Darüber hinaus sollen die §§ 299a ff. StGB das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen wahren [5].
Die genannte Integrität bedingt, dass medizinische Entscheidungen an medizinischen – und nicht vorrangig finanziellen – Kriterien auszurichten sind. Der medizinische Entscheidungsspielraum soll frei von rein pekuniären Interessen bleiben.
Diese Intention ist nicht neu. Zahlreiche sozial- und berufsrechtliche Vorgaben verfolgen diese ebenso, vor allem die sog. Zuweisungsverbote wie z.B. § 73 Abs. 7 SGB V [6]. Mit dem Inkrafttreten des § 299a StGB drohen jedoch bei einem Verstoß nunmehr neben disziplinar- und berufsrechtlichen Folgen auch strafrechtliche Sanktionen.
Der potenzielle Täterkreis
An einer (erfolgreichen) Korruption sind stets zwei Seiten beteiligt, eine „bestechende“ und eine „bestochene“, was sich in den Tatbeständen der §§ 299a („Bestechlichkeit“) und 299b StGB („Bestechung“) widerspiegelt. Täter des § 299a StGB können nur Angehörige eines Heilberufs sein, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert. Hierunter zu fassen sind Zahnärzte, deren Ausbildung in einer Approbationsordnung geregelt wird.
Nicht hierunter fallen aber die Gesundheitshandwerke. Neben den Zahntechnikern sind dieser Kategorie auch Augenoptiker, Hörakustiker und Orthopädietechniker zuzurechnen. Bei deren Tätigkeiten handelt es sich zwar um ein zulassungspflichtiges Handwerk [7], nicht jedoch um einen Heilberuf [8].
Sie können damit schon vom Wortlaut her keine Täter des § 299a StGB sein, wohl aber des § 299b StGB [9]. Denn die „bestechende“ Seite setzt nach dem Gesetz keine besonderen Anforderungen an den Täter voraus.
Die Unrechtsvereinbarung
Die strafbare Korruption nach den §§ 299a ff. StGB setzt eine Unrechtsvereinbarung voraus. Sie ist das „Herzstück“ [10] einer Korruption und die „entscheidende Strafbarkeitsschwelle“ [11]. In ihr wird ein Vorteil mit einer (unlauteren) Bevorzugung im Wettbewerb verknüpft [12].
Voraussetzung des § 299a StGB ist es, dass der Heilberufsangehörige den Vorteil als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt. Das hat zunächst zur Konsequenz, dass das alleinige Annehmen eines Vorteils noch nicht zu einer Strafbarkeit führt [13]. Es muss vielmehr eine Verknüpfung dieses Vorteils mit einer Bevorzugung, die im Gegenzug erfolgen soll, hergestellt werden.
Dies muss nicht ausdrücklich vereinbart oder niedergeschrieben werden. Potenzielle Täter einer Korruption werden ohnehin die von ihnen beabsichtigte Vorgehensweise nur selten schriftlich fixieren. Es ist aber auch schon ein konkludentes Handeln ausreichend, um zu einer Unrechtsvereinbarung zu gelangen.
Dabei muss die Bevorzugungshandlung im Fall der §§ 299a ff. StGB mit
- einer Verordnung (von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten),
- einem Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten, die jeweils zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufsangehörigen bestimmt sind, oder
- einer Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial im Zusammenhang stehen.
Die Struktur dieser Unrechtsvereinbarung macht eines deutlich: Eine Strafbarkeit nach den §§ 299a ff. StGB kommt nur dort in Betracht, wo der Heilberufsangehörige Entscheidungsspielraum bei einer Auswahlentscheidung im Zusammenhang mit einer Verordnung, einem Bezug oder Zuführung hat und diese Möglichkeit zugunsten eines bestimmten Anbieters nutzt. Hier gilt es stets genau hinzuschauen. So stellt zwar z.B. ein Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Verordnungen über Hörgeräte aus, hierin wird jedoch kein bestimmter Hörakustiker bezeichnet.
Die Verordnungsentscheidung kann deshalb insoweit nicht korrumpiert werden. Denkbar wäre jedoch, dass der Facharzt seine Patienten dahingehend beeinflusst, dass sie einen bestimmten Hörakustiker auswählen. Dann könnte eine Zuführung im Austauschverhältnis zu einem gewährten Vorteil vereinbart werden.
So hat jede Kooperation ihre Besonderheiten, die zu berücksichtigen sind. Bei einer Zusammenarbeit z.B. zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern gilt insoweit: Zahnärzte stellen erst gar keine Verordnung in Bezug auf zahntechnische Leistungen aus. Sie können einem zahntechnischen Labor – anders als in dem eben genannten Beispiel – auch keine Patienten zuführen. Denn sie – und nicht der Patient – entscheiden darüber, mit welchem Labor kooperiert wird [14].
Es bleibt daher nur eine Bevorzugungshandlung bei Bezug von Medizinprodukten, worunter zahntechnische Leistungen im Regelfall fallen. Die Grundkonstellation einer Unrechtsvereinbarung sieht in diesem Verhältnis damit wie folgt aus: Es besteht ein Austauschverhältnis zwischen einer Bevorzugung bei Bezug von zahntechnischen Leistungen und der Gewährung eines Vorteils hierfür.
Praktische Auswirkungen und relevante Fallbeispiele
Anfragen aus den Zahnarztpraxen zeigen: Es besteht häufig Unsicherheit darüber, ob in bestimmten Fallkonstellationen bereits eine strafrechtliche Korruption vorliegt oder nicht. Zwar gibt es aus dem Bereich des Sozial-, Berufs- und Wettbewerbsrechts etliche Gerichtsentscheidungen, die sich mit korruptionsrelevanten Verhaltensweisen befassen und somit eine Hilfestellung geben können. Die Grenzen zur strafrechtlichen Korruption sind aber nicht stets für jede Kooperationsform glasklar zu erkennen.
Das gilt bspw. für Unternehmensbeteiligungen. Da es hier stets auf den Einzelfall ankommt, es also keine festen Grenzwerte gibt, wird man diese Unsicherheiten auch nicht gänzlich beseitigen können. Im Folgenden soll auf einige Konstellationen aus dem zahnärztlichen und -technischen Bereich näher eingegangen werden, in denen es häufig zu Nachfragen kommt.
Pixabay/Peggy_MarcoRabatte bei der Materialbeschaffung und das Heilmittelwerberecht
Verunsicherung besteht in der Zahnärzteschaft vor allem im Bereich der Materialbeschaffung. Hier ist es seit Langem gängig, dass Dentaldepots o.Ä. Vergünstigungen wie Rabatte oder Zusatzleistungen anbieten.
Dies ist nicht grundsätzlich unzulässig; § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) sieht jedoch schon seit Langem genaue Vorgaben dazu vor, welche Werbegaben zulässig sind und welche nicht. Die Vorschrift enthält ein generelles Werbegabenverbot mit Ausnahmen [19].
Gleichwohl beschäftigt diese Vorschrift die Gerichte in nicht geringem Umfang [20], weil sie nicht immer beachtet wird. Dies verunsichert die zahnärztliche Kundschaft und gibt teils berechtigten Anlass dazu, die Zulässigkeit einiger der angebotenen Vergünstigungen zu hinterfragen.
Die Gewährung insbesondere von Preisnachlässen ist rechtlich zulässig und auch nicht grundsätzlich unlauter im Sinne der Rechtsordnung [21]. Dies gilt grundsätzlich auch für den Materialeinkauf im zahnärztlichen Bereich. So gibt etwa das SGB V für zahntechnische Leistungen nur Höchstpreise vor (§§ 57 Abs. 2 Satz 3 und 6, 88 Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Von diesen kann also nach unten abgewichen werden. Insoweit besteht keine Preisbindung. § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 lit. a HWG fordert in Bezug auf die Zulässigkeit einer geldwerten Zuwendung lediglich, dass sie „in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag“ bestehen muss, also ohne Hilfsmittel bei der Bestellung zu errechnen ist [22].
Unterschieden werden muss allerdings zwischen den Fragen, ob eine Rabattierung an sich erlaubt ist und wer den Vorteil aus dieser behalten darf. Nur weil ein Rabatt zulässigerweise gewährt werden kann, muss dies nicht bedeuten, dass der den Rabatt in Anspruch nehmende Zahnarzt diesen auch behalten darf.
So gibt es im zahnärztlichen Bereich z.B. die Vorschrift des § 9 Abs. 1 GOZ, wonach der Zahnarzt nur die tatsächlich entstandenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnen darf. Da ein gewährter Rabatt die Kosten effektiv mindert, ist dieser bei der Rechnungsstellung gegenüber dem Patienten zu berücksichtigen.
Ein Verstoß hiergegen kann strafrechtlich ggf. als Betrug geahndet werden [23]. Anders zu beurteilen ist die Pflicht zur Weitergabe des Rabatts bspw. dort, wo Materialkosten pauschaliert in den zahnärztlichen Gebührenziffern schon mitberücksichtigt werden, wie bspw. bei Brackets. Da hier die Zahntechnik nicht gesondert abgerechnet wird, kann ein Rabatt einbehalten werden [24].
Die Annahme eines Rabatts führt noch nicht automatisch zu einer strafrechtlichen Korruption. Hiervon geht auch der Gesetzgeber der §§ 299a ff. StGB aus, der sich in der Gesetzesbegründung dahingehend äußert, dass es bei „branchenüblichen und allgemein gewährten Rabatten und Skonti“ an einer strafrechtlichen Unrechtsvereinbarung mangeln könne [25].
Ein einseitiger Verstoß gegen § 7 HWG, etwa durch die Annahme einer unzulässigen Werbegabe, erfüllt noch nicht den Tatbestand des § 299a StGB. Allerdings ist zu beachten, dass auch ein einseitiger Verstoß gegen § 7 HWG nach § 15 Abs. 1 Ziff. 4a HWG als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann.
Eine Unrechtsvereinbarung liegt erst vor, wenn mit der Gewährung des Vorteils (in Form eines Preisnachlasses) im Gegenzug eine Bevorzugung im Wettbewerb erfolgen soll. Dies ist bspw. der Fall, wenn es eine Absprache gibt, dass die Preisnachlässe nur unter der Bedingung von Folgeaufträgen gewährt werden, und so andere Marktanbieter außen vor bleiben.
Beispielhaft soll hierzu der sogenannte Globudent-Skandal [26] in Erinnerung gerufen werden. Hier kaufte eine Dentalhandelsgesellschaft zahntechnische Leistungen günstig im Ausland ein und verkaufte diese zu inländischen Preisen mit entsprechendem Gewinn an Zahnärzte. Diese stellten die hierbei (zunächst) entstandenen Kosten Patienten bzw. Kostenträgern in Rechnung.
Im Nachhinein erhielten die Zahnärzte jedoch einen Teil des Gewinns als Rückvergütung – auch Kick-Backs genannt –, die weder an Versicherte noch Krankenkassen ausgekehrt wurden [27]. Aufgrund der Nichtweitergabe wurde dies als Betrug geahndet. Die §§ 299a ff. StGB gab es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Nach heutiger Rechtslage dürften aber auch diese hier greifen.
Denn es bestand die (mindestens konkludente) Abrede, dass im Gegenzug für Folgeaufträge auch weiterhin Kick-Back-Zahlungen fließen, die der Zahnarzt einbehält. Effektiv hat der Zahnarzt damit an der Zahntechnik mitverdient, indem er „unter dem Strich“ betrachtet weniger als auf der Rechnung ausgewiesen zahlen musste.
Pixabay/Peggy_MarcoSkonti bei Zahlung der Laborrechnung
Ein Unterfall der Rabattierung, der immer wieder in der Praxis angesprochen wird, ist der Skonto. Ein ist ein Preisnachlass, der bei Einhaltung eines zeitnahen Zahlungsziels gewährt wird. In der Praxis spielt dieser häufig im Verhältnis zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern eine Rolle.
Auf die Laborrechnungen wird nicht selten die Möglichkeit einer Skontierung eingeräumt. Von einem (zulässigen) Skonto ist die Rede, wenn ein Zeitraum von bis zu 14 Tagen als Zahlungsziel eingeräumt wird und der Preisnachlass dafür 2 bis 3% beträgt [28]. Grundsätzlich darf ein Skonto zunächst eingeräumt werden [29].
Die weitaus wichtigere Frage für den Zahnarzt ist jedoch, ob er diesen Skonto behalten kann. Anerkanntermaßen ist dies – in Abweichung von der soeben dargestellten grundsätzlichen Pflicht zur Weitergabe von Rabatten – ausnahmsweise der Fall [30]. Für den vertragszahnärztlichen Bereich ergibt sich dies auch aus § 23 Abs. 2 Satz 2 lit. a BMV-Z.
Hiernach hat der Vertragszahnarzt mit der Abrechnung von Leistungen über die Kassenzahnärztliche Vereinigung eine Erklärung abzugeben, die u.a. auch beinhaltet, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich entstanden sind und Preisnachlässe, Rabatte etc. weitergegeben wurden. Hiervon ausgenommen werden aber ausdrücklich Barzahlungsrabatte, zu denen auch Skonti zählen. Zu begründen ist diese Ausnahme damit, dass der Zahnarzt bis zur Zahlung der Rechnung durch den Patienten in Vorleistung tritt.
Er bezahlt den Zahntechniker, erhält dafür in aller Regel aber erst später einen Ausgleich vom Patienten. Dadurch entstehen ihm Kosten, die wiederum bei den nach § 9 Abs. 1 GOZ in Rechnung zu stellenden Kosten (in hier pauschalierter Form) berücksichtigt werden können. Im Ergebnis kann also ein vom Zahntechniker gewährter Skonto vom Zahnarzt einbehalten werden; letzterer ist nicht zur Weitergabe an den Patienten verpflichtet.
Ein Verstoß gegen die dargelegten Grundsätze, bspw. durch Vereinbarung eines Skontosatzes jenseits von 3%, könnte für Strafverfolgungsbehörden ein Anlass für Ermittlungen sein. Neben einem Betrug des Zahnarztes nach § 263 StGB durch die Nichtweitergabe des zu hohen Rabattes könnte hier auch eine Abrede mit dem Zahntechniker vermutet werden, die eine strafrechtliche Unrechtsvereinbarung im Sinne der §§ 299a ff. StGB beinhaltet.
Vorläufiges Fazit und Ausblick
Strafverfahren im Zusammenhang mit den §§ 299a ff. StGB haben die Gerichte auch mehr als 5 Jahre nach Inkrafttreten der Vorschriften in überschaubarem Maße beschäftigt. Gerichtsentscheidungen hierzu sind nur vereinzelt auszumachen [15]. Die polizeilich registrierten Straftaten nach § 299a StGB liegen laut Bundeskriminalamt das Jahr 2020 betreffend bundesweit bei 165.
Die Zahl ist gegenüber dem Vorjahr angestiegen, wobei jedoch einige Fälle offenbar gleichgelagerte Ermittlungsverfahren in Niedersachsen in Bezug auf Verordnungen von Arznei- und Medizinmitteln betreffen [16]. Dass es nicht mehr Verfahren gibt, dürfte auch daran liegen, dass Korruption in der Regel im Verborgenen stattfindet und es den Strafverfolgungsbehörden schon deshalb häufig nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand gelingt, korruptive Abreden nachzuweisen. Dennoch ist die Signalwirkung solcher Vorschriften nicht zu unterschätzen.
Schon die bloße Strafandrohung kann dazu führen, dass bestimmte Formen der Zusammenarbeit gar nicht mehr eingegangen werden, was sich am Beispiel des sog. Partnerfactorings zeigen lässt.
Teil 2
Kooperationen sind im Gesundheitswesen für eine moderne, dem Standard entsprechende Gesundheitsversorgung unerlässlich. Doch wo endet eine einfache Kooperation zwischen Zahntechniker und Zahnarzt und wo beginnt strafbare Korruption? Nachdem im 1. Teil des Beitrags gesetzliche Grundlagen dargelegt wurden und auf die Bestimmungen zu Laborrechnungsskonti und Rabatten in Zusammenhang mit der Materialbeschaffung und dem Heilmittelwerberecht eingegangen wurde, widmet sich der 2. Teil Kooperationskonstellationen im Zusammenhang mit Partnerfactoring, Unternehmensbeteiligungen und Aligner-Behandlungen.
Dort, wo verschiedene Akteure des Gesundheitswesens zusammenarbeiten, wie etwa Zahntechniker und Zahnärzte, kann es auch zu unerwünschten Kooperationsformen kommen. Der Gesetzgeber hat deshalb im Jahr 2016 eingegriffen und mit den §§ 299a und 299b StGB neue Strafvorschriften zur Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen geschaffen, um bestimmte Kooperationsmodelle zu unterbinden.
Strafverfahren im Zusammenhang mit den §§ 299a ff. StGB haben die Gerichte auch mehr als 5 Jahre nach Inkrafttreten der Vorschriften in überschaubarem Maße beschäftigt. Gerichtsentscheidungen hierzu sind nur vereinzelt auszumachen [15]. Die polizeilich registrierten Straftaten nach § 299a StGB liegen laut Bundeskriminalamt betreffend das Jahr 2020 bundesweit bei 165.
Die Zahl ist gegenüber dem Vorjahr angestiegen, wobei jedoch einige Fälle offenbar gleichgelagerte Ermittlungsverfahren in Niedersachsen in Bezug auf Verordnungen von Arznei- und Medizinmitteln betreffen [16]. Dass es nicht mehr Verfahren gibt, dürfte auch daran liegen, dass Korruption in der Regel im Verborgenen stattfindet und es den Strafverfolgungsbehörden schon deshalb häufig nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand gelingt, korruptive Abreden nachzuweisen. Dennoch ist die Signalwirkung solcher Vorschriften nicht zu unterschätzen.
Schon die bloße Strafandrohung kann dazu führen, dass bestimmte Formen der Zusammenarbeit gar nicht mehr eingegangen werden, was sich am Beispiel des sog. Partnerfactorings zeigen lässt. Auch wenn diese Kooperationsform möglicherweise schon vorher auf Grundlage sozial- und berufsrechtlicher Vorgaben als kritisch einzustufen war, führte erst die mit den §§ 299a ff. StGB verbundene Strafandrohung dazu, dass vor diesem Modell gewarnt wurde [17]. Das Partnerfactoring wird von den meisten Factoring-Unternehmen nicht mehr angeboten [18], ohne dass es zu Ermittlungsverfahren hierzu gekommen ist.
Daran lässt sich die Wirkung der Strafandrohungen ablesen. Im Folgenden soll auf diese Kooperation sowie jene im Zusammenhang mit Aligner-Behandlungen eingegangen werden. Des Weiteren treten unterschiedliche Formen von Unternehmensbeteiligungen in den Fokus der Betrachtung.
Partnerfactoring
Beim bereits erwähnten Partnerfactoring beteiligt sich der Zahntechniker an den Kosten, die einem Zahnarzt dadurch entstehen, dass er seine Forderung gegen den Patienten an ein Inkassounternehmen abtritt [31]. Der Zahntechniker trägt den Teil der Factoring-Kosten, die auf den Rechnungsteil für zahntechnische Leistungen entfallen. Dies scheint auf den ersten Blick interessengerecht.
Allerdings ist der Zahntechniker kein Vertragspartner des Patienten, sondern allein des Zahnarztes. Deshalb erhält er von diesem auch seine Vergütung – und zwar unabhängig davon, ob der Patient den Zahnarzt bezahlt oder nicht. Er trägt damit auch kein Insolvenzrisiko des Patienten, das er an die Factoring-Gesellschaft abgeben würde, sodass er aus der Kooperation keinen Vorteil zieht.
Einzig und allein der Zahnarzt erlangt damit einen Vorteil im Rahmen dieser Kooperation. Unter dem Strich betrachtet stellt sich diese Beteiligung damit als nichts anderes als eine Bezuschussung für den Zahnarzt dar.
Die im Zusammenhang mit dem Bezug zahntechnischer Leistungen entstehenden Kosten werden für ihn geringer [32]. Unabhängig von der Frage einer Weitergabepflicht, weil dies wohl als ein Rabatt zu werten ist*, rückt diese Konstellation in den Dunstkreis der Korruption, wenn die Factoring-Beteiligung an weitere Aufträge gekoppelt wird.
Kooperationen bei der Aligner-Behandlung
Aktuell werden auch Vertriebsmodelle rechtlich diskutiert, bei denen gewerbliche Anbieter Zahnschienen zur Korrektur von Zahnfehlstellungen anbieten [33]. Der Erstkontakt des Patienten kommt mit diesem Anbieter zustande. Patienten werden dann teils zu einem kooperierenden Zahnarzt geschickt, der eine Beratung durchführt und notwendige Behandlungsunterlagen erstellen soll; für diese Tätigkeit erhalten die Zahnärzte ein Honorar [34].
Die Zahnschienen werden sodann durch den gewerblichen Anbieter gefertigt und von dort den Kunden zur Verfügung gestellt. Von den Zahnärztekammern wurden hier unter anderem mögliche Verstöße gegen Zuweisungsverbote gesehen [35].
Hinterfragt werden könnte aber auch, ob dies in Übereinstimmung mit dem Zahnheilkundegesetz steht [36]. In einigen Konstellationen ist ein Zahnarzt sogar überhaupt nicht eingebunden. Das Abdruckmaterial wird an den Patienten nach Hause geschickt [37]. Kritisiert wird hier u.a. das Fehlen einer ordnungsgemäßen Diagnostik und einer regelmäßigen klinischen Überwachung, was erhebliche Risiken für die Patientengesundheit zur Folge haben kann [38].
Zur Einordnung dieser Konstellation in das Korruptionsrecht ist Folgendes anzumerken: § 299a StGB setzt in seinem Tatbestand voraus, dass der Heilberufsangehörige einen Vorteil erhält und im Gegenzug eine Bevorzugung (z.B. Zuführung) vornimmt. Das o.g. Modell sieht aber den umgekehrten Fall vor. Der Erstkontakt des Patienten (und auch der Abschluss eines Vertrages) erfolgt mit dem gewerblichen Anbieter.
Dieser schickt dann die Patienten zum Zahnarzt – und nicht umgekehrt. Dies entspricht nicht der von § 299a StGB sanktionierten Konstellation, denn Zahnärzte nehmen hier gerade keine Zuführung von Patienten vor. Sie machen sich daher insoweit auch nicht strafbar.
Das bedeutet allerdings nicht, dass demzufolge die Kooperation rechtmäßig sein muss. Sie kann gleichwohl gegen sozial- oder berufsrechtliche Vorgaben verstoßen. So ist bspw. das Zuweisungsverbot in der Musterberufsordnung der Zahnärzte (MBO-Z) weiter gefasst.
vittaya25/freepik.comNach § 2 Abs. 8 MBO-Z ist es dem Zahnarzt nicht gestattet, für die Zuweisung und Vermittlung von Patienten etwaige Vorteile zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen, selbst zu versprechen oder zu gewähren. Hiernach ist es dem Zahnarzt – anders als im Fall des § 299a StGB – auch untersagt, für eine Zuweisung (an ihn) einen Vorteil zu gewähren. Bliebe dabei noch zu klären, worin der an den Anbieter gewährte Vorteil konkret besteht.
Zum Teil wird er darin gesehen, dass das zahnärztliche Honorar unter den üblichen Gebühren liegt, woraus der gewerbliche Anbieter einen Vorteil ziehen könnte [39]. Einige Zahnärztekammern haben jedenfalls – mit unterschiedlichen Begründungen – bereits berufsrechtliche Verfahren gegen ihre Kammermitglieder eingeleitet [40].
Unternehmensbeteiligungen
Ein genauerer Blick lohnt sich vor dem Hintergrund der §§ 299a ff. StGB auch für Unternehmensbeteiligungen. In der Grundkonstellation geht es darum, dass z.B. ein Zahnarzt an einer Gesellschaft, die ein Dentallabor betreibt, beteiligt ist bzw. eine solche Gesellschaft selbst gründet.
Das „korruptionsrechtliche“ Problem
Grundsätzlich gilt zunächst, dass sich auch ein Heilberufsangehöriger am Wirtschaftsleben beteiligen darf und für ihn deshalb selbstverständlich auch Kooperations- und Beteiligungsformen möglich sind, selbst wenn Bezugspunkte zur eigenen heilberuflichen Tätigkeit bestehen [41]. Dies wirft die Frage auf, worin dann konkret die Probleme bei Unternehmensbeteiligungen liegen können. Beteiligungen können insbesondere dort berufs-, sozial- und auch strafrechtlich problematisch werden, wo ein Bezug zur Versorgung der eigenen Patienten besteht.
Denn in diesen Fällen verdient der Heilberufsangehörige ggf. zusätzlich an den für die weitere Versorgung notwendigen Leistungen mit – obwohl sie durch jemand anders erbracht werden. Doch was hat dies mit einer Korruption zu tun?
Die für eine Korruption bereits genannte typische Unrechtsvereinbarung kommt hier zwischen der rechtlich betrachtet eigenständigen Laborgemeinschaft als juristische Person und dem Zahnarzt als natürliche Person zustande. Ausgetauscht werden im Rahmen dieser Unrechtsvereinbarung Auftragserteilung gegen einen finanziellen Vorteil in Form einer Gewinnbeteiligung. Das spezifische Problem, das nach der Intention des Gesetzgebers vermieden werden soll, betrifft die Auswahlentscheidung.
Wenn für die Versorgung eines Patienten z.B. zahntechnische Leistungen erforderlich sind, die der Zahnarzt nicht selbst erbringt, muss er diese auf dem Angebotsmarkt für Zahntechnik einkaufen. Er entscheidet darüber, welches Labor den Auftrag erhält. Diese Entscheidung erfolgt erstens in einem Wettbewerbsfeld und hat zweitens medizinische Auswirkungen für den Patienten.
Wie bereits gesehen, geht es bei den §§ 299a ff. StGB darum, den fairen Wettbewerb zu schützen, aber auch medizinische Entscheidungsspielräume frei von rein finanziellen Interessen zu halten.* Wenn aber ein Dentallabor nur deshalb ausgewählt wird, weil der Zahnarzt einen Vorteil aus der Gewinnbeteiligung erhält, fällt diese Auswahlentscheidung weder nach medizinischen Gründen noch hat sich der beste Anbieter im Wettbewerb durchgesetzt. Es wird der Anbieter gewählt, der einen zusätzlichen Vorteil bietet, nämlich über die mit der Beteiligung verbundene Gewinnausschüttung.
In diesem Fall passiert das, was eigentlich verhindert werden soll: Rein finanzielle Aspekte haben die medizinische Entscheidung geleitet. Das bedeutet allerdings auch, dass aus einer nach ausschließlich medizinischen Kriterien korrekt getroffenen Auswahlentscheidung kein Strafbarkeitsvorwurf folgen kann – auch wenn an dem ausgewählten Labor eine Gewinnbeteiligung besteht. Hier ist jedoch vor vorschnellen Begründungen zu warnen.
Der medizinische Grund muss in jedem einzelnen Fall nachweisbar sein und es muss begründet werden können, warum genau dieser – und kein anderer – Anbieter für die Leistung infrage kommt. Ob diese Voraussetzungen im zahntechnischen Bereich regelhaft vorliegen können, bedarf einer besonders kritischen Betrachtung.
Sonderfall: Praxiseigene Labore
Gesondert zu betrachten sind praxiseigene Labore. Diese sind berufsrechtlich erlaubt, wie etwa auch § 11 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer statuiert. Der Zahnarzt erbringt die zahntechnischen Leistungen in diesem Fall ausschließlich für seine eigenen Patienten selbst.
Der Betrieb eines eigenen Labors stellt eine berufsrechtliche Privilegierung bei der Zusammenarbeit mit den Gesundheitshandwerken dar, die keinem anderen ärztlichen Heilberuf zukommt. Fachärzte für Hals-Nasen-Ohren- oder Augenheilkunde können die Leistungen des Hörakustikers bzw. Optikers nicht in dieser Form vollständig erbringen. Eine Korruptionskonstellation im Sinne des Strafrechts liegt bei Betrieb eines Praxislabors grundsätzlich nicht vor.
Denn der Zahnarzt erbringt die zahntechnischen Leistungen in eigener Verantwortung. Er fragt also keine Leistung auf dem Markt – wie in obigem Beispiel – nach, sondern erbringt sie selbst.
Die „Auswahl“ des Praxislabors ist damit keine Wettbewerbsentscheidung, die von § 299a StGB aber vorausgesetzt wird [42]. Es kommt daher auch keine Unrechtsvereinbarung mit einer anderen (natürlichen bzw. juristischen) Person zustande [43].
Beteiligungen an Gewerbelaboren
Anders kann dies bei Beteiligungen an gewerblichen Laboren sein. Fragt der Zahnarzt zahntechnische Leistungen auf dem Markt nach, kommen grundsätzlich mehrere Gewerbelabore in Betracht. Wenn ein Zahnarzt aber dasjenige auswählt, an dem er eine Gewinnbeteiligung hält, besteht die erwähnte Problematik.
Ob rechtlich betrachtet eine Unrechtsvereinbarung in Betracht kommt, hängt mit der Frage zusammen, ob sich diese Auswahlentscheidung spürbar auf die Höhe einer Gewinnbeteiligung auswirken kann. Denn nur dann, wenn sich ein eigener finanzieller Vorteil durch die Beauftragung des Labors bemerkbar macht, kann hierdurch die Auswahlentscheidung auch beeinflusst werden.
Der Zusammenhang zwischen dieser Auswahlentscheidung und dem Vorteil hängt dem Bundesgerichtshof zufolge von der Art der Gewinnbeteiligung ab. Wirkt sich die Auswahl des Labors unmittelbar auf die Höhe des Gewinns aus, etwa weil dieser direkt von der Anzahl der Zuweisungen bzw. Aufträge abhängt, ist eine Spürbarkeit gegeben [44].
Bei nur mittelbaren Gewinnausschüttungen hänge dies hingegen vom Gesamtumsatz des Unternehmens, dem Anteil der Verweisungen des (Zahn-) Arztes an diesem und der Höhe seiner Beteiligung ab [45]. Die Unzulässigkeit einer Beteiligung könne sich aber auch aus der Gesamthöhe der zufließenden Vorteile ergeben.
Kurzum: Der Einzelfall ist entscheidend. Es gibt keine klar definierte Grenze, ab wann von einer Strafbarkeit ausgegangen werden muss. Dies gilt auch deshalb, weil im Gesetz ganz bewusst keine Bagatellfallgrenze vorgesehen wurde.
Nur wenn aus sozialadäquaten Gründen die Annahme eines Vorteils nicht abgelehnt werden kann (z.B. sozial übliche Aufmerksamkeiten), liegen die Strafbarkeitsvoraussetzungen für eine Korruption nicht vor [46]. Dies lässt sich auf Unternehmensbeteiligungen allerdings nur schwerlich übertragen.
Es kommt also entscheidend darauf an, wie die Gewinnverteilung ausgestaltet ist. So gibt es Fallkonstellationen, die eindeutig im Bereich einer Strafbarkeit anzusiedeln sind, z.B. wenn sich der Gewinn je Auftrag um einen festen „Betrag X“ erhöht. Denn hier ist die Spürbarkeit auf die Gewinnausschüttung ganz klar gegeben.
Demgegenüber gibt es aber auch Sachverhalte, die klar keiner Strafbarkeit unterliegen, z.B. die hierbei häufig angeführte Aktienbeteiligung an einem großen Pharma-Unternehmen. In solchen Fällen kann eine einzelne Medikamentenverordnung den Gewinn nicht spürbar beeinflussen [47].
Eine Vergleichbarkeit dieser Konstellation mit einer Beteiligung an einem Gewerbelabor ist allerdings nur schwer herzustellen. Dies liegt 1. an deutlich geringeren Umsatzzahlen als im Falle eines Pharmakonzerns, 2. aber auch daran, dass der Wert einer in Auftrag gegebenen zahntechnischen Arbeit häufig deutlich höher liegt als eine „gewöhnliche“ Medikamentenverordnung.
Dies hat zur Folge, dass sich damit auch das Verhältnis von Auftragswert zu Umsatzzahlen anders darstellt. Eine einzelne Zuweisung, Verordnung etc. kann sich deshalb eher spürbar auf einen Gewinnanteil auswirken als in dem Fall des Pharmakonzerns.
Deshalb ist es geboten, die jeweilige Fallkonstellation genau zu prüfen, um Strafbarkeitsrisiken ausschließen zu können. Es sollte betrachtet werden, wie sich ein typischer Auftrag an das Unternehmen auf den eigenen Gewinnanteil auswirken kann. Grundsätzlich gilt als „Faustregel“: Die Beteiligung ist rechtlich betrachtet unproblematischer, je höher der Gesamtumsatz des Unternehmens, aber je geringer die Auftragserteilungen an das Unternehmen und die Höhe der Beteiligung ausfällt.
Dabei ist noch einmal klarzustellen: Die Gefahr einer Strafbarkeit droht nur, wenn das Labor mit Arbeiten zur Versorgung eigener Patienten beauftragt werden soll. Ohne einen solchen Zusammenhang ist die Beteiligung an einem Labor möglich.
Angesichts dessen dürfte sich in der Praxis nicht selten die Frage stellen, ob die Erwartungen von Zahnärzten an eine (zulässige) Unternehmensgründung oder -beteiligung überhaupt erfüllt werden können. Wer (nur) die eigenen Patienten versorgen möchte, hat die Möglichkeit, dies über ein praxiseigenes Labor zu tun.
Fazit
Auch wenn die Anzahl der Ermittlungsverfahren zu den §§ 299a ff. StGB (noch) überschaubar ist, zeigen sich schon jetzt erste faktische Auswirkungen der Strafnormen im Bereich der Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern. Mit dem Partnerfactoring ist das erste Kooperationsmodell vom Markt verschwunden, andere Kooperationsformen, bspw. betreffend Aligner, sind in der Diskussion, aber noch nicht abschließend durch Gerichte bewertet worden. Im Fall von Unternehmensbeteiligungen gibt es Kriterien, die bei einer rechtlichen Bewertung weiterhelfen können.
Hier entscheidet der Einzelfall über die Einordnung als strafbar oder nicht, sodass eine genaue und kritische Prüfung zur Abwägung von Risiken zu empfehlen ist. Bei alledem sollte der Fokus aber nicht ausschließlich auf mögliche strafrechtliche Implikationen gelegt werden. Insbesondere die zahnärztlichen Kooperationspartner unterliegen auch berufs- und sozialrechtlichen Bestimmungen. Verstöße hiergegen können ebenfalls empfindliche Sanktionen zur Folge haben.
Aber auch nicht(zahn)ärztliche Kooperationspartner, wie Zahntechniker, können weitere Konsequenzen treffen. Verstößt eine Zusammenarbeit gegen eine berufs- oder sozialrechtliche Regelung, die im Wettbewerbsrecht als sog. Marktverhaltensregelung eingestuft wird (so z.B. Zuweisungsverbote), können sie sich wettbewerblichen Ansprüchen bspw. von konkurrierenden Anbietern gegenübersehen. Ungeachtet dieser Risiken bleibt es dabei: Ein fairer Wettbewerb – insbesondere zum Vorteil der medizinischen Versorgung – ist erwünscht.
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