Zahnlosigkeit bei älteren Menschen ist heutzutage immer noch ein anspruchsvolles therapeutisches Problem. Insbesondere ältere multimorbide Patienten können mit schleimhautgetragenen Totalprothesen nur bedingt gesunde kauzwingende Nahrung zu sich nehmen. In Folge resultiert oft eine Mangelernährung an gesunden Vitalstoffen, die Voraussetzung für ein stabiles Immunsystem sind und die Rate der akuten und chronischen Erkrankungen steigen lässt. Darüber hinaus verursacht ein schlechter Halt von Unterkieferprothesen häufig Druckstellen, die die Lebensqualität dieser älteren Menschen verschlechtern.
Aus dieser Grundproblematik stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten dem Behandler zur Verfügung stehen, um einfach, sicher und effizient diesen Patienten zu helfen. Die Antwort könnte lauten: die klassische Implantologie. Als erfahrener Implantologe und Prothetiker weiß man aber, dass die konventionelle Implantologie meist mit augmentativen Maßnahmen verbunden ist. Den hochbetagten multimorbiden Menschen kann man darüber hinaus nur selten solch komplexe operative Maßnahmen mit langen Einheilzeiten zumuten. Dazu gesellt sich meist eine hohe Medikamentengabe, welche die umfangreichen intraoralen Operationen unnötig in die Länge zieht. Außerdem gilt es, das Kosten-Nutzen-Verhältnis abzuwägen.
Eine signifikante Verbesserung des Kaukomforts sowie der Lebensqualität dieser Patienten kann mit der Insertion von Miniimplantaten erreicht werden. Im zahnlosen Unterkiefer können 4 Miniimplantate und im zahnlosen Oberkiefer 6 Miniimplantate inseriert werden. In der Regel kann bei Erreichen einer ausreichenden Primärstabilität von 35 Ncm eine sofortige Endversorgung insbesondere im Unterkiefer erfolgen.
Zur Behandlungsplanung von 4 interforaminär einzubringenden Miniimplantaten im Unterkiefer sind ein OPG, optional ein DVT, und ein Modellmapping erforderlich. Eine 3D-Diagnostik ist für die Planung im Oberkiefer sinnvoll.
Anhand der Röntgenbilder und der Modellauswertung werden die Implantatpositionen festgelegt. Bei Patienten mit einer sehr dünnen Gingiva kann die Operation transgingival durchgeführt werden. Hierfür muss der Operateur jedoch eine gewisse Grunderfahrung haben.
Behandlungsprozedere im zahnlosen Unterkiefer
Bei der minimalinvasiven Operation im Unterkiefer erfolgt die Schnittführung ca. 5 mm krestal und lateral vom Ansatz des Lippen- und Zungenbändchens. Ein kleiner Entlastungsschnitt von ca. 5 mm ermöglicht die Sicht auf die Kammbreite. Die Deperiostierung wird leicht unterminierend mit einem Mikroraspatorium durchgeführt. Sollten sich bei der knöchernen Darstellung des Implantatlagers krestale Verjüngungen oder Unebenheiten zeigen, können diese mit einer Luehr-Zange schnell planiert werden. Die Pilotbohrung erfolgt mit einem 1,2 mm Vorbohrer alternierend auf die Hälfte der Implantatlänge.
Im Anschluss wird das Miniimplantat mit der Einbringhilfe manuell und unter Beachtung der Implantatachse inseriert. Mit einer drehmomentbasierten Ratsche wird das Implantat bis zum Kragen im knöchernen Degument versenkt.
Dr. Olschowsky
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Zur Konditionierung der Prothese wird ein Haftlack aufgetragen. Unterstützend kann die Prothesenbasis mit 60 ?m Aluminiumoxid aufgeraut werden.
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Die Nachkontrolle erfolgt am 2. Tag post operationem und am 6. Tag die Entfernung der Fäden. Damit der Patient lange Freude an der festsitzenden Prothese hat, erhält dieser Pflegehinweise und wird zum Recall nach 4 bis 5 Monate einbestellt. Am Recall-Termin werden die Implantate und die Prothese gereinigt.
Behandlungsprozedere des zahnlosen Oberkiefers
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Im Oberkiefer ist ein transgingivales Vorgehen unseres Erachtens nur dann indiziert, wenn eine präzise 3D-Planung mit einem adäquaten Planungsprogramm und die zugehörige OP-Schablone zum Einsatz kommen. Die klassische OP-Technik gibt auch hier eine krestale Schnittführung vor mit einem kleinen Entlastungsschnitt ins Vestibulum. Das knöcherne Implantatlager stellt man sich mit einem Mikroraspatorium dar und wählt die entsprechende Bohrachse.
Da der Oberkiefer meist Knochenqualität D2/D3 aufweist, ist für die Pilotbohrung eine Länge von ca. 1/3 der geplanten Implantatlänge ausreichend. Alle MDI-Implantate haben ein selbstschneidendes Gewinde. Für den Oberkiefer sind das MDI-Implantatdesign und der Implantat-Durchmesser an den weicheren Knochen angepasst. Das weitere operative Vorgehen erfolgt analog dem Unterkiefer (Abb. 6 und 7). Dr. Olschowsky
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Im Oberkiefer ist eine Sofortversorgung in der Regel nicht indiziert, da das hierfür notwendige Drehmoment für alle 6 Miniimplantate in der Regel sehr selten erreicht wird. Die vorhandene Prothese wird basal hohlgeschliffen. Es folgt eine Einheilzeit von 3 bis 4 Monaten. Danach können die Metal-Housing-Retentionselemente in die vorhandene Prothese wie im UK beschrieben einpolymerisiert werden. Alternativ kann auch eine komplett neue Prothese angefertigt werden.
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Zusammenfassung
Seit 18 Jahren führen wir das minimalinvasive Konzept der Miniimplantate bei zahnlosen Patienten durch und konnten bisher mehr als 350 Patienten versorgen. Das MDI-Miniimplantatsystem ermöglicht mir als Behandler, einfach, effizient, sicher und minimalinvasiv zahnlose Patienten zu einem fest sitzenden Zahnersatz zu verhelfen.
Aufgrund des Behandlungsprozederes können auch Patienten, die unter Antikoagulantientherapie stehen oder Bisphosphonate einnehmen, stressfrei und sicher versorgt werden, sodass jeder Patient eine signifikante Verbesserung seiner gesamten Lebensqualität erreicht. Aufgrund der Einteiligkeit und der leichten Pflege kommt es nur in Ausnahmefällen zu periimplantären Entzündungen. Mit einem risikoorientierten Recallsystem kann dies jedoch frühzeitig erkannt und leicht therapiert werden.
Quelle:
Dr. Philipp Olschowsky, Dr. Wolfram Olschowsky
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